Vier literarische Figuren der Migration im Roman "Fluchtpunkt" von Peter Weiss


Hausarbeit, 2017

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EinleitungS

2. Die vier literarischen Figuren
2.1. Die literarische Figur des „Fremden“
2.2. Die literarische Figur des „Flüchtlings“
2.3. Die literarische Figur des „Gastarbeiters“
2.4. Die literarische Figur des „Immigrierten“

3. Resümee

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Der Autor Peter Weiss hat sich einen Namen als Grenzgänger gemacht. Die Auseinandersetzung mit seinem autobiographischen Grenzgängertum - die Flucht durch Europa, ergibt eine der primären Grundlagen seines künstlerischen Schaffens, sei es literarisch oder in der Malerei. Die Hausarbeit soll das literarische Grenzgängertum im Hinblick auf die verschiedenen Migrationsbewegungen des Ich-Erzählers des Romans „Fluchtpunkt“ von Peter Weiss beleuchten.

In dem Text versucht der Erzähler sich auf verschiedenen Wegen einer Befindlichkeit als Migrant anzunähern. Meiner These nach basiert dieser Versuch auf vier, primär vorherrschenden literarischen Figuren, die ich gegen Ende der Einleitung zusammenfassend vorstellen werde. Ziel der Hausarbeit ist es, diese vier literarischen Entwürfe innerhalb des Textes anhand von Textstellen zu identifizieren und gegeneinander abzugrenzen.

An dieser Stelle werde ich den Text „Fluchtpunkt“ innerhalb des Werkes Peter Weiss’ einordnen, da ich denke, dass dies zum Verständnis der Hausarbeit und deren Schwerpunkt beiträgt. „Fluchtpunkt“ wurde 1962 erstmals in deutscher Sprache veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt lebte Peter Weiss seit 23 Jahren in Schweden. Die Theoretikerin Irene Heidelberger-Leonard sieht „Fluchtpunkt“ als Teil einer autobiographischen Trilogie Weiss’.[1] Unter einem psychoanalytischem Zugriff kann dabei „Abschied von den Eltern“ als Konstruktion eines Ichs, „Fluchtpunkt“ als Festigung des Ichs, und die „Ästhetik des Widerstands“ als einen Wandel vom individuellen Ich zum kollektiven Wir angesehen werden. Besonders in „Fluchtpunkt“ wird Peter Weiss’ Begehren nach Selbstausdruck und nach Schaffung einer Identität deutlich. Dabei greift er häufig auf das Moment der Fiktion zurück und „erschreibt“ sich somit eine Art Wunschbiographie. Hierbei möchte ich herausheben, dass trotzdem „Fluchtpunkt“ als ein Text von autobiographischem Charakter angesehen wird, Peter Weiss und die Erzählerfigur keineswegs als identisch angesehen werden können und der Text auch explizit als Roman gekennzeichnet ist und somit fiktionale Elemente enthält. Innerhalb meiner Hausarbeit beziehe ich mich ausschließlich auf den Ich – Erzähler des Romans und seine Befindlichkeiten. Die Identität des Erzählers in „Fluchtpunkt“ gestaltet sich dabei keineswegs zuverlässig, sondern ist andauernden Veränderungen unterworfen.

Die Verarbeitung der Emigration und Flucht überwiegen in dem Text thematisch, aber auch die Scham gegenüber der jüdischen Existenz, das Schuldgefühl den Holocaust überlebt zu haben, die Selbstinszenierung als Weltenbürger und der Übergang vom Maler zum Schreiber spielen eine Rolle. Der Roman gestaltet sich als topographisches Gewebe, in dem immer wiederkehrende Orte eine Karte der Migration, Fluchtlinien und Selbstfindung ergeben. „Fluchtpunkt“ gestaltet sich für den Ich-Erzähler als eine Suche nach Identität und Wahrheit.

Dabei strukturiert er vier vorherrschende literarische Figuren der Migration, welche ich hier knapp einführen und im weiteren Verlauf detailliert vorstellen möchte.

Die erste Figur ist die des „Fremden“. Als Folge der andauernden Flucht und Emigration beschreibt der Ich-Erzähler ein anhaltendes Gefühl von Unzugehörigkeit. Er ist ein Fremder für das Umfeld, wohin er auch kommt.

