VUCA. Handlungsempfehlungen für Unternehmen, Organisationen und die Personalabteilung


Hausarbeit, 2018

24 Seiten, Note: 1,0

M. Keppler (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis.

1. Einleitung

2. Ursprung und Grundannahmen des VUCA-Paradigmas

3. Übergeordneter Megatrend Digitalisierung

4. Auswirkungen der VUCA-Welt
4.1 Folgen von VUCA für Unternehmen und Organisationen
4.2 Bedeutung von VUCA für die Personalabteilung

5. Ableitung von Handlungsempfehlungen
5.1 Empfehlungen für Unternehmen und Organisationen
5.2 Empfehlungen für die Personalabteilung

6. Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Beziehungen VUCA

Abbildung 2: Elemente einer Organisation

Abbildung 3: Handlungsfelder für die Personalabteilung

1. Einleitung

Grundlegende Reformen, Erneuerungen und Neuorientierungen von Kulturen und Gesellschaften sind kein neues Phänomen, denn Veränderungen gibt es seit Menschengedenken (vgl. Amann & Alkenbrecher, 2015, S. 18). Der griechische Philosoph Heraklit von Ephesos hat bereits vor unserer Zeitrechnung festgestellt, dass die einzige Konstante in unserem Universum die Veränderung ist (vgl. Appelo, 2011, S. 317).

Laut Drucker kommt es in der Geschichte der westlichen Welt alle paar hundert Jahre zu einer tiefgreifenden Wandlung. Innerhalb von Jahrzehnten entsteht eine Gesellschaft mit neuen Grundwerten, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Strukturen (vgl. Drucker, 1992, S. 3). Die Rückwärtsbetrachtung der industriellen Entwicklungsstufen unterstreichen Druckers Aussage, allerdings hat sich Geschwindigkeit der Veränderungen in den letzten Jahrzehnten rasant erhöht.

Um 1800 markiert die erste industrielle Revolution (Industrie 1.0) den Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft, ermöglicht durch die Erfindung des mechanischen Webstuhls und der Dampfmaschine.

Der Startschuss für die zweite industrielle Revolution (Industrie 2.0) ist die Einführung der Elektrizität Ende des 19. Jahrhunderts. Die Arbeit in den Produktionshallen wird weiter automatisiert. Durch neue Fertigungstechniken wie die Fließbandarbeit entsteht Massenproduktion. Aber auch Büroarbeitsplätze erfahren eine Weiterentwicklung. Telefon und Telegramm vereinfachen die Kommunikation und beschleunigen den Arbeitsprozess.

Mit der Erfindung des ersten funktionsfähigen Computers im Jahr 1941 startet die dritte industrielle Revolution (Industrie 3.0). Der Einsatz von IT und Robotern führt zu einer stärkeren Automatisierung der Produktion. Der Personal-Computer für Büro und Haushalt begründet einen neuen Industriezweig (vgl. Frick, 2018, o. S.).

Momentan befinden wir uns in der vierten industriellen Revolution (Industrie 4.0). Sie ist gekennzeichnet durch die Vernetzung von Mensch, Maschine und Produkt in Echtzeit. In dieser Phase liegt der Fokus auf der zunehmenden Digitalisierung (vgl. Welpe, Brosi & Schwarzmüller, 2018, S. 10).

In der heutigen Lebenswelt sind die Schnelligkeit von Veränderungen, die Komplexität und die Mehrdeutigkeit von Aussagen sowohl am Arbeitsplatz als auch im privaten Umfeld intensiv zu spüren (vgl. Lenz, 2017, S. 38). Die Geschwindigkeit des derzeitigen Wandels hat kein historisches Vorbild (vgl. Eder, 2017, S. 15), dies ist einer der Gründe, warum eine Vorhersage der Zukunft nahezu unmöglich ist (vgl. Graf, Gramß & Edelkraut, 2017, S. 15). Die damit einhergehenden Herausforderungen in der post-modernen Welt werden in dem Akronym VUCA (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) zusammengefasst (vgl. Lenz, 2017, S. 39).

