Von der Istkostenrechnung zur Normalkostenrechnung


Seminararbeit, 2005

25 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einführung
1.1 Der Kostenbegriff im internen Rechnungswesen
1.2 Kostenrechnungssysteme
1.3 Vorgehen

2. Istkostenrechnung
2.1 Einordnung
2.2 Grundform
2.3 Verwendung fester Verrechnungspreise
2.4 Verwendung von Planwerten für die Einzelkosten
2.5 Nachteile der Istkostenrechnung

3. Normalkostenrechnung
3.1 Einordnung
3.2 Normalisierte Kostenverrechnungssätze
3.3 Die starre Normalkostenrechnung
3.4 Die flexible Normalkostenrechnung
3.5 Grafische Erläuterung

4. Eignung der Kostenrechnungssysteme

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einführung

1.1 Der Kostenbegriff im internen Rechnungswesen

„Die Unkosten betragen 5 Euro!“

Wer kennt diesen Satz nicht? Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Kostenbegriff häufig ungenau verwendet. Was also sind Kosten? Auf diese Fragen geben Volkswirte und Betriebswirte verschiedene Antworten. Volkswirte werden ohne Zögern von „Opportunitätskosten“ sprechen. Darunter verstehen sie den Nutzen, den die beste entgangene Alternative generiert hätte. Aber auch in der Betriebwirtschaft gibt es verschiedene Definitionen für den Begriff „Kosten“. So sind für das externe Rechnungswesen beispielsweise die Aufwendungen des Unternehmens Dreh- und Angelpunkt des Kostenbegriffs. Hier spielen gesetzliche Vorgaben eine wesentliche Rolle. Jede dieser Definitionen hat auf ihrem Gebiet ihre Berechtigung.

Für die Aufgaben des internen Rechnungswesens wird allerdings eine andere Abgrenzung benötigt. Hier werden Aufwendungen und Kosten nicht synonym verwendet. Um eine periodengenaue Auswertung der innerbetrieblichen Effizienz zu ermöglichen, werden Aufwendungen, die betriebsfremd, periodenfremd oder außerordentlich sind, gegenüber dem externen Rechnungswesen herausgerechnet. Liegen solcherlei Aufwendungen vor, so muss entschieden werden, ob es sich um neutrale Aufwendungen handelt, also Aufwendungen, die nicht zum Kerngeschäft des Unternehmens gehören, oder ob die anzusetzende Höhe verändert werden muss. Ein Beispiel hierfür sind Abschreibungen. Hier muss das externe Rechnungswesen Gesetze und Richtlinien befolgen, während das interne Rechnungswesen den der tatsächlichen Nutzungsdauer entsprechenden Abschreibungswert ansetzt. Darüber hinaus setzt das interne Rechungswesen noch weitere Kosten an, so genannte Zusatzkosten. Hierzu zählen der kalkulatorische Unternehmerlohn, die kalkulatorischen Eigenkapitalzinsen und die kalkulatorische Miete.

Für diese Arbeit gilt folgender Kostenbegriff:

„Kosten sind allgemein der wertmäßige Verzehr von Produktionsfaktoren zur Erstellung und Verwertung betrieblicher Leistung und zur Sicherstellung der dafür notwendigen Kapazitäten.“[1]

1.2 Kostenrechnungssysteme

In der Betriebswirtschaftslehre werden verschiedene Ansätze zur Ermittlung der Kosten gemäß o.g. Definition unterschieden,[2] so genannte Kostenrechnungssysteme. Diese lassen sich grob untergliedern:

- nach ihrem zeitlichen Bezug sowie
- nach ihrem Umfang.

Teilt man die Kostenrechungssysteme nach ihrem zeitlichen Bezug auf, so werden in der Literatur folgende drei Konzepte unterschieden:

1. Istkostenrechnung: strikter Gegenwartsbezug
2. Normalkostenrechnung: auf der Basis von Vergangenheitswerten
3. Plankostenrechnung: zukunftsorientiert

Folgende Systeme unterscheiden sich in ihrem Umfang:

1. Bei der Vollkostenrechnung werden sowohl fixe als auch variable Kostenbestandteile in die Rechnung einbezogen und auf die Kostenträger verteilt. Da aber nicht alle Kostenträger die fixen Kosten verursachen, widerspricht dieses Vorgehen dem Verursachungsprinzip.

2. Dem Verursachungsprinzip wird in der Teilkostenrechnung entsprochen, da hier nur die variablen Kostenbestandteile auf die Kostensträger verrechnet werden. Die fixen Kosten werden hier als gesonderter Block erfasst.

1.3 Vorgehen

Im weiteren Verlauf wird zunächst die Istkostenrechnung in ihrer Grundform und in zwei Erweiterungen vorgestellt und diskutiert (Kapitel 2). Anschließend soll die Normalkostenrechnung eingeführt sowie in ihrer starren und flexiblen Form anhand einer Fallstudie erläutert werden (Kapitel 3). Die Vor- und Nachteile der Ist- und Normalkostenrechnung werden danach im Hinblick auf einzelne Anwendungsgebiete gegenübergestellt (Kapitel 4). Schließlich werden die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst und kritisch gewürdigt (Kapitel 5).