Die zweite Figur ist die des „Flüchtlings“. Die Migrationsbewegungen des Erzählers sind primär auf seine jüdische Herkunft und die Flucht vor dem Nationalsozialismus zurückzuführen. Für die Figur des „Gastarbeiters“ sind vor allem die Szenerien im Norden Schwedens von Bedeutung, in denen beschrieben wird wie der Erzähler einmal als Heuerntehelfer, einmal als Waldarbeiter anheuert. Die vierte Figur ist die des „Immigranten“. In Schweden empfindet der Erzähler erstmals ein Gefühl des „heimisch werdens“. Mehrere Faktoren, unter anderem die Aneignung von Sprache, Familiengründung und ein räumliches Zugehörigkeitsgefühl spielen hierbei eine Rolle. In „Fluchtpunkt“ findet zwar eine Identitätsbildung und Öffnung der Erzählerfigur statt, doch schafft sich der Erzähler eine Identität die keineswegs zuverlässig ist. Von geradezu eskapistischem Charakter ist sie immer auf der Suche nach Veränderung. Diese Hausarbeit versucht sich an einer Trennung der verschiedenen Erzählfiguren voneinander und der Ausarbeitung und Darlegung dieser Schichtungen innerhalb des Textes, um zu einem strukturierterem und klarerem Verständnisses des Textes beizutragen. Die Ausarbeitung fand sehr nah am Text statt und basiert größtenteils auf Zitaten und deren Interpretation. Deswegen habe ich mich bewusst dafür entschieden, die Zitate einheitlich in den Fließtext einzuarbeiten um die Argumentation zu stützen und ein flüssiges Lesen möglich zu machen. Längere Zitate sind dabei der Einfachheit halber vom Text abgehoben, unterscheiden sich jedoch nicht in der Sinngebung.

2. Die vier literarischen Figuren

2.1. Die literarische Figur des „Fremden“

Einleitend in „Fluchtpunkt“ versucht sich der Ich-Erzähler an einer Selbstdarstellung als Weltenbürger. Nachdem er seine Jugend in Deutschland verbracht hatte, christlich getauft und konfirmiert worden war, erfährt er erst kurz vor der Auswanderung von der eigentlichen tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit und der jüdischen Herkunft väterlicherseits. Er beschreibt seine Sprache als nicht örtlich verbunden, sondern als eine Sprache der Vagabunden, der Weltreisenden und Wandernden. Vor allem durch die rezipierte Literatur schafft sich der Erzähler schon frühzeitig in seinem Leben eine weltbürgerische Identität. „Uli, mein Schulfreund, war Weltbürger wie ich.“[2] Die aufkommende Frage des beginnenden Nationalsozialismus nach Nationalität und Rasse berührt ihn wenig und doch wird der Erzähler unter diesem Aspekt erstmals ganz offen als ein „Fremder“ gekennzeichnet. „Die plötzliche Ernennung zum Ausländer und Halbjuden [...]“[3] stellt seine jahrelang gelebte Identität als deutscher Christ in den Hintergrund und markiert ihn als Außenseiter.

Die Reihe der Emigrationen die daraufhin folgen, haben für den Erzähler keinen politischen Stellenwert, ist er doch ein Fremder wohin er auch kommt. „Für mich bedeutete die Emigration keine Stellungnahme. Ich war Fremder, wo ich auch hinkam.“[4] Seine Identität ist überschattet von durchdringender Unzugehörigkeit. In London, in dem er nicht heimisch wird, in Deutschland ist er zum Fremdling ernannt, in der Tschechoslowakei zum „Deutschen“ degradiert, in der Schweiz wird er als Ausländer verhaftet und letztendlich in Schweden als Immigrant geduldet.

In dem Land, in dem ich aufgewachsen war und dessen Sprache ich sprach, war ich zum Fremdling ernannt worden. [...] in [dem] Land, dem ich meinem Pass nach angehörte, schalt man mich wieder einen Deutschen [...].[5]

In Schweden, bei Baahl, unter welchem der Erzähler sich dem Versuch einer Psychoanalyse stellt, fühlt er sich erstmals angenommen als der, der er ist, ohne für Herkunft, Religion oder Migrationsvergangenheit verurteilt zu werden und bildet durch Erprobung der neuen Sprache eine erste Verknüpfung zu der neuen Heimat. „Ich war kein Fremdling, kein unerwünscht Eingewanderter in diesem Zimmer.“[6]

Doch immer wieder fühlt er sich in Schweden, dem Land welches er später als seinen ständigen Lebensmittelpunkt auswählt, als ein Fremder und unfähig Land und Leute vollständig nachzuvollziehen. Als Heuerntehelfer auf einem Bauernhof sieht er sich mit menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen konfrontiert. Als er versucht eine Wahrnehmung der Missstände zu schaffen, wird er schroff zurückgewiesen.