In der vorliegenden Hausarbeit werden zunächst der Ursprung und die Grundannahmen des VUCA-Paradigmas erläutert. Danach werden als Treiber für VUCA die aktuellen Megatrends genannt und insbesondere die Digitalisierung eingehender beleuchtet. Anschließend widme ich mich den Folgen von VUCA für den Einzelnen, die Gesellschaft und Politik. Was die VUCA-Dimensionen für Unternehmen, Organisationen und die Personalabteilung bedeuten, wird in den darauf folgenden Kapiteln thematisiert. Nach der Ableitung von Handlungsempfehlungen für die oben genannten Bereiche endet die Hausarbeit mit einer kurzen Diskussion und einem Blick in die Zukunft.

2. Ursprung und Grundannahmen des VUCA-Paradigmas

Der Ursprung von VUCA liegt im militärischen Bereich. Das Akronym ist Ende der 1990er Jahre vom US Army War College eingeführt worden (vgl. Amann & Alkenbrecher, 2015, S. 27), um die turbulenten Szenarien moderner Kriege und Auseinandersetzungen zu beschreiben. Insbesondere in den Irakkriegen und im Kampf gegen die Taliban in Afghanistan haben die amerikanischen Streitkräfte festgestellt, dass sich die militärischen Konflikte verändert haben (vgl. Graf, Gramß & Edelkraut, 2017, S. 217). Trotz bestehender Kommandostrukturen und High-Tech Ausrüstung ist es nicht gelungen, gegen dezentrale, agile Netzwerkstrukturen des Gegners effektiv vorzugehen. Es war an der Zeit, ein neues Verständnis für den Umgang mit schnellen Veränderungen (Volatility), die Zunahme an Unsicherheit (Uncertainty), Komplexität (Complexity) und mehrdeutigen Informationen (Ambiguity) zu entwickeln. Die Kommandostruktur der Armee und deren Ausbildung wurden auf die genannten VUCA-Anforderungen umgestellt, d.h. starre, zentral gesteuerte Organisationsstrukturen sind durch dezentrale, selbstverantwortliche Netzwerke und autonome Teams abgelöst worden (vgl. Lenz, 2017, S. 39). Mit kleinen Kampfeinheiten von maximal neun Personen, sogenannten Squads, hat man die Basis für eine agile Organisation geschaffen. Es hat einen Wechsel von der symmetrischen zur asymmetrischen Kriegsführung stattgefunden, deren Grundlagen auch für die Unternehmenswelt von Interesse sind (vgl. Burg, 2017). In seinem Buch Corps Business listet Freedman (2001) insgesamt dreißig Prinzipien aus dem militärischen Bereich auf, die aus seiner Sicht auf das Management übertragbar sind. Dazu zählen der bereits erwähnte Fokus auf kleine Teams und eine flexible Organisation. Hierarchien sind vorhanden, Entscheidungen können im Notfall aber ohne vorherige Einbindung des Managements getroffen werden (vgl. Freedman, 2001, S. 207) oder die Erkenntnis, dass es keine hundertprozentig richtigen Lösungen gibt und konträre Meinungen hilfreich sind. Darüber hinaus ist er der Auffassung, dass nur durch ständige Trainings über alle Hierarchieebenen und Abteilungen hinweg, eine Organisation erfolgreich sein kann (vgl. Freedman, 2001, S. 208).

Insbesondere die Finanzkrise in 2008 war ein wichtiger Katalysator für die Übernahme des VUCA-Konzeptes in die Unternehmenswelt. Angesichts einer Situation, vergleichbar mit einem militärischen Krisenherd, wurden bestehende Geschäfts- und Organisationsmodelle obsolet. Spätestens seit Beginn der digitalen Transformation ab 2011 sind die VUCA-Dimensionen für viele Mitarbeiter und Führungskräfte bereits Realität (vgl. Welpe, Brosi & Schwarzmüller, 2018, S. 25).

Kennzeichnend für aktuelle und zukünftige Arbeitswelten sind die vier zentralen Grundannahmen des VUCA-Paradigmas, die nachfolgend erläutert werden.

Volatility (Volatilität) kommt eigentlich aus dem Statistik- und Finanzbereich (vgl. Mack, O. et al., 2016, S. 6) und meint die zunehmende Geschwindigkeit, Umfang und Dynamik von Veränderungen. Auch deren Ausmaß und Schwankungsbreite steigt, z.B. die Schwankungen an der Börse (vgl. Graf, Gramß & Edelkraut, 2017, S. 16) oder Preisfluktuationen nach einer Naturkatastrophe (vgl. Bennett & Lemoine, 2014, S. 2).

Uncertainty (Unsicherheit) beschreibt ein abnehmendes Maß an Vorhersagbarkeit von Themen und Ereignissen, Neues entsteht aus dem Nichts. Konsequenzen von Handlungen können kaum vorhergesagt werden, kausale Zusammenhänge werden unklarer (vgl. Graf, Gramß & Edelkraut, 2017, S. 16), z.B. lässt sich durch die Produkteinführung eines Wettbewerbers die zukünftige Marktentwicklung schlecht voraussagen (vgl. Bennett & Lemoine, 2014, S. 2). Kail (2010) führt als tragisches Beispiel für Uncertainty die Ereignisse von 9/11 an. Die Verantwortlichen sahen darin eine Wiederholung der Anschläge von 1993 in der Parkgarage des World Trade Centers und reagierten entsprechend des damals erstellten Evakuierungsplanes, dadurch verloren sie wertvolle Zeit zur Rettung. Will heißen, eine zuvor entwickelte erfolgreiche Lösung muss in einem ähnlichen Fall nicht zwangsläufig richtig sein (vgl. Kail, 2010, S. 3).

Complexity (Komplexität) bezieht sich auf die steigende Anzahl von Verknüpfungen, Abhängigkeiten und Handlungsmöglichkeiten, die ein Thema undurchschaubar machen (vgl. Drath, 2016, S. 283). Lineare Zusammenhänge existieren nicht mehr (vgl. Mack, O. et al., 2016, S. 6) stattdessen nehmen widersprüchliche Interessen und Dilemmata zu (vgl. Graf, Gramß & Edelkraut, 2018, S. 16), z.B. durch globale Absatzmärkte in denen jedes Land unterschiedliche Vorschriften und kulturelle Werte hat (vgl. Bennett & Lemoine, 2014, S. 2).

Ambiguity (Ambiguität) beschreibt eine mehrdeutige Faktenlage, die Welt wird unscharf (vgl. Graf, Gramß & Edelkraut, 2018, S. 16). Rahmenbedingungen und Voraussetzungen sind auf mehreren Wegen interpretierbar, selbst zwei gegensätzliche Aussagen können beide richtig sein (vgl. Lenz, 2017, S. 39), z.B. die Entscheidung in unreife oder aufstrebende Märkte zu investieren oder eine Produkteinführung außerhalb des Kerngeschäftes zu wagen (vgl. Bennett & Lemoine, 2014, S. 2).

Die beschriebenen vier Dimensionen sollten jedoch keineswegs getrennt voneinander gesehen werden. Vielmehr stehen sie in einer wechselseitigen Beziehung zueinander, zum Teil überlappen sie sich auch. Nach Mack (2016) kommt der Dimension Complexity eine Schlüsselfunktion zu, weil aus ihr die Elemente Volatility und Uncertainty entstehen. Der anschließende Entscheidungsprozess ist durch Mehrdeutigkeit, also Ambiguity, geprägt (vgl. Mack, O. et al., 2016, S.7).

Abbildung 1: Beziehungen VUCA

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Mack, O. et al., Links between VUCA, 2016, S.7

Zusammenfassend kann man sagen, dass VUCA aufgrund der beschriebenen Rahmenbedingungen unserer heutigen Welt ein natürliches Phänomen ist, mit dem die Menschen und Unternehmen umgehen müssen (vgl. Mack, O. et al., 2016, S. 11). Welche Treiber übergeordnet verantwortlich sind und welche Auswirkungen dadurch entstehen, wird in den nachfolgenden Kapiteln thematisiert.

3. Übergeordneter Megatrend Digitalisierung

Die aktuellen Megatrends: Digitalisierung, Globalisierung, Konnektivität, New Work, und eine neue Wissenskultur (vgl. Zukunftsinstitut, 2018) lassen sich als übergeordnete Treiber von VUCA identifizieren (vgl. Graf, Gramß & Edelkraut, 2017, S. 18). Unter einem Trend versteht man gemäß der Definition des Zukunftsinstitutes eine Veränderungsbewegung oder einen Wandlungsprozess (vgl. Zukunftsinstitut, 2018).

