Die biographische Exploration am Beispiel: Hitler, ein Fall von Nekrophilie


Hausarbeit, 1999

25 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Einführung in die Methode der biographischen Analyse
2.1 Einführung
2.2 Methodisches Vorgehen

3. Nekrophilie
3.1 Begriffsdefinition
3.2 Nekrophilie und die Vergötterung der Technik
3.3 Der Verquickung von Technik und Destruktivität
3.4 Ursachen für Nekrophilie
3.5 Zur Diagnose der Nekrophilie
3.6 Kritik
3.7 Der DRY-NT

4. Hitler, ein Fall von Nekrophilie
4.1 Zur Methode
4.2 Hitlers Lebenslauf
4.3 Hitlers Destruktivität
4.4 Andere nekrophile Merkmale Hitlers
4.5 Verdrängung der Destruktivität
4.6 Gaben und Talente
4.7 Tarnschicht
4.8 Willensdefekte und Mangel an Wirklichkeitssinn
4.9 Kritik an der biographischen Methode Fromms

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung:

In unserem Referat beschäftigen wir uns mit der Methode der biographischen Analyse und deren Anwendung auf ein konkretes Beispiel. Nach einer kurzen Einführung in die Methode der biographischen Analyse wird der Begriff der Nekrophilie erläutert. Anschließend veranschaulichen wir die Methode anhand einer von Fromm durchgeführten biographischen Analyse Hitlers im Hinblick auf seinen nekrophilen Charakter.

2. Biographische Methode

2.1 Einführung

Die biographische Methode ist ein Forschungsinstrument, bei dem das “Subjekt” notwendigerweise umfassend in den Forschungsprozeß einbezogen wird (Bedeutung des Verhaltens im “Gesamtzusammenhang”).

Die Anwendung der biographischen Methode nennt man biographische Exploration. Unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte

- bedeutsame Entwicklungsabschnitte
- Konstanz und Veränderung im Erleben und Verhalten
- Abschnitte, die besonders positiv bzw. negativ empfunden wurden gelangt man zu einer subjektiven Gliederung des Lebenslaufes.

Deshalb führt eine differentielle Entwicklungspsychologie mit den Bedingungsfaktoren Konstanz und Variabilität zu idiographischen und nomothetischen Forschungsprinzipien. Unter idiographischen Forschungsprinzipien versteht man die Erfassung der individuellen Welt durch differenzierte Aussagen, in denen das subjektive Erleben berücksichtigt wird, unter nomothetischen den Vergleich einzelner individueller Welten, da im Gegensatz zur z.B. Geschichtswissenschaft es nicht das Ziel ist, einzelne Lebensläufe in ihrer Einmaligkeit zu erfassen, sondern in ihnen gewisse Gemeinsamkeiten zu entdecken.

Die Biographische Methode erfordert am Anfang jeder Exploration einen Einblick in das Begriffssystem des Individuums. Deshalb muß am Beginn eine Analyse der individuellen Interpretationsmuster vorgenommen werden.

Daraus entwickelt sich die Frage: Ist biographisches Material von verschiedenen Personen vergleichbar? Ist also qualitative Forschung überführbar in statistische Methoden?

2.2 Methodisches Vorgehen, um eine Biographie darzustellen

Die Grundlagen, welche den methodischen Rahmen der Exploration bilden, sind:

1. Bemühung um möglichst natürliche Erfassung des Phänomens
2. ganzheitliche Sichtweise
3. dynamische Auffassung des menschlichen Lebenslaufes

Zu 1.: Weil die individuelle Welt eine “erlebte, gedeutete und aufgebaute” Welt ist, muß das Individuum seine Welt mit eigener Begrifflichkeit entfalten. Daraus folgt, daß der Untersucher sich anteilnehmend und verstehend dieser Welt zuwenden muß. Dies erfordert die voraussetzungslose Beobachtung des Verhaltens im natürlichen Kontext, aber auch die umfassende und wirklichkeitsgetreue Darstellung des Beobachteten. Daraus folgt die Entwicklung eines Kategorien- und Begriffsystems mit Konsequenzen für

a) den Aufbau der Exploration:

Die Gesamtlage des Individuums muß thematisiert werden, ebenso muß auf spezifische biographischen Ereignisse eingegangen werden, indem man die Entwicklung dieser Ereignisse aus dem Gesamtzusammenhang ableitet.

b) die Formulierung der Fragen:

Die Fragen müssen ungerichte sein, damit die Antwortmöglichkeiten nicht ein geschränkt werden.

c) die Entwicklung des Kategoriensystems

Dies erfordert die Überführung des idiographischen zum nomothetischen

Aspekt.

