Der Prenzlauer Berg in Berlin als Gentrifizierungsquartier


Hausarbeit, 2017

19 Seiten, Note: 1,7

Gamze Keklik (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Prenzlauer Berg

3. Gentrifizierung
3.1. Definition
3.2. Typische Ablaufmuster

4. Gentrifizierungsprozess

5. Phasen der Gentrifizierung
5.1. Phase I
5.2. Phase II
5.3. Phase III
5.4. Phase IV
5.5. Phase V

6. Gentrifizierung im Prenzlauer Berg

7. Aufwertungsprozesse
7.1. Bauliche Aufwertung
7.2. Soziale Aufwertung
7.3. Funktionale Aufwertung
7.4. Symbolische Aufwertung

8. Demonstrationspunkte
8.1. Kollwitzplatz
8.2. Helmholtzplatz

9. Fazit

10. Literaturverzeichnis

Berlin: Prenzlauer Berg als Gentrifizierungsquartier

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema „Berlin: Prenzlauer Berg als Gentrifizierungsquartier“. Ziel dieser Arbeit ist es, den Begriff der Gentrifizierung zu erläutern, die Phasen und Prozesse zu veranschaulichen und diese auf den Prenzlauer Berg zu übertragen. Hierbei werden der Kollwitzplatz und der Helmholtzplatz als Demonstrationspunkte zur Hilfe herangezogen, welche auch bei der Exkursion Nordostdeutschland besucht wurden.

Zunächst wird der Prenzlauer Berg als themenspezifischer Raum vorgestellt, um die zu beschreibenden Prozesse auf das Gebiet einzugrenzen. Im Anschluss wird der Begriff der Gentrifizierung definiert und die einzelnen Prozesse werden veranschaulicht. Bei der Veranschaulichung wird insbesondere auf das „Verlaufsmodell der Gentrification“ nach Diller und das „Modell der Dimensionen von Gentrification“ nach Krajewski eingegangen. Mit dieser Vorgehensweise soll das Verständnis für diese Thematik greifbar gemacht werden

2. Prenzlauer Berg

Der Prenzlauer Berg ist ein Ortsteil im Berliner Bezirk Pankow. Im Westen und Südwesten grenzt er an den Ortsteil Mitte, im Süden an den Ortsteil Friedrichshain-Kreuzberg, im Osten an den Ortsteil Lichtenberg und im Norden an die Ortsteile Weißensee und Pankow an. Im Jahr 1920 wurde der im Volksmund genannte „Prenzl“ gegründet und war von 1952 bis 1990 ein eigenständiger Stadtbezirk. Nach der Verwaltungsreform im Jahre 2001 kam eine Fusion mit den benachbarten Bezirken Weißensee und Pankow zustande. Heute zählt man über 160.000 Einwohner in diesem Stadtteil (Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Stand: 20.06.2016).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Berliner Bezirke

3. Gentrifizierung

3.1 Definition

Was ist eigentlich Gentrifizierung? Das Wort Gentrifizierung wurde von dem englischen Wort Gentry abgeleitet, was soviel wie „niederer Adel“ (Stichwort: Gentrifizierung. Verfügbar unter: https://gentrifizierung.wordpress.com/about/, letzter Zugriff: 14.09.2017, 10:29Uhr) bedeutet. Das Wort ist in der Stadtgeographie ein angewandter Begriff und beschreibt die Umstrukturierungs- und Aufwertungsprozesse eines Stadtteils. Folgendes Zitat von Fassmann und Friedrichs verdeutlicht diese Prozesse nochmal genauer (ebd.).

