"Don Juan de Marco" - Eine Adaption des Don Juan Mythos


Hausarbeit, 2002

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Mythos
2.1 Der allgemeine Mythosbegriff
2.2 Der Don Juan Mythos

3. Der Ur-Don Juan
3.1 Tirso de Molina und das spanische Theater
3.2 „Don Juan - Der Verführer von Sevilla und der steinerne Gast“

4. Der Film „Don Juan de Marco“
4.1 Filmdaten
4.2 Inhalt und Adaption
4.3 Interpretation und Analyse der Adaptionselemente

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Don Juan gilt seit Jahrhunderten als Mythos, der 1613 von dem spanischen Dichter und Dramatiker Fray Gabriel Téllez, der unter dem Pseudonym Tirso de Molina schrieb, geschaffen wurde. „El Burlador de Sevilla y Convidado de piedra“, („Der Verführer von Sevilla und der steinerne Gast“), lautete der vollständige Titel des religiösen Dramas - des Ur-Don Juan. Diese Urversion wurde seitdem 450 mal auf internationalem Raum verarbeitet, und gelangte schließlich auch nach Hollywood.1

Jeremy Leven schuf 1995 mit seinem Film „Don Juan de Marco“ eine weitere Version des Don-Juan-Stoffes. Die Adaption des Mythos in dem amerikanischen Film soll in dieser Hausarbeit aufgezeigt werden, verglichen mit der Urversion, dem „Burlador de Sevilla“ von Tirso de Molina.

Das Urgestein von Molina wurde nicht nur deshalb als Vergleichswerk gewählt, weil es sich hierbei, wie bereits erwähnt, um die aller erste Don Juan-Fassung handelt, sondern auch darum, weil bereits das aller erste Bild des Films eine Verbindung zum Ur- Don Juan herstellt, denn auf dem Tisch von Don Juan de Marco liegt das Buch „El Burlador de Sevilla- The original tale of Don Juan“...

In dieser Hausarbeit wird im folgenden zunächst der Mythosbegriff an sich geklärt, indem seine Struktur näher betrachtet wird. Die grundlegenden

Merkmale des Mythos sollen dabei einsichtig werden. Im weiteren wird dann speziell auf den Don Juan Mythos eingegangen und seine wichtigsten Elemente dargestellt. Danach werden einige aufschlussreiche Informationen zu Tirso de Molina und dem spanischen Theater des 17. Jahrhunderts gegeben, um die anschließende Darstellung und Interpretation des Ur-Don Juan besser nachvollziehen zu können.

Nach einigen allgemeinen Informationen zum Film „Don Juan de Marco“ wird dieser dann ausführlich im Blickwinkel der Adaption des Mythos dargestellt und dadurch letztendlich auch Unterschiede zur Urversion herausgearbeitet.

Ziel dieser Hausarbeit ist es, die Anpassung an den bereits Jahrhunderte lang währenden Mythos deutlich zu machen.

2. Der Mythos

2.1 Der allgemeine Mythosbegriff

„Man möchte sagen, dass die mythologischen Welten, kaum erst geschaffen, dazu bestimmt sind, zerstört zu werden, damit aus ihren Trümmern neue Welten entstehen.“1

Aus diesem Zitat von Franz Boas lässt sich bereits eine sehr wichtige Merkmal des Mythos ableiten: Er ist veränderlich. Im Hinblick auf den bevorstehenden Vergleich, spielt diese Eigenschaft eine bedeutende Rolle.

Der Begriff Mythos stammt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich übersetzt „Erzählung“. Phantastisch-naive, aber symbolhaltige Darstellungen von sich ereignenden Begebenheiten in der Götter-, Menschen- und Naturwelt definieren den Mythos. Er ist Ausdruck echter Begegnung mit heiliger Wirklichkeit und in seinem kultischen Nachvollzug Vergegenwärtigung des Überzeitlichen durch Handlung und Wort. Das mythenbildende Bewusstsein des frühzeitlichen Menschen wählte archetypische Bilder, die aus dem Urbesitz der Menschheit stammen. So wird das zeitlos Ewige im Mythos zur erlebbaren Wirklichkeit.2

Weitere elementare Merkmale liefert Lévi Strauss in seinem Buch „Strukturale Anthropologie“. Strauss stellt grundsätzlich fest, dass in einem Mythos alles vorkommen kann, und die Reihenfolge der Ereignisse keiner Regel der Logik oder Kontinuität unterworfen ist. Das bedeutet, dass jedwede Beziehung zwischen Subjekt und Prädikat möglich ist und eine Willkür der Mythen vorzuliegen scheint.

Des weiteren bezieht sich nach Strauss ein Mythos, wie im oberen Abschnitt bereits erwähnt, immer auf vergangene Ereignisse, weist jedoch gleichzeitig eine Dauerstruktur auf: das heißt, er vereinigt Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Seine zeitliche Struktur ist somit die ewige Wiederkehr, er wird immer wieder neu gelebt und neu interpretiert.

Die Substanz eines Mythos liegt in der Geschichte, die darin erzählt wird. Der Kern dieser Geschichte bleibt immer erhalten, auch wenn es verschiedene Fassungen ein und der selben Geschichte gibt, denn ein Mythos, so Strauss, definiert sich aus der Gesamtheit seiner Varianten. Daraus kann man schließen, dass es keinen ursprünglichen Mythos gibt, sondern alle Versionen zusammen den jeweiligen Mythos bilden.

Motive, die erst in späteren Fassungen auftauchen, können demnach als Zusätze gelten, die den Mythos noch mehr verdeutlichen, denn ein Mythos bleibt immer solange ein Mythos, wie er als solcher betrachtet wird.3

2.2 Der Don Juan Mythos

Um den Don Juan Mythos definieren zu können muss die Frage gestellt werden was ihn letztendlich ausmacht, dass heißt, welche Elemente immer wieder kehren? Durchstreift man die unzähligen Versionen und Varianten des Stoffes, z. B. von Molina, Moliere, Mozart und E.T.A. Hoffmann, bis hin zu Mörike und schließlich Ortheil, (auf die hier allerdings mit Ausnahme von Molina nicht näher eingegangen werden, da es den Rahmen der Hausarbeit sprengen würde), lassen sich drei Grundmotive stets wiederfinden. Diese ermöglichen es, einen Text als Version des Don Juan Mythos zu identifizieren.

1. Grundmotiv: Don Juan ist immer ein junger Draufgänger, mit sexueller Omnipotenz und unersättlichem Begehren.
2. Grundmotiv: Die Regeln und die Moral der Gesellschaft sind für Don Juan nicht existent; er übertritt sie ständig.
3. Grundmotiv: Don Juan wird am Ende immer mit dem himmlischen Strafgericht konfrontiert und bezahlt mit dem Leben für seine Sünden.

Findet man diese grundlegenden Merkmale nicht vor, so handelt es sich möglicherweise nicht um den Mythos Don Juan.

Ein weiteres immer wiederkehrendes Element ist etwa auch Don Juans Unbeständigkeit. Er lebt von Moment zu Moment und ist ständig im Aufbruch. Meist steht auch ein mahnender und scherzender Diener an seiner Seite, und der gehörnte, hilflose Ehemann wiederholt sich ebenfalls häufig. Don Juan verführt Frauen aus unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen, wobei Donna Anna offenbar eine Sonderrolle zukommt. Sie findet man in jedem Stück wieder und häufig bleibt die Frage offen, ob es hier tatsächlich zur Verführung kam oder nicht.

3. Der Ur-Don Juan

3.1 Tirso de Molina und das spanische Theater

Fray Gabriel Téllez ist unter dem Pseudonym Tirso de Molina in die Literaturgeschichte eingegangen. Er gehört zusammen mit Lope de Vega und Calderón zu den bedeutensten Theaterdichtern des Goldenen Zeitalters der spanischen Literatur.