Der in der Literatur am meisten diskutierte Trend ist die Digitalisierung. Dies ist zum einen auf ihre Schnelligkeit, ihren Umfang sowie ihre Auswirkungen auf bestehende Systeme zurückzuführen und zum anderen darauf, dass sie alle Bereiche menschlicher Interaktion, die Geschäftswelt, die Politik und die Gesellschaft betrifft. Digitalisierung bedeutet zum Beispiel, dass Milliarden von Menschen unbegrenzte Möglichkeiten durch die Nutzung ihres Smartphones haben, weil diese mit einer nie da gewesenen Rechnerleistung ausgestattet sind (vgl. Eder, 2017, S. 15). Es werden Inhalte aufgezeichnet, Fotos gemacht, Kommentare eingefügt, Events gelikt etc. und damit eine zunehmende Datenmenge erzeugt, die mithilfe von Algorithmen ausgewertet werden kann und deren Besitz für Unternehmen einen echten Wettbewerbsvorteil darstellt. Soziale Netzwerke umspannen die Welt, verbinden Menschen, stellen Geschäftsbeziehungen her und geben Auskunft über Bewerber. Sie geben aber auch Informationen von Social Bots weiter und können mittels Echokammern gleiche Inhalte wiederholen, so dass der Eindruck einer Meinungsmehrheit suggeriert wird. Das eingangs erwähnte Stichwort Industrie 4.0 umfasst intelligente Fabriken mit Maschinen, Logistikeinheiten und Produkten, die miteinander kommunizieren, kooperieren und so zu einem selbstgesteuerten System werden. Durch das sogenannte Internet der Dinge lässt sich in intelligenten Häusern digital die Heizung bedienen oder per Smartphone prüfen, ob Einbrecher im Haus sind. Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, fallen die oben genannten Entwicklungen in den Bereich des übergeordneten VUCA-Trends der Digitalisierung. Diese Entwicklungen betreffen nicht nur Unternehmen aus dem Informations- und Kommunikationssektor, sondern alle Unternehmen. Von der Landwirtschaft, über das Gesundheitswesen, bis hin zur Lebensmittelindustrie, es gibt keinen Bereich, der sich nicht mit der Digitalisierung und deren VUCA-Auswirkungen beschäftigen muss (vgl. Welpe, Brosi & Schwarzmüller, 2018, S. 9-10). Vor diesem Hintergrund widmet sich das nachfolgende Kapitel den Konsequenzen von VUCA.

4. Auswirkungen der VUCA-Welt

Die Auswirkungen der VUCA-Welt sind nicht nur in der Unternehmenswelt sichtbar, sondern auch im privaten Bereich, der Gesellschaft und Politik zu beobachten.

Rund sechsundachtzig Prozent der Deutschen ist der Meinung, dass ihr Leben schneller verläuft als noch vor zehn Jahren (vgl. Papasabbas, 2017, S. 113). Die Anpassung an die Schnelligkeit, mit der sich unsere Lebenswelt verändert, fällt vielen Menschen schwer (vgl. Vogel, 2016, S. 24). Multioptionen und die ständige Verschärfung des Wettbewerbs verlangen von jedem einzelnen eine hohe Präsenz, Aufmerksamkeit und Flexibilität. Es gibt keine Sicherheit über das einmal Erreichte im Leben, es überwiegt der Zwang, seine Performance ständig neu unter Beweis zu stellen (vgl. Vogel, 2016, S. 24). Auf gesellschaftlicher und politischer Ebene schwingt, wenn von VUCA die Rede ist, oft auch etwas Bedrohliches mit. Es existiert eine diffuse Angst über die Zerstückelung unserer Gesellschaft. Auf der einen Seite wächst gerade eine Generation Global auf, die sich nicht mehr einem Nationalstaat, einer Partei oder Religion zugehörig fühlt, sondern kosmopolitisch denkt (vgl. Papasabbas, 2017, S. 45) auf der anderen Seite wächst der nationalistische Populismus (vgl. Dettling, 2017, S. 91), Beispiel Flüchtlingskrise. Auch die Sorge über eine immer höhere Ungleichheit in unserer Gesellschaft (vgl. Brynjolfsson & McAfee, 2016, S. 210) nimmt zu. Denn die Digitalisierung als VUCA-Treiber lässt befürchten, dass sich der Umgang mit den neuen Technologien als Machtmonopol entwickeln könnte und zusätzlich zu der Schere zwischen Arm und Reich eine neue Vermögensschere zwischen digitalen Alphabeten und Analphabeten entsteht (vgl. Eder, 2017, S. 16). Die weit verbreitete Befürchtung, dass eine zunehmende Automatisierung den Menschen in der kommenden Arbeitswelt überflüssig macht, widerlegt Horx (2017) in seinem Roboter-Report. Gerade in Ländern mit einem hohen Automatisierungsgrad, wie zum Beispiel Japan und Deutschland, herrscht eine geringere Arbeitslosigkeit. Er benennt zahlreiche Berufe, die erst in den vergangen Jahrzehnten entstanden sind, beispielsweise Internetscout oder Blogger (vgl. Horx, 2017, S. 26-29). Dass nicht nur neue Berufe in der VUCA-Welt entstehen, sondern sich auch die Organisations- und Arbeitsformen ändern, wird im nächsten Kapitel deutlich.