„Gentrification beschreibt die Sanierung der physischen Struktur, die eine Aufwertung innenstadtnaher Wohngebiete und die Verdrängung der angestammten Bevölkerung durch eine statushöhere Bevölkerung zur Folge hat“ (Fassmann 2009, 167), wobei im Austausch der statusniedrigen Bevölkerung durch die nachfolgenden Akteure der zentrale Wesenszug der Gentrification liegt (Friedrichs 1996, 15).“

3.2 Typische Ablaufmuster

Wie kommt es nun zu einer sogenannten Gentrifizierung? Wer ist betroffen und wie läuft solch ein Prozess ab? Niedrige Mietpreise machen die Stadtteile für Pioniere attraktiv. Hierzu zählen Studenten, Künstler und Subkulturen. Diese Pioniere werten die Stadtteile auf und setzen folglich auch einen Segregationsprozess in Gang. Studierende steigen nach Beendigung des Studiums in das Berufsleben ein und verdienen mehr als die Ansässigen. Die Künstler etablieren sich und bringen neues Kapital in die Stadteile mit ein. Hier sehen sowohl private Investoren oft eine Chance zur Wertsteigerung und investieren in die Restaurierung und Sanierung von Wohnungen und Häusern. Mit der langsamen aber stetigen Wandlung entstehen Szene-Clubs und Kneipen. Dieser Wandel macht die Stadtteile attraktiver und somit kommt es zu einem Anstieg der Mietpreise. Alteingesessene können sich in den meisten Fällen die Mieten nicht mehr leisten und werden so vertrieben. Je mehr der Wandel fortschreitet, desto weniger Pioniere können sich die steigenden Mietpreise leisten und siedeln in andere Stadtteile um. Die Investitionen und Sanierungen finden weiterhin in einem luxuriösen Stil statt. Dementsprechend siedelt sich ein neues Klientel in diese Gegend an, und zwar wohlhabendere, zahlungsfähige Leute, die einen anderen Lebensstandard mitbringen und diesen auch vor Ort durchsetzen und ausleben. Hierzu zählen Akademiker wie Ärzte, Juristen und Ingenieure. Dieser Wandel der ursprünglichen Bevölkerungsstruktur geht mit einem allgemeinen Segregationsprozesses einher (Stichwort: Gentrifizierung. Verfügbar unter: www.fremdwort.de/gentrifizierung#).

4. Gentrifizierungsprozess

Was ist ein Gentrifizierungsprozess? Ein Gentrifizierungsprozess besteht aus mehrfachen, ineinander übergreifenden Phasen (Kajewski 2006, 47), die einen doppelten Invasions- und Sukzessionszyklus aufweisen. Dabei findet ein zwei- oder mehrmaliger Austausch der ansässigen Bevölkerung (Dangschat 1988) statt.

5. Phasen der Gentrifizierung

Im Folgenden werden die fünf Phasen des Gentrifizierungsprozesses mit Hilfe des überarbeiteten Verlaufsmodells der Gentrification nach Diller veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Verlaufsmodell der Geptrification

In der Abbildung sind vier farbige Kurven zu sehen. Die blaue Kurve stellt „Kreative/Pioniere“ dar, die graue Kurve steht für „Andere“, die rote Kurve stellt die „Gentriffer“ dar und die blaue Kurve stellt die „Gentrified/untere soziale Schichten“ dar. Die y-Achse stellt den Anteil der genannten Personengruppen in Prozent und die x-Achse die Phasen dar.

5.1 Phase I

Die erste Phase ist die „Invasionsphase I der Pioniere“. Diese Pioniere sind die Nutzer der vor Ort bestehenden Bausubstanzen in einem wenig attraktiven Quartier mit alteingesessener Wohnbevölkerung. Diese nehmen lediglich einfache Sanierungsarbeiten vor und haben somit einen geringen Einfluss auf die lokalen und niedrigen Mietpreise (Diller 2014, 21).

5.2 Phase II

Die zweite Phase ist die „Invasionsphase II der Pioniere“ und die „Invasionsphase I der Gentrifier“. In dieser Phase wird das Wohnviertel attraktiv für junge Erwerbstätige, Studenten und Künstler. Durch diesen Zuzug der Pioniere kommt es zu einer veränderten Bevölkerungsstruktur, welcher zu einer Ansiedlung einer entsprechenden Gewerbestruktur wie Szene-Clubs und Boutiquen führt. Dies hat zur Folge, dass die Mieten steigen und die ansässige Bevölkerung nicht mehr zahlungsfähig ist. Folglich kommt es zu einer zunehmenden Verdrängung der Ansässigen und zeitgleich zu einem Zuzug wohlhabenderen Bevölkerungsschichten. Somit findet der erste Imagewandel statt. Dieser kennzeichnet sich durch den Zuzug von Kreativen und Pionieren, die in diesem Modell als „Gentriffer“ bezeichnet werden. Die Investitionen erfolgen durch Akteure des Bau- und Finanzsektors (Friedrichs 1998, 59ff.).

