Railwaymania - Die Anfänge der Eisenbahn in Japan


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

24 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Die kuturelle und industrielle Bedeutung der Eisenbahn

2. Die Ankunft der Eisenbahn in Japan

3. Erste Verträge mit dem bakufu

4. Verhandlungen mit der neuen Regierung

5. Der Vertrag mit Brunton und das Darlehen von Lay

6. Ausbau der Infrastruktur

7. Der erste Teil der Tôkai-Linie

8. Die Fertigstellung der Tôkai-Linie

9. Die staatlichen und die privaten Eisenbahnlinien

10. Die Verdrängung Großbritanniens

11. Die Entwicklung des Personen- und Frachtverkehrs

12. Schluss

13. Literaturverzeichnis

14. Anhang: Übersetzung

1. Die kulturelle und industrielle Bedeutung der Eisenbahn

Die Eisenbahn ist eine Erfindung, die in ihrem Einfluß auf die damalige Gesellschaft sowie auf die Industrialisierung nicht unterschätzt werden sollte. Sie leitet die Neuordnung der kapitalistischen Welt auf Grundlage des modernen Verkehrs ein. Mit ihrer Einführung in das öffentliche Leben hat eine bewußt miterlebte „Vernichtung von Raum und Zeit“ stattgefunden.[1] Die vorindustriellen Standort- und Raum-Zeit-Gesetze sind durch den Faktor des allgemeinen Verkehrszusammenhangs ersetzt worden.[2]

Es wurde damals allgemein von der „Vernichtung von Raum und Zeit“ gesprochen. Was heute vielleicht etwas überzogen wirkt war im frühen 19. Jh ein Motto, das die Wirkung, die das Eisenbahnreisen auf viele Menschen hatte, beschrieb.[3] Als vernichtet erlebt wird hier das überlieferte, durch eine organische, in die Natur eingebundene Verkehrtechnik geprägte, Raum-Zeit –Kontinuum.[4]

Die Faszination, die die neuen Möglichkeiten von Transport und Kommunikation auf die Menschen dieser Zeit hatten ist gewaltig und ihr Einfluß schlug sich so in unzähligen Beispielen in Bereichen der Kultur, wie Architektur, Malerei, Literatur als strukturelle Veränderung nieder. Das Reisen wurde für eine breitere Bevölkerungsschicht erschwinglich und die Reiseindustrie entwickelte sich.

Zur Zeit der Meiji-Restauration war die Grundlagen für die Neuordung der Welt anhand des modernen Verkehrs in Europa und Amerika bereits abgeschlossen. Es gab bereits ausgedehnte Streckennetze und das Eisenbahnreisen war bereits zu einem Teil des alltäglichen Lebens geworden. Die Eisenbahn war, auch nach einigen dramatischen Unfällen, nach wie vor das Symbol für das moderne Leben und den Fortschritt. So sprang auch in Japan der Funke schnell über und die Eisenbahn war eine der ersten Maßnahmen der Meiji-Regierung.

2. Die Ankunft der Eisenbahn in Japan

Die ersten Kontakte Japans mit der Idee einer eigenen Eisenbahn stellten der russischen Admiral Putyiatin und der Landung des amerikanischen Admirals Perry her. Zuvor wußte man nur von der Existenz der Eisenbahn durch die regelmäßigen Berichte, die das niederländischen Handelshaus der japanischen Regierung erstellte oder auch zum Beispiel durch den Erlebnisbericht des schiffbrüchigen Nakahama Manjirô.[5] Dieser hatte das Glück, nach seiner Rückkehr nach Japan der Todesstrafe, die auf Kontakt mit anderen Ländern stand, zu entgehen, sodaß er seine Erfahrungen weitergeben konnte. Er schrieb im Jahre 1851:

“Wenn die Meschen auf Reisen gehen, so tun sie das normalerweise mit einem feuergetriebenen Fahrzeug, genannt „reirote“ (railroad). Dieses Fahrzeug ist wie ein Schiff geformt und in seinem Kessel wird Wasser gekocht mit dessen Druck das Fahrzeug bis zu 300 ri (1200 km) am Tag fahren kann. Wenn man herausschaut udn ein hausförmiges Objekt erblickt, ist es als wäre man ein Vogel im Flug, man hat keine Zeit Dinge genau zu betrachten. Auf dem Weg des Fahrzeges ist Eisen gelegt.“[6]

Die Vorstellung von der Eisenbahn wurde konkreter, als der russische Admiral Putiyatin, 1853 mit dem russische Frachter Pallulada in Japan landete und eine fahrtüchtige Miniatur der Eisenbahn mitbrachte. Das bakufu war an dem Zinnmodell interssiert, es wurden jedoch keine konkreten Pläne umgesetzt. Im Februar des nächsten Jahres landete Admiral Perry und brachte ein das Modell in 2/3 der Originalgröße mit, das er dem bakufu schenkte und das in Yokohama und in Schloss Edo vorgeführt wurde.[7] Durch die öffentlichen Vorführungen konnte es eine viel größere Masse von Menschen erreichen als die vorherigen Modelle und die Begeisterung der Zuschauer war natürlich groß. Das Interesse der Besucher war Neugierde auf die fremde Kultur oder einfach Schaulust, doch sollte dieses Erleben des möglichen Fortschritts einen großen Einfluss haben. Einer der Zuschauer ließ es sich nicht nehmen auf dieser Modelleisenbahn mitzufahren, sehr zum Erstaunen der Amerikaner, die diese Reaktion der sonst so „würdevollen Mandarin“[8] nicht erwartet hatten. Der Mutige sagte selbst nach seinem Abenteuer: „Schnell, als würde man fliegen, kreiste (der Zug) immer wieder. Es war höchst vergnüglich!“[9] So hatte die Eisenbahn in Japan ihre ersten Erfolge als kleine Attraktion. Es ging sogar soweit, daß in Saga und in Fukui Eisenbahnmodelle produziert wurden,[10] wenn man auch zunächst nicht hoffen konnte, auch die richtige Eisenbahn selbst zu produzieren. Das Interesse an der Eisenbahn stieg in Japan, genau wie das Interesse am Schiffbau, in allen japanischen Regionen, da man sich davon eine Stärkung des Landes versprach. Die Interessen der Regionen waren vielfältig, sie gingen von der Erwähnung der Eisenbahn in den Reformverträgen, über die Herstellung der ersten Modelle, bis zu Verträgen mit ausländischen Firmen und Verhandlungen über konkrete Pläne.[11] Es gab viele technische und finanzielle Probleme, doch das schwerste Problem der anfänglichen Bemühungen war der innen- und außenpolitische Wettkampf in Japan und der Wettkampf zwischen zwischen den starken Westmächten um die Erschließung dieses neuen Marktes.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Eisenbahnmodell, dass Admiral Perry im März 1854 in Japan präsentierte gezeichnet von Hibata Osuke,[12]

3. Erste Verträge mit dem bakufu

Trotz der radikal konservativen Haltung der meisten Samurai zu dieser Zeit kam doch die erste Initiative für den Bau einer Strecke von einem Samurai. Godai Tomoatsu schlug 1865 dem bakufu die Strecke Kyôtô-Osaka zum Bau vor, was jedoch abgelehnt wurde.[13]

Zwar gab es schon etliche Befürworter der Eisenbahn, doch die im bakufu vorherrschende Ansicht war, daß zu diesem Zeitpunkt keine Dringlichkeit bestand weitere Strecken anzulegen.[14]

Zu diesem Zeitpunkt wuchs jedoch auch der Druck aus dem Ausland mit dem Bau der Eisenbahn anzufangen. Auf den vorhandenen Verkehrswegen bewältigte man allenfalls 20 Meilen am Tag, was die ausländischen Geschäftsleute als Erschwerniss ihres Handels ansahen.[15] Im Dezember 1867 wurde eine Lizenz für den Bau einer Eisenbahnstrecke zwischen Edo und Yokohama vergeben. Das Senatsmitglied des Shogunats Shôryûgen hatte dem Botschaftssekretär der amerikanischen Gesandschaft, A.L.C. Portsman, in einem Schreiben, das mit dem 23. des gleichen Monats datiert war, eine Auftragsbestätigung und darüberhinaus 14 Artikel an Verordnungen geschickt.[16] Eine Verordnung war zum Beispiel, dass jede Beschäftigung von Japanern beim Bau der Eisenbahnstrecke beim bakufu genehmigt werden müsse. D.h. wenn Portsman Japaner anstellen wollte, konnte sich das bakufu einmischen und ihm bevorzugte Arbeiter vorstellen.

Der Ogasawara-Portsman-Vertrag ging jedoch nicht nur über den Bau der Eisenbahnstrecke, sondern auch über die zukünftige Betreibung dieser. Im Nachhinein betrachtet hatte das bakufu, vielleicht aus Kurzsichtigkeit, einen Fehler gemacht, die Rechte für die Betreibung eines ihrer landesinneren Verkehrswege an das Ausland abzugeben. Die politischen Entwicklungen im Lande verhinderten jedoch, daß dieser Vertrag je wirksam wurde.

4. Verhandlungen mit der neuen Regierung

Am 14.4.1867 wurde ein Kaiserliches Dekret zum Sturz des bakufu und zur Restauration der kaiserlichen Macht erlassen. Mit Hilfe der Streitkräfte von Satsuma und chôshû gelang es schließlich am 3.1.1868 die Tokugawa Regierung endgültig zu Fall zu bringen und die Regierung an den Kaiser zurückzugeben.[17]

Vor diesem Hintergrund wurde nun an dem an diesem Vertrag zwische Ogasawara und Portsman nicht mehr festgehalten.

