Rhetorik: Die 5 Produktionsstadien der klassischen Rede


Seminararbeit, 2001

20 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. Definition „Rhetorik“
2.2. Die Produktionsstadien der klassische Rede
2.2.1 Inventio
2.2.1.1 Topik
2.2.1.2 Die drei Redegattungen
2.2.2 Dispositio
2.2.2.1 Ordo naturalis und ordo artificialis
2.2.2.2 Die drei Aufgaben des Redners (officia oratoris)
2.2.2.2.1 Docere
2.2.2.2.2 Delectare, conciliare
2.2.2.2.3 Movere, concitare
2.2.2.3 Die Redeteile (partes orationis)
2.2.2.3.1 Der Redeanfang (exordium)
2.2.2.3.2.1 Einleitung (prooemium)
2.2.2.3.3.2 Die Einschmeichelung (insinuatio)
2.2.2.3.2 Narratio
2.2.2.3.2.1 Propositio und digressio
2.2.2.2.3.3 Argumentatio
2.2.2.2.3.4 conclusio, peroratio
2.2.3 Elocutio
2.2.3.1 Die vier Tugenden der sprachlichen Darstellung
2.2.3.1.1 Latinitas
2.2.3.1.2 Perspicuitas
2.2.3.1.3 Aptum
2.2.3.1.4 Ornatus
2.2.2.3.1.4.1 Tropen
2.2.3.1.4.1.1 Periphrase
2.2.3.1.4.1.2 Metonymie
2.2.3.1.4.1.3 Synekdoche
2.2.3.1.4.1.4 Metapher
2.2.3.1.4.1.5 Katachrese
2.2.3.1.4.1.6 Hyperbel
2.2.3.1.4.1.7 Emphase
2.2.3.1.4.1.8 Ironie
2.2.3.1.4.2 Figuren (ornatus in verbis coniunctis)
2.2.3.1.4.2.1 Wortfiguren
2.2.3.1.4.2.1.1 Quantitätsfiguren per adiectionem
2.2.3.1.4.2.1.2 Quantitätsfiguren per detractionem
2.2.3.1.4.2.1.2.1 Asyndeton
2.2.3.1.4.2.1.3 Worstellungsfiguren per transmutationem
2.2.3.1.4.2.1.3.1 Parallelismus und Chiasmus
2.2.3.1.4.2.1.3.2 Hyperbaton
2.2.3.1.4.2.2 Sinnfiguren (figurae sententiae)
2.2.3.1.4.2.2.1 Apostrophe
2.2.3.1.4.2.2.2 Rhetorische Frage
2.2.3.1.4.2.2.3 Entgegenstellung (Antithese)
2.2.3.1.4.2.2.4 Widersprüchlichkeit (Oxymoron)
2.2.3.1.4.2.2.5 Anheimstellung
2.2.3.1.4.2.2.6 Personifikation
2.2.3.1.4.2.2.7 Allegorie
2.2.3.1.4.2.2.8 Wortfügung
2.2.4 Memoria
2.2.5 Actio

3. Schluß

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das System „Rhetorik“, dessen Ursprünge im 5. vorchristlichen Jahrhundert in Griechenland zu finden sind, ist ein System, das dazu dienen soll, die Redeproduktion zu verbessern. Hierfür wurden Regeln geschaffen, deren Anwendung und Kenntnis zu einer angemessenen Rede führen. Die vorliegende Arbeit stellt dieses System anhand der 5 Produktionsstadien einer klassischen Rede dar.

2. Hauptteil

2.1 Definition „Rhetorik“

Die Rhetorik ist ein System von Regeln, das die Theorie und Praxis der menschlichen Beredsamkeit beschreibt. Beredsamkeit umfasst hierbei öffentliche und private Äußerungen, die mündlich, schriftlich und auch durch technische Medien wie Film oder Internet, vermittelt werden. Die Theorie beschäftigt sich mit der Analyse sprachlicher Kommunikation, die den Adressaten von einem bestimmten Ziel zu überzeugen soll. Ziel ist es, die Wirkungsweise persuasiver Kommunikation empirisch beschreiben zu können.

In der Praxis dient Rhetorik als Anleitung zur Herstellung eines wirkungsorientierten Sprechaktes. Hierbei spielt neben der lautlichen Äußerung des Redners (orator) auch das körpersprachliche Verhalten eine große Rolle. „Wir müssen uns vor Augen halten, dass Rhetorik auf den griechischen Ausdruck für Redekunst zurückgeht, dass die konventionelle Rhetorik also das beschreibt, was ein Redner mit der Sprache anfangen kann.“[1]

Die Grundlagen dieser Wissenschaft wurden bereits in der Antike von Aristoteles, Cicero, Quintilian und vielen anderen Rhetoren herausgearbeitet. Grundannahme ist, dass der Mensch eine naturgegebene Veranlagung zum Sprechen (natura) besitzt und diese durch Nachahmung (imitatio) und Einübung (exercitatio) zu einer Kunst der guten Rede (ars bene dicendi), vervollkommnen kann. Hierdurch unterscheidet sich die Rhetorik von der Grammatik, denn „die virtus der Grammatik besteht in der Korrektheit, die der Rhetorik im bene.“[2]

2.2 Die Produktionsstadien der klassische Rede

Die Aufgaben des Redners (officia oratoris) werden in den fünf Produktionsstadien einer Rede (rhetorices partes) beschrieben. Sie führen von der rohen materia zum fertigen Werk (opus). Dieses besteht aus der Dualität der Gedanken um die Sache (res) und den benutzten Worten (verba). Die Arbeitsschritte sind in inventio, dispositio, elocutio, memoria und schließlich der actio gegliedert.

2.2.1 Inventio

Das Auffinden der Gedanken (argumenta), die nötig sind um das Thema überzeugend präsentieren zu können.

Der erste Schritt der hierfür nötig ist, liegt in der Erkenntnis (intellectio) der zu behandelnden Sache. Voraussetzungen hierfür werden zur natürlichen Veranlagung (natura) gezählt. Es sind der natürliche Scharfsinn und ein großes Allgemeinwissen, das eine Einordnung in einen bestimmten Zusammenhang ermöglicht. Fleiß (studium) ermöglicht es dann diese Talente zu aktivieren. Die Kunst (ars) kommt beim Aufsuchen der notwendigen Beweise ins Spiel.

„Diese Stoffmomente sind nicht einem zufälligen Suchen anheimgegeben, sondern befinden sich an vorgegebenen Fundstätten.“[3] Als Leitfaden zu den Fundorten dient die Lehre von den loci bzw. topoi (lat. gr.= Örter). Die quaestiones entsprechen den 7 W-Fragen wer, was, wo, wodurch, wie, wann (quis, quid, ubi, quibus, cur, quomodo, quando).

2.2.1.1 Topik

Die Topik ist in viele weitere Subkategorien unterteilt. Die Forschung hält sich hier meist an die Darstellung Quintilians, der zwischen topoi, die die Person behandeln (loci a persona) und solchen, die von der Sache abstammen (loci a re) unterscheidet.

2.2.1.1 Die drei Redegattungen

Auch die Zuordnung zu einer der drei Redegattungen zählt zur Topik.

„Die Unterscheidung der drei Redegattungen (...) geht auf früheste Überlegungen zurück und fand durch Aristoteles ihre Kanonisierung.“[4] Er unterschied

die Gerichtsrede (genus iudiciale)

die Beratungsrede (genus deliberativum)

die Lobrede (genus demonstrativum).

Diese drei Formen der Rede unterscheiden sich nach den möglichen Wirkungen beim Zuhörer. Die Lobrede dient dem Genuß, die Beratungs- und Gerichtsrede wird in der Versammlung bzw. im Gerichtssaal gehalten, um eine Entscheidung fällen zu können. Dabei zielt die Beratungsrede auf zukünftiges Handeln, die Gerichtsrede betrachtet und analysiert vergangenes Handeln und die Lobrede kann als gegenwärtiges Handeln aufgefaßt werden, denn ihr Genuß fällt ja in die Gegenwart. Es sei erwähnt, dass die Lobrede auch umgekehrt als Tadelrede verwendet werden kann. Das genus demonstrativum wird angewandt, wenn etwas sicher (certum) ist. Eine Beratungsrede kann nur über einen zweifelhaften Gegenstand (dubium) geführt werden. „Soll über das Zweifelhafte von anderen entschieden oder gerichtet werden, so erhalten wir die gerichtliche Gattung der Rede.“[5]

Im Normalfall erscheinen in einer Rede Elemente aus verschiedenen Gattungen. In einer Verteidigungsschrift werden sich wahrscheinlich neben iudicialen Elementen auch Teile finden, die dem genus demonstrativum zu zuordnen sind, wenn zum Beispiel von der Rechtschaffenheit des Angeklagten die Rede ist. Bereits in der Inventio wird Partei ergriffen: „Es wird das aus der res herausgeholt, was der eigenen Partei nützt“[6] (utilitas).

2.2.2 Dispositio

In der dispositio werden die in der inventio nach den Suchformeln gefundenen Gedanken gegliedert und miteinander verknüpft. In der Literatur wird immer wieder betont, dass die Anordnung des Stoffes nicht streng von den Arbeitsschritten der inventio und elocutio abzutrennen sind[7].

