Chancen und Herausforderungen bei der Rohstoff- und Bodengewinnung aus menschlichen Fäkalien


Bachelorarbeit, 2016

72 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

1. EINFÜHRUNG
1.1. DIE HERAUSFORDERUNGEN EINER WACHSENDEN WELTBEVÖLKERUNG AUF EINER BEGRENZTEN ERDE
1.2. FORSCHUNGSDESIGN

2. UMWELTANALYSE
2.1. ALLGEMEINE ZUSAMMENSETZUNG MENSCHLICHER FÄKALIEN
2.2. EIGENSCHAFTEN UND EINSATZGEBIETE AUSGEWÄHLTER ROHSTOFFE
2.2.1. CALCIUM
2.2.1.1. Eigenschaften im Boden und in Lebewesen
2.2.1.2. Produktions- und Abbaugebiete
2.2.2. KALIUM
2.2.2.1. Eigenschaften im Boden und in Lebewesen
2.2.2.2. Produktions- und Abbaugebiete
2.2.2.3. Preisentwicklung
2.2.3. PHOSPHOR
2.2.3.1. Eigenschaften im Boden und in Lebewesen
2.2.3.2. Produktions- und Abbaugebiete
2.2.3.3. Preisentwicklung
2.2.4. STICKSTOFF
2.2.4.1. Eigenschaften im Boden und in Lebewesen
2.2.4.2. Produktions- und Abbaugebiete
2.2.4.3. Preisentwicklung
2.3. PROGNOSE
2.4. FAZIT

3. EXTERNE EINFLUSSFAKTOREN
3.1. STAND DER TECHNIK
3.1.1. PRINZIP EINER KLÄRANLAGE
3.1.2. BODENAUFBEREITUNG
3.1.3. PHOSPHORRÜCKGEWINNUNG
3.2. ENTSORGUNG MENSCHLICHER FÄKALIEN
3.2.1. DIE ENTSORGUNGSSITUATION IN ENTWICKLUNGSLÄNDERN
3.2.2. DIE ENTSORGUNGSSITUATION IN DEN BRICS-STAATEN
3.2.3. DIE ENTSORGUNGSSITUATION IN DEN OECD-LÄNDERN UND IN DER
EUROPÄISCHEN UNION
3.3. FAZIT

4. SWOT- ANALYSE
4.1. UMWELTANALYSE
4.2. EXTERNE FAKTOREN (UNTERNEHMENSANALYSE)

5. ZIELBILDUNGSPROZESS
5.1. TOWS-ANALYSE DEUTSCHLAND
5.1.1. LÄNDERINFORMATIONEN
5.1.2. RECHTLICHE GRUNDLAGEN IN DEUTSCHLAND
5.1.3. ZUSAMMENSETZUNG VON KLÄRABWÄSSERN
5.1.4. CHANCEN UND HERAUSFORDERUNGEN
5.2. TOWS-ANALYSE CHINA
5.2.1. LÄNDERINFORMATIONEN
5.2.2. RECHTLICHE GRUNDLAGEN
5.2.3. CHANCEN UND HERAUSFORDERUNGEN
5.3. TOWS-ANALYSE NIGERIA
5.3.1. LÄNDERINFORMATIONEN
5.3.2. CHANCEN UND HERAUSFORDERUNGEN

6. FAZIT

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG

Abstract

Im Zuge einer nachhaltigen Entwicklung im Umgang mit den endlichen Ressourcen aufeiner begrenzten Erde ist es notwendig, alternative Rohstoffquellen zu suchen und zuanalysieren. Das Ziel dieser Bachelorarbeit war es, die Chancen und Herausforderungenbei der Rohstoff- und Bodengewinnung aus menschlichen Fäkalien global zu betrachtenund in den ausgewählten Ländern Deutschland, China und Nigeria zu konkretisieren.Dazu wurde eine Methodik aus der klassischen Unternehmensberatung herangezogen.Durch die Analyse der Umweltfaktoren konnte festgestellt werden, dass die täglichausgeschiedenen Stoffe der Menschen sowohl quantitativ, als auch qualitativ einPotenzial mit sich bringen. Eine wichtige Erkenntnis aus der Umweltanalyse war, dasssich viele ausgeschiedene Stoffverbindungen in Düngemitteln nachweisen lassen,wodurch ein Einsatz der Fäkalien als Rohstoffquelle speziell für die Landwirtschaftinteressant ist. Die weitere Betrachtung hat ergeben, dass die Preise der Düngemittel inden letzten 56 Jahren maßgeblich von den Energiepreisen beeinflusst wurden, wodurchein zukünftiger Einsatz der Fäkalien als Rohstoffquelle ebenfalls von der Entwicklung derEnergiepreise abhängt.