Meine Versuche, den Knecht auf die herrschenden Mißverhältnisse aufmerksam zu machen, stießen auf einen stumpfen Widerstand. Der alte Vormann [...] gab mir einen feindlichen Blick, wenn ich eine Kritik andeutete.[7]

Bei einem Akt der Revolution nach einem spärlichen Mittagessen gipfelt die Situation und „[...] schließlich kamen sie nur zu dem Resultat, daß ich als Ausländer die Verhältnisse nicht kannte und hier bei ihnen nichts mehr zu suchen hatte.“[8]

Auch im Norden Schwedens, wo der Erzähler als Waldarbeiter anheuert und die unterschiedlichen Bedürfnisse seiner selbst und der Kameraden bemerkt, versucht er unter der Belegschaft Veränderungen anzubringen und ein Interesse für Kulturobjekte zu schaffen womit er erneut auf misstrauischen Widerstand und Unmut trifft.

Und wieder stieß ich bei den Genossen auf Widerstand und Ablehnung und auf ein stumpfes Mißtrauen vor allen Veränderungen. [...] Sie hätten mich verachtet, wenn ich nicht morgens mit ihnen in den Wald und abends mit ihnen aus dem Wald gestiegen wäre.[9]

Erst als er sich zu einem großen Teil den anderen Lebensumständen fügt und das Desinteresse der Kameraden an kultureller Anregung akzeptiert, stellt sich ein Gefühl von Homogenität für ihn ein.

Und wenn wir dann vor unseren Näpfen saßen [...] und wenn wir dann auf die Nacht warteten [...] verging der kleine Unterschied einer Bildung [...] in [der] ich glaubte, von ihnen abgesondert zu sein, und die Nacht war gleich für uns alle.[10]

Im Laufe des Romans zeichnet sich ab, dass Faktoren wie unterschiedliche Nationalität, Sprache, Religion und Vorstellungen von Arbeits- oder Bildungsverhältnissen, für das immer wieder beschriebene Gefühl des Fremdseins verantwortlich sind. Auf der anderen Seite wird auch eine immense Schwierigkeit der Erzählerfigur, sich dem jeweiligen, sozialen Gefüge ein- oder unterzuordnen, beschrieben.

Für diese These spricht auch die Beschreibung des Erzählers, er fühle sich auch innerhalb seiner eigenen kleinen Familie, mit der Lebensgefährtin Edna und dem gemeinsamen Kind, fremd. Er beschreibt die Möglichkeit einer Akzeptanz seiner Rolle in einem Familiengefüge in distanziertem Konjunktiv: „Ich [...] könnte einen Mann darstellen, der einem Heim und einer Familie, einer Stadt und einem Land angehört. Ich versuche dieses Bild festzuhalten.“[11] Doch im Laufe der Erzählung wird klar, dass ihm dieses Festhalten und Etablieren des Wunschbildes seiner selbst nicht gelingt und wenn er an Edna denkt, dann gestalten sich die Erinnerungen an sie als „[...] ungewiß, es ergibt sich aus ihnen nicht der Gedanke an eine alltägliche Zusammengehörigkeit.“[12] Er verwirft selbst den Gedanken, es hätte den wirklichen Versuch einer Angleichung oder wahren Zusammengehörigkeit gegeben. „ [...] wir hätten unsere verschiedenen Welten voreinander hinstellen und überprüfen können, doch [...] ich weiß nicht einmal, ob wir uns darum bemüht hatten.“[13]

Besonders schwierig gestaltet sich auch seine Rolle in der schwedischen Familie Ednas, in der er zwar umgehend und unmissverständlich als Fremder und potenzieller Nutznießer Ednas und ihrer Familie dargestellt wird[14], sich aber auch gleichzeitig selbst durch mehrere, kleinrebellischer Vergehen als unzugehörig inszeniert.

Eine weitere, mit ambivalenten Gefühlen behaftete, Schwierigkeit stellt für ihn seine Existenz als Überlebender des Holocaust dar. Einerseits die Scham und Scheu gegenüber seiner jüdischen Herkunft und andererseits das über alles schwebende Schuldgefühl seines Überlebens. Er kann sich weder mit den Opfern, noch mit den Tätern identifizieren, fühlt sich in beiderlei Rollen fremd und unzugehörig.

