Soziale Ungleichheit. Notwendig oder konstruiert?


Seminararbeit, 2017

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Was ist soziale Ungleichheit?
2.1 Wann sprechen wir von sozialer Ungleichheit?
2.2 Soziale Differenzierung
2.3 Vier Strukturebenen sozialer Ungleichheit

3 Formen und Theorien sozialer Ungleichheit
3.1 Formen sozialer Ungleichheit
3.2 Klassische Theorien sozialer Ungleichheit
3.2.1 Klassentheorie von Karl Marx
3.2.2 Theorie von Max Weber
3.2.3 Schichtmodell von Theodor Geiger
3.3 Neuere Theorien sozialer Ungleichheit
3.3.1 Theorien Milieu und Lebensstil
3.3.2 Theorie von Pierre Bourdieu
3.3.3 Zu sozialen Lagen
3.3.4 Individualisierungstheorien

4 Ist soziale Ungleichheit wirklich notwendig oder doch konstruiert?

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

I. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Strukturebenen sozialer Ungleichheit

Tabelle 1: Beispiele für soziale Ungleichheit und deren Strukturebenen

1 Einleitung

Warum verdienen Manager/innen mehr als die die im Unternehmen beschäftigt sind? Warum gibt es so wenige Frauen in Führungspositionen? Warum benötigt ein/e Architekt/in und dergleichen einen Hochschulabschluss? Und warum gehen so wenige Kinder aus Arbeiterfamilien auf das Gymnasium und Kinder aus Akademikerfamilien eher dort hin? Allgemein betrachtet könnte man sagen, Manager/innen haben mehr Verantwortung, Frauen wollen lieber bei ihren Kindern sein, Architekten/innen müssen sich Kompetenzen aneignen und Kinder aus Akademikerfamilien haben mehr Wissen als andere. Aber ist das wirklich so? Warum gibt es dann zum Beispiel auch verantwortungslose Manager/innen oder Kinderlose Frauen usw.?

Drei grundlegende Fragen tauchen auf:

1. Warum gibt es Unterschiede zwischen sozialen Gruppen?
2. Sind diese Unterschiede regelmäßig mit Vor- und Nachteilen (in Bezug auf soziale Ungleichheit) verbunden?
3. Sind diese Vor- und Nachteile dauerhaft vorhanden? Und wenn ja, warum? (vgl. Sloga, Berger und Powell, 2009, S. 11).

Im Rahmen dieser Arbeit sollen folgende Fragen beantwortet werden:

- Sind soziale Ungleichheiten in Gesellschaften sozial konstruiert oder steckt da etwa mehr dahinter?
- Sind soziale Ungleichheiten in Gesellschaften wirklich notwendig damit sie weiterhin bestehen können?

Zur Beantwortung der Fragen soll zunächst geklärt werden, was soziale Ungleichheit ist und wann wir von sozialer Ungleichheit sprechen. Als nächstes werden die Strukturebenen von sozialer Ungleichheit (Hradil) sowie Theorien und Formen von sozialer Ungleichheit betrachtet. Einige klassische theoretische Perspektiven sowie neuere Theorien sollen herangezogen werden, um der Frage nachzugehen ob soziale Ungleichheit notwendig oder konstruiert ist.

2 Was ist soziale Ungleichheit?

Soziale Ungleichheit nach Hradil findet sich, „wenn Menschen aufgrund ihrer Stellung in sozialen Beziehungsgefügen von „wertvollen Gütern“ einer Gesellschaft regelmäßig mehr als andere erhalten.“ (Hradil, 2001, S. 30). Wertvolle Güter sind dabei jene, nach denen jeder Einzelne strebt. Jedoch treten diese regelmäßig und nicht zufällig auf, dennoch sind sie nicht absolut gleich verteilt. Aufgrund unterschiedlicher Bildungsniveaus, Einkommen, Arbeits- und Gesundheitsbedingungen usw., unterliegt der Wert der Güter dem gesellschaftlichen Wandlungsprozess. Über wertvolle Güter lässt sich verfügen, wenn sie durch andere Güter mitbestimmt werden. Es ist ein gewisser materieller Wohlstand, Gesundheit und Sicherheit gegeben, wenn die Lebens- und Handelsbedingungen erhöht sind (vgl. Hradil 2001, S. 28- 29). Gesellschaftliche Mitglieder können dadurch in ihren Lebensumständen beeinträchtigt oder begünstigt werden. Soziale Ungleichheit hat einen Einfluss auf den Alltag und der damit verbundenen Lebensqualität. Sie entscheidet nicht nur über Armut und Reichtum, Wohlstand und Elend, sondern auch über Chancengleichheit in der Bildung (vgl. Hradil, 2001, S.16). Dies führt zwangsläufig zu sozialen Konflikten, denn eine moderne Gesellschaft ist durch eine gerechte Verteilung aller Güter gekennzeichnet, doch hält sie den Widerspruch durch die ungleichmäßige Verteilung dieser in sich.