Zu 2.: Einzelne biographische Aspekte dürfen nicht herausgelöst aus dem Gesamtzusammenhang gesehen werden, weil das “Ganze” dem “Einzelnen” erst Sinn verleiht. Dies erfordert:

a) Suchen der “Leitidee”des Menschen: Wohin will die Existenz?

b) Analyse der zentralen Anliegen (dynamische Kerngebiete) des Menschen. Dabei un-

terscheidet man zwischen bestimmten Kerngebieten des Ichs. Das prospektive Ich

orientiert sich an Normen und Geboten, das impulsive Ich an augenblicklichen

Bedürfnissen und das propulsives Ich orientiert sein Handeln an dem, was dem Da

sein Sinn verleiht.

Man stellt nun die Frage nach der Dominanz bestimmter Kerngebiete.

c) Um welche Daseinsthemen, die ausgesprochen wichtig waren und deshalb das Da-

sein bestimmen, zentriert sich das Erleben der Person; diese Themen bilden die “thematische Struktur”, in die unter das Erleben aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eingehen. Diese thematische Analyse bildet den Gesamtzusammenhang, in den bestimmte Ereignisse eingebettet sind. Nicht der Explorierende, sondern das Individuum gibt die Themen vor, über die es sprechen will. Der Explorierende muß beobachten, ob Konstanz oder Variabilität in den Daseinsthemen auftreten.

Zu 3.: Man muß die Person als Prozeß, als etwas Gewordenes sehen und nicht als etwas

Statisches, Unveränderbares, also allgemein: Der Mensch ist als offene Möglichkeit zu verstehen. Die dynamische Auffassung des Lebenslaufes umfaßt die Bemühungen, verschiedene biographische Momente in Beziehung zu setzen. Dies führt zur Erkenntnis, daß Erleben und Verhalten biographisch verankert sind und in speziellen Situationen situative Anpassung des Individuums möglich ist. Deshalb muß immer die Frage gestellt bleiben, wie stark die Sichtweise in bezug auf die Biographie durch situative Einflüsse überformt ist.

Auf dieser Grundlage betrachten wir im 3. Teil dieses Referates die angewandte Biographische Methode am Beispiel Hitler.

3. Nekrophilie

3.1 Begriffsdefinition

Bei der Nekrophilie handelt es sich um die Liebe zum Toten (Griechisch: nekros = Tod). Sie ist traditionell unterteilt in 2 Arten, in die sexuelle Nekrophilie, die sich im Wunsch äußert, mit einer Leiche Geschlechtskontakt zu haben und in die nicht-sexuelle Nekrophilie. Diese Form der Nekrophilie geht mit dem Drang einher, sich in der Nähe von Leichen aufzuhalten, ihren verwesenden Geruch zu inhalieren und auch mit dem Bestreben, Leichen zerstückeln zu wollen, wobei hier auch gelegentlich Tiere als Lustobjekte herangezogen werden.

Hartmut von Hentig (1964) definiert Akte des sexuellen Kontaktes mit einer weiblichen Leiche, sexuelle Erregung beim Anblick einer weiblichen Leiche, das Sichangezogenfühlen von Leichen, Gräbern und von Gegenständen, die mit Gräbern im Zusammenhang stehen - etwa Grablichter oder Totenschädel, Akte der Zerstückelung von Leichen und die Begierde, Leichen oder etwas Verwestes anzufassen oder zu riechen als nekrophile Handlungen.

Er weist darauf hin, daß die Zahl der Nekrophilen deutlich höher ist, als allgemeinen angenommen wird.

Fromm hingegen betont, daß es noch eine zweite Form der Nekrophilie gibt, die nicht den traditionellen Definitionen entspricht und die demnach auch auf den ersten Blick nicht so abstoßend erscheint. Nekrophile Handlungen sind für ihn Handlungen reinen Zerstörungsdrangs. Nekrophilie läßt sich in diesem Sinne beschreiben als ”das leidenschaftliche Angezogenwerden von allem, was tot, vermodert, verwest und krank ist; sie ist die Leidenschaft, das, was lebendig ist, in etwas Unlebendiges umzuwandeln, zu zerstören um der Zerstörung willen; das ausschließliche Interesse an allem, was rein mechanisch ist. Es ist die Leidenschaft, lebendige Zusammenhänge mit Gewalt entzweizureißen.” (E. Fromm (164a).)

Diverse Indikatoren geben Aufschluß über das Vorhandensein nekrophiler Charakterzüge. Am deutlichsten läßt sich Nekrophilie in Träumen erkennen. Menschen mit nekrophilen Neigungen träumen häufig von abgetrennten Leichenteilen, Blut, Fäkalien und nekrophilen Handlungen, wobei sich nekrophil hier auch auf die zweite Form der Nekrophilie, also auf Handlungen reinen Zerstörungsdrangs bezieht. Überdies äußert sich Nekrophilie nach Fromm auch in unbedeutenden und unbeabsichtigten Handlungen, die zudem oft unbewußt vollzogen werden. Hier nennt er als typisch nekrophile Handlungen beispielhaft das willkürliche Zerpflücken kleiner Gräser und Blumen, das Zerbrechen von Streichhölzern, das Abkratzen von Krusten auf Wunden, das Spiel mit Insekten, die man zuvor getötet hat und das mutwillige Beschädigen von Möbelstücken und Gebäuden.