2. Istkostenrechnung

2.1 Einordnung

Die Istkostenrechnung, die nun zunächst behandelt werden soll, arbeitet auf Vollkostenbasis. Hauptziel der Istkostenrechnung ist die möglichst exakte Nachkalkulation der einzelnen Produkte[3]. Dazu müssen die tatsächlich angefallenen Kosten vollständig auf die Kostenstellen und anschließend auf die Kostenträger verteilt werden. So werden also auch kurzfristige Preisschwankungen sofort und gänzlich auf die Kostenträger verteilt.

2.2 Grundform

Die nach Kostenarten erfassten Istkosten sollen vollständig auf die Kostenträger weiterverrechnet werden. Dies nennt man Kostenüberwälzungsprinzip[4] . Die Grundform der Istkostenrechnung versucht, die geschätzten Beträge, wie beispielsweise Abschreibungen und Steuern, auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Vorkalkulationen werden grundsätzlich auf der Basis früherer Nachkalkulationen berechnet. Darüber hinaus legt sie die tatsächlich angefallenen Kosten für die Berechnungen zu Grunde. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine sehr genaue Kostenartenaufstellung notwendig, die nicht selten in eine Platzkostenstelle[5] mündet. Es ist in diesem System relativ einfach, diese Kosten im Anschluss auf die Kostenträger zu verteilen.

Dieses Verfahren hat sich allerdings in der Praxis nicht durchgesetzt, da es mit erheblichen Nachteilen verbunden war. Der wohl größte Nachteil lag in der nicht vorhandenen Möglichkeit der laufenden Kostenkontrolle, da Maßgrößen fehlten[6]. Zudem gibt es keine Möglichkeit, die Gründe von Kostenveränderungen zu analysieren. So können beispielsweise Preisänderungen und Unwirtschaftlichkeit nicht voneinander getrennt werden. Somit ist auch ein Soll-Ist-Vergleich nicht möglich.

Und bei der Umsetzung treten auch rein organisatorische Mängel auf. So muss genau festgehalten werden, wie hoch die Kosten für eine ganz bestimmte Vorratsmenge waren. Eine strenge Istkostenrechnung verlangt, dass die exakten Kosten für jedes gefertigte Produkt ermittelt werden müssen. Werden jedoch für ein Erzeugnis fünf gleiche Schrauben aus zwei verschiedenen Lieferungen mit unterschiedlichen Preisen verbraucht, müsste für jede einzelne Schraube der genaue Preis angegeben werden. Es dürfte klar werden, dass der Aufwand hierfür unverhältnismäßig groß wäre. Hinzu kommt, dass mit diesem Verfahren für nahezu jedes einzelne Produkt aus einer Serie individuelle Herstellungskosten zu ermitteln wären.

Um eine genaue Kostenhöhe für einen bestimmten Kostenträger zu bestimmen, müssen darüber hinaus die anteiligen innerbetrieblichen Leistungen zu Istkosten berücksichtigt werden, was bei mehrseitiger Verflechtung rechnerisch sehr aufwändig ist. Zudem müssen auf Istkostenbasis jeden Monat neue Verrechnungssätze gebildet werden. Dies kann aber erst dann geschehen, wenn alle Kosten vorliegen. In der Realität nimmt eine solche Abrechnung zuviel Zeit in Anspruch, wodurch zwischenzeitlich eine Kalkulation zu aktuellen Istkosten nicht möglich ist. Und auch das Hauptziel der Istkostenrechnung wird kritisiert.[7] Angesichts der häufig anzutreffenden Massenproduktion scheint es nicht notwendig, die Produkte laufend nachzukalkulieren. In solchen Produktionsprozessen ändert sich die Kostenstruktur selten kurzfristig. Hinzu kommt, dass Preislisten häufig nur am Anfang des Geschäftsjahres aufgestellt werden; da diese meist für ein ganzes Geschäftsjahr Gültigkeit behalten, ist eine monatliche Nachkalkulation der Preise nicht erforderlich.

2.3 Verwendung fester Verrechnungspreise

Wie oben schon anhand des Schrauben-Beispiels erläutert, ist es sehr aufwändig, bei Warenentnahmen auf reiner Istkostenbasis zu arbeiten. An dieser Stelle wird deshalb die Grundform weiterentwickelt. Anstatt nun den jeweils aktuellen Istpreis einer Schraube zu erfassen, bildet man einen gewogenen Durchschnitt über die Istkostenpreise. Dabei wird gedanklich jede Schraube mit ihrem tatsächlichen Preis bewertet und über alle Schrauben ein Durchschnittswert ermittelt. Durch Fortschreibung des Durchschnittswertes gleichen sich die Preisschwankungen im Zeitverlauf aus. Dieser Durchschnittswert wird als Normalwert bezeichnet, der als fester Verrechnungspreis Anwendung findet.[8] Unter der Annahme, dass die Istpreise nur in engen Grenzen schwanken, kann der Normalwert anstelle des Istwertes verwendet werden, ohne größere Abweichung in Kauf zu nehmen.