Soziale Ungleichheit ist vielfältig ausgeprägt, daher ist es erforderlich, die unterschiedlichen Dimensionen von sozialer Ungleichheit zu betrachten. Soziale Ungleichheit im engeren Sinne bezieht sich auf vertikale Dimensionen, die nach sozialem Höher und Tiefer angeordnet werden (vgl. Kreckel, 2004, S. 17- 18). Gemeint sind dabei „hierarchisch übereinander angeordnete Klassen, Schichten, Statusgruppen oder ähnliche Rangabstufungen …“. (vgl. Kreckel, 2004, S. 17- 18). Diese Dimensionen lassen sich in materiellen Wohlstand wie Einkommen und Vermögen, Macht und Prestige fassen, die in jeder Gesellschaft kennzeichnend sind. Diese sind vorrangig in der Zeit der vorindustriellen Gesellschaft bis in die industrielle Gesellschaft bis 1945 vorzufinden. Im Zuge der Entwicklung der postindustriellen Gesellschaft trat eine neue Dimension in Erscheinung, sie wurde um den Begriff der Bildung erweitert (vgl. Hradil, 2001, S. 31). Mit einem höherem Bildungsniveau kann man ein höheres Einkommen erzielen und damit auch einen besseren/ höheren materiellen Wohlstand, der wiederum zu einem höheren Ansehen in der Gesellschaft führt. Um soziale Ungleichheit in ihrer Mehrdimensionalität zu begreifen, sollte man den Blick auch auf horizontale Dimensionen richten. Zunehmend reihen sich Ungleichheiten hinsichtlich des Geschlechts, der ethnischen Herkunft und Konflikte zwischen Erwerbs- und Nicht-erwerbstätigen ein (vgl. Kreckel, 2004, S. 18). Infolge der ungleichmäßigen Verteilung wohlfahrtsstaatlicher Leistungen ergeben sich zudem Ungleichheiten in den Arbeits-, Wohn-, Umwelt- und Freizeitbedingungen (vgl. Hradil, 2001, S. 31).

2.1 Wann sprechen wir von sozialer Ungleichheit?

Von sozialer Ungleichheit wird gesprochen, „wenn Menschen (immer verstanden als Zugehörige sozialer Kategorien) einen ungleichen Zugang zu sozialen Positionen haben und diese sozialen Positionen systematisch mit vorteilhaften oder nachteiligen Handlungs- und Lebensbedingungen verbunden sind“ (Sloga, Berger und Powell 2009, S.15). Somit geht es um gesellschaftlich verankerte, regelmäßige und dauerhafte Formen der Begünstigung und Benachteiligung, also um den Unterschied im Zugang zu knappen Ressourcen, die den einen Menschen besser und den anderen schlechter dastehen lassen (vgl. Sloga, Berger, Powell 2009, S.15).

