Selbstwahrnehmungsprozesse bei trans* Personen. Eine empirische Untersuchung

„[…] weil das Leben an sich traumhaft schön war […]. Das einzige Problem war, es war nicht mein Leben.“


Masterarbeit, 2014

156 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Interview mit Benjamin

I.: Und zwar nehme ich erst mal/ Ehm wie gerade schon angesprochen, (.) die Aufnahmesituation ist für dich ok. Ehm es wird alles anonymisiert. Das heißt dein Name wird nirgendwo erscheinen. Das heißt, wenn du dich zufällig irgendwo mal verplapperst, (.) deinen Namen oder so, gar kein Problem. Wird alles rausgenommen. (.) Ehm ja, der Test hat ja funktioniert mit den Nebengeräuschen. Dann ehm würde ich jetzt erst einmal starten mit dem, was ich von dir möchte. Was ich mir erwarte, ne? (.) Und zwar ehm zum Thema/ Also mich interessiert eh deine Biographie und zwar wie du dich selbst wahrnimmst.

B.: Ok.

I.: Mich interessiert ehm das insofern, (.) weil ich ehm die Zusammenhänge von Trans verstehen möchte.

B.: Mhm.

I.: Ehm ich sag bewusst Trans, (.) wenn das ok ist. Nicht transsexuell oder transident oder sonst was.

B.: Ok ja.

I.: Sondern ich nutze Trans als Oberbegriff. Je nachdem wie man sich selber eben da klassifizieren mag (.) lässt das Raum. Und ehm also ja, und (.) deshalb ist es mir eben wichtig, wenn du mir Einblick in dein ganzes Leben gibst. Ehm dass du mir versucht zu schildern, was für dich wichtig ist.

B.: Mhm.

I.: Und eh was irgendwie eh entscheidende Ereignisse waren oder irgendwelche Situationen. Schlüsselmomente und ehm/ Damit ich eben die Möglichkeit habe dem zu folgen, wie sich das bei dir entwickelt hat, (.) ne?

B.: Mhm.

I.: Und ehm ich versuche dich dabei auch nicht zu unterbrechen. Also wundere dich nicht, wenn meine Rückmeldungen sehr spärlich ausfallen. Das heißt ich lasse dir erst mal Raum. (.) Du kannst dir Zeit nehmen so viel wie du möchtest. Du kannst überlegen. Du kannst Erzählpausen machen. Du kannst auch hin und her springen. Also du kannst wirklich erzählen was du willst.

B.: Ok.

I.: Ich bin an allem interessiert. Und ich mache mir zwischendurch Notizen. Und ehm im Anschluss daran frage ich vielleicht noch mal bei ein, zwei Punkten nach, wenn ich noch Fragen habe. Und dann ist das für dich auch freigestellt, ob du antworten möchtest oder nicht.

B.: Ok.

I.: Und ehm ja dann hast du jetzt den Raum zu erzählen was dir wichtig ist. (.)

B.: Ok. Ich kann also irgendwo anfangen? Oder hast du eine konkrete Anfangsfrage oder so?

I.: Du kannst beginnen da, wo es dir in den Kopf kommt. (.) Deine Kindheit oder so. Also mich interessiert wirklich deine gesamte Biographie.

B.: Ok. Dann würde ich ehm wirklich bei meiner Kindheit auch anfangen. Ehm weil es bei mir halt also wirklich auch schon in der Kindheit anfing.

I.: Mhm.

B.: Wo ich angefangen habe da mir Gedanken dazu zu machen. Und ich habe ehm/ Ich habe so ein/ eine/ so eine/ so eine typische prägende Kindheit, was man so als beispielhaft nehmen würde. Also für so einen transsexuellen Lebenslauf oder wie auch immer. Ehm habe ehm als Kind als ich/ Ich kann das nicht so genau benennen. Ich kann irgendwie nicht sagen, dass ich dachte ich bin ein Junge oder irgendwie so. Aber ich habe mich schon als Junge gefühlt.

I.: Mhm.

B.: Ich weiß aber auch, dass ich das als Kind schon so reflektiert habe. (.) Ich das wusste, dass es nicht so wie ist. Ich kenn auch irgendwie auch so Geschichten, dass man sagt, man dachte man wäre ein Junge oder so. (.) Aber das kann ich nicht mehr so ganz nachvollziehen wie das war. Aber ich weiß nur, dass ich wirklich gedacht habe, ehm ich wäre gerne ein Junge. Und ich fühle mich irgendwie nicht als Mädchen oder so. Und ich hatte auch immer nur/ also Kindergartenzeit und Krabbelgruppe und so. Ich hatte immer nur männliche Freunde.

I.: Mhm.