4.1 Folgen von VUCA für Unternehmen und Organisationen

Die bereits erwähnten Megatrends zwingen Unternehmen noch fokussierter, schneller und flexibler zu entscheiden und zu reagieren. Durch den starken Wettbewerb und die Schnelllebigkeit der Wirtschaftswelt (Volatility) sind Unternehmen einem immer stärkeren Innovationsdruck ausgesetzt. So muss sich die Traditionsmarke Levis auf der einen Seite dem neuen Yoga-Hosen-Trend stellen (vgl. Higgins, 2015, o. S.) und auf der anderen Seite ihr etabliertes Jeans-Hosen-Geschäft mit bereits erprobten Strukturen und Prozessen wie gewohnt durchführen (vgl. Grannemann & Rotzinger, 2017, S. 26). Die Ungewissheit (Uncertainty) über die Entwicklung der Märkte lässt die strategische Planung zunehmend schwerer fallen und es gibt keine bewährten Rezepte aus der Vergangenheit auf die zurückgegriffen werden kann (Complexity). Zum Beispiel hat Volkswagen im Rahmen der Diesel-Affäre nicht die übliche Fünfjahres-Planung vorgelegt, sondern ist auf „Sicht gefahren“ (vgl. Handelsblatt, 2015). Durch seine zunehmende Individualität (Ambiguity) ändert sich auch der Umgang mit dem Kunden (vgl. Vogel, 2017, o. S.). Ob Müsli, Schuhe oder Laptops, alles soll auf die persönlichen Wünsche zugeschnitten sein (vgl. Heckel, 2016, o. S.). Somit erfahren alle Unternehmensbereiche von der Forschung und Entwicklung bis hin zum Marketing und Vertrieb die Auswirkungen der VUCA-Welt. Eine detaillierte Untersuchung der einzelnen Abteilungen im Unternehmen würde den Rahmen dieser Hausarbeit sprengen. Deshalb widme ich mich nachfolgend den VUCA-Auswirkungen für die Unternehmen als Organisation. Organisationen sind soziale Gebilde, die durch bestimmte Strukturen, Prozesse, Rollen, Spielregeln und Werte gemeinsam ein definiertes Ziel verfolgen. Wenn sich Organisationen verändern, verändern sich auch immer deren Bestandteile, d.h. die Menschen und Kultur, die Struktur und Rollen sowie die Regeln und Prozesse (vgl. Schroeder-Hohenwarth, 2017, S. 215-216).

Abbildung 2: Elemente einer Organisation

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Schroeder-Hohenwarth, Elemente einer Organisation, 2017, S. 216

Eine von der AGENTUR ohne NAMEN durchgeführte Befragung, an der 132 Unternehmen in Deutschland teilgenommen haben, zeigt die gestiegenen Anforderungen an Mitarbeiter. Die Hälfte der Unternehmen gab an, dass die Belastung und der Stresslevel in den letzten drei Jahren gestiegen sind. Der Krankenstand hat sich im gleichen Zeitraum bei 77 % der befragten Unternehmen erhöht oder war auf einem gleichbleibend hohen Niveau. Der VUCA-Wandel erzeugt bei der Belegschaft Störgefühle wie Unsicherheit und Angst. Es überwiegt eine abwartende Haltung (vgl. Vogel, 2017, o. S.) Für Führungskräfte ist die Situation ebenfalls schwierig. Sie müssen zum einen die (digitale) Transformation im Unternehmen vorantreiben und zum anderen ihre Mitarbeiter mit ins Boot holen. Die „Ich sage – ihr macht“ Kommunikationskultur wird durch einen zunehmend kooperativen Führungsstil abgelöst (vgl. Nienaber, 2017, S. 184). Der in einer VUCA-Welt notwendige Pioniergeist ist in deutschen Unternehmen noch nicht angekommen und die Mehrheit besitzt die dafür notwendige Fehlerkultur nicht (vgl. Vogel, 2017, o. S.). Die Auswirkungen von VUCA auf die Aufbauorganisation sind gering. Bei vielen Unternehmen in Deutschland ist die hierarchische Organisationsstruktur noch immer vorhanden (vgl. Grannemann & Rotzinger, 2017, S. 26). Das wird auch durch eine gemeinsame Studie von StepStone und Kienbaum untermauert, die sich mit den Organigrammen deutscher Unternehmen befasst. Danach ist die Mehrheit der Fach- und Führungskräfte in hierarchischen Unternehmen mit einem Einlinien-Führungssystem tätig (vgl. Dettmers & Jochmann, 2016, S. 6). In Bezug auf Prozesse wird deutlich, dass die VUCA-Treiber Digitalisierung und Globalisierung bei der Mehrheit der Unternehmen zu mehr als zwei Change-Prozessen in den vergangenen drei Jahren geführt haben. (vgl. Vogel, 2017, o. S.). Was der rasante Wandel in Unternehmen und Organisationen für den Bereich Human Resources bedeutet, wird nachfolgend untersucht.

4.2 Bedeutung von VUCA für die Personalabteilung

Die Personalabteilung ist in doppelter Weise von VUCA betroffen. Einmal in ihrer eigenen Rolle als Abteilung im Unternehmen und einmal als Gestalter. Um Letzteres geht es in diesem Kapitel. Auf Basis der zuvor genannten Elemente einer Organisation wird entlang der Handlungsfelder Führung, Qualifizierung, psychosoziale Gesundheit, Big Data, Arbeitsorganisation, Partizipation und Arbeitsrecht, die Bedeutung von VUCA für die Personalabteilung skizziert.

Abbildung 3: Handlungsfelder für die Personalabteilung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: In Anlehnung an Schroeder-Hohenwarth, Elemente einer Organisation, 2017, S. 216 und Bundesverband der Personalmanager, HR als aktiver Gestalter der digitalen Transformation, 2018, S. 14-15

Die im vorherigen Kapitel bereits zitierte Studie der AGENTUR ohne NAMEN listet als eine der Top-Herausforderungen für den Personalbereich die zunehmende Überforderung der Führungskräfte auf (vgl. Vogel, 2017, o. S.). Fachwissen und Delegation reichen nicht mehr aus, der Vorgesetzte übernimmt zunehmend die Aufgabe eines Coaches oder Mentors. Neben transformalen Führungskompetenzen werden solide Kommunikationsfähigkeiten benötigt. Hier kommt der Personalabteilung eine hohe strategische Bedeutung zu (vgl. Bundesverband der Personalmanager, 2018, S. 9). Sie ist dafür verantwortlich die Weiterbildungsangebote in Richtung neuer VUCA kompatibler Führungstheorien auf- oder auszubauen (vgl. Lemoine, 2015, S. 5). In puncto Qualifizierung wird der Weiterbildungskatalog durch selbstorganisiertes Lernen ergänzt. Der VUCA-Treiber Digitalisierung erhöht die Lernmöglichkeiten. Massive Open Online Courses (Online-Kurse), Augmented Reality (Simulationen), Serious Gaming (Spiele) oder Mobile Learning halten Einzug in die Personalentwicklung und lassen die Personaler viel stärker als bisher zum Weiterbildungsberater werden (vgl. Welpe, Brosi & Schwarzmüller, 2018, S. 54-56). Wie bereits eingangs beschrieben, rücken die gestiegenen Anforderungen in Richtung Wissensgesellschaft sowie die Auflösung der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit, Stichwort Arbeitsorganisation, die psychische und physische Gesundheit der Belegschaft in den Fokus. Dabei spielt Stress eine große Rolle (vgl. Welpe, Brosi & Schwarzmüller, 2018, S. 23).

