Die Systemtheorie. Die Gesellschaft aus Sicht der Systemtheoretiker


Hausarbeit, 2018

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Die Gesellschaft aus Sicht der soziologischen Systemtheoretiker

Das Ziel des Literaturreviews ist aufzuzeigen wie soziologische Systemtheoretiker den Gesellschaftsbegriff beschreiben. Dies ist in erster Linie relevant, weil der Gesellschaftsbegriff ein Grundbegriff der Soziologie ist und Talcott Parsons sowie Niklas Luhmann den Gedanken der modernen Gesellschaft beeinflussten. Die ausgewählte Literatur sind größtenteils Hauptwerke soziologischer Systemtheoretiker und werden chronologisch nach erst Erscheinungsdatum erläutert. Dies hat einerseits den Aspekt, das spätere Systemtheorien von Luhmann oder Wilke sich von der Grundsatztheorie Parsons differenzieren oder ergänzen, und andererseits ist der gesellschaftstheoretische Ansatz komplex und lässt sich dadurch transparenter gestalten. Grundsätzlich versucht die soziologische Systemtheorie durch systemtheoretisches reflektieren gesellschaftliche Auseinandersetzung jeglicher Strukturformen zu rechtfertigen und erhebt den Anspruch eine Universalltheorie für die allgemeine Soziologie zu sein.

Taclott Parsons ist einer der einflussreichsten Soziologen nach dem zweiten Weltkrieg und gehört zu jenen Generationen von Soziologen die primär die Beobachtung einer Nationalstaatsgesellschaft wahrnehmen. Inwieweit die Ansätze einer modernen Gesellschaft bei Parson infrage kommen, ist dann zu verstehen, wenn Talcott Parsons von society spricht, damit ein analytisches System meint. Entlang Parsons vertrauter funktionalen Analyse des Handlungssystems besitzt das Soziale System eine Doppelbedeutung. Einerseits beschreibt Parsons mit sozialen System das menschliche Handlungssystem und andererseits umfasst das soziale System die Gesellschaft. Parsons‘ Handlungssystem betrachtet das soziale System zusammen mit einem kulturellen-, persönlichen-, und Verhaltenssystem (Parsons 2009: 12). Die drei genannten Hauptsubsysteme betrachtet das soziale System als Umwelt. Die Abgrenzung der Hauptsubsysteme anderer Systeme ist abhängig von der Hauptfunktion. In Betracht des menschlichen Handlungssystems besitzt das soziale System die Funktion der Integration, Aufgabe des Kulturelle System ist die Normenerhaltung, das Persönlichkeitssystem ist die Antriebskraft von Handlungsprozessen und das Verhaltenssystem besitzt die Anpassung (ebd.: 12f). Das Handlungssystem definiert jedes Handeln, egal ob Individuen oder Akteure mit den vier Kompetenten adaption, goal attainment, integration und latency (=AGIL-Schema) (ebd.: 14f). Parsons definiert die Gesellschaft als den Typ eines sozialen Systems. Die Umwelt der Gesellschaft ist ebenfalls innerhalb des AGIL-Schema gegliedert und unterteilten sich in die Subsysteme Wirtschaftssystem, politisches System und kulturelles System. Das Konzept der Gesellschaft erweist im Gegensatz zu seiner Umwelt ein hohes Maß an Selbstgenügsamkeit (bei Luhmann die Autopoiesis) und unterliegt der Funktion der Integration. Demnach ist eine Gesellschaft nur selbstgenügsam, wenn diese einen „(…) angemessenen Beitrag ihrer Mitglieder zum Funktionieren der Gesellschaft zählen kann.“ (Parsons 2009: 17). Eine Integration von Mitgliedern in eine Gesellschaft wird nur durch die Dreierbeziehungen des kulturellen Systems, Persönlichkeitssystems und sozialen Systems ermöglicht. Somit ist eine Gesellschaft nur bis zu dem Grad selbstgenügsam, wenn ihre Institutionen durch Werte legitimiert und von der Mehrheit der Gesellschaft akzeptiert werden (ebd.: 18). Doch sind kulturelle Systeme nicht grundsätzlich von der Gesellschaft umschlossen. Parsons ist der Meinung das die wichtigsten kulturellen Systeme (z.B. Religionen) von Gesellschaften unterschiedlich institutionalisiert sind (ebd. 18f). Dies führt zu Parsons Hauptthese die besagt, dass die der Ursprung der modernen Gesellschaft im westlichen Europa entstand und deren Grundlage das westliche Christentum ist (ebd. 9). Somit stützt sich das kulturelle System auf das westliche Christentum und hat trotz der „zahlreichen Variationen“ in der Gesellschaft des europäischen Systems standgehalten. Parsons beschreibt in diesem Zusammenhang zwei Arten von Beziehungen die zwischen Gesellschaften entstehen. Erstens werden alle Gesellschaften als „politisch organisiert“ erachtet, wenn diese über „internationale Beziehungen“ verfügen. Zweitens kann eine Gesellschaft mit anderen Mitgliedern aus sozialen Strukturen oder Kulturen in Verbindung stehen. Als Beispiel nennt Parsons die katholische Kirche welche ein soziales System ist aber keine Gesellschaft. Denn die katholische Kirche besitzt keine wirtschaftliche Macht, politische Kontrolle und deren Mitglieder sind eine Minderheit der Gesellschaften. Deshalb wird unterschieden zwischen sozialen Systemen welche „übergesellschaftlich“ agieren und jene sozialen Systeme wie Institutionen, die innerhalb der Gesellschaft legitimiert sind und deren Mitglieder verschiedenster angehören können (ebd.: 19).