B.: Und ehm ich durfte von meinen Eltern aus aber auch alles machen was ich wollte. Also ich durfte alle Spielzeuge haben die ich wollte. Und ehm (.)/ und hatte dann auch eher so Jungenspielzeug. Auch wenn ich diese Kategorien eigentlich eher ablehne. Also ich finde nicht, dass Mädchen mit irgendwelchen bestimmten Spielzeugen spielen sollten (.) oder Jungen mit bestimmten Spielzeugen. Aber es ist ja nun mal leider so, dass vorgegeben wird. Mit Werbung oder sonst was. Und ich habe das quasi als Kind halt schon hinterfragt. Hatte so mit meinen Gedanken, „Warum soll ich denn?“ Weil ich/ Ich wusste, ich bin ein Mädchen. Warum soll ich denn mit so was spielen, wenn ich doch keine Lust habe? Und ich habe auch von meinen Eltern immer bekommen/ Die haben das alles unterstützt. Ich durfte auch irgendwie auf Bäume klettern oder sonst irgendwie was. Und ich habe auch nie irgendwie (.) Kleider oder irgendwie was anziehen müssen oder Röcke. Oder/ Und wollte das auch gar nicht. Ich hatte aber auch Freunde/ Ich habe eigentlich immer/ Also ich hatte sogar ein paar Freundinnen. Und ich weiß sogar von denen, dass ich immer mich anders aufgeführt habe als die. Wenn die mal dann wirklich so dieses mädchenhafte sich konzentriert haben und in Kleider rum rennen wollten und so. Das habe ich immer nie nachvollziehen können. Das war immer für mich so: (.) Versteh ich nicht. (..) Ehm ich finde das sollte jeder einfach mal so wie er will. Ehm ich habe ehm in meiner Kindheit/ Auf jeden Fall gibt es auch also mehrere so Schlüsselereignisse, an die mich halt auch erinnere. Also ich weiß, dass es/ Es gibt einen Film. Ich weiß nicht wie der auf Englisch heißt. Aber auf Deutsch heißt der ‚Als Junge ist sie spitze’. Und da geht es/ Ich weiß nicht ob du den kennst vielleicht.

I.: Nein.

B.: Der ist glaube ich aus den Achtzigern oder irgendwie so. Oder aus den Neunzigern. Ich weiß es nicht genau. Und ehm da verkleidet sie sich halt als Junge um irgendwie an so einer/ irgendwo an so einem Schriftstellerwettbewerb ehm teilnehmen zu können. Weil sie das halt als Mädchen nicht darf oder so. Und ehm da verkleidet sie sich halt als Junge. Und eh das war mein absoluter Lieblingsfilm. Also das war wirklich so mein ganz krasser Lieblingsfilm von mir. Und ich weiß halt noch wie ich irgendwie dann auf/ Ich war da in der Grundschule. Ich weiß nicht wie alt ich da genau war. Ich weiß noch, dass ich da schon schreiben konnte. Also war ich ehm so um die sechs, sieben Jahre alt oder irgendwie so. Und ich habe dann auf einen Zettel geschrieben „Als Junge bin ich spitze“. Und den hat mein Vater dann gefunden. Und dann hat/ Und dann habe ich aber sofort zu ihm gesagt „Eh das habe ich nicht geschrieben“. Weil ich irgendwie Angst vor der Reaktion hatte und ehm ich weiß nicht so. Ich habe wie gesagt/ Das hat meine Mutter/ Meine Mama hat das geschrieben (.) oder irgendwie so. Und dann hat mein Vater eben gesagt „Ja das glaube ich nicht“ oder so. Und dann war das/ Dann war es das aber auch. Also mehr hat er auch irgendwie nicht dazu gesagt, ne? Und ehm also das war auf jeden Fall eine/ so eine Situation, an die ich mich erinnere. Jetzt dass ich so von dem Film so besessen war irgendwie. Und ehm/ Und dann gab es halt noch irgendwie so eine Situation, da muss ich auch so sieben oder acht gewesen sein. Und da sollte mein bester Freund, (.) der hieß Mark. Der sollte zum Spielen vorbei kommen. Und ehm dann hat meine Mutter mit seiner Mutter telefoniert und hat irgendwie gesagt. (.) Also hat meinen (.) Mädchennamen dann halt gesagt. Und hat dann halt gesagt, dass ich mich schon freue, wenn der Mark gleich rüber kommt. Und dann habe ich halt dazwischen gerufen und gesagt „Ich heiß aber Alexander!“ Und ehm dann hat meine Mutter gesagt „Eh ja, der Alexander freut sich schon, wenn der Mark gleich vorbei kommt“. Und in dem Moment habe ich gedacht (.) „Oh krass, das funktioniert ja“. Ich habe gedacht „Ab jetzt kann eine/ Ab jetzt werd ich Alexander genannt. Und das machen ja scheinbar alle. Das funktioniert ja voll gut“. Und ehm das heißt/ Das war irgendwie so ein Moment, wo ich gedacht, „Jetzt beginnt irgendwie alles. Also wird alles anders“. Aber besser oder so. (.) Das war so ein ganz krasser Moment. Und ehm als meine Mutter dann das Telefonat beendet hat, da hat sie mich plötzlich angeguckt und hat gesagt „Also jetzt reicht es“

I.: Hm.

B.: „und jetzt ist Schluss damit und es geht nicht. Und ehm was denkt denn jetzt die Mutter von Mark und blablabla“. Und ehm/ Und da in dem Moment/ Ok. Alles, die ganze Illusion die ich für ein paar Sekunden hatte. Das wurde halt alles wieder zerstört. Und meine Angst ist berechtigt. Dass ich mich nicht traue, das irgendwie meinen Eltern zu sagen oder irgendwas. Und überhaupt zu euch sagen oder so. Ich habe halt/ Ich habe mich immer sehr schwer getan. Mein ganzes Leben lang damit, dass ich irgendwie (.)/ also Autoritäten in Frage zu stellen. Und ich habe immer auf meine Eltern gehört. Also meine Eltern waren zwar eher so ein bisschen lockerer. Aber trotzdem. Wenn meine Mutter nein gesagt hat, war das nein. (.) Deswegen habe ich gedacht, „Wenn meine Mutter nein sagt, dann geht das nicht.“ Ich wusste ja auch selber irgendwie, das ist irgendwas, was nicht/ Also was nicht so sein soll. Und ehm (.) von da an habe ich mich nicht mehr getraut irgendwas zu äußern in die Richtung. Und das war aber halt so ein ganz krasses Schlüsselereignis. Und da kann sich meine Mutter halt auch noch dran erinnern. Also und da habe ich damals also/ Was heißt damals? Aber als ich mich dann geoutet habe, da kommen wir dann noch später noch zu. Da hat meine Mutter so auch über dieses Ereignis mit mir geredet.

