Die Ausbildungsreife als Heterogenitätsmerkmal. Die Berufsausbildung im Blickpunkt


Seminararbeit, 2018

13 Seiten, Note: 1,4


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Problemstellung der Ausbildungsreife
1.1 Unbesetzte Ausbildungsplätze
1.2 Fehlende Ausbildungsreife
1.3 Ursachen

2. Theoretischer Hintergrund der Ausbildungsreife
2.1 Definition
2.2 Kriterien

3. Umgang mit dem Heterogenitätsmerkmal Ausbildungsreife im Schulsystem
3.1 Heterogenität
3.2 Umgang im Schulsystem

4. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1 Problemstellung der Ausbildungsreife

1.1 Unbesetzte Ausbildungsplätze

Im Ausbildungsjahr 2016/2017 blieben 8,6 Prozent der 572 000 verfügbaren Ausbil- dungsplätze unbesetzt, obwohl es über 30 000 mehr Bewerber als freie Lehrstellen gab (Spiegel, 2018). Insbesondere kleine Betriebe sind von fehlenden Auszubilden- den betroffen. Dies führte 2017 zu einem weiterem Rekordtief von nur 20 Prozent an Unternehmen, die noch eine duale Berufsausbildung anbieten (Tagesschau, 2018). Für die Ausbildung zum/r Restaurantfachmann/-frau bleiben die meisten Lehrstellen Plätze unbesetzt. Danach folgen die Ausbildung zum/r Fleischer/in und Fachverkäu- fer/in für Lebensmittelhandwerk mit rund 33 Prozent offen gebliebenen Lehrstellen. (Spiegel, 2018) Beliebt hingegen seien kaufmännische Berufsausbildungen im Be- reich Büro und Einzelhandel (Lokalo24, 2018). Gründe für weniger Interesse an der der beruflichen Ausbildung im dualen System seien insgesamt weniger Schulabgän- ger mit Abschluss und die Beliebtheit der akademischen Ausbildung (Lokalo24, 2018). Nichtdestotrotz gab es 2016 mehr Interessenten als Ausbildungsplätze laut der Bundesagentur für Arbeit (Spiegel, 2018).

Laut des Bundesbildungsberichts 2018 bleiben viele Stellen aufgrund von „Passungsproblemen“ (Tagesschau, 2018), auch „Mismatch“ genannt (Der Tagesspiegel, 2018), trotzdem unbesetzt (Tagesschau, 2018). Dabei handelt es sich um Differenzen zwischen Bewerbern und Unternehmen in Standort, Schulnoten und Interessen (Spiegel, 2018). Zu 64 Prozent lag es an den schulischen Leistungen, einem fehlenden Abschluss oder mangelhaften Noten (Die Glocke, 2018).

1.2 Fehlende Ausbildungsreife

Des Weiteren bemängeln Unternehmen an Bewerbern deren Mathe und Deutsch Grundkenntnisse, sowie deren Arbeitshaltung bezüglich „mangelnde(r) Disziplin, ge- ringe(r) Belastbarkeit und schlechte(n) Umgangsformen“ (Die Glocke, 2018). Das größte Problem seien jedoch die falschen Erwartungen an die Ausbildung, die Be- werber mitbringen würden. (Die Glocke, 2018) Diese Erwartungen oder auch feh- lende Fitness und Motivation führen zusätzlich zu hohen Quoten von Ausbildungsabbrechern, im Baugewerbe zum Beispiel von 30 Prozent (Mannheimer Morgen, 2018). Es besteht wohl auch ein Zusammenhang zwischen den Bewerber Mängeln, da beispielsweise fehlende „Disziplin und Belastbarkeit die Aufgabe der Wissensvermittlung erschweren“ (SEK-News, 2018).

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband fasst solche Faktoren als „fehlende Ausbildungsreife vieler Schulabgänger“ zusammen (Westfälische Nachrichten, 2018). Laut der PISA Studie verlassen 25 Prozent der Jugendlichen die Schule ohne Ausbildungsreife. Bei der „Ausbildungsumfrage 2017“ stellte die Deutsche Industrie- und Handelskammer fest, dass weniger als zehn Prozent der befragten Betriebe mit der Ausbildungsreife der Azubi Bewerber „rundum zufrieden“ sind. (Deutscher Industrie- und Handelskammertag, 2017, S. 20)

Von den Schülern und Schülerinnen selbst fühlen sich 34 Prozent „weniger gut auf die Arbeitswelt vorbereitet“ und 45 Prozent der befragten Schüler und Schülerinnen stimmen der Aussage zu, dass „Auszubildenden die elementarsten Grundlagen fehlen“. (Markt und Mittelstand - Das Wachstumsmagazin, 2017)

1.3 Ursachen

Die Ursache für „mangelnden Ausbildungsreife, de(n) Grund für die fehlende Vermittelbarkeit“ sieht die Bundestagspartei FDP bei den Schulen, die „nicht ausreichend auf das Arbeitsleben vorbereiten“ würden (Der Tagesspiegel, 2018).

Ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit Berlin hingegen nimmt bei Unternehmen zu hohe Erwartungen wahr, die angepasst werden müssten (Der Tagesspiegel, 2018). Andererseits sei die Arbeit in Unternehmen insgesamt auch komplexer und an- spruchsvoller geworden durch eine höhere Anzahl geforderter Kompetenzen und mehr „Wissensarbeit“ durch die Entwicklung „der Gesellschaft zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft“ (Bundesinstitut für Berufsbildung, 2014, S. 19).

Wogegen die Deutsche Industrie- und Handelskammer die aktuell große Auswahl an Ausbildungsalternativen als Grund für mangelndes Durchhaltevermögen junger Azubis nennt (Deutscher Industrie- und Handelskammertag, 2017, S. 21).

Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann sieht die Schuld andererseits bei den Eltern der Schüler und Schülerinnen: Mangelnde Ausbildungsreife äußere sich insbesondere auch in Unselbstständigkeit, Unsicherheit und fehlender Kritikfähigkeit von Heran- wachsenden. Dies rühre von Eltern, insbesondere Müttern, die ihre Kinder zu stark „verwöhnen und überbehüten“ (Neue Westfälische, 2018), obwohl die aktuelle Si- cherheit von Kindern in Deutschland objektiv sehr hoch ist. Ein Grund dafür sei, die Zunahme an Einzelkindern und die Wahrnehmung der Welt als „schnelllebiger“. (Neue Westfälische, 2018)

2 Theoretischer Hintergrund der Ausbildungsreife

2.1 Definition

Die Bundesagentur für Arbeit definiert Ausbildungsreife als die „Erfüllung der allgemeinen Merkmale der Bildungs- und Arbeitsfähigkeit und die Mindestvoraussetzungen für den Einstieg in die berufliche Ausbildung“ (2009, S. 12). Dabei ist die Ausbildungsreife von der Berufseignung abzugrenzen, da die Einzelanforderungen eines bestimmten Berufs nicht miteinbezogen werde. Die Ausbildungsreife ist die Voraussetzung für Berufseignung, während Vermittelbarkeit wiederum Berufseignung voraussetzt. Außerdem wird betont, dass Ausbildungsreife über Zeit entwickelbar ist. (Bundesagentur für Arbeit, 2009, S.12 f.)

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer definiert Ausbildungsreife als eine Zusammensetzung von „Soft Skills“ und „Fachliche Kompetenzen“ (Dobischat, Kühnlein & Schurgatz, 2012, S. 28 f.).

2.2 Kriterien

Die Bundesagentur für Arbeit teilt die Kriterien für Ausbildungsreife in fünf Gebiete: „Schulische Basiskenntnisse, Psychologische Leistungsmerkmale, Physische Merkmale, Psychologische Merkmale des Arbeitsverhaltens und der Persönlichkeit und Berufswahlreife“. (Bundesagentur für Arbeit, 2009, S. 20)

Eigenschaften der schulischen Grundkenntnisse sind hierbei zum Beispiel „Schrei- ben, Lesen, Mathematische und Wirtschaftliche Grundkenntnisse“. Für das Merkmal

„Wirtschaftliche Grundkenntnisse“ sollte die Heranwachsenden die Grundzusam- menhänge der Betriebswirtschaft und Marktwirtschaft verstehen und beispielsweise Unternehmensziele nennen können. Überprüfen ließe sich dies durch „Diagnostische Gespräche oder Selbsteinschätzung“. (Bundesagentur für Arbeit, 2009, S. 22-30)

Zu den „Psychologische Leistungsmerkmalen“ gehören unter anderem „Sprachbe- herrschung, Rechnerisches Denken, Logisches Denken, Räumliches Vorstellungs- vermögen und Merkfähigkeit“. „Sprachbeherrschung“ wird beschrieben als Befähi- gung, Fakten zu begreifen und diese sowohl verbal also auch niedergeschrieben deut- lich wiedergeben zu können. (Bundesagentur für Arbeit, 2009, S. 31-36)

Die physischen Eigenschaften von Ausbildungsreife seien ein „altersgerechter Ent- wicklungsstand und gesundheitliche Voraussetzungen“, die den Jugendlichen einen achtstündigen Arbeitstag bestehen lassen und von denen nach einer „Untersuchung nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz keine dauerhafte Gefährdung der Gesundheit zu erwarten sei“. Erforschen lässt sich dieses Kriterium durch Lehrer, Eltern, Ärzte und Selbsteinschätzung des Jugendlichen. (Bundesagentur für Arbeit, 2009, S. 40 f.)