Tirso de Molina wurde 1584 in Madrid geboren und trat 1601 in den Mercedarierorden ein. Während seines Aufenthaltes im Kloster in Toledo lernte er sein künstlerisches Vorbild Lope da Vega kennen und wurde schließlich Bühnenautor, womit er großen Erfolg hatte. Allerdings rief das rege Theaterleben in Madrid den Unwillen des Klerus hervor und 1625 wurden gegen Molina wegen des angeblich zu profanen und unmoralischen Charakters seiner Dramen Sanktionen verhängt und er musste Madrid verlassen. Erst 1634 kehrte er zurück. Nach jahrelanger Zurückgezogenheit starb er 1648 in einem Kloster bei Soria.

Tirso de Molina war kein Neuerer, er hielt sich an das Modell der „Comedia nueva“ von Lope de Vega (1562-1635). Die „Comedia nueva“ ist ein volkstümliches Theater von höchstem literarischem Rang. Sie orientiert sich an dem Geschmack eines naiv-schaulustigen Publikums, in dem die Traditionen mittelalterlicher Mysterienspiele noch unmittelbar lebendig sind. Fronleichnamsspiele, Degen- und Mantelspiele und „Comedias de ruido“ gelten als die drei Hauptgattungen des spanischen Theaters im 17. Jahrhundert.

In dem noch mittelalterlichen theologischen Realismus von Lope da Vega und Tirso de Molina entsteht Spannung durch die Kombination des Irdischen mit dem Über- und Unterirdischen.1

Im Don Juan Drama trifft dies laut Ortega y Gasset, besonders zu:

„Wir finden in der Don-Juan-Saga Seite an Seite mittägliche und mitternächtliche Szenen, Jungfräulichkeit und Sünde, blühendes Fleisch und Verwesung, Orgie und Kirchhof, Kuss und Dolch. Dem menschlichen Drama schauen Himmel, Hölle und Fegefeuer zu…“2

Tirso de Molina soll allerdings, nach Ramón Menéndez Pidal, den Stoff des Don Juan nicht selbst erfunden haben, da z.B. das Wesen des skrupellosen Verführers bereits in diversen anderen spanischen Dramen auftauchte und auch die Legende von der steinernen Statue ein internationales Motiv ist. Allerdings leistete Molina dennoch etwas einmaliges, indem er diese beiden Themenkreise endgültig miteinander verband.1

[...]


1 Vgl. Wolfgang Eitel, In: Tirso de Molina, Don Juan-Der Verführer von Sevilla und der steinerne Gast, S. 83.

1 Franz Boas, In: Lévi Strauss, Strukturale Anthropologie, S. 226.

2 Vgl. Dr. Hans F. Müller, Das moderne Lexikon, Bd. 13, S. 29.

3 Vgl. Lévi Strauss, Strukturale Anthropologie, S. 226-254.

1 Vgl. Wolfgang Eitel, In: Tirso de Molina, Don Juan - Der Verführer von Sevilla und der steinerne Gast, S. 83-85.

2 José Ortega y Gasset, Gesammelte Werke, Bd. 4, S. 479.

1 Vgl. Wolfgang Eitel, In: Tirso de Molina, Don Juan - Der Verführer von Sevilla und der steinerne Gast, S. 83-85.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
"Don Juan de Marco" - Eine Adaption des Don Juan Mythos
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Germanistisches Seminar)
Veranstaltung
Mythos Don Juan
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
24
Katalognummer
V43936
ISBN (eBook)
9783638416177
ISBN (Buch)
9783638657372
Dateigröße
486 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Juan, Marco, Eine, Adaption, Juan, Mythos, Juan
Arbeit zitieren
Melanie Konrad (Autor:in), 2002, "Don Juan de Marco" - Eine Adaption des Don Juan Mythos, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43936

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