I.: Mhm.

B.: Ja und das war so das erste Mal, wo ich dann gemerkt habe, da ist was, was nicht in Ordnung ist. Das geht so nicht. Das kannst du/ Kannst nicht einfach sagen, du bist ein Junge, wenn du kein Junge bist. Und ehm/ Also das ist so das, woran ich mich aus der Kindheit erinnern kann. Und ehm dann so mit ehm/ ich glaube ich war zehn oder elf. So mit zehn oder elf Jahren ehm weiß ich, dass ich/ Da habe ich irgendwie Geburtstag gefeiert oder so. Und/ Freundin von mir hat ehm ihre ältere Schwester mitgebracht. Und ich war total verliebt in diese ältere Schwester. (..) Ich ehm/ Ich glaube auch, da man da auch schon mit so Begriffen wie lesbisch und so was/ Also dass man irgendwie damit konfrontiert wurde (.) als Kind oder so.

I.: Mhm.

B.: Und da mit so elf Jahren, kurz vor der Pubertät und so/ Und ich wusste aber, dass ich/ Ich wollte aber der Freund von ihr sein. Also ich wollte(.)/ Ich wollte nicht irgendwie, dass man mit/ (.) Freundin ist. Weil ich ein Mädchen bin. Und das eben halt (.) aber so ein (.)/ Aber ich wusste halt, ich würde gern der Freund von ihr sein. (.) Und ehm habe halt von dem Moment an eigentlich auch mir immer so Gedanken darum gemacht. Weil ich halt mich immer so zu Mädchen hingezogen gefühlt habe. Und ich habe mich aber immer/ Also das weiß ich also wirklich ganz genau, dass ich mich immer so als/ Also ich wollte immer der Freund von den Mädchen sein. (.) Aber eigentlich immer als Junge. So zu den Mädchen halt hingezogen gefühlt. Und ich hatte auch ehm so Momente, dann wo man auf Klassenfahrt war oder so. Dass dann irgendeine andere Schule da war. Und dann wollten ein paar Leute/ Da wollten so ein paar Mädchen wissen, ob ich ein Junge oder ein Mädchen bin und so. Und ich habe halt immer so androgyn(.)/ Also nein/ Als ich so (.)/ Habe mich auch immer sehr androgyn dann also/ Und es wird mir auch irgendwie immer bestätigt. (.) Und ich habe das aber/ Ich fand das aber auf der einen Seite gut, dass man mich auch als Jungen wahrnehmen könnte. Und eh dass irgendwie Mädchen irgendwie Interesse an mir hatten als Junge oder so. Aber ich ehm/ Auf der anderen Seite habe ich auch immer gedacht „Das darf aber eigentlich nicht so sein“. Und da das immer was/ Was ich innen drin irgendwie empfinden kann. Aber ich kann das nicht äußern. Ich kann das niemanden mitteilen. Also ich wusste auch nicht, wem ich das damals erzählen sollte oder so. (.) Und ich habe dann halt irgendwann/ Also je älter ich dann geworden bin, habe ich dann halt eben gedacht „Vielleicht bin ich halt dann doch irgendwie/ Dann muss ich halt wohl lesbisch sein oder so“. Bin ja halt als Mädchen geboren und so. Dann muss ich das auch irgendwie akzeptieren. Und ich habe dann halt ehm auch also irgendwie in der Pubertät eh/ Da kam halt die Pubertät, was halt für mich also wirklich sehr sehr schlimm war. Also ganz traumatisches/ Traumatische Sachen also. Als der Körper anfing sich zu verändern und so. Und dann/ Also ich weiß, da hat meine Mutter auch mal später mit mir drüber geredet. Dass sie immer meinte, dass das wahrscheinlich/ Also nicht jedes Mädchen freut sich darüber, wenn es seine Tage kriegt oder irgendwie so. Und ich kenne mit/ unter auch Freundinnen. Die fanden das schlimm. Ich hatte aber auch Freundinnen, die haben sich darüber gefreut. (.)

I.: Mhm.

B.: Also die haben dann wirklich irgendwie eh/ fanden das toll oder so. Und ehm/ Und ich fand das sehr schlimm. Also bei mir war das auch sehr früh schon. Ich glaube, ich war auch so (.) elf, zwölf oder irgendwie so. Und eh das war natürlich für mich auch so ein einschneidendes Erlebnis. Weil plötzlich war es halt so, dass man mit Jungen nicht mehr befreundet sein konnte. Weil der Körper sich halt verändert hat. Und plötzlich war dann/ War das so, (.) auf der einen Seite waren die Jungen. Und da waren die Mädchen. Also das/ Wann man in der Grundschule hatte/ hatte/ so dass man einfach Freunde hatte oder Freundinnen hatte. (.) Was dann nicht schlimm war. Ehm (.) plötzlich fing das halt alles an mit eh (unv.) Verliebtsein. Interesse haben. Und wenn du mit einem Jungen gesprochen hast, dann warst du gleich verknallt und hier und da. So wie man das halt so kennt von pubertierenden Kindern. Und das war halt für mich glaube ich auch noch schlimmer. Also nicht nur, dass mein Körper sich verändert hat. Sondern dass ich dann auch wirklich na in so eine/ also der Kategorie einfach dann entsprechen musste. Und dann auch keine männlichen Freunde mehr hatte. Weil also man hat halt nicht mehr mit Jungen gespielt. Also ich hätte es gerne. Aber die Jungen wollten das nicht. Und die Mädchen hätten das auch nicht akzeptiert, dass ich eben mit Jungen befreundet bin. Das ist ja/ kommt ja dann irgendwann später wieder. Aber so in dem Alter ist es halt ganz schwer. Und das war mich/ für mich dann auch wirklich schlimm. Und dann halt auch die ganzen körperlichen Veränderungen eh dann. Damit bin ich halt sehr schwer klar gekommen. (.) Für mich war also alleine so was/ Ich habe früher immer mit Badehose gebadet. Und in dem Moment, wo man halt in die Pubertät gekommen ist, war das halt nicht mehr möglich. Und da bin ich auch eigentlich nicht mehr schwimmen gegangen. Obwohl ich immer gern schwimmen gegangen bin. Aber das war dann so (.)/ Das konnte ich dann einfach nicht mehr.