Als Merkmale des Kriteriums „Psychologische Merkmale des Arbeitsverhaltens und der Persönlichkeit“ für Ausbildungsreife gelten zum Beispiel „Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz, Kommunikationsfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kritikfähigkeit, Leistungsbereitschaft und Selbstorganisation“. Die Eignung zu Kritik und Selbstkritik umfasst beispielsweise eigene Fehler zu erkennen und zu verbessern. (Bundesagentur für Arbeit, 2009, S. 42-48)

Zuletzt zählt noch die „Berufswahlreife“ zur Ausbildungsreife und steht für die „Selbsteinschätzungs- und Informationskompetenz“ von jungen Menschen. Dazu sollten die Jugendlichen ihre „Interessen, Vorlieben, Werthaltungen, Stärken, Schwä- chen, Neigungen und Abneigungen“ nennen sowie sich über ihr Perspektiven infor- mieren und ihre Entscheidungen begründen können. (Bundesagentur für Arbeit, 2009, S. 58)

Die Kriterien der Deutschen Industrie- und Handelskammer sind für den „Soft Skills“ Anteil der Ausbildungsreife „Leistungsbereitschaft, Motivation, Interesse, Aufge- schlossenheit, Disziplin, Belastbarkeit und Umgangsformen“. Die „Fachliche Kompetenzen“ der Ausbildungsreife sind definiert als „mündliches und schriftliches Ausdrucksvermögen (Deutsch) und elementare Rechenfertigkeiten (Mathematik)“. (Dobischat, Kühnlein & Schurgatz, 2012, S. 28 f.)

Die Kriterien der Deutschen Industrie- und Handelskammer decken sich mit denen der Bundesagentur für Arbeit insofern, dass die „Fachliche Kompetenzen“ sich auf die „Schulische Basiskenntnisse“ beziehen und man die „Soft Skills“ dem Kriterium „Psychologische Merkmale des Arbeitsverhaltens und der Persönlichkeit“ zuordnen kann.

3 Umgang mit dem Heterogenitätsmerkmal Ausbildungsreife im Schulsystem

3.1 Heterogenität

In der Pädagogik beschreibt Heterogenität die Unterschiede der Lerner in ihren Grup- pen oder Klassen, insbesondere deren verschiedene Voraussetzungen für das Lernen (Bundesinstitut für Berufsbildung, 2014, S. 6). Die Heterogenität von Schülern und Schülerinnen auf beruflichen Bildungswegen steigt, da Ausbildungsberufe immer spezifischer angelegt werden und es durch den demografischen Wandel sowie die Beliebtheit der akademischen Weiterbildung immer weniger junge Bewerber gibt. Folglich werden die Berufsschulklassen immer kleiner und müssen, teilweise über Jahrgangsstufen hinweg, zusammengelegt werden, was zu insgesamt mehr Verschie- denheit in der zusammengeführten Klasse führt. (Bundesinstitut für Berufsbildung, 2014, S. 12, 20) Berufsbildung wird hingegen aber auch in ihrer Natur durch Hetero- genität charakterisiert (Bundesinstitut für Berufsbildung, 2014, S. 18). Insgesamt empfiehlt das Bundesinstitut für Berufsbildung Heterogenität weniger als Problem zu sehen und stattdessen „als bereichernde Vielfalt und Chance zu verstehen“ (Bundes- institut für Berufsbildung, 2014, S. 26).

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Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Die Ausbildungsreife als Heterogenitätsmerkmal. Die Berufsausbildung im Blickpunkt
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Wirtschaftspädagogik)
Note
1,4
Autor
Jahr
2018
Seiten
13
Katalognummer
V437259
ISBN (eBook)
9783668782389
ISBN (Buch)
9783668782396
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ausbildungsreife, heterogenitätsmerkmal, berufsausbildung, blickpunkt
Arbeit zitieren
Michelle Reinhardt (Autor:in), 2018, Die Ausbildungsreife als Heterogenitätsmerkmal. Die Berufsausbildung im Blickpunkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/437259

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