Die Analyse der externen Faktoren hatte das Ziel die unterschiedlichen Hürden beimUmgang mit den menschlichen Fäkalien zu untersuchen. Dazu wurde zuerst der Standder Technik beim Umgang mit den menschlichen Abfällen betrachtet. Hervorzuhebensind dabei speziell die Terra Preta Verfahren und die Verfahren zur Wiedergewinnungdes Phosphors aus Klärschlämmen. Eine weitere wichtige Hürde undGrundvoraussetzung ist die Sammlung der Ausscheidungen. Global betrachtet gibt esdort sowohl in der Qualität, als auch in der Quantität massive Unterschiede. Speziell inden Staaten südlich der Sahara gibt es beim Zugang zu sanitären Einrichtungen nochstarken Nachholbedarf. Des Weiteren ist festzuhalten, dass sich die Kläranlagen speziellin den Industrienationen nahezu flächendeckend etabliert haben und ebenfalls in vieleStädten der Schwellenländer immer größere Bedeutung einnehmen.

Die in der Umweltanalyse und der Analyse der externen Faktoren betrachteten Stärken/Schwächen und Chancen/Bedrohungen wurden abschließend mittels einer SWOT-Analyse gegenübergestellt.

Die Frage einer zukünftigen Positionsbestimmung der Länder wurde durch eine auf der SWOT-Analyse aufbauenden TOWS-Analyse für die Länder Deutschland, China und Nigeria beantwortet.

Dadurch konnte festgestellt werden, dass der Umgang mit den Fäkalien vor allem durch wirtschaftlichen, technischen und rechtlichen Hürden in einem Land beeinflusst werden und eine Nutzung der Ausscheidungen durch die komplexen Einflussfaktoren nur regional konkretisiert werden kann.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Schritte der marktorientierten Unternehmensplanung

Abbildung 2 Fließschema einer typischen mehrstufigen Abwasserreinigungsanlage

Abbildung 3 Arbeitsschritte bei der Herstellung von Terra Preta

Abbildung 4 Anschlussgrad der Bevölkerung im OECD-Raum an öffentliche Kläranlagen

Abbildung 5 Fortschritte bei der Umsetzung der von der Europäischen Kommission vorgegeben Richtlinien

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Durchschnittliche Zusammensetzung menschlicher Faeces

Tabelle 2 Hochgerechnete Menge der ausgeschiedenen Stoffe von sieben Milliarden Menschen über die Faeces

Tabelle 3 Durchschnittliche Zusammensetzung von menschlichem Urin

Tabelle 4 Hochgerechnete Menge der ausgeschiedenen Rohstoffe von sieben Milliarden Menschen über den Urin

Tabelle 5 Inflationsbereinigte Preisentwicklung von 60-er Kali zwischen 1960 und 2015

Tabelle 6 Berechnete Erwartungswerte und Standardabweichungen für 60-er Kali

Tabelle 7 Inflationsbereinigte Preisentwicklung von Phosphatgestein zwischen 1960 und 2015

Tabelle 8 Berechnete Erwartungswerte und Standardabweichungen für Phosphatgestein

Tabelle 9 Inflationsbereinigte Preisentwicklung von Harnstoff zwischen 1960 und 2015

Tabelle 10 Berechnete Erwartungswerte und Standardabweichungen für Harnstoff

Tabelle 11 Historische inflationsbereinigte globale Energiepreis- und Düngemittelpreisentwicklung zwischen 1960 und

Tabelle 12 Bevölkerungsentwicklung, Verstädterung und der Zugang zu sanitären Einrichtungen auf der Erde 1990 und

Tabelle 13 Bevölkerungsentwicklung, Verstädterung und der Zugang zu sanitären Einrichtungen der jeweiligen Bevölkerung in den RegionenSub-Sahara Afrika, Ost Asien, Süd Asien, Latein- und Südamerika 1990 und 2015

Tabelle 14 Bevölkerungsentwicklung, Verstädterung und der Zugang zu sanitären Einrichtungen der jeweiligen Bevölkerung in den BRISCS-Staaten 1990 und 2015

Tabelle 15 Typische Zusammensetzung von schweizerischen Kläranlagen zwischen 1984 und

Tabelle 16 Eigenschaften und Inhaltstoffe wichtiger industrieller Abwässer

Tabelle 17 Exporte und Importe nach den Güterabteilungen des Güterverzeichnisses für Produktionsstatistiken 2015.