Zu wem gehörte ich jetzt, als Lebender, als Überlebender, gehörte ich wirklich zu jenen, die mich anstarrten mit ihren übergroßen Augen, und die ich längst verraten hatte, gehörte ich nicht eher zu den Mördern und Henkern. [...] Lange trug ich die Schuld, daß ich nicht zu denen gehörte, die die Nummer der Entwertung ins Fleisch eingebrannt bekommen hatten, daß ich entwichen und zum Zuschauer verurteilt worden war.[15]

Der Erzähler nimmt also in vielerlei Hinsicht die Rolle des Fremden und Grenzgängers ein, teils von äußeren Kausalitäten bedingt, teils selbst initiiert oder provoziert. Als Arbeiter befindet er sich zwischen abgestumpfter Arbeiterklasse und Bildungshegemonie, als soziales Wesen zwischen Weltenbürger und Familienvater, als Überlebender mit jüdischem Hintergrund zwischen den Rollen von Opfer und Henker.

2.2. Die literarische Figur des „Flüchtlings“

Politik und insbesondere die Gefahren des Nationalsozialismus spielen eine relativ begrenzte Rolle in der Wahrnehmung des Erzählers. Doch anhand einiger Textstellen und dem autobiographischen Charakter des Romans, ist davon auszugehen, dass die Migrationsbewegungen des Erzählers primär als Flucht vor der drohenden Diffamierung und Ächtung durch die deutschen Nationalsozialisten angesehen werden kann.

Als ich mit meiner Familie nach England auswanderte, war dies nur wieder ein neuer Umzug. Ich folgte im Haushalt mit, ich wäre geblieben, wenn mein Vater nicht den Überblick, die Entschlußkraft und die Mittel besessen hätte, rechtzeitig der Gefahr zu entgehen.[16]

Als der Erzähler letztendlich nach Stockholm emigriert, strandet er in einer Pension „[die] zum großen Teil von Emigranten bewohnt [war]“.[17] Offensichtlich handelt es sich bei den anderen Bewohnern ebenfalls um Flüchtlinge aus kriegsbedrohten oder von den Nazis bereits annektierten Ländern. Der Erzähler beschreibt sich und die Anwesenden „als Überlebende einer gemeinsamen Katastrophe“[18]. Eine klare Abgrenzung zu den anderen Exilanten fehlt dabei, was bemerkenswert ist, da der Erzähler oftmals sehr darauf bedacht ist, sich sowohl von seiner Ursprungsfamilie, seiner eigens gegründeten Familie, seinen Arbeitskollegen und Freunden zu unterscheiden oder sich zu distanzieren. Er beschreibt sich und die Gruppe der Emigranten und Flüchtlinge wie folgt:

Wir saßen hier beisammen, jeder aus seiner Vergangenheit herausgerissen, viele besorgt über Angehörige, die in den besetzten Ländern zurückgelassen worden waren, viele mit Not der Verfolgung entgangen, viele ihrer nächsten Verwandten und Freunde beraubt, alle unter Schwierigkeiten bemüht, einen Broterwerb zu finden, mit Unterstützungssummen hauszuhalten, alle auf Nachricht wartend, die Lage besprechend, Prognosen stellend.[19]

Den tobenden Krieg empfindet der Erzähler als einen „unaufhörliche[n] Druck, der von der Bedrohung ausging“[20], ein „leise[s] Grauen, das wir ständig im Hintergrund unseres Bewußtseins trugen“[21]. Fast trotzig distanziert er sich von den Soldaten, von den zurückgebliebenen Opfern des Krieges und überdeckt das Durchklingen eines Schuldgefühls mit erklärter Freiheit und Unabhängigkeit.

Nur für meine Flucht, meine Feigheit, wollte ich eintreten, keinem Volk, keinem Ideal, keiner Stadt, keiner Sprache angehören, und nur in meiner Losgelöstheit eine Stärke sehen.[22]

Das Streben nach vollständiger Losgelöstheit und bewusster Abgrenzung zu seinem Umfeld scheint stets eng verwoben mit dem Umstand des Krieges, der ständigen Bedrohung und der „Schuld“ seiner jüdischen Herkunft. Als Edna erstmals schwanger wird, entschuldigt er das Aufschieben einer Familiengründung damit, dass das Zurücklassen und damit der sichere Tod von Lucie noch zu gegenwärtig seien und in Anbetracht des derzeitigen Vormarsches der deutschen Truppen eventuelles „Gepäck“ so gering wie möglich zu halten ist.

Lucie war noch gegenwärtig, und die Täuschung meiner Befreiungsversuche, gegenwärtig war der Vormarsch ringsum und die Aussicht auf Weiterflucht, das Gepäck mußte aufs äußerste eingeschränkt werden, und ein Arzt leistete uns Hilfe.[23]

In Konfrontation mit Baahl beschreibt der Erzähler sich selbst als einen „gestrandete[n] Zentraleuropäer, von Krisen, Kriegen und Verfolgungen umhergetrieben“[24]. Das Schuldgefühl den Zurückgebliebenen gegenüber, nimmt im Laufe des Romans einen immer größeren Stellenwert ein. Gedanken an seine Zeit in Prag beschreibt er als schwer und ungelöst „Ich war entflohen, und die Menschen, die mir dort begegnet waren, waren zurückgeblieben.“[25] Die gelungene Flucht, so scheint es, wird ihm zu etwas Unerträglichem. Die Überzeugung, er hätte auf dem Schlachtfeld oder in Gefangenschaft den Tod finden müssen wird zu etwas Unumstößlichem, zu einer unerfüllten Bestimmung. Die Flucht wird gleichgesetzt mit Feigheit und der nicht auszulöschenden Schuld.

Ich war aufgewachsen, um vernichtet zu werden, doch ich war der Vernichtung entgangen. Ich war geflohen und hatte mich verkrochen. [...] daß ich nie etwas anderes gewählt hatte als meine Flucht und meine Feigheit und meine Vermessenheit des Abstandnehmens [...][26]

Neben den thematischen Strängen der Flucht vor dem Nationalsozialismus und der Flucht vor Personen, gegenüber denen es an Einordnung oder Übernahme von Verantwortung verlangt, thematisiert der Roman noch die Flucht des Erzählers vor sich selbst. Durch das autobiographische Schreiben und der Reflektion von Momentaufnahmen seiner Vergangenheit, versucht er einer vollkommenen Freiheit und Selbstfindung entgegenzustreben. Erst in Paris, nach einem vollständigen Selbstverlust, schafft er es zu einer Akzeptanz seiner selbst zu gelangen und sich dadurch eine Daseinsberechtigung zuzugestehen.

[...]


[1] Vgl.: Irene Heidelberger-Leonard: Abschied von den Eltern, Fluchtpunkt, Die Ästhetik des Widerstands, - eine autobiographische Trilogie? In: Ästhetik, Revolte und Widerstand im Werk von Peter Weiss. Dokumentation zu den Peter-Weiss-Tagen in der Kampnagel-Fabrik Hamburg (4. – 13. November 1988). Hrsg. von der Internationalen Peter-Weiss-Gesellschaft. Jena 1990, S. 39 - 46

[2] Peter Weiss: Fluchtpunkt. Frankfurt am Main 1962 (im Folgenden abgekürzt als FP), S. 10

[3] FP, S. 10

[4] ebd., S. 13

[5] ebd., S. 13 f.

[6] ebd., S. 51

[7] FP, S. 81

[8] ebd., S. 82

[9] ebd., S. 96

[10] ebd., S. 97

[11] FP, S. 106

[12] ebd., S. 107

[13] ebd.

[14] Eine Konversation mit dem Vater Ednas betreffend: „Er sagte dann, daß er nun versuchen wollte, mich als Mitglied der Familie anzusehen, es müsse aber darauf hingewiesen werden, daß dies notgedrungenerweise geschehe, und daß er nach wie vor die Art, in der ich seine Tochter verführt und mich in ihre Kreise eingedrängt habe, verurteile.“ FP, S. 108

[15] ebd., S. 136 f.

[16] Mit „der Gefahr“ ist die aufkommende nationalsozialistische Bedrohung gemeint, wie aus dem umgebenden Text geschlossen werden kann. FP, S. 10

[17] ebd., S. 21

[18] ebd., S. 22

[19] ebd., S. 21 f.

[20] ebd., S. 37

[21] FP, S. 37

[22] ebd.

[23] ebd., S. 79

[24] ebd., S. 51

[25] ebd., S. 58

[26] ebd., S. 137

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Vier literarische Figuren der Migration im Roman "Fluchtpunkt" von Peter Weiss
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
15
Katalognummer
V441063
ISBN (eBook)
9783668794900
ISBN (Buch)
9783668794917
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Peter Weiss, Fluchtpunkt, Migration
Arbeit zitieren
Mirjam Bäcker (Autor:in), 2017, Vier literarische Figuren der Migration im Roman "Fluchtpunkt" von Peter Weiss, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/441063

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