I.: Mhm.

B.: Also das/ Also da kann sich auch eine Freundin von mir aus der Schulzeit/ Die kann sich daran auch noch erinnern. Also dass ich/ was ich immer/ ich so also Probleme mit dem Körper dann hatte. Wie er sich dann entwickelt hat. Und dann wollte ich nicht mehr schwimmen gehen. Und Sport war für mich schlimm und so was. Alles und ehm naja/ Jetzt muss ich erstmal überlegen wo ich dann weiter machen kann. Ehm also ehm/ In der Pubertät war ganz schrecklich. Genau. Und dann habe ich ehm/ Ich habe dann angefangen irgendwann das zu akzeptieren. Also dass ich gedacht habe, ich muss damit irgendwie klarkommen. Weil ich habe also bis zu dem Zeitpunkt, wo man in die Pubertät gekommen ist/ Ich habe niemals irgendwie gewusst, dass es so etwas wie Transsexualität oder Transidentität oder was auch immer gibt. Wurde damit nie so konfrontiert. Ehm also ich weiß auch gar nicht/ gar nichts vom Ersten Mal. Wenn man das Erste Mal da irgendwie überhaupt/ irgendwie damit in Berührung gekommen ist. Aber wenn das so war, dann halt nur dieses Exotische. (..) Irgendwelche Männer die sich als Frauen verkleiden. Also weil die Aufklärung irgendwo in den Medien oder auch in der Schule/ Also hatte ich nicht. Also ich hatte das überhaupt nicht. Also in der Schule hatte ich das gar nicht als Thema. Eh und in den Medien kann ich mich nicht dran erinnern. Ich weiß nur von wirklich so exotischen Sachen. Also dass man irgendwie wusste, es gibt Männer die sich als Frauen verkleiden. Also Travestie eigentlich. Aber halt alles in einen Topf geworfen und eh/ Also nichts, was wo ich mich irgendwie mit identifizieren konnte oder irgendwie so.

I.: Mhm.

B.: Und ehm Frau zu Mann kannte ich erst recht nicht. Also das war dann überhaupt nicht in der Pubertät mit in Berührung gekommen oder so. Das Einzige, was ich halt dann kannte oder so, war halt Homosexualität. Wo ich mich ja dann halt irgendwie versucht habe einzuordern. Weil ich ja als Frau auf Frauen stehe. Und eh aber dann ehm ehm habe ich halt (.)/ Genau. Ich hatte dann immer so Phasen, wo ich versucht habe, mich dann irgendwie femininer zu kleiden. Also jetzt nicht so sehr. Aber schon irgendwie versucht, da irgendwie das zu akzeptieren. Also bisschen auch so Gruppenzwang. Ich hatte ja plötzlich nur noch Freundinnen. Und ehm ich hatte aber also also (.)/ Ich und die Freundin die ich hatte. Wir waren schon eher so/ Wie soll ich das sagen? Aber man war schon eher bisschen reflektierter. (.) Also ich hatte jetzt nicht einen Freundeskreis von lauter Freundinnen die jetzt irgendwie da nur drauf ausgelegt waren, dass wir einen Freund haben wollen. Und die irgendwie sich jeden Samstag zum Schminken treffen oder was weiß ich. Was also/ Ich habe mit meinen Freundinnen/ mit den Freundinnen die ich hatte/ Wir waren halt auch im Fußballverein und so. Und ehm (.) haben halt alles Mögliche gemacht. Also einfach ganz normal. Also ich kann mich darüber nicht beschweren. Dass ich irgendwie darauf angewiesen war, dass ich Freundinnen haben musste. Weil das mit den Jungen nicht klappte oder so. Ehm sondern/ Also es waren ja gute Freundinnen. Also aber trotzdem/ Manchmal habe ich mich halt / Also es gab da manchmal so Momente, wo ich das vermisst habe. Halt auch irgendwie mit Jungen normal befreundet sein zu können. So wie also als Junge mit Jungen befreundet sein/ Oder halt irgendwie überhaupt nicht auf Geschlechter bezogen oder irgendwie so. Und ehm dann habe ich halt wie gesagt so manchmal so Phasen, wo ich es versucht habe. Ich glaube so mit, weiß ich gar nicht mehr, 16 oder 17 oder so. Dass man irgendwie so ein bisschen femininer ist. Und dann habe ich halt versucht mich so anzupassen. Und eh habe dann halt auch irgendwie/ Ich höre auch viel/ Ich habe immer so viel gechattet in dem Alter. War irgendwie online. Und habe dann Leute online kennen gelernt. Und habe da auch Freunde kennen gelernt die ich bis heute noch habe. Und ehm (.) aber war halt auch da dann/ ab und zu mal dann halt auch einen Jungen kennen gelernt. Da kam dann auch der Druck von meiner Mutter, „So hast du denn jetzt mal einen Freund?“ Oder irgendwie oder (.) keine Ahnung. Freundinnen hatten dann plötzlich mal einen Freund. Und dann habe ich mich dann irgendwie so (.) unter Druck gesetzt gefühlt. Und ich habe halt dann immer ehm/ Also ich weiß, dass ich irgendwie/ Also ich kann das irgendwie nie ganz einordnen. Ich weiß, dass ich ja auch irgendwie Interesse an/ an manchen Männern hatte. Aber ich habe das/ Also ich war nie irgendwie (.) verliebt. Und ich habe das mal versucht für mich. So in den letzten Jahren versucht, ein bisschen besser einzuordnen. Und das war oft so, dass ich also Männer bewundert habe und die toll fand. Aber weil ich so sein wollte wie die.

I.: Mhm.

B.: Also das ich gar nicht/ Also keine Gefühle oder so (.)/ Dass ich nicht/ Also wie gesagt kein Verliebtsein oder so. (.) Und ich wollte auch nicht irgendwie mit dem zusammen kommen oder sonst was. Ich fand den halt total toll. Ich fand den cool und wollte die auch kennen lernen und so. Und immer wenn das dann vielleicht irgendwie so weiter kam, wo die dann dachten da entwickelt sich was draus. Dann habe ich natürlich halt immer das abbrechen müssen und so. Und ja meine Mutter hat natürlich/ Die fand das natürlich dann komisch. Dass ich halt immer noch keinen Freund hatte. Und alle anderen hatten ja mal einen Freund. Und ich habe mich dann auch nicht dann als lesbisch geoutet oder so. Das habe ich sehr lange nicht. Und ich hatte auch sehr lange keine Beziehung oder so. Und ich habe dann ehm (…) mit neunzehn/ Genau, mit neunzehn war das. Nach dem Abi. Das war dann so diese Zeit, wo man nach dem Abi nichts zu tun hat. Da habe ich dann meine erste Freundin kennen gelernt.

I.: Mhm.

B.: Ehm und da habe ich dann halt in dem Moment auch das so für mich angenommen. Dass ich halt wohl lesbisch bin. (.) Und ehm (.) hatte das aber vorher wirklich/ Ich hatte das nie irgendwo geäußert. Also ich wusste das ja eigentlich seit ich elf bin. Oder beziehungsweise mit fünfzehn ist mir das noch mal so ein bisschen klarer geworden. Ich habe das nie geäußert. Ich habe halt immer nur wenn ich irgendwie einen Mann interessant fand/ das habe ich das meinen Freundinnen halt auch erzählt. Dann war das immer so „Ja, in den bin dann ja wohl verliebt“ oder so. Damit ich halt dann nicht so aus dem Rahmen falle. (.) Und ehm ich habe manchmal versucht so ein bisschen zu streuen. Also so dass du zu wem hingehst um zu erwähnen, dass ich irgendwie in irgendeine eine Frau verliebt bin oder sonst was. Wurde nie angenommen. Und dann habe ich gedacht „Ok. Dann/ Wenn die das so nicht verstehen, dann werde ich das auch nicht irgendwie ansprechen.“ Und dann habe ich halt mit neunzehn dann meine erste Freundin dann kennen gelernt. Und ehm dann hatte meine Mutter mich auch darauf angesprochen. Und dann habe ich mich da in dem Moment dann halt als lesbisch geoutet.

I.: Mhm.

B.: Ehm/ (..) Konnte damit aber irgendwie nie so wirklich was anfangen. Aber was also/ Ich meine das sind alles auch immer nur so Kategorien in denen man sich vielleicht irgendwie dann wiederfindet. Und wenn es nur so ein bisschen ist. Und für die Zeit war das halt (.)/ Irgendwo hat es mich dann schon beschrieben. Also ich konnte mich da schon irgendwie damit identifizieren. Also es ist nicht so, dass ich jetzt denke also „Oh nee, da habe ich jetzt gedacht ich bin ne Lesbe und bin ich ja gar keine“ oder so. Aber für die Zeit war das schon in Ordnung. Weil für mich war das in dem Sinne schon wichtig. Also durch meine erste Freundin ehm/ überhaupt so zum ersten Mal auch die Gelegenheit hatte meine Androgynität überhaupt irgendwie dann auch so anzunehmen.

I.: Mhm.

B.: Also dass sie mir quasi/ Also meine Freundin hat mir quasi auch gezeigt, dass ich wirklich machen kann was ich will. Also so/ Das sind so ganz banale Sachen. Aber wenn ich Bock darauf habe, mir einfach Männer-Deo zu kaufen, dann kann ich das auch machen.

(Unterbrechung durch Kassiererin: 122)

I.: Ja.