5.3 Phase III

Die dritte Phase ist die „Invasionsphase II der Gentriffer“. Das Auftreten von Baumfirmen, intensiven Sanierungstätigkeiten, Käufer und Mieter aus wohlhabenderen Schichten sind ein Indiz des stattfindenden Prozesses. Die sogenannten Gentriffer beziehen Luxusimmobilien und wirken indirekt bei der Mietpreissteigerung mit. Die hat zur Folge, dass vormalige Pioniere verdrängt werden und diese Verdrängung erstmalig öffentlich wahrgenommen wird. Aus diesem Grund wird diese Phase als zentraler Prozess der Gentrifizierung gesehen (Friedrichs 1998, 59ff.).

5.4 Phase IV

Die folgende vierte Phase ist die „Invasionsphase III der Gentriffer“. In dieser Phase findet eine erneute Sukzession statt, die eine Segregation zur Folge hat und die Entstehung eines Viertels mit relativ homogener Bevölkerungsstruktur (Einkommen, Alter) mit sich bringt. Darüber hinaus findet ein weiterer Imagewandel statt. Dieser zeichnet sich durch sogenannte Nobelviertel aus. In diesen Vierteln werden nicht nur luxuriöse Wohnungen vermietet, sondern der Besitz von Wohneigentum nimmt stetig zu (Krajewski 2006, 48).

5.5 Phase V

Die fünfte und letzte Phase des Verlaufsmodells ist die „Invasionsphase I neuer Gentriffer, internationaler Investoren und Hyper-Gentrification“. Hier tritt eine Gruppe neuer Gentriffer auf, die sich aus internationalen Investoren und Käufern zusammensetzt. Dieses Auftreten wird als Hyper-Gentrification (oder auch Super-Gentrification) bezeichnet. Die durch den Imagewandel bekannten Nobelviertel sind nicht mehr nur bei heimischen wohlhabenderen Schichten gefragt, sondern werden nun auch international wahrgenommen. Somit steigt die Attraktivität für statushohe Gruppen und bringen auch hohe Renditen für Modernisierungsmaßnahmen mit sich. Diese Steigerung der Attraktivität zeichnet sich durch intensive Bautätigkeiten im Luxussegment aus (Holm 2010, 111).

6. Gentrifizierung im Prenzlauer Berg

Was führte dazu, dass der Prenzlauer Berg sich zu einem Beispiel der Gentrifizierung entwickelte? Wodurch zeichnet sich das Viertel heute aus? Auf diese Fragen wird im Folgenden eingegangen.

Der Prenzlazer Berg gerät durch die Teilung aufgrund des Mauerbaus im Jahr 1961 in eine Randlage, die östlich an den sogenannten „Todesstreifen“ grenzte. Dies hatte zur Folge, dass die Bausubstanz verfiel und die Bevölkerung abnahm. Die heruntergekommenen Gebäuden wurde nicht kostenintensiv saniert, sondern das Wohnen in neu errichteten Plattenbausiedlungen bevorzugt (Müller-Mahn 2005, 116). Nach dem Fall der Mauer und der Wiedervereinigung wurde der ehemalige DDR-Randbezirk zu einem innenstadtnahen Stadtteil und somit attraktiv für Investoren (vgl. Phasenmodell). Infolge dieser hohen Attraktivität für Investoren wurden die Sanierungen auch politisch unterstützt, was zur Folge hatte, dass umfangreiche Aufwertugungsprozesse begannen (ebd.).