Durch die Restauration der Monarchie waren England und Frankreich, die vorher Amerika gegenüber benachteiligt waren, bestärkt. Amerika hingegen, das als erste Westmacht diesen Markt geöffnet hatte und unter anderem schon deshalb zunächst im Vorteil war, hatte an Bedeutung schwer eingebüßt.[18] Die neue Regierung akzeptierte die vorherigen Verträge Amerikas mit dem bakufu nicht mehr. Das heißt konkret, daß die amerikanischen Handelspartner und Regierungsangestellte des bakufu ihre Aufträge verloren hatten und sich bei der neuen Regierung erneut bewerben mußten. England schaffte es das Vertrauen der neuen Regierung zu gewinnen. Sir Ernest Satow, der den Zusammenbruch des bakufus und die Restauration der Monarchie vorausgesagt hatte, hatte dem englichen Gesandten Sir Henry Parkes dringlichst geraten sich auf Seiten des Kaisers zu stellen. So hatte England nicht mehr mit dem bakufu verhandelt und war nun in einer guten Position bei der Meiji-Regierung. Parkes riet der neuen Regierung auf ihre Eigenständigkeit zu achten und sich in keine einseitigen Abhängigkeiten zu anderen Ländern zu begeben. Er hatte ein ernsthaftes Interesse, Japan zu einer eigenständigen Wirtschaftsmacht zu machen und wollte verhindern, daß sie durch zu Fremdinvestoren an Souveränität verloren und als westliche Kolonie endete. Er war jedoch auch ein rücksichtsloser Verfechter britischer Interessen und handelte für die britischen Angestellten, die 2/3 der ausländischen Angestellten der Meiji-Regierung ausmachten, vergleichsweise hohe Gehälter aus, teilweise sogar das doppelte Gehalt der amerikanischen und deutschen Angestellten.[19] So wurden die teuren Ausländer so schnell wie möglich durch die japanischen Schüler ersetzt.[20] Die Anstellung britischer Ingenieure zog auch eine herausragende Stellung Großbritanniens im Import nach sich, da diese englisches Baumaterial verlangten. So gelang es Parkes einen großen Vorteil für Großbritannien zu erzielen. Persönlich wird er oft als dominierend, arrogant und cholerisch beschrieben, was Probleme in den diplomatischen Verhandlungen nach sich zog.[21]

[...]


[1] Schivelbusch: Die Geschichte der Eisenbahn, 1977, S.35

[2] Schivelbusch: Die Geschichte der Eisenbahn, 1977, S.171

[3] Schivelbusch: Die Geschichte der Eisenbahn, 1977, S.35

[4] Schivelbusch: Die Geschichte der Eisenbahnreise, 1977, S.37

[5] Yamada: Oyatoi gaikokujin: kôtsû, 1969, S.15

[6] Clough: Samurai, Shoguns and the age of steam, 1999

[7] Yamada: Oyatoi gaikokujin, , 1969, S.14

[8] Ericson: The sound of the whistle, 1996, S. 4

[9] Ericson: The sound of the whistle, 1996, S.4

[10] Yamada: Oyatoi gaikokujin: kôtsû, 1969, S.15

[11] Yamada: Oyatoi gaikokujin:kôtsû, 1969, S.15

[12] Ooya: Meiji no kaimaku, 1967, S.49

[13] Clough: Samurai, Shoguns and thw age of steam, 1999

[14] Yamada Naomasa:Oyatoi gaikokujin:kôtsû, 1969, S. 20

[15] Cortazzi, Hugh: Victorians in Japan, 1987, S.316

[16] Yamada Naomasa: Oyatoi gaikokujin:kôtsû, 1969, S.15

[17] Hall: Das Japanische Kaiserreich, 1968, S.257

[18] Yamada: Oyatoi gaikokujin:kôtsû, 1969, S.17

[19] Yamada: Oyatoi gaikiokujin:kôtsû, 1969, Tabellen ab S.177

[20] Brunton: Building Japan 1868-1876, S.6

[21] Brunton: Building Japan 1868-1876, S.6

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Railwaymania - Die Anfänge der Eisenbahn in Japan
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
24
Katalognummer
V44164
ISBN (eBook)
9783638418157
ISBN (Buch)
9783656245391
Dateigröße
589 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Railwaymania, Anfäne, Eisenbahn, Japan
Arbeit zitieren
Katrin Petroschkat (Autor:in), 2004, Railwaymania - Die Anfänge der Eisenbahn in Japan, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44164

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