2.2 Soziale Differenzierung

Als Abgrenzung zu sozialer Ungleichheit wird „soziale Differenzierung bezeichnet als gesellschaftliche verankerte Unterschiede, die nicht (notwendigerweise) mit Vor- und Nachteilen und somit nicht mit Asymmetrien in den Handlungsbedingungen verbunden sind“ (Sloga, Berger und Powell, 2009, S.15). Allerdings können soziale Differenzierungen in „manchen Gesellschaften und bestimmten historischen Kontexten zur Grundlage für soziale Benachteiligungen werden, indem sie unter diesen Bedingungen dann doch asymmetrisch“ werden (ungleiche Handlungsressourcen verbunden mit sozialen Beziehungen). Dann wird auch aus „sozialer Differenzierung, soziale Ungleichheit“ (vgl. Sloga, Berger und Powell 2009, S. 15). Soziale Differenzierung wird immer gegeben sein und damit auch unterschiedliche soziale Positionen und Kategorien. Nicht alle Unterschiede zwischen Menschen werden zu sozialer Differenzierung oder zu sozialen Ungleichheiten. Zum Beispiel gibt es kleinere und größere Menschen, welche mit blauen oder braunen Augen, oder Menschen mit langem, kurzem, viel, wenig oder gar keinem Haar usw. Diese „Verschiedenartigkeiten“ werden erst dann als soziale Differenzierung sozial relevant, wenn sie „im Sinne einer systematischen Strukturierung sozial relevant“ werden (vgl. Sloga, Berger und Powell, 2009, S. 16). Als Beispiel für ein Phänomen von „Verschiedenartigkeit“ welches zu sozialer Ungleichheit wird führen Sloga, Berger und Powell das „Körpergewicht“ an „es scheint nicht mehr egal zu sein, wie viel man wiegt“. So führt starkes Übergewicht zur Benachteiligung in Bezug zum Zugang von Beschäftigung, durch „Begründungen wie fehlende Attraktivität“, öfter krank zu sein oder „mangelnde Selbstkontrolle“ (2009, S.16).

2.3 Vier Strukturebenen sozialer Ungleichheit

Zur Bestimmung und Erklärung von sozialer Ungleichheit, sollte zwischen vier Strukturebenen sozialer Ungleichheit unterschieden werden: (1) Determinanten (Input), (2) Dimensionen (Output), (3) Ursachen (Mechanismus/ Prozess) und (4) Auswirkungen (siehe Abbildung 1) (vgl. Hradil, 2008, S. 213- 215).

Abb. 1: Strukturebenen sozialer Ungleichheit (vgl. Sloga, Berger und Powell, 2009, S.17)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(1) Determinanten (Input)

Determinanten sozialer Ungleichheit sind soziale Merkmale von Personen (z.B. Geschlecht, Bildungsniveau oder sozialer Herkunft), welche die Zugehörigkeiten von sozialen Gruppen definieren und wiederum die Grundlage für Vor- und Nachteile in bestimmten „Handlungs- und Lebensbedingungen“ darstellen. Bei diesen Merkmalen (Sozialkategorien) wird unterschieden zwischen „zugeschriebenen (ascribed) und erworbenen (achieved)“. „Zugeschriebene Merkmale/ Determinanten“ sozialer Ungleichheit können von den Einzelnen Individuen nicht beeinflusst werden (z.B. Geschlecht, Alter, Behinderung). Die „erworbenen Merkmale“ hingegen entstehen durch eigenes Zutun des Einzelnen Individuums und können daher auch verändert werden (z.B. Bildung, Beruf, Familienstand). Beide Determinanten sind trotz ihres „biologischen Anscheins“ von Individuen gemachte Merkmale und daher sozial konstruiert (vgl. Sloga, Berger, Powell, 2009, S.17).

Merkmale um soziale Konstruktionen:

a) Nicht alle „biologischen Unterschiede“ zwischen Individuen werden/ sind „sozial oder ungleichheitsrelevant“. Dazu bedarf es eines „sozialen Prozesses“, welcher „biologische Merkmale in soziale Kategorien/ Positionen“ umwandelt. Laut Sloga, Berger und Powell, zeigt sich, das Geschlecht zum Beispiel als scheinbar eindeutig für alle, es gibt zwei Geschlechter, Mann und Frau. Was aber ist mit Individuen die ihr „Geschlecht verändert“ haben, „Transgender“, oder „Intersexuellen (Hermaphroditen / Zwittern)“? Auch zeigt sich nach Sloga, Berger und Powell die „soziale Konstruktion“ von Geschlecht darin, dass die Unterschiede innerhalb der Gruppen z.B. die der Frauen, in der Körpergröße, dem Gewicht, der Kraft, sehr viel „größer sind als die durchschnittlichen Unterschiede zwischen Frauen und Männern“ (das gleiche gilt auch für die Unterschiede bei Männern). Trotz allem werden biologische Merkmale, die „Geschlechtsorgane (sex als biologische Kategorie) verwendet um „Differenzen zwischen Mann und Frau zu definieren“ (vgl. Sloga, Berger und Powell, 2009, S. 17). Zur Begründung dafür wird meistens die „Fortpflanzungsfähigkeit“ eingeführt. Dann stellt sich jedoch die Frage, „warum bezeichnen wir dann Frauen die keine Kinder haben und Männer die keine zeugen können, auch als „Frauen und Männer““ (vgl. Sloga, Berger und Powell, 2009, S.17).

b) Auch handelt es sich bei „zugeschriebenen Merkmalen um soziale Konstruktionen“, da die „Relevanz biologischer Unterschiede“ vom gesellschaftlichen Kontext abhängt und nicht in der“ Natur der Sache“ liegt. Bei „erworbenen Merkmalen“, ist zu beachten, dass diese zwar durch „Merkmale der individuellen Leistungen und Handlungen“ erworben werden, jedoch dieses aber in „sozial konstruierten Prozessen“ geschieht, wie z.B. im Schul- und Ausbildungssystem (vgl. Sloga, Berger und Powell, 2009. S. 17 – 18).

Es ist egal ob es sich um „zugeschriebene oder erworbene Merkmale“ von Individuen handelt, als „Determinanten sozialer Ungleichheit“ werden Merkmale von Individuen immer „erst“ dann bezeichnet, wenn es sich um „Sozialkategorien“ handelt. Wir sprechen dann von Merkmalen sozialer Ungleichheit, wenn diese eine „Zuweisung zu sozialen Positionen“ in einer Gesellschaft herbeiführen. Wichtig ist auch, dass beide Merkmale (zugeschriebene oder erworbene) durch „soziales Handeln“ (ob bewusst oder unbewusst) hergestellt werden und somit auch durch „veränderte Verhaltensweisen“ der Individuen oder durch „soziale Um- und Neudefinitionen“ verändert werden können (also neu definiert) (vgl. Sloga, Berger und Powell, 2009, S.18).

(2) Dimensionen (Output)

Die Dimensionen sozialer Ungleichheit gelten als die „wichtigsten Arten von Vor- und Nachteilen“. „Grunddimensionen“ können zum Beispiel Einkommen, Macht, Prestige, materieller Wohlstand, zentrale Lebensbedingungen, sowie heute auch „Bildung“ sein. Bei den Dimensionen ist zu beachten, dass zwar eine Dimension sozialer Ungleichheit zu einer Determinante sozialer Ungleichheit werden kann, wenn es sich um erworbenen Merkmale handelt. Bei zugeschriebenen Merkmalen gilt, dass sie „nie zu Dimensionen sozialer Ungleichheit“ werden können, da zum Beispiel aus dem Geschlecht (als Determinante) zwar Ungleichheit resultieren kann, aber nie selbst eine Ungleichheit (Dimension sozialer Ungleichheit) werden kann. Die nachstehende Tabelle 1 von S. … soll dies noch einmal veranschaulichen.

(3) Ursachen (Mechanismus/ Prozess)

Die Ursachen sozialer Ungleichheit sind die „sozialen Prozesse/ Mechanismen“, durch welche die „Zugehörigkeit zu bestimmten Sozialkategorien“, „sozial relevant“ wird, so dass diese zu „Vor- und Nachteilen in anderen Dimensionen (Lebensbereichen)“ führen. Erst durch diese Prozesse/ Mechanismen entstehen soziale Ungleichheiten und gleichwohl werden diese durch sie (Prozesse/ Mechanismen) reproduziert. Sloga, Berger und Powell geben als Beispiele für Ursachen sozialer Ungleichheit Ausbeutungsverhältnisse, soziale Vorurteile oder Diskriminierung an (vgl. Sloga, Berger und Powell, 2009, S. 19). Dies bedeutet dann, dass „Merkmale“ von Individuen (z.B. Ausbildung, Geschlecht, Beruf, ethnische Zugehörigkeit) „erst dann zu Determinanten sozialer Ungleichheit werden, wenn sie über soziale Mechanismen vermittelt“ werden und „systematisch mit Vor- und Nachteilen (als Dimension sozialer Ungleichheit) verbunden werden“ (vgl. Sloga, Berger und Powell, 2009, S. 19- 20).