7. Aufwertungsprozesse

Diese Aufwertungsprozesse werden im „Modell der Dimensionen von Gentrification“ (Krajewski 2006, 62) in der Ebene der „Dimensionen“ aufgeführt. Hierzu zählen die „Bauliche Aufwertung“, die „Soziale Aufwertung“, die „Funktionale Aufwertung“ und auf der Ebene der „Übergeordneten Dimension“ die „Symbolische Aufwertung“. Die „Symbolische Aufwertung“ hat als „Übergeordnete Dimension“ auf die drei weiteren Dimensionen Einfluss und bildet somit die Basis des Modells. Im Folgenden Abschnitt wird auf die einzelnen Dimensionen eingegangen und auf den Prenzlauer Berg Bezug genommen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Modell der Dimensionen von Gentrification (Krajewski 2006, 62)

7.1 Bauliche Aufwertung

Was bedeutet die „Bauliche Aufwertung“ in diesem Modell? Diese Dimension sieht vor, Gebäuden und Wohnungen mit Hilfe von privaten Investoren und öffentlichen Förderungen zu erneuern. Diese sollen saniert oder neu errichtet werden. Außerdem gehört die Durchführung von Maßnahmen für die Infrastruktur und das Wohnumfeld dazu (Krajewski 2006, 62).

Nach Häußermann befinde sich im Bezirk Prenzlauer Berg das größte zusammenhängende Gründerzeitgebiet in Berlin, das von den Bombardements der Alliierten im Zweiten Weltkrieg weitgehend verschont geblieben war (Häußermann 2004, 52). Im Jahr 1990 war ein Großteil der Bausubstanz von Gebäuden heruntergekommen und über 43% der Wohnungen besaßen kein Bad, undichte Dächer und i.d.R. keine Zentralheizungen (Müller-Mahn 2005, 116). Aus diesem Grund wurde der Bezirk in verschiedene Sanierungs- und Modernisierungsprojekte für zentrumsnahe Altbezirke aufgenommen (Krajewski 2013, 21). Der geringe Kinderanteil trug auch zu Maßnahmen bei, die das Wohnumfeld betrafen. So wurde versucht dem geringen Kinderanteil entgegenzuwirken, indem in den Bau von Schulen und Kindergärten investiert wurde, was die Attraktivität des Stadtteils für Familien mit Kindern steigern sollte (ebd.).

Des Weiteren kam es während und nach Fertigstellung der zu sanierenden Gebäuden zu einer Reprivatisierung. Das bedeutet, dass das Eigentum, was in Staatseigentum übergangen war, wieder in Privateigentum rückgeführt wird. (Springer Gabler Verlag (Hrsg.), Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Reprivatisierung. Verfügbar unter: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/13593/reprivatisierung-v11.html, letzter Zugriff: 14.09.2017, 10:23Uhr). Dies trug zur baulichen Veränderung bei. Denn mit der Reprivatisierung wurde der Grundsatz „Rückgabe vor Entschädigung“ (Krajewski 2013, 22) mit dem Einigungsvertrag verfolgt. Die Wohnungen wurden zwar reprivatisiert, jedoch von den Alteigentümern häufig renditenorientiert weiterverkauft. Das Resultat solcher Vorgehensweisen war eine Immobilieneigentümerstruktur, die von Finanzgesellschaften geprägt war (ebd.). Aufgrund dessen kam es zu häufigen Investitionen durch Privatleute, die auf hohe Renditen spekulierten. Der Kollwitzkiez ist ein Beispiel dafür, dass die o.g. Tätigkeit der Investoren zu den heute vollständig sanierten Straßenzügen geführt haben. Mit den baulichen Aufwertungsprozessen gehen Mieterhöhungen und steigende Immobilienpreise einher, die zu einem Wanderungsdruck führen. Dieser spiegelt sich in der Darstellung der sozialen Aufwertungsprozesse wieder (ebd.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Der Prenzlauer Berg in Berlin als Gentrifizierungsquartier
Hochschule
Universität Vechta; früher Hochschule Vechta
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
19
Katalognummer
V437366
ISBN (eBook)
9783668812147
ISBN (Buch)
9783668812154
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Berlin, Prenzlauer Berg, Gentrifizierung, Gentrifizierungsquartier
Arbeit zitieren
Gamze Keklik (Autor:in), 2017, Der Prenzlauer Berg in Berlin als Gentrifizierungsquartier, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/437366

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