Tabelle 18 Prozentuale Verteilung der Toiletten in Nigeria 2007.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einführung

1.1. Die Herausforderungen einer wachsenden Weltbevölkerung aufeiner begrenzten Erde

In den letzten Jahrzehnten hat die Welt ein beispielloses Bevölkerungs- undWirtschaftswachstum erfahren. Seit den 1970er Jahren ist die Weltbevölkerung von vierauf über sieben Milliarden Einwohner gestiegen, die Weltwirtschaft hat sich in dergleichen Zeit sogar um das Dreifache vergrößert. Durch dieses Wachstum konntenweltweit Millionen von Menschen der Armut entfliehen. Allerdings blieb das Wachstumglobal betrachtet ungleich verteilt und ist mit einem massiven Eingriff in die Umweltverbunden. Geht man davon aus, dass sich die Einwohnerzahl auf der Erde in dennächsten Jahrzehnten um weitere zwei Milliarden Menschen erhöht, dann stellt sich dieFrage, in wie weit man eine begrenzte Welt noch weiter belasten kann und darf.

Die Grenzen des Wachstums, eine fairere Verteilung des Wohlstands und die Fähigkeit zur Erhaltung und Erneuerung der Naturgüter, von denen letztendlich nicht nur der Wohlstand, sondern auch alles Leben abhängig ist, stellen die Menschheit in den nächsten Jahrzehnten auf eine schwere Probe.

Ein Beispiel für die Herausforderungen in den nächsten Jahrzehnten ist der weiterhinwachsende Hunger nach Rohstoffen und das damit steigende Konfliktpotenzial. So sinddie Handelsbeschränkungen für Seltene Erden aus dem Jahr 2010 von China oder dieimmer wiederkehrenden Konflikte um das Jordanwasser zwischen Israel und denarabischen Anrainerstaaten, wohl noch häufiger auftretende Phänomene, die denerlangten Reichtum in einigen Ländern, aber auch die Sicherheit durch politischeUnruhen gefährden können.

Betrachtet man den Preis von Erdöl zwischen Januar 2011 und Mai 2016, dann ist imJahresmittel der durchschnittliche nominale Erdölpreis von 105 auf 45 US-Dollar je Barrelgefallen (TECSON GmbH & Co KG, 2016). Nicht nur einzelnen Unternehmen könnenstark schwankende Rohstoffpreise erheblichen Schaden zufügen, auch Staaten wieSaudi-Arabien oder Venezuela und somit ganze Bevölkerungen sind betroffen. Sobescherte der historisch niedrige Ölpreis Saudi-Arabien im Jahr 2015 ein Haushaltsdefizitvon 90 Milliarden Euro und war einer der Hauptursachen für die Staatskrise inVenezuela. Mit solchen Preisschwankungen geht somit auch ein Risiko derVersorgungssicherheit einher. Rohstoffarme Regionen wie Westeuropa forschen deshalbbereits seit Jahren nach alternativen Quellen, um sich von rohstoffreichen Regionenunabhängiger machen zu können und die Risiken der Versorgungssicherheit zuminimieren.

Ein Beispiel dafür ist der Hamburger Wasserwirtschaftler und Professor Ralf Otterpohl,der sich unter anderem zum Ziel gesetzt hat, aus menschlichen Fäkalien fruchtbare

Böden zu gewinnen. Er beschreibt im Magazin „Atlas der Globalisierung: Weniger wird mehr” aus dem Jahr 2015 das Problem wie folgt: „Die Weltgesellschaft degradiert Menschenüberall zu Konsumenten. Wir müssen dafür sorgen, dass die Konsumentenwieder zu Produzenten werden“.

