Charakteristika der Darstellungsformen bei SPIEGEL ONLINE und bento

Ein Vergleich zwischen Leitmedium und Jugendangebot


Hausarbeit, 2018

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Journalistische Formate
2.1. Nachrichtenmagazingeschichte
2.2. Kommentar

3. Charakteristika der Darstellungsformen
3.1. SPIEGEL ONLINE
3.1.1. Form und Ästhetik
3.1.2. Sprache und Text
3.2. bento
3.2.1. Form und Ästhetik
3.2.2. Sprache und Text

4. Vergleich und Conclusio

5. Literaturverzeichnis

6. Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Im SPIEGEL-Statut von 1949 heißt es:

Nichts interessiert den Menschen so sehr wie der Mensch. Darum sollten alle ,Spiegel‘- Geschichten einen hohen menschlichen Bezug haben. Sie sollten von dem oder den Menschen handeln, die etwas bewirken. Der Idealfall: An einer Person wird eine ganze Zeitströmung (das ganze jeweilige Geschehnis, der ganze Vorgang, die aktuelle Begebenheit) in ihren Hintergründen, Ursachen, Anlässen, bewegenden Momenten und Auswirkungen aufgezeigt. (Brawand 1987: 226)

Rund 80 Jahre später gibt es den SPIEGEL immer noch. Und nicht nur das, mittlerweile gibt es auch die Online-Ausgabe seit einem knappen Vierteljahrhundert. Der jüngste Ableger des SPIEGEL-Verlags ist jedoch bento. Ein Jugendportal, das sich im Speziellen an junge Menschen und deren Nutzungsgewohnheiten richtet. Denn herkömmliche Formate, wie sie beispielsweise auch SPIEGEL ONLINE anbietet, kurz SPON, erreichen Jugendliche schlechter oder gar nicht (vgl. Beisei 2015). Wie gelingt es bento also, heranwachsende User an sich zu binden und das erfolgreichste, deutschsprachige Jugendportal zu sein (vgl. SPIEGEL MEDIA 2018)? Indem sie das einstige Statut aus der Nachkriegszeit durch ein zeitgenössisches Katzen-GIF aus dem Internet ersetzen, um somit Aufmerksamkeit und einfache Klicks zu generieren? Denn das ist beispielsweise der Vorwurf Jan Böhmermanns, Moderator der Sendung ״Neo Magazin Royale“. In einem Interview mit Lars Weisbrod für Die Zeit kritisiert er:

Beim Spiegel sitzen doch so viele schlaue Festangestellte in ihren Einzelbüros, die es eigentlich besser wissen müssen. Und Bento beschäftigt Generalisten, die alles machen, von Nahost-Politik bis zum neuesten Quiz: "Kannst du so schnell laufen wie ein Schwein?" Da wird einfach alles nach vorne gebracht, was funktioniert. Es geht um Klicks. Das ist gefährlich, weil alles egal ist. Das ist echter, giftiger Zynismus. (Böhmermann 2017)

Doch selbst wenn die Mutter, SPIEGEL ONLINE, bei den jungen Usern nicht mehr gut ankommt, so bleibt sie trotzdem einer der reichweitenstärksten Intemetseiten in Deutschland. Und das, obwohl die Seite zu Beginn nur als Spielwiese zum Experimentieren im World Wide Web konzipiert war (vgl. Rada 1999: 149). Ein Punkt, in dem sich Mutter und Tochter ähneln, denn Jugendportale wie bento, aber auch ze.tt oder NOIZZ beispielsweise, existieren erst seit rund drei Jahren. Sie sind allesamt als Projekte zu verstehen, die sich von etablierten Portalen unterscheiden und Neues ausprobieren wollen. Damit lassen sich dann eben auch die ständigen Neuerungen des Designs bei bento erklären, die während der Recherche zwischen Februar und Juni auftraten.

Ein Vergleich zwischen SPON und bento soll nun aufzeigen, worin sie sich grundlegend unterscheiden, aber auch ähneln und ob deren Geschichten immer noch von Menschen handeln, die etwas bewirken. Deshalb liegt das Hauptaugenmerk dieser Arbeit auf charakteristischen Elementen der Darstellungsformen beider Seiten. Dazu wird vorab etwas zur Geschichte und Entwicklung erklärt, ehe dann Design und Sprache untersucht werden. Die Textanalyse basiert auf jeweils einem Artikel, der sinnbildlich für den Stil von SPON und bento steht. Zwar handelt es sich dabei um unterschiedliche Textgattungen, die jedoch zur besseren Einordnung zunächst erklärt werden. Zum Schluss werden beide Analysen miteinander verglichen und resümiert.

2. Journalistische Formate

Die eingangs beschriebenen Gattungen der beiden Beispieltexte werden in diesem Kapitel kurz erörtert, um bei der späteren Analyse auf Kontexte zurückgreifen zu können. Besonders in Bezug auf die Magazingeschichte ergibt es Sinn sie zu erklären, da sie eine spezielle Darstellungsform des Journalismus ist. Sie stellt eine Mischform der Reportage und des Features dar.

2.1. Nachrichtenmagazingeschichte

Die Varianz erzählerischer Darstellungsformen innerhalb des Journalismus ist hoch. Es gibt beispielsweise Texte, die anhand einiger Elemente an eine Reportage erinnern, aber keineswegs eine sind. Deshalb sind diese Artikel aber nicht verfehlt, im Gegenteil: Es darf variiert und gemischt werden, jedoch sollten dabei ״die Formen mit ihren Merkmalen und Eignungen bekannt sein.“ (Haller 2006: 83)

Ein besonderes Genre ist das der Nachrichtenmagazingeschichte, kurz Magazingeschichte. Diese vereint Elemente der Reportage und des Features und bildet somit eine Zwischenform, einen Zwitter. Dabei kommt sie immer dann zum Einsatz, wenn der Autor unterschiedliche Sachverhalte, Situationen oder Vorgänge mithilfe authentischer Episoden präsentieren möchte. Denn wo das Feature zu sehr den Fokus auf die Veranschaulichung von Strukturen legt, konzentriert sich die Reportage zu sehr auf Beobachtungen einzelner Lebensgeschichten (vgl. Haller 2006: 95).

Die Magazingeschichte pendelt also ständig zwischen einer individuellen Geschichte und einem abstrakten Sachverhalt, wobei zusätzlich eine gewisse Tendenz entsteht. Sie entsteht durch das Arrangement von Situationen und Argumenten, auch wenn der Text nachrichtlich und faktizierend scheint (vgl. Haller 2006: 96). Ein Anschein der Authentizität lässt sich auch durch das Einbetten von Detailinformationen wiederfinden, wie beispielsweise durch das Einbringen exakter Sachverhaltsinformationen und präziser Personenangaben. Allerdings interessiert sich die Magazingeschichte nicht sonderlich für das Besondere, also den oder die Akteur(e), sondem möchte vielmehr die eben beschriebene Tendenz nach- und beweisen, weshalb real existierende Personen und ihre Geschichten in recherchierte Kontext- und Hintergrundinformationen implementiert werden (vgl. Haller 2006: 97). Daran schließt unmittelbar auch die Sprache an: Denn auch hier schlägt das Pendel ״zwischen Faktizieren (nachrichtlich), Etikettieren (einordnend, bewertend) und Erzählen (narrativ, oft kolportierend).“ (Haller 2006: 98)

Den Ausschlag für das Pendel gibt ein gewisser Entwicklungsfaden, der unabdingbar für den Text ist, denn das macht die Magazingeschichte aus: Sie erzählt eine Geschichte mit einem Anfang, einem Klimax und einem Schluss. Zusätzlich braucht sie Kontexte, um einen Bedeutungsbogen spannen zu können (vgl. Haller 2006: 98).

Die Magazingeschichte erzählt also berichtend über Geschehnisse nebst allen beteiligten und betroffenen Personen. Während der Geschichte soll eine Entwicklung stattfinden, Ursachen und Folgen sollen benannt und eine Tendenz angeboten werden. Dabei werden unter Verwendung von Elementen der Reportage oder des Features Episoden in Szene gesetzt, die jedoch nicht für sich Stehen, sondern außerdem mit Kontexten, also Hintergmndinformationen, durchsetzt werden. Die Sprache kann unterdessen durch ihren faktizierenden und interpretierenden Anspmch sehr distanziert wirken (vgl. Haller 2006: 100).

2.2. Kommentar

Der Kommentar gehört zu den grundlegenden Darstellungsformen der Meinungsäußerung. Zu dieser Gattung gehören beispielsweise auch der Leitartikel oder die Glosse. Sie alle kennzeichnet die Tatsache, dass sie eine Meinung äußern, um bei den Rezipienten eine Meinung zu bilden. So schafft es ein guter Kommentar, zum Nachdenken, Handeln oder Urteilen anzuregen. Dabei ist es unerheblich in welchem Ressort er publiziert wird, da sich der Kommentar alles zum Thema machen kann. Auch, wenn er meist mit dem Politikressort assoziiert wird, so ist er genauso im Kultur­oder Wirtschaftsressort anzutreffen (vgl. Lüddemann 2015: 43).

Walther von La Roche unterscheidet in seiner Analyse zum Kommentar drei Arten von Kommentaren. Da wäre zunächst der ״Argumentations-Kommentar“, der mithilfe ausgewählter Argumente andere überzeugen möchte, sich allerdings indirekt auch mit anderen Standpunkten auseinandersetzt. Der ״Geradeaus-Kommentar“ verzichtet auf eine Einleitung oder verschiedene Argumente und bietet dem Leser eine klare Stellungnahme. Wägt der Kommentator zwischen verschiedenen Alternativen ab und stellt die Komplexität des zu bewertenden Gegenstandes in den Vordergrund, so handelt es sich dabei um den ״Einerseits-Andererseits-Kommentar“ (vgl. von La Roche 2017: 140).

Die Sprache des Kommentars ist eine nüchterne und sachliche, die allerdings trotzdem deutlich eine Meinung zum Ausdruck bringt. Der Aufbau eines solchen Appelltextes beinhaltet in der Regel vier Schritte: Titel, These, Argumente und einen pointierenden Schluss (vgl. Köster 2017).

3. Charakteristika der Darstellungsformen

Vorrangig geht es in diesem Kapitel um eine Einordnung der beiden Portale. Dies geschieht vorerst durch eine kürzere Beschreibung der Entstehung und Entwicklung von SPIEGEL ONLINE und bento, ehe dann auf die ästhetische Erfahrung und zu guter Letzt auf Sprache und Text eingegangen wird.

3.1. SPIEGEL ONLINE

Der Auftritt des SPIEGEL gehört zu den Pionierleistungen deutscher Verlagsangebote im Internet, da er seit Oktober 1994 existiert (vgl. Rada 1999: 141). Zunächst ist die Seite eine reine Spielwiese im HTML-Standard 1.0. Das bedeutet: Weder irgendwelche Frames, noch Tabellen oder JavaScript (vgl. Rada 1999: 149). ״Die Site war sehr schlecht und eher ein Abfallprodukt [...].“ (von Booms O.J., zitiert nach Meyer-Lucht 2004: 215) Doch es lag nah, das Projekt weiterzuverfolgen, da das Internet, damals wie heute, das Potenzial bietet, Informationen und damit auch Nachrichten in nahezu Echtzeit übermitteln zu können. Die technischen Fortschritte waren jedoch zunächst nur ein Fundament, auf das auch andere Mitstreiter bauen konnten. Der große Vorteil für SPIEGEL ONLINE bestand indes darin, bereits die Hintergründe aus dem eigenen Archiv entnehmen zu können. In den nächsten Jahren entstehen unter anderem der ״Kultur-Spiegel“, neue Layouts und Redaktionssysteme (vgl. Meyer-Lucht 2004: 216). Es ist allerdings der 11. September 2001, der die größte Auswirkung auf den weiteren Erfolg des Nachrichtenportals hat. Die Website erlebte an diesem Tag einen so gewaltigen Ansturm, dass sie temporär nicht mehr erreichbar war. Deshalb wurden weitere Server gemietet, um trotz alledem verfügbar zu sein (vgl. Lutteroth, Patalong 2014). Die Konkurrenz verpasste diese Chance. SPIEGEL ONLINE konnte sich somit als Nachrichtenmedium etablieren, was sich auch in der Nutzerzahl wiederfand: Sie stieg an diesem Tag um 20% und auch am folgenden Tag wurde fast zehn Millionen Mal auf die Seite zugegriffen. Bei früheren dramatischen Ereignissen, wie etwa dem Tod der Prinzessin Diana 1997, zählte die Seite circa zwei Millionen Zugriffe (vgl. Lutteroth, Patalong 2014). Mittlerweile gehört das Portal zu den reichweitenstärksten Nachrichtenseiten. Zwischen November 2017 und Januar 2018 erreichte die Seite durchschnittlich 3,42 Millionen Leser pro Tag und generierte damit mehr Zulauf als beispielsweise FOCUS Online (2,95) oder DIE WELT (2,14) (vgl. SPIEGEL MEDIA 2018).

3.1.1. Form und Ästhetik

Seit der Gründung im Herbst 1994 wandelt sich das Design und Layout der Homepage immer wieder (vgl. Meyer-Lucht 2004: 215). Die letzte Designänderung in Form eines sogenannten ״Rebrush“ fand im September 2016 statt.

Beim Aufrufen der Startseite öffnet der Header mit dem typischen SPIEGEL-Logo, das in einem roten und nicht typisch orangenen Ton gehalten wird. Daran schließen zwei Sprungstellen an, die in die zentralen Bereiche führen: Einmal zum digitalen Wochenmagazin DER SPIEGEL sowie zur Videoseite SPIEGEL TV mit Nachrichtenvideos, Dokumentationen und Spielfilmen. Die erste Zeile endet mit einer Suchfunktion in Gestalt einer Lupe und einem Anmeldeknopf. Direkt darunter befindet sich die Navigationsleiste, die die bekannten Rubriken aufbietet, wie beispielsweise ״Politik“, ״Panorama“ oder ״Wissenschaft“. Sie folgt dem Rezipienten, auch wenn der sich in einem unteren Teil der Seite aufhält. In der letzten Zeile des Header ist linksbündig das Datum vermerkt, wobei rechtsbündig jeweilige Links zu ״Schlagzeilen“, ״Wetter“, ״DAX“, ״TV-Programm“ und ״Abo“ aufgeführt werden.

Doch den prominentesten Platz der Seite nimmt das Aufmacherfoto ein. Inhaltlich wird alles auf eine Karte gesetzt, denn weitere Illustrations- oder Foto-Elemente, auf die der Leser ausweichen kann, gibt es nicht. Der weiße Hintergrund verstärkt die Konzentrierung auf den Opener. Daran ist zu erkennen, dass die erste Bildschirmportion nicht darauf ausgelegt ist, ein unbedingt längeres Verweilen am Seitenkopf zu initiieren (vgl. Heijnk 2011: 28).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Screenshot von SPIEGEL ONLINE - Opener

Wer sich also nicht für das Topthema interessiert, scrolli schnell nach unten. ״Das Ganze wirkt wie eine Scan-Rennstre>Da das Layout bis zu einem bestimmten Punkt zweispaltig ist, befindet sich rechts neben der Hauptspalte, Platz für Verschiedenes: Unter anderem eine Vorschau des aktuellen SPIEGEL, Verweise für die sozialen Medien, Top-Listen für die fünf meistgelesenen, -verschickten oder -gesehenen Artikel, Videos oder Artikel, die auf bento.de erschienen sind.

Ein eingebetteter Podcast, der unmittelbar gehört werden kann, bedeutet das Ende der bisherigen Zweispaltigkeit. Innerhalb der Hauptspalte sind zwar die Artikel auch geteilt, jedoch bietet sich nun so viel Raum, dass die Rubriken samt ihren Unterthemen aufgefächert werden können (Beispiel Rubrik Wirtschaft: Börse, Service, Versicherungen, Unternehmen, Soziales). Durch diese Designentscheidung können ebenso Artikel mit nicht der höchsten Relevanz direkt auf der Startseite eingebunden werden. Dieser Abschnitt beginnt nach rund einem Viertel der Gesamtseite.

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Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Charakteristika der Darstellungsformen bei SPIEGEL ONLINE und bento
Untertitel
Ein Vergleich zwischen Leitmedium und Jugendangebot
Hochschule
Universität Siegen
Veranstaltung
Nachrichtenmagazingeschichten
Note
1,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
25
Katalognummer
V438183
ISBN (eBook)
9783668782563
ISBN (Buch)
9783668782570
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Spiegel, Spiegel Online, Bento, Jugendangebot, Leitmedium, Internet, Enzensberger, Journalismus, SPON
Arbeit zitieren
Robin Bruch (Autor:in), 2018, Charakteristika der Darstellungsformen bei SPIEGEL ONLINE und bento, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/438183

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