B.: Ehm wo war ich? (.) Achso ja genau/ Also so banale Sachen. Dass man sich einfach Männer-Deo kaufen kann, wenn man das möchte. Und das war für mich in-/ also insofern relevant, dass ich irgendwie/ Weil ich ja/ Also das hatte ich ja vorhin schon erwähnt. Ich habe es immer/ Ich habe mich immer so schwer getan irgendwas infrage zu stellen. Oder irgendwie Autoritäten infrage zu stellen. Oder irgendwas. Also Gesellschaftsnormen oder so. Also was wirklich so aus dem Rahmen fällt. Da habe ich mich immer sehr schwer getan. Und habe dann halt ehm irgendwie mit neunzehn dann mit meiner ersten Freundin/ Dann habe ich halt angefangen Boxershorts zu tragen und mir Männer-Deo zu kaufen und so was. Und hatte wirklich so ganz banale Sachen (.)/ Also jedem/ Im Grunde jedem freisteht/ Aber für mich war das irgendwie so zum ersten Mal. Für mich war das halt so symbolisch. Für mich war das damals symbolisch. Und ich habe dann einfach gemerkt, dass das einfach/ Also dass mir das irgendwo gut tut. Und ich konnte das nicht so ganz einordnen. Aber dass/ Ich wusste das ist so. Das beschreibt mich einfach mehr. (.) Und ich habe mich halt zum ersten Mal wirklich getraut. Also für mich war das ein Stück Freiheit. Einfach dass ich selber entscheiden kann und nicht irgendwie/ Weil ich irgendwie ein Mädchen bin oder so. Also ich weiß noch ganz genau, dass meine Mutter/ Wenn ich mit fünfzehn oder so gesagt hätte „ich kaufe mir Männer-Deo“, hätte meine Mutter gesagt „Was soll das denn?“. Und ehm also meine Mutter hat das natürlich auch angesprochen. Ehm also sie hat mich darauf angesprochen. Sie meinte so „Du riechst immer so nach Mann“ und blablabla. Also Kleinigkeiten wo wirklich/ die meine Mutter wahrgenommen hat und halt schlimm fand. Und die für mich halt wirklich auch so einen großen Schritt bedeutet haben. Also auch wie gesagt so ganz kleine banale Sachen. Und ehm ich habe halt auch viel mit meiner ersten Freundin/ bin ich auch viel mit feministischen Themen in Berührung gekommen. Und habe da viel so/ also Genderzeug und so. (.) Und Selbstbestimmung und so was alles. Und habe da halt auch viel dann gelesen. Und ehm das alles reflektieren können. Also generell also irgendwie Geschlechterunterschiede oder sonst was. Und/ Also es war auf jeden Fall sehr wichtig für mich damit auseinander setz-/ Und ich habe trotzdem zu dem Zeitpunkt immer noch nicht/ Ich bin immer noch nicht in Berührung gekommen (.) also mit (.) mit Trans an sich. Und konnte das/ also mich selber da auch immer irgendwie noch nicht einordnen. Das Einzige was ich/ wo ich meine erste Erfahrung auch mit gemacht habe (.) war halt das/ Also so auf der sexuell-/ sexuelle Ebene/ Dass es für mich (.) einfach ein kompliziertes Thema ist. (.) Also so generell. Das ist da/ Als ich da zum ersten Mal auch gemerkt habe, dass ich da irgendwie (..) nicht so mit klarkomme. (.) Überhaupt irgendwie also so sexuelle Ebene in Frage gestellt habe. Aber das war so das erste/ Das war halt in der ersten Beziehung also/ (.) Das war später kom-/ Also spielt das noch mal ne größere Rolle für mich. Aber in der Beziehung war das jetzt noch nicht so ganz schlimm. Aber ich habe da trotzdem schon gemerkt, dass ich da irgendwie in so eine Richtung neige, die meine Freundin aber nicht wollte.

I.: Mhm.

B.: Also dass meine Freundin irgendwie doch auch da Angst hatte, dass das in so eine vielleicht heterosexuelle Richtung geht oder so. Und der Sex auch wurde immer ausge-/ wird oder irgendwie so was. Und ehm (.) das war auch das erste Mal, wo ich da halt gemerkt habe, dass es da auf jeden Fall nicht so bei uns so für mich laufen kann. Ehm wenn ich irgendwie in einer lesbischen Beziehung lebe. Und je nachdem wie man das definieren will oder so ehm. Und ich habe dann/ Ich weiß noch, in der Beziehung habe ich dann den Film gesehen ‚Boys don't cry’ mit Hillary Swank. Ehm da spielt sie ja eh Brandon Tina. Das war ja transsexueller Mann. (.) Der ja umgebracht wurde. Also es ne wah/ Also ich weiß noch ob du den Film kennst?

I.: Noch nicht.

B.: Ok. Es ist eine wahre Geschichte. Halt ehm/ Der wurde halt verfilmt. Da hat sie glaube ich den Oscar für bekommen. (.) Also Brandon Tina war halt ein transsexueller Mann. War aber ohne Hormone und sonst was. Ehm hat aber trotzdem als Mann leben können. Schon. Wollte wohl aber auch Hormone nehmen. Aber hat es noch nicht. Also ist den Schritt einfach nicht gegangen. Und hat da dann eine Gruppe von Leuten kennen gelernt. Und hatte auch eine Affäre oder Beziehung oder was auch immer mit einer ehm/ (.) Das ist halt irgendwann rausgekommen. Dass er halt also körperlich eine Frau noch war zu dem Zeitpunkt. Und/ oder als Frau geboren ist. Und wurde halt umgebracht. (.) Also vergewaltigt und umgebracht und ehm/ Ich habe jetzt den Film gesehen. Und ehm (..) das war vielleicht eh nicht so das/ (.) Vielleicht ist das nicht der beste erste Kontakt überhaupt mit diesem Thema. Weil dieser Film mich total erschüttert hat. Also ich war danach total traumatisiert und total erschüttert und bin/ hatte einen totalen Nervenzusammenbruch. Und konnte das gar nicht so ganz einordnen warum ich da überhaupt/ überhaupt/ Also warum mich das SO sehr berührt hat. (.) Also ich meine natürlich ist das eine rührende Geschichte. Also da muss man ja nicht Trans für sein um das halt schlimm zu finden. Aber das war trotzdem so erschütternd für mich. Aber das kann ich aber da zu dem Zeitpunkt immer noch nicht einordnen. Aber/ (.) Also ich hatte fast so was wie so einen Nervenzusammenbruch danach. Also das weiß ich halt noch. (..) Und habe aber dann auch/ (..) Das war aber auch wieder so ein Trigger in die Richtung (.) „Das geht alles nicht“. (.) Und die Gesellschaft akzeptiert so was nicht. Und du kannst so was nicht äußern. Und hier die Leute die das machen. Die werden dann umgebracht. Also das war eher wieder so ein negativer Trigger. Und hat mich nicht dazu ermutigt mich damit weiter auseinander zu setzen.

I.: Mhm.

B.: Ehm (..) und dann war das so, dass ich (...) ehm/ (..) Also danach fing das so an/ als die Beziehung dann auch vorbei war, (..) dass ich mich mehr so mit meiner Androgynität beschäftigt habe. Weil ich weiß, dass ich mich auf einer Party oder so/ Ich wurde immer total oft gefragt ob ich ein Junge oder ein Mädchen bin ich hatte halt/ Ich hatte bis zu dem Zeitpunkt immer/ Ich hatte immer ganz lange Haare. (.) Und das hat aber auch damals trotzdem irgendwie nicht was geändert daran. Aber ich habe mir nach dieser Trennung halt die Haare kürzer geschnitten. Und das war dann wahrscheinlich noch mal da/ Da hat man/ habe ich also/ So ist auf jeden Fall meine Wahrnehmung. Dass ich dadurch einfach auch so ein bisschen maskuliner gewirkt habe. Und dann wurde ich ein bisschen öfter damit konfrontiert, dass ich irgendwie androgyn bin. Und eh ich fand das aber auch gut. (.) Und ehm (..) dann habe ich meine nächste Freundin kennen gelernt (.) Und ehm das ist eigentlich auch ne ganz krasse so Beziehung an sich gewesen überhaupt. Ehm (.) weil wir uns immer wie/ waren uns immer sehr ähnlich. (.) Also wir waren auch nicht so lange zusammen. Und ehm/ Und wir waren uns immer so sehr ähnlich. Also wir haben über sehr viele Dinge gesprochen. Und es war immer alles ähnlich. Also es war immer so, als wenn wir so/ (.) Seelenverwandte oder irgendwie so was.

I.: Mhm.

B.: Also wir hatten da so ganz/ nur so Kleinigkeiten. Wir hatten irgendwie/ Wir hatten die gleichen Interessen. Wir haben uns mal Videos angeguckt von uns als Kinder. Und man hätte uns verwechseln können und so. Man/ Wir haben uns als Kinder genau gleich verhalten. Sahen auch genau gleich aus. Und ehm diese Beziehung/ aber nicht so lange gehalten. Und/ Aber als dann ehm diese Beziehung zu Ende gegangen ist, hat (.) sie mir halt was ganz Komisches erzählt. Und ich konnte es auch irgendwie nicht so ganz einordnen. Hat sie mir nämlich erzählen wollen, dass sie sich irgendwie innerlich als Mann fühlt (.) Ehm (..) und dann habe ich halt in dem Moment/ Ich habe das irgendwie nicht so ganz verstanden, wie sie mir das sagen will. Und ich konnte aber irgendwie dann nachvollziehen, dass sie das also doch schon/ Also ich konnte es irgendwie nachvollziehen. Aber ich wusste nicht genau was sie mir sagen will. Und habe dann auch irgendwie nur gesagt, also dass ich sie irgendwo verstehen kann. Aber das war noch nicht so greifbar. Also wir haben uns versucht uns irgendwie zu erzählen was los ist. Aber haben es dann nicht gemacht. Und eh/ Und ich rede gerade auch noch bewusst von IHR weil sie/ also in dem Moment war sie halt meine also Freundin und das war halt auch so. Und dann war es halt auch so, dass die Beziehung halt in die Brüche gegangen ist. Und das war alles nicht so toll. Also von ihrer Seite aus dann. Da habe ich erstmal den Kontakt abgebrochen. Und ich hatte dann/ Wir hatten glaube ich auch sehr lange kein Kontakt mehr. Und ich war dann irgendwann auch/ hatte dann auch eine neue Beziehung. Und ehm (.) ich glaube erst, als ich irgendwie mit der neuen Freundin länger zusammen war, ehm haben wir uns irgendwann wieder angenähert. (.) Und da hat (.) sie mich dann halt irgendwann angerufen. (.) Und das war (.) ehm/ das war vor drei Jahren. Das war/ Vor fast vor fast genau drei Jahren war das. Ehm da hat sie mich halt angerufen. (.) Und hat eh mir gesagt „Ja ok. Ich muss dir was sagen. (.) Ich bin transsexuell. (.) Und ehm ich mach jetzt auch eine Therapie und blablabla. Und ich habe mich jetzt damit auseinander gesetzt. Und ich weiß, dass es so ist. Und ich weiß, dass es auch bei dir so ist.“ (.) Und davon war ich (.) voll erschlagen. Also ich war da/ Ich habe weder nein gesagt. Ich habe auch nicht ja gesagt. Sie hat mich einfach total erschlagen. Und das war von dem Moment an/ von diesem Telefonat war das VOLL in meinem Kopf. Und sie hat/ Okay (stottern)/ Also red ich halt ab jetzt/ Sag ich halt dann er eh/ Also er hat dann/ hat dann auch Videos zukommen lassen. Weil man ja/ bei Youtube oder so kann man ja Leute/ die dokumentieren das. Die dokumentieren halt diese transition (englisch ausgesprochen). Ehm also irgendwie von keine Ahnung/ von null Monaten bis (.) drei Jahre auf Testosteron oder was auch immer. Es geht ja dann immer weiter. (.) Ehm und zum ersten Mal wurde ich halt so wirklich damit konfrontiert. Was überhaupt möglich ist. Und ich habe das auch zum ersten Mal überhaupt so wirklich gesehen. Also was wirklich möglich ist. Und ich habe zum ersten Mal (.) dann wirklich ganz bewusst dann auch gesehen, dass (.) dieses Exotische daran/ dass dieses irgendwie Abschreckende daran oder so. Dass das einfach gar nicht so ist oder so. Sondern dass das wirklich immer nur von/ weiß ich nicht/ rtl2 oder so/ so dargestellt wird. Dass es/ Also dass es im wahren Leben also gar nicht so ist. Und ehm (.) dass (.) man auch wirklich so jeden/ also je nachdem wie lange man wirklich schon auf Hormonen ist oder so. Das kommt ja immer noch darauf an. Aber wenn jemand, sagen mal/ also sagen wir jetzt mal fertig ist. (.) Dann sieht man das auch nicht mehr. Also das kommt natürlich immer ein bisschen auf die Umstände an. Wenn jemand, sagen wir mal fünfzig ist. Und jetzt mit fünfzig anfängt. Dann ist es halt schwer. (..) Wenn die Hormone halt schon so viel gemacht haben und man schon so lange unter den falschen Hormonen/ Dann war das/ es schwer. Dann ist für die Gegenhormone da also/ da sieht man das halt schon. Oder man kann es sehen oder so. Menschen sind halt immer sehr androgyn. Aber ehm im Grunde ist es halt einfach so, dass ich festgestellt habe, die ganzen Leute um mich herum/ man weiß es nicht. Also man weiß es nicht wirklich. Also und da hat es dann für mich halt zum ersten Mal so wirklich so was/ (.) also so was Wahres auch/ so ein wahres Gesicht bekommen. Und dann ehm (..) konnte ich mich halt damit auch total identifizieren. Und ich habe mich dann halt auch ein Buch gekauft. Und dieses Buch war halt also/ Alles was da drin stand, jede einzelne Seite, (..) war halt genau das. Also wie ich das irgendwie alles empfunden habe und so. Und ehm (.) ich ehm wusste in dem Moment einfach, das ist die Antwort auf/ also auf alle meine Fragen, die ich immer so hatte. Zu mir selber und zu meiner Identität. Und ehm auch so zu/ zu Beziehungsproblemen, die ich dann irgendwie hatte. Also vor allem auch zu dieser Beziehung, in der ich dann aktuell war. (.) Ehm da war das immer so, dass ich ehm/ (.) Ich habe die damals mit/ (..) genau ich war zweiundzwanzig, als ich sie kennen gelernt habe. (..) Und ehm (..) das war so dieser Zeitpunkt, wo ich halt schon so eher/ also so eher androgyner war. Und ehm (...) ich habe sie dann kennen gelernt. Und ehm also sie hat ja auch so, wie ich da halt war, auch Interesse an mir gezeigt. Und sie hat dann aber trotzdem ziemlich schnell so irgendwie versucht mich zu verändern. (.) Mich irgendwie immer in so eine feminine Richtung zu bringen. Und ehm (..) das/ Also ich habe das von Anfang an gemerkt. Dass sie da irgendwie versucht hat irgendwie so ein/ so eine/ so ein Tüsschen aus mir zu machen irgendwie so. Und ehm (.) für mich war das Problem da, dass ich/ Ich habe das halt auch mit mir machen lassen. Also bis zu einem gewissen Grad natürlich. Ehm weil ich hatte einfach Angst, sie irgendwie zu verlieren. Und ich hatte mal wieder Angst gehabt, irgendetwas infrage zu stellen. Und ehm habe halt versucht, ihr da so ein bisschen gerechter zu werden oder so. Ich habe mir da auch zu der Zeit dann (.) eh/ Wir waren dann auch ungefähr zweieinhalb Jahre zusammen. Und ich habe dann auch irgendwie dann angefangen mir immer wieder die Haare ein bisschen länger wachsen zu lassen. Obwohl das ja jetzt für mich nichts Geschlechtsspezifisches ist oder so. Und ich ja auch meine ganze Jugend jetzt immer lange Haare/ Und ich/ Auch wenn ich als Junge geboren wäre, hätte ich auch lange Haare gehabt in dieser Zeit also. (..) Ehm also trotzdem war es/ Also sie wollte halt, dass ich lange Haare habe. Weil sie hat damit halt ein feminineres Erscheinungsbild in Verbindung gebracht.

[...]

Ende der Leseprobe aus 156 Seiten

Details

Titel
Selbstwahrnehmungsprozesse bei trans* Personen. Eine empirische Untersuchung
Untertitel
„[…] weil das Leben an sich traumhaft schön war […]. Das einzige Problem war, es war nicht mein Leben.“
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
1,3
Autor
Jahr
2014
Seiten
156
Katalognummer
V437878
ISBN (eBook)
9783668781009
ISBN (Buch)
9783668781016
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Trans, Cis, Gender, Studies, Male, Frau, Mann, Transsexuell, Fluid
Arbeit zitieren
Janine Winkler (Autor:in), 2014, Selbstwahrnehmungsprozesse bei trans* Personen. Eine empirische Untersuchung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/437878

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