Wenn man nun den Normalwert für einen größeren Zeitraum konstant halten kann, vereinfacht sich die Abrechnung erheblich.[9] Daraus ergibt sich ein weiterer Vorteil: die Abrechnungen werden vergleichbarer. Man weiß, dass Veränderungen in den Zahlen nicht mehr auf Preisveränderungen zurückzuführen sind (diese sind ja konstant gehalten worden) sondern hauptsächlich auf Änderungen in den Verbrauchsmengen und -zeiten.[10]

2.4 Verwendung von Planwerten für die Einzelkosten

Mit der Einführung von Akkordlöhnen konnten neben den Material- auch Arbeitskosten genau einzelnen Arbeitsschritten zugerechnet werden. Dabei spricht man dann von (Material- bzw. Lohn-)Einzelkosten.

Bei den Lohneinzelkosten wird aus dem Zeitlohn ein Akkordlohn. Hierbei veranschlagt man für eine bestimmte Tätigkeit eine gewisse Zeit. Die für diese veranschlagte Arbeitszeit zu entrichtenden Lohnkosten werden als Planwerte bezeichnet. Die tatsächlich benötigte Zeit ist dabei unerheblich, „denn nicht die Istzeit, sondern die Zeit der geleisteten Arbeitsprozesse, für welche die geplanten Akkordzeiten den Maßstab bilden, werden bezahlt.“[11] Folglich entsprechen die Planwerte den Istkosten.

Braucht der Arbeitnehmer mehr Zeit, weil äußere Umstände, wie beispielsweise die Reparatur einer Maschine, ihn dazu zwingen, muss die Zeitabweichung in Form von Zusatzlöhnen zusätzlich zum Akkordlohn gezahlt werden[12]. Dies verursacht Mehrkosten, die nicht aus dem Arbeitsprozess heraus entstehen. Daher gilt[13]:

Einzellohnkosten = Akkordlöhne

+ Zusatzlöhne

Auch bei Materialeinzelkosten kommen zunehmend Planwerte zur Anwendung. Zunächst muss festgestellt werden, wie groß die Menge der Materialen ist, die in das Produkt eingehen. Hinzu kommen die unvermeidbaren Abfälle.

Werden diese nun mit festen Verrechnungspreisen multipliziert erhält man die Planeinzelmaterialkosten. Wird nun mehr Material verbraucht als geplant, entstehen Abweichungen. Wenn man die Materialentnahmen nun gesondert vermerkt, kann man hinterher einen einfachen Soll-Ist-Vergleich durchführen und die Gründe für den Mehrverbrauch analysieren. Auch hier gilt[14]:

Einzelmaterialkosten = Planeinzelmaterialkosten

± Einzelmaterialpreisabweichungen

± Einzelmaterialverbrauchsabweichungen

Die Zusatzkosten können sowohl direkt auf die Kostenträger verrechnet werden als auch über die Istgemeinkosten, beides führt zum selben Ergebnis.

[...]


[1] Olfert, Klaus, Kostenrechnung, Ludwigshafen, 13. Auflage, 2003, S. 50

[2] Vgl. Olfert, Klaus, a.a.O., S. 71ff

[3] Vgl. Fuchs, E., v. Neumann-Cosel, R., Kostenrechnung, München, 4.Auflage, 1982, S. 98

[4] Vgl. Kilger, Wolfgang, Flexible Plankostenrechnung …, Opladen, 9. verb. Auflage, 1988, S.28

[5] Bei der Rechnung mit Platzkostenstellen werden die Kosten bis zu den einzelnen Arbeitsplätzen oder Maschinen aufgegliedert.

[6] Vgl. Kilger, Wolfgang, Flexible Kostenrechnung, Opladen, 6. Auflage, 1974, S.29

[7] Vgl. Kilger, Wolfgang, a.a.O., 6. Auflage, S.29

[8] Vgl. Kilger, Wolfgang, 9.verb. Auflage, a.a.O., S.29

[9] ebenda, S.31

[10] ebenda

[11] Kilger, Wolfgang, 6. Auflage, a.a.O., S.33

[12] Beispielsweise auf Grund von tarifvertraglichen Regelungen

[13] Vgl. Kilger, Wolfgang, Flexible Plankostenrechnung …, Opladen, 10. vollst. überarb. und erw. Auflage, 1993, S.20

[14] Vgl. Kilger, Wolfgang, a.a.O., 10. vollst. überarb. und erw. Auflage, S.20

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Von der Istkostenrechnung zur Normalkostenrechnung
Hochschule
Hochschule Bochum
Veranstaltung
Rechnungswesen II
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
25
Katalognummer
V43780
ISBN (eBook)
9783638415064
Dateigröße
629 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Seminararbeit beschäftigt sich detailiert mit der Entwicklung der Normalkostenrechnung auf Basis der Istkostenrechnung.
Schlagworte
Istkostenrechnung, Normalkostenrechnung, Rechnungswesen
Arbeit zitieren
Cornelia Kiefer (Autor:in), 2005, Von der Istkostenrechnung zur Normalkostenrechnung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43780

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