2.2.2.1 Ordo naturalis und ordo artificialis

Die Rhetorik unterscheidet zwischen zwei Vorgehensweisen: Erstens, der natürlichen Anordnung (ordo naturalis) und zweitens, der künstlichen Anordnung des Stoffes (ordo artificialis). Erstere geht davon aus, dass eine natürliche Ordnung der Dinge gibt, die laut Cicero aus der Abfolge Einleitung, Erzählung, Argumentation, Schluß besteht. Andere Möglichkeiten wären die natürliche Zeitenabfolge (modus per tempora) oder die sich steigernde Abfolge der Einzelteile (modus per incrementum)[8].

Die kunstvolle Abweichung von der ordo naturalis hin zur ordo artificialis entsteht durch Vertauschen oder Auslassen bestimmter Redeteile. So kann zum Beispiel in der Mitte des Handlungsablaufs begonnen werden (in medias res) und das Vorhergehende durch Rückblenden erläutert werden.

Die ordo kann sowohl auf den Text als ganzes als auch auf einzelne Teile bezogen werden. In der elocutio werden zum Beispiel die figurae per transmutationem durch Vertauschung von Worte in einem Satz erzielt.

2.2.2.2 Die drei Aufgaben des Redners (officia oratoris)

Ausschlaggebend für die jeweilige Entscheidung ist das Ziel der Rede bzw. der Redeteile, die Meinung und Gesinnung des Publikums in die gewünschte Bahn zu lenken. Dies kann auf dreierlei Weise erreicht werden: entweder durch Belehrung (docere) oder durch Erregung von milden Gefühlen (delectare, conciliare) oder das Heraufbeschwören von Leidenschaft, also stärksten Gefühlen (movere, concitare). In jedem Text sollte ein angemessenes Verhältnis (aptum) zwischen diesen Teilen herrschen. Zuviel rationales Argumentieren führt zum Beispiel zu Langeweile (taedium). Die Gefühlsregungen werden in zwei Extrempunkte unterteilt: pathos und ethos.

2.2.2.2.1 Docere

Die Belehrung zielt auf den Intellekt ab und „intendiert die emotionsfreie Unterrichtung des Hörers über eine bestimmte Sachlage (res).“[9] Der Stil ist sachlich, so dass er häufig für den berichtenden Teil (narratio) einer Rede verwendet wird, aber auch in wissenschaftlichen Darstellungen seinen Platz findet. Die Bezeichnung „Dozent“ für Referenten an Bildungseinrichtungen werden von diesem Begriff abgeleitet. Im beweisenden Teil der Rede findet sich häufig das argumentative Glaubhaftmachen (probare). Den Übergang in den emotionalen Wirkbereich bildet der Appell an die Vernunft (monere), der gerne in politischen Reden an die Zuhörer gerichtet wird. Bevorzugte Stilart um zu belehren ist die schlichte, auf Schmuck (ornatus) weitgehend verzichtende Stilart (genus subtile).

[...]


[1] Helmut Bonheim: Für eine Modernisierung der Rhetorik. S.120, in: Rhetorik. Kritische Positionen zum Stand der Forschung. Hgg. Von Heinrich F. Plett, München 1977.

[2] Heinrich Lausberg,: Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft. (2. Auflage) München. 1960, S. 40.

[3] Heinrich F. Plett: Einführung in die systematische Textanalyse. Essen 1978, S. 12.

[4] Karl-Heinz Göttert: Einführung in die Rhetorik. Grundbegriffe-Geschichte-Rezeption (3. Auflage). München 1991, S. 17.

[5] Gert Ueding und Bernd Steinbrink: Grundriß der Rhetorik. Geschichte. Technik. Methode. Stuttgart 1986, S. 236.

[6] Lausberg, S. 146.

[7] Vgl. ebd., S. 197, Plett II, S. 16, Ueding, S. 207.

[8] Vgl. Lausberg, S. 246.

[9] Plett II, S. 5.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Rhetorik: Die 5 Produktionsstadien der klassischen Rede
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Institut für Literaturwissenschaft)
Veranstaltung
Einführung in die Rhetorik
Note
2,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
20
Katalognummer
V43746
ISBN (eBook)
9783638414777
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit widmet sich den 5 Produktionsstadien der klassischen Rede. Sie führt ein in das System der Rhetorik ,indem sie die drei Redegattungen, die drei Aufgaben des Redners sowie die wichtigsten Figuren und Tropen vorstellt.
Schlagworte
Rhetorik, Produktionsstadien, Rede, Einführung, Rhetorik
Arbeit zitieren
Jörg Hartmann (Autor:in), 2001, Rhetorik: Die 5 Produktionsstadien der klassischen Rede, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43746

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