Die Wichtigkeit des Begriffs Selbstgenügsamkeit in Verbindung mit einer Gesellschaft geht zurück auf Aristoteles. Ebenso wie Aristoteles war Parson der Überzeugung, dass Gesellschaften die Klasse von Sozialsystemen sind, die den höchsten Grad an self-sufficiency als System erreichen kann (Parsons 1976: 126). Unter dieser Voraussetzung ist die Funktion der Selbstständigkeit einer Gesellschaft eine ausgeglichene Kombination ihrer Steuerungsmöglichkeiten über die Beziehung seiner Umwelt und eigener internen Integration. Ebenfalls muss das Gesellschaftssystem über einer normativen Ordnung verfügen damit das Leben der Mittglieder organisiert ist (Parsons 1976: 126f). Eine normative Ordnung wie zum Beispiel ein Rechtssystem sind der Kern einer Gesellschaft und müssen zur Legitimation einen Kulturbezug berücksichtigen. Die kollektive Einheit einer Gesellschaft bezeichnet Parsons als „gesellschaftlich organisiertes Gemeinwesen“ welche sich aus den Aspekten ein normatives Ordnungssystem und der gesellschaftlichen Position von Rechte und Verpflichtungen zusammensetzt. Für Parsons müssen alle Mitglieder einer Gesellschaft dieselben Kulturellen Werte teilen um die eigene gesellschaftliche Identität zu bewahren (ebd.: 127f). Dieses gilt auch für Subsysteme innerhalb einer Gesellschaft dies könnten beispielsweise Institutionen der Bildung sein. Subsysteme besitzen die Funktion der Auslese, Qualifikation und Legitimation und sorgen für eine Stabilität innerhalb einer Gesellschaft. Wie erwähnt ist dies im Bildungssystem ersichtlich. Denn Grundschulen bestimmen die Auslese durch Qualifikationen für Sekundarstufe I und II wohingegen die Sekundarstufen II über die Legitimation zum Studium verfügt. (ebd.: 148 – 150). Während die Subsysteme einer Gesellschaft für Stabilität sorgen und Werte und Norman für Ordnung entstehen innerhalb des gesellschaftlichen Kollektivs ein Rollenhandeln welches die Mitgliedschaft in der Gesellschaft definiert. Demnach muss sich jedes Mitglied nach den Rollenerwartungen der Gesellschaft orientieren. Laut Parsons wird damit ermöglicht, dass eine Ordnung geschaffen wird die dem allgemein Wohl dient (ebd.: 180f). Die beiden zentralen Begriffe sind Anpassung und Eingliederung, denn wenn einem Individuum dies nicht gelingt so kann, dieser nicht in das Kollektiv der Gesellschaft aufgenommen werden. Parsons schreibt dem Individuum ein Defizit zu, weil eine Differenz zwischen Gesellschaft und Individuum vorhanden ist. (ebd. 213).

Auf Grund dessen entsteht auch die Kritik an Parsons Gesellschaftsbegriff, durch eine individuelle Differenz entsteh laut Parson ein Defizit doch ist die lediglich eine Individualität. Dieser Kritikunkt könnte ausgeweitet werden, dass Parsons die Freiheit, Individualisierung und Flexibilität dadurch missachtet und die Leistungsgesellschaft befürwortet. Dies lässt sich ebenfalls durch die Subsysteme bestätigen welche durch ihre Funktion der Qualifikation dazu führen, dass ein hierarchisches Denken innerhalb des Systems entsteht. Der Hauptbestandteil einer Gesellschaft sind nicht die Personen, sondern die Rollenerwartungen (Fuchs 2005: 51-53).

Parsons behandelt den Gesellschaftsbegriff ehr nebensächlich im Gegensatz zu seinem Handlungssystem und der Theorie sozialer Systeme. Vor allem mit seinen Erklärungsversuchen der Selbstgenügsamkeit einer Gesellschaft spiegelt es die traditionellen Ansätze Aristoteles wieder und lässt sich nur bedingt auf gegenwärtige Phänomen projizieren. Demgegenüber steht der ehemalige Schüler Parsons; Niklas Luhmann. Luhmann vergibt dem Gesellschaftsbegriff in der Luhmannsche Systemtheorie eine zentrale Stellung (Berghaus 2003: 16-18). Ebenfalls basiert Luhmanns Ansatzüberlegung auf der aristotelischen Situation, doch schlägt er einen anderen Theorieweg ein als Parson. Denn Luhmann unterscheidet nicht das Sozialsystem von der Gesellschaft, sondern ist Gesellschaft eine unter vielen Gemeinschaften die für die Gesamtheit steht. Somit ist das Verständnis einer Gesellschaft ein Produkt der Gesellschaft (Autopoiesis) und Luhmann erachtet seine Gesellschaftstheorie als einen „Beitrag zur Selbstbeschreibung der Gesellschaft“. Denn man kann unmöglich die Gesellschaft von außen betrachten, weil jeder ein Teil der Gesellschaft ist (ebd.: 16). Folglich dieser Aussage befindet sich die Soziologie in einem Paradoxon, denn lediglich ist die Soziologie eine Selbstbeobachtung der Gesellschaft und keine Kritik an der Gesellschaft (Luhmann 2015: 15). Hinter dieser Aussage verbirgt sich der Gedanke Luhmanns, dass die Soziologie es „viel besser“ machen könnte, wenn sie die Gesellschaftskritik zurückhalte und versucht die Gesellschaft zu beobachten, erst dann würde die Soziologie die moderne Gesellschaft verstehen (Berghaus 2003: 21). Jener Ideenansatz Luhmanns sorgte für die „Luhmann-Habermas-Kontroverse“ durch welche offensichtlich wurde das Luhmann „anders ist“ als andere Soziologen und er durch seine Theorie bis dato Selbstverständlichkeiten des Alltagsgedankens aushebelt (ebd. 19). Doch bezeichnet er sich selbst nicht als Soziologen, sondern als „(…) Systemtheoretiker, weil die Gesellschaft ein soziales System ist“ (ebd. 29). Ebenfalls wie Parsons erkennt Luhmann, dass die Gesellschaft ein System ist doch ist das soziales System für Luhmann „Alles – Wirtschaft, Politik, Massenmedien, Familien, alle sozialen Kontakte usw. – sind ausnahmslos soziale Systeme.“ (ebd.: 21). Luhmann begründet dies in erster Linie dadurch, dass sich die moderne Gesellschaft dadurch auszeichnet Gesellschaftsaufgaben wie Politik, Wirtschaft, Recht und Wissenschaft zu besitzen. Doch um die Luhmannsche Theorie zu verinnerlichen muss deutlich werden das ein System für Luhmann eine organisierte Komplexität ist, welches organisiert, selektiert und operiert. Das operieren eines Systems ist die Basis weshalb ein System ein System ist. Luhmann benutz hierfür den Begriff der Autopoiesis, welchen er aus der Naturwissenschaft entnommen hat. Ein System entsteht erst dann, wenn dieses in der Lage ist sich zu produzieren und reproduzieren (Autopoiesis). Jedes System besitzt seine eigene Art der Operation, das erzeugen einer Operation ist die Differenz zur Umwelt. Jegliche Umwelt entsteht nur durch das System. Luhmann unterscheidet hier zwischen biologischen, psychische und soziale Systeme. Das soziale System umschließt die Gesellschaft. Die Operation der Gesellschaft ist Kommunikation und somit besteht eine Gesellschaft aus Kommunikation und nicht aus Menschen (Luhmann 2015: 46-70). Durch diese Aussage wurde Luhmann des Öfteren als Anti-Humanist bezeichnet, doch begründet Luhmann seine Ansicht wie folgt: (1) Erstens kann die Gesellschaft nur aus Kommunikation bestehen, weil menschliche Körper oder Gehirne kein Netzwerk aufrechterhalten können. Ein Netzwerk der Gesellschaft besteht nur aus der Substanz der Kommunikation (ebd.:25 – 29). (2) Zweitens ist der Mensch selber kein System und mehrere Menschen bilden ebenfalls kein System. Lediglich ist der Mensch ein Anteil verschiedenster Systeme. Der Körper des Menschen ist biologisch und sein Bewusstsein physisch (ebd.: 67f). Somit ist der Mensch „(…) nicht Subjekt, sondern Adjekt der Gesellschaft“ (Berghaus 2003: 59). Verständlicherweise kann eine Familie kommunizieren, weil eine Familie ein Teil der Gesellschaft ist. Also wird jeder soziale Kontakt als System anerkannt und die Gesellschaft Umschließt alle möglichen Kontakte. Kurz gesagt; Eine Gesellschaft entsteht, wenn Kommunikation stattfindet (Luhmann 2015: 33). Niklas Luhmann sieht die Operation der Kommunikation als Fundament einer Gesellschaft. Für Luhmann gibt es eine gesellschaftlich relevante Kommunikation welche er in symbolische Kommunikationsmedien aufteilt wie Macht, Geld, Liebe und Wahrheit. Unabhängig von der symbolischen Art der Kommunikation ist es für die Gesellschaft unabdingbar das Kommunikation erfolgt. Denn wie vorab erwähnt bildet Kommunikation die Gesellschaft. Beispielweise würde ein Wirtschaftssystem seinen Anschluss an die Gesellschaft verlieren, wenn das Medium Geld nicht mehr relevant ist. Daraus folgt das Kommunikation nur erfolgreich ist, wenn diese erfolgt und weiter erfolgt (Bergmann 2003: 95f).

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Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Die Systemtheorie. Die Gesellschaft aus Sicht der Systemtheoretiker
Hochschule
Hochschule Bremen  (Gesellschaftswissenschaften)
Veranstaltung
Staat und staatliche Steuerung
Note
1,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
12
Katalognummer
V438008
ISBN (eBook)
9783668784581
ISBN (Buch)
9783668784598
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Niklas Luhmann, Systemtheorie, Talcott Parsons, Aristoteles, Helmut Wilke, Gesellschaft, Soziologie, System, Umwelt, Kommunikation, Medien, Wissen, Wissensgesellschaft, moderne Gesellschaft
Arbeit zitieren
Marius Kossmann (Autor:in), 2018, Die Systemtheorie. Die Gesellschaft aus Sicht der Systemtheoretiker, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/438008

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