Big Data im Personalwesen unterstützt die Personalexperten bei allen Prozessen: von der Personalbeschaffung über Personalentwicklung bis hin zu Prognosen für die Personalabteilung (vgl. Janzen & Semet, 2017, S. 67). Durch die Verknüpfung von externen und internen Datenquellen können smarte Daten zur treffsicheren Auswahl von Bewerbern generiert werden. Anforderungs- und Aufgabenprofile können in Echtzeit verglichen werden, was die Reaktionsgeschwindigkeit bei der Identifikation von Kandidaten um ein Vielfaches beschleunigt (vgl. Bundesverband der Personalmanager, 2018, S. 6). Dabei müssen sich die Verantwortlichen sehr genau mit der Datenschutzverordnung befassen, denn die personenbezogene Daten von Bewerbern und Mitarbeitern sind besonders geschützt (vgl. Gola, 2018, S. 73).

Wenn von Partizipation der Mitarbeiter die Rede ist, heißt dies nicht, nur die Meinung der Mitarbeiter aufzunehmen, sondern sie zu eigenen Entscheidungen zu befähigen (Empowerment). Die Basis für Empowerment ist eine demokratische Unternehmenskultur und vor allem –struktur, die mit einem Abbau von Hierarchien einhergeht. Es ist Aufgabe der Personalabteilung, die Umsetzung eines strukturellen Empowerments zu begleiten. (vgl. Welpe, Brosi & Schwarzmüller, 2018, S. 101). Partizipation betrifft jedoch auch die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat und dessen Mitbestimmungsrechte gemäß Betriebsverfassungsgesetz. Im Hinblick auf die Dynamik in der VUCA-Welt und die geänderten Anforderungen, beispielsweise Social Media Guidelines, App-Nutzung oder Bring your own Device, werden schnellere Verhandlungsprozesse und Gesetzesanpassungen notwendig (vgl. Bundesverband der Personalmanager, 2018, S. 9). Das gilt auch in puncto Arbeitsrecht. Personaler stehen in der VUCA-Welt in einem ständigen Interessenkonflikt zwischen der Vereinheitlichung globaler Prozesse und nationalen Vorschriften. Insbesondere das deutsche Arbeitszeitgesetz ist angesichts zeitzonenübergreifender Telefonkonferenzen oder Mobile Working nicht mehr zeitgemäß (vgl. Bundesverband der Personalmanager, 2018, S. 7).

Welche Handlungsempfehlungen sich aus den oben genannten VUCA-Folgen ableiten lassen, wird nachfolgend aufgezeigt.

5. Ableitung von Handlungsempfehlungen

Eine der grundlegenden Voraussetzungen für das Überleben in der VUCA-Welt ist, sie zu akzeptieren und keine Energie darauf zu verschwenden sie zu bekämpfen (vgl. Schertler, 2017, o. S.). Demzufolge findet man in der Literatur auch eine positive Interpretation des Akronyms VUCA: Vision, Understanding, Clarity und Agility (vgl. Graf, Gramß & Edelkraut, 2017, S. 186). Dieser sogenannte VUCA-Flip formuliert VUCA als Handlungsempfehlung (vgl. Amann & Alkenbrecher, 2015, S. 41). Vision steht für die Definition und Kommunikation strategischer Ziele, Understanding beschreibt die umfassende Erfahrung in unterschiedlichen Fachbereichen und Industrien, Clarity meint die Transparenz in der Kommunikation und im Handeln, Agility bezieht sich auf schnelles und konsequentes Handeln (vgl. Graf, Gramß & Edelkraut, 2017, S. 186). Aus diesem generellen Ansatz lassen sich die Handlungsempfehlungen für Unternehmen und Organisationen entlang der bereits vorgestellten Elemente ableiten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
VUCA. Handlungsempfehlungen für Unternehmen, Organisationen und die Personalabteilung
Hochschule
FOM Essen, Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Hochschulleitung Essen früher Fachhochschule  (Standort Hannover)
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
24
Katalognummer
V441373
ISBN (eBook)
9783668801011
ISBN (Buch)
9783668801028
Sprache
Deutsch
Schlagworte
VUKA, Digitaliserung, Wandel
Arbeit zitieren
M. Keppler (Autor:in), 2018, VUCA. Handlungsempfehlungen für Unternehmen, Organisationen und die Personalabteilung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/441373

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