Nekrophile sind desweiteren derart fasziniert von der Vergangenheit, daß sie ihnen realer erscheint als die Gegenwart. Auch hier wird das Interesse am Toten deutlich, denn das Vergangene ist objektiv nicht mehr existent, also in gewissem Sinne tot.

Selbst an der Art der Unterhaltung kann man Nekrophile ausfindig machen, denn die Gespräche Nekrophiler sind oft von einer auffälligen Unlebendigkeit geprägt. Nekrophile wirken auf ihre Zuhörer oft extrem langweilig und pedantisch, da sie ihre Ausführungen stets sachlich korrekt aber nur selten blumig ausgeschmückt darstellen. Sie entziehen ihren Gesprächen förmlich das Leben.

Man erkennt Nekrophilie auch an der Sprache: Nekrophile verwenden oft Wörter, die im allgemeinen als “schmutzig” gelten.

Aufgrund ihres großen Interesses an Krankheiten und Tod unterhalten sich Nekrophile gerne und oft über Krankheiten und Tod. Sie interessieren sich immer sehr dafür, wer an welcher Krankheit erkrankt ist, und sie genießen detaillierte Ausführungen über Krankheiten und den Tod von Menschen. Auch in der Zeitung lesen sie als erstes und am interessiertesten die Sterbeanzeigen.

Der Gesichtsausdruck Nekrophiler weist zweierlei Charakteristika auf. Zum einen sind Nekrophile durch die Unfähigkeit zu lachen gekennzeichnet. Sie lachen so gut wie nie und wenn sie doch einmal lachen, so ist es kein spontanes, natürliches Lachen. Diese Unfähigkeit des Lachens geht mit einer allgemeinen Unbeweglichkeit und mangelnder Ausdrucksfähigkeit des Gesichts einher.

Aufgrund ihrer Vorliebe für alles Tote, mögen Nekrophile auch den Geruch von Verwesendem und im weiteren Sinne von vielem “Schlechtriechenden”. Viele Nekrophile weisen daher oft einen schnüffelnden Gesichtsausdruck auf. Dieser Gesichtsausdruck ist zugleich einer der zuverlässigsten Indikatoren für Nekrophilie.

Nekrophile Charakterzüge lassen sich allerdings nicht nur am Gesichtsausdruck sondern am gesamten Erscheinungsbild eines Menschen erkennen. So tragen Nekrophile zum Beispiel vorzugsweise dunkle Kleidung. Ihre Haut macht keinen frischen, gesunden sondern einen trockenen, fahlen und leblosen Eindruck.

Die bisher aufgeführten Charakteristika für Nekrophilie sind also Merkmale, die bei einzelnen Individuen feststellbar sind. Menschen, die eine Reihe dieser Merkmale aufweisen, gelten in der Regel als krank und pervers.

Fromm geht allerdings in seinen Ausführungen weiter, indem er behauptet, daß in der heutigen Gesellschaft nicht mehr jede Form der Nekrophilie als Krankheit erkannt wird, sondern daß im Gegenteil Nekrophilie ein fundamentales Merkmal der heutigen Industriewelt ist.

3.2 Nekrophilie und die Vergötterung der Technik

Fromm behauptet, daß die gesamte heutige Gesellschaftsstruktur nekrophil sei und zwar in dem Sinne, daß anstelle von Menschen und Natur mechanische Konstruktionen von vorrangigem Interesse sind.

Resultat der modernen Gesellschaft ist das, was Fromm als den Marketing-Charakter bezeichnet. In dieser Gesellschaft ist alles Marktartikel – auch der Mensch selbst. Seine Fertigkeiten werden vermarktet, sein Wissen, ja sogar seine Gefühle und sein Lächeln. Besitzt er keine besonderen Qualitäten, ist er für die Gesellschaft uninteressant. Der Mensch als Person interessiert nicht; er kann sofort ersetzt werden durch jemanden, der ein ähnlich guter Marktartikel ist. Der Marketing-Charakter interessiert sich nicht – wie der traditionelle Nekrophile – für Kot und Leichen, er präpariert Leichen im Gegenteil sogar so, daß sie aussehen, als seien sie noch lebendig. Aber er wendet sein Interesse ab vom Leben im allgemeinen, von den Menschen, von der Natur, und er verwandelt durch seine Anschauungsweise alles in leblose Dinge.

[...]

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Die biographische Exploration am Beispiel: Hitler, ein Fall von Nekrophilie
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Psychologie)
Veranstaltung
Methoden der differentiellen Psychologie
Note
sehr gut
Autor
Jahr
1999
Seiten
25
Katalognummer
V4410
ISBN (eBook)
9783638127325
Dateigröße
569 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
biografische Methode; Thomae; Beispiel Nekrophilie
Arbeit zitieren
Raphaela Böhmer (Autor:in), 1999, Die biographische Exploration am Beispiel: Hitler, ein Fall von Nekrophilie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4410

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