(4) Auswirkungen

Die „Auswirkungen stellen die Konsequenzen der sozial strukturierten Vor- und Nachteile dar“. Dabei handelt es sich um „weitere mögliche Ungleichheiten in den Lebens-bedingungen“ (z.B. soziale Netzwerke, Gesundheitsrisiken), „aber auch um soziale Differenzierungen in Mentalitäten, um alltägliche Verhaltensweisen oder Lebensstile, die sich aus der jeweiligen betrachteten Dimension sozialer Ungleichheit ergeben“. Wichtig ist auch, dass es von der Analyse (worauf der Fokus liegt) abhängt, ob etwas „Dimension oder Auswirkung von sozialer Ungleichheit“ ist (vgl. Sloga, Berger und Powell, 2009, S. 20).

Tab. 1: Beispiele für soziale Ungleichheiten und deren Strukturebenen (Sloga, Berger und Powell, 2009, S. 21)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3 Formen und Theorien sozialer Ungleichheit

Bevor wir uns mit den Theorien sozialer Ungleichheit beschäftigen, ist es wichtig zwei unterschiedliche Formen sozialer Ungleichheit zu betrachten: „Chancen- und Ergebnis-ungleichheit“.

3.1 Formen sozialer Ungleichheit

Unter „ Chancenungleichheit verstehen wir ungleiche Chancen von sozialen Gruppen beim Zugang zu sozialen Positionen oder Handlungsressourcen (z.B. zu Bildungs-, Arbeitsmarkt- oder Einkommenspositionen) aufgrund zugeschriebener Merkmale (wie etwa soziale Herkunft, Geschlecht oder Ethnie)“. „Dabei werden Ungleichheiten aufgrund von erworbenen Merkmalen nicht als Chancenungleichheiten bezeichnet“ (Sloga, Berger und Powell, 2009, S. 21).

Unter „ Ergebnisungleichheit oder auch Verteilungsungleichheit versteht man hingegen Vor- und Nachteile, die sich durch den Besitz wertvoller Güter oder durch den Zugang zu erstrebenswerten Positionen ergeben“ (z.B. ungleiche Einkommen, Arbeitsbedingungen, Lebensstandards, usw.). Also geht es um die „ungleiche Verteilung von Lebensbedingungen und Handlungsressourcen“ (vgl. Sloga, Berger und Powell 2009, S. 21- 22).

3.2 Klassische Theorien sozialer Ungleichheit

Die erste wissenschaftliche Beschäftigung mit sozialer Ungleichheit stellte sich ein, als sie nicht mehr als gott- oder naturgegeben angesehen wurde und man der Frage nach den gesellschaftlichen Ursachen und ihren Erscheinungen nachging. Im Zuge der Zeit entstand eine Vielzahl von Erklärungsansätzen, die sich mit sozialer Ungleichheit beschäftigten. Die vorliegende Seminararbeit beschränkt sich nur auf die grundlegenden Theorien und wird sie als „Klassische“ und „Neuere“ Theorien klassifizieren.

Zu den sogenannten klassischen Theorien zählen das Klassenmodell von Karl Marx, Max Webers Modell der pluralisierten Klassenstruktur sowie Theodor Geigers Schichtungsmodell. Diese werden nachstehend erläutert.

3.2.1 Klassentheorie von Karl Marx

Mitte des 19. Jahrhunderts gewann vor dem Hintergrund der Industrialisierung und Arbeitsverteilung, die Klassentheorie von Karl Marx an Bedeutung (vgl. Burzan, 2004, S. 14- 16). Marx betrachtete die Arbeit und Produktion von Gütern als Grundlage des menschlichen Daseins und sah das private Eigentum als Ursache sozialer Ungleichheit an. Im Zentrum seiner Theorie steht der Gegensatz zwischen Unterdrückern und Unterdrückten, welcher zur Herausbildung von zwei Klassen mit unterschiedlichem Klassenbewusstsein führt, Proletariat und Bourgeoisie. Für die Klassenzugehörigkeit und damit für die soziale Lage ist der Besitz oder Nichtbesitz von Produktionsmitteln entscheidend. Das Proletariat stellt die Arbeiterklasse dar. Die Proletarier besitzen keine Produktionsmittel, kein privates Eigentum und verkaufen ihre Arbeitskraft als Ware. Die Bourgeoise stellt die herrschende Klasse dar. Sie verfügen über ausreichendes Kapital und vergrößern durch die Ausbeutung der Arbeiter ihre wirtschaftliche Macht. Darüber hinaus übt die Bourgeoisie neben der ökonomischen Macht einen großen Einfluss auf die gesellschaftlichen Bereiche wie Kultur und Politik aus. Beide Klassen stehen sich antagonistisch gegenüber und ein Übergang von einer Klasse in die andere ist nicht möglich. Aufgrund gegensätzlicher Interessen besteht ein Klassenkonflikt: Während die Bourgeoisie die bestehenden Verhältnisse bewahren will, versucht das Proletariat diese zu überwinden und sich dadurch aus seiner schlechten sozialen Lage zu befreien (vgl. Burzan, 2004, S. 16).

Die Theorie von Marx hebt die Bedeutung von Produktionsmitteln hervor. Welche für die Klassenzugehörigkeit entscheidend sind, da sie die soziale Position sowie die sich daraus ergebenden Lebenschancen jedes einzelnen Menschen bestimmen (vgl. Burzan, 2004, S. 18).

3.2.2 Theorie von Max Weber

Max Weber brachte um die Jahrhundertwende ein differenziertes, mehrdimensionales Modell hervor, in dem er die Gesellschaft in Klassen, Stände und Parteien einteilte (vgl. Burzan, 2004, S. 20- 22). Max Weber spricht von verschiedenen verursachenden Faktoren für soziale Ungleichheit, wie der Markt und die Verteilung von Kapital und Arbeit (vgl. Diezinger und Mayr-Kleffel, 1999, S. 20).

In seinem Modell nimmt er eine Klassenaufteilung in Besitz-, Erwerbs- und soziale Klassen vor und verwirft damit den marxistischen Gedanken von einer Zwei-Klassen-Gesellschaft. Webers Vorstellung nach ließen sich soziale Gruppen aufgrund ihres Besitzes in Klassen einteilen. Einzelne Klassen zeichnen sich durch ihre jeweiligen ökonomischen Chancen aus, die sie auf dem Markt haben. Seine Klassenvorstellung beruht also auf der Marktlage und dem Besitz (vgl. Burzan, 2004, S. 21). So ist die Besitzklasse, beispielsweise Grund- oder Aktienbesitzer, durch eigenen Besitz gekennzeichnet. Dieser führt zu einer günstigeren sozialen Lebenslage. Die Erwerbsklasse setzt sich aus Unternehmern und Arbeitern zusammen, z.B. qualifizierte und unqualifizierte Arbeitnehmer. Je nach Verfügungsgewalt über Vermögen und Erwerbsmittel besteht laut Weber eine Vielfalt an Besitz- und Erwerbsklassen. Mit dem Begriff der sozialen Klasse fasst Weber die einzelnen Klassenlagen zusammen und betrachtet sie als Gesamtheit der Besitz- und Erwerbsklassen, innerhalb derer ein sozialer Wandel möglich ist.

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Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Soziale Ungleichheit. Notwendig oder konstruiert?
Hochschule
Johannes Kepler Universität Linz
Note
1,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
22
Katalognummer
V436919
ISBN (eBook)
9783668781689
ISBN (Buch)
9783668781696
Sprache
Deutsch
Schlagworte
soziale, ungleichheit, notwendig
Arbeit zitieren
Natascha Zeilinger (Autor:in), 2017, Soziale Ungleichheit. Notwendig oder konstruiert?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/436919

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