Stellt man sich die Frage, auf welche Art und Weise ein jeder Mensch zu einemProduzenten werden kann, dann bieten sich Prozesse an, die auch jeden Menschenbetreffen. Beispiele solcher Prozesse sind die Ausscheidungen durch die Atmung und dieVerdauung. Da sich Ersteres als Gas schwer auffangen und sammeln lässt, fällt dasHauptaugenmerk auf die flüssigen und festen Ausscheidungen über die Verdauung. Zieldieser Arbeit ist es, die Chancen und Herausforderungen bei der Rohstoff- undBodengewinnung aus menschlichen Fäkalien zu untersuchen und zu bewerten. Sofernsich dabei ein Potenzial erkennen lässt, kann Dieses Grundlage vonKreislaufwirtschaften werden und einen nachhaltigen Lösungsansatz für die wachsendenRohstoffkonflikte und den wachsenden Rohstoffhunger auf unserer begrenzten Erdeliefern.

1.2. Forschungsdesign

Der Umgang mit menschlichen Abfällen bringt diverse Herausforderungen mit sich. Aufgrund der verschiedenen wirtschaftlichen und klimatischen Voraussetzungen der einzelnen Länder sind die infrastrukturellen Ausgangssituationen sehr unterschiedlich. Jedoch betreffen die entstehenden Probleme und Chancen die ganze Weltbevölkerung. Die Leitfrage, die diese Arbeit beantworten soll lautet deshalb:

Haben die Fäkalien ein Potenzial zur Rohstoff- und Bodengewinnung? Wenn ja, welche Rohstoffe sind vor allem interessant und welche Hürden müssen bei der Gewinnung überwunden werden?

Ziel der Arbeit soll primär sein, einen globalen Überblick der Chancen undHerausforderungen zu schaffen und eine Prognose über die zukünftige Entwicklunggeben.

Da alle Nationen unterschiedliche Voraussetzungen im Umgang mit den menschlichen Fäkalien mit sich bringen, werden die Staaten beziehungsweise Regionen als äußere Systemgrenzen in die Kategorien „OECD-Staaten und Länder der Europäischen Union“, Kategorie „BRICS-Staaten“ und Kategorie „Entwicklungsländer“ unterteilt.Für alle Regionen gilt die Grundannahme, dass nur Fäkalien ein theoretisches Potenzial zur Rohstoff- und Bodengewinnung besitzen, welche gesammelt werden. Die Grundvoraussetzung ist deshalb ein Zugang zu sanitären Einrichtungen. Dabei wird auch auf die Phänomene der Verstädterung und die Unterschiede der Entsorgungssituation zwischen der Stadt- und Landbevölkerung eingegangen.

Die zu untersuchenden Chancen und Herausforderungen sind speziell für Institutioneninteressant, die sich mit der Entsorgung und Aufbereitung von Abfällen beschäftigen wollen oder müssen. Die Arbeit soll als Leitfaden und Grundlage für Interessensgruppen wie Staaten, Kommunen, Nichtregierungsorganisationen und für Unternehmen aus der Entsorgungs- und Recyclingbranche dienen.

Zur praktischen Herangehensweise an die Fragestellung wird eine Methodik aus der klassischen Unternehmensberatung herangezogen[1].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1Schritte der marktorientierten Unternehmensplanung. Quelle: Die Unternehmensberatung 2013.

Die Arbeit wird in Anlehnung an die in Abbildung 1 dargestellte marktorientierteUnternehmensplanung aufgebaut. Dabei soll auf die Schritte in den beiden Pyramidenund auf die Fragestellungen eingegangen werden. Weil sich die Bereiche in dieser Arbeitteilweise von den klassischen Feldern der Unternehmensberatung unterscheiden, sollennachfolgend die Untersuchungsgebiete der Umwelt- und Unternehmensanalyse erklärtwerden.

Umweltanalyse:

Um die Chancen, Risiken und ein theoretisches Potenzial der Rohstoffeanalysieren zu können, ist es zu Beginn der Arbeit entscheidend zu wissen,welche Massen und welche Stoffe der menschliche Körper durch dieAusscheidungen umsetzt. Dazu werden vor allem die Bücher „Organic WasteRecycling“ und „Die Physiologie des Menschen“ herangezogen. Ein weitererwichtiger Punkt ist, die Verbindungen und ihre Einflüsse bei derBodenaufwertung zu kennen und ihre Preisentwicklungen zu analysieren. Dazuwerden im Besonderen das Buch „Pflanzenernährung und Düngung“ von Hege etal. und die Rohstoffpreistabellen der Weltbank verwendet. Ziel ist es, nachdