Die Auswirkungen der Sprache auf die Identitätsbildung von SchülerInnen

Durch sprachbiografisches Arbeiten Mehrsprachigkeit wertschätzen


Ausarbeitung, 2018

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Definitionen
2.1 Mehrsprachigkeit
2.2 Identität

3. Aktueller Forschungsstand
3.1 Die Situation von Mehrsprachigkeit in der Schule
3.2 Mehrsprachigkeit wertschätzen durch sprachbiografisches Arbeiten

4. Empirische Umsetzung
4.1 Gruppe der Probanden
4.2 Methoden der Datenerhebung

5. Ausblick

6. Literatur

1. Einleitung

Mein Interesse für das Themenfeld der Mehrsprachigkeit wurde an mehreren Stellen entfacht: Zunächst bin ich selbst zweisprachig in Ungarn aufgewachsen und kann daher gut nachempfinden, wie sich jemand in einem fremdsprachigen Land fühlt. Neben dem Studium arbeite ich zudem bereits seit Jahren als DaF1 Lehrerin, unter Anderem als Förderkraft in der Sprachförderung sowie als Deutschlehrerin am Theater für die internationalen Darsteller. Auch privat lebe ich zwischen zwei Sprachen: Deutsch und Portugiesisch.

In der vorliegenden Arbeit soll nun untersucht werden, wie sich Sprache auf die Identität eines Schülers/ einer Schülerin auswirkt. Um dies herauszufinden sollen zunächst die wichtigsten Begriffe wie Zwei,- und Mehrsprachigkeit, Erst,- Mutter,- und Herkunftssprache sowie der Begriff der Identität definiert werden.

Anschließend soll der aktuelle Forschungsstand dargestellt und ein genauerer Blick auf die Mehrsprachigkeit in den Klassenzimmern Nordrhein-Westfalens geworfen werden.

Für die empirische Umsetzung soll den Schülerinnen und Schülern2 des M Gymnasiums im Rahmen des Forschungssemesters das Arbeitsblatt für sprachbiografisches Arbeiten nach Ulrich&Wenzel vorgelegt werden. Die Altersstufe beziehungsweise die Klasse spielen hierbei keine Rolle, da dieses Forschungsprojekt altersunabhängig durchgefährt werden kann. Weiterhin ist das Forschungsprojekt in jedem beliebigen Schulfach durchführbar, da Mehrsprachigkeit immer ein wichtiges Thema im Unterricht darstellen sollte.

2. Definitionen

Im Folgenden sollen einige für die Forschungsarbeit wichtige Begriffe erklärt werden.

2.1 Mehrsprachigkeit

In der Forschung ist der Begriff der Mehrsprachigkeit zunächst nicht eindeutig festgelegt. Sicher ist jedoch, das dieses Thema im Zeitalter der Migration, Globalisierung und der weltweiten Mobilität mehr und mehr zu einem zentralen Thema wird (Wölke 2015: 31). Sprache ist lebendig und befindet sich stets im Prozess - so umfasse laut der Linguistik Britta Busch Mehrsprachigkeit nicht lediglich verschiedene Sprachen, sondem eine ״ganze Bandbreite sprachlicher und kommunikativer Ressourcen“ (Busch 2013: 10). Hierzu zählt Busch ״(...) verschiedene Variäteeten, Register, Jargons, Genres, Akzente, Stile (...).“ (Busch 2013: ebd.)

Außerdem müsse laut Wölke grundsätzlich zwischen der individuellen, der institutionellen und der gesellschaftlichen Mehrsprachigkeit unterschieden werden: erstere beziehe sich auf ein Individuum, welches mehrere Sprachen spricht; die institutionelle Mehrsprachigkeit bezieht sich auf mehrere Sprachen, welche in einer Institution gesprochen werden und die gesellschaftliche Mehrsprachigkeit beschreibt eine mehrsprachige Gesellschaft (Wölke 2015: 31).

Zudem ist es wichtig, die Begriffe Herkunfts-, Erst- und Muttersprache sowie Zwei und Mehrsprachigkeit zu erklären. Die Herkunftssprache würden ״Zuwanderer aus ihren Herkunftsregionen mitbringen“ (Altmayer 2009: 104). Unter Erstsprache hingegen wird im Allgemeinen die Sprache verstanden, die der Mensch zuerst erworben hat“ (Oksaar 2003: 13). Die Muttersprache ist die Sprache der Eltern. Die Begriffe Zwei- und Mehrsprachigkeit werden häufig als Synonyme verwendet; beide beschreiben eine Situation, in der mehr als eine Sprache gesprochen wird. Die bisher genannte Begriffe werden meist ungesteuert erworben, während eine Fremdsprache meist gesteuert im Fremdsprachenunterricht erlernt wird.

Auch der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprache (GER) äußert sich zur Mehrsprachigkeit, die nicht als die perfekte Beherrschung einer einzelnen Sprache, sondern als ״die Entwicklung einer sprachlichen Handlungsfähigkeit in multilingualen Kontexten“ (Dirim 2005: 92) betrachtet wird. Dabei sollen die Individuen im Idealfall mehrere Sprachen beherrschen, so dass sie in einer multilingualen und multikulturellen Welt zu Recht kommen können.

״Eine mehrsprachige und plurikulturelle Kompetenz (besitzt) ein kurzlebiges Profil und eine veränderliche Konfiguration. Dies impliziert keinesfalls Instabilität, Unsicherheit oder Mangel an Gleichgewicht seitens der betroffenen Person, sondem trägt in der Mehrzahl der Fälle zu einem verbesserten Bewusstsein ihrer Identität bei." (Krumm 2009: 238)

2.2 Identität

״Sprache als ein kulturelles Merkmal unter anderen wird, wie viele sprachsoziologische Studien gezeigt haben, umgangssprachlich als eine soziale Ressource für die Lösung von Alltagsproblemen behandelt und nicht als ein Kennzeichen ethnischer Identität.‘׳‘ (Kummer 1990: 265)

Der Begriff der Identität ist durchaus komplex und seine Definitionen widersprüchlich. Der Duden schlägt folgende Bedeutungen des Identitätsbegriffs vor: ״Echtheit einer Person oder Sache bzw. völlige Übereinstimmung mit dem, was sie ist oder als was sie bezeichnet wird“, außerdem ״selbst erlebte innere Einheit der Person“ sowie die ״völlige Übereinstimmung mit jemandem, etwas in Bezug auf etwas; Gleichheit” (Duden Online; Stichwort Identität). Identität ist laut Duden also gleichzeitig ein Konzept des Selbst sozusagen etwas Unveränderliches und Konsistentes, gleichzeitig aber ein Konzept der Gleichheit und Überstimmung.

Besonders interessant ist im Zusammenhang mit Sprache auch der Aspekt der gruppenbezogenen Identität: Der Mensch ist ein soziales Wesen und kann deswegen nicht isoliert betrachtet werden. Seine Identität fomit sich vielmehr durch Zugehörigkeit und Abgrenzung zu verschiedenen Gruppen. Generell lässt sich festhalten, dass die individuelle Identität sich neben den personellen Faktoren auch aus Teilaspekten dieser Gruppenzugehörigkeiten zusanmien setzt (Thim-Mabrey 2003: 12).

3. Aktueller Forschungsstand

Laut Fix nehme Sprache eine zentrale Funktion bei der personalen, sozialen und kulturellen Identitätsbildung ein. Sie sei dabei zwar nicht der einzige Faktor, spiele jedoch eine wichtige Rolle für das Zugehörigkeitsgefühl eines Individuums innerhalb der Gesellschaft. Durch seine Sprache(n) würde sich ein Individuum an erster Stelle identifizieren und sei so ein zentraler Teil des Menschseins. Mithilfe von Sprachen verdeutlicht man die eigene Identität oder bekommt durch die Benutzung von einer gemeinsamen Sprache ihre Identität beziehungsweise ihre Zugehörigkeit zu einer Gruppe vom anderen (Fix 2003: 109).

Auch bei der Selbsteinschätzung spiele nach Thim-Mabrey die Sprache eines Individuums und bei seiner Identifikation in der Gesellschaft eine große Rolle, da sich ein Individuum durch Sprache ausdrücken und so eine Gruppenzugehörigkeit ermöglichen kann (Thim-Mabrey 2003: 1-2).

Krumm geht ebenfalls davon aus, dass Sprache ein zentrales Element der Identitätsstiftung ist. Das Individuum müsse auf Sprachen zurückgreifen, um sich im sozialen und gesellschaftlichen Raum zu bewegen, und so eine Identität zu entwickeln (Krumm 2009: 235).

Laut Löffler würden sich Identität und Identifikation, welche mit Sprache im Zusammenhang stehen immer auf eine Gruppen-Identität beziehen. Eine Gruppen von Menschen also, welche sich aufgrund gemeinsamer Merkmale als zusammengehörig fühlen. Sprache könne eben so ein Merkmal sein (Löffler 1998: 19).

Diese vier Meinungen lassen sich dem unter 2.2 angeführten Zitat nach Kummer entgegensetzen. Dieser behauptet nämlich, dass Sprache kein ״(...) Kennzeichen ethnischer Identität (sei)“ (Kummer 1990: 265).

3.1 Die Situation von Mehrsprachigkeit in der Schule

Laut der Checkliste für durchgängige Sprachbildung und interkulturellen Schulentwicklung seien Vielfalt und Mehrsprachigkeit in den Schulen NRWs alltäglich geworden. Das Zusammenleben verschiedener Zugehörigkeiten, mehrerer Sprachen und unterschiedlicher kultureller Orientierungen präge unsere heutige Gesellschaft (KI NRW Checkliste Durchgängige Sprachbildung interkulturelle s chulentwicklung).

״ln der aktuellen Diskussion um eine wirkungsvolle Sprachförderung im Unterricht spielen aber nicht nur die Voraussetzungen des Zweitspracherwerbs, sondern auch die Einbeziehung der Mehrsprachigkeit in den Unterricht eine wichtige Rolle.“ (Beese 2014: 17)

Hier würden Konzepten wie dem Language Awareness3 eine besondere Bedeutung zukommen. Dieser Ansatz solle SuS anregen, über Sprachen nachzudenken. So entstehe ״(...) eine Atmosphäre, die der Mehrsprachigkeit positiv gegenübersteht (...)“. Diese Einbeziehung der verschiedenen Sprachen der SuS wäre Grundvoraussetzungen für eine effektive Sprachförderung (Beese 2014: 17).

Laut Gürsoy sei das Ziel von Language Awareness, durch den Einbezug der Herkunftssprachen

״- aktive Akzeptanz sprachlicher Vielfalt herzustellen, was für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund motivierend für weiteres Lernen sein kann,
- Neugierde auf und Interesse an Sprache, Sprachen, sprachlichen Phänomenen, Sprachenund Kulturvielfalt zu wecken, sprachanalytische Fähigkeiten zustärken durch (vergleichende) Sprachanalyse von Sprachsystem und Sprachgebrauch (z.B. Deutsch im Vergleich zum Englischen, Türkischen, Französischen, Arabischen usw.),
- sprachliches Flandeln im soziokulturellen Kontext bewusst(er) zu machen,
- meta sprachliche Kommunikation zu entwickeln,
- Verhältnis von Sprache und Manipulation bzw. von Sprachmissbrauch kritisch zu durchleuchten.‘‘ (Gürsoy 2010: 1-2)

Dieses Nachdenken über die Mutter- und Zweitsprache würde bewirken dass Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Fehler (Luchtenberg 2010: 110), sowie eventuelle Schwierigkeitsbereiche der deutschen Sprache sowohl von Lehrerinnen und Lehrern, als auch von SuS bewusst wahrgenommen werden (Gürsoy 2010: 1-2).

[...]


1 DaF = Deutsch als Fremdsprache

2 Im Folgenden wird die Abkürzung ״SuS‘‘ für Schülerinnen und Schüler verwendet.

3 Language awareness = Sprachbewusstsein, Sprachaufmerksamkeit

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Die Auswirkungen der Sprache auf die Identitätsbildung von SchülerInnen
Untertitel
Durch sprachbiografisches Arbeiten Mehrsprachigkeit wertschätzen
Hochschule
Universität Duisburg-Essen
Note
1,7
Autor
Jahr
2018
Seiten
12
Katalognummer
V439543
ISBN (eBook)
9783668790988
ISBN (Buch)
9783668790995
Sprache
Deutsch
Schlagworte
auswirkungen, sprache, identitätsbildung, schülerinnen, durch, arbeiten, mehrsprachigkeit
Arbeit zitieren
Janina Reimann (Autor:in), 2018, Die Auswirkungen der Sprache auf die Identitätsbildung von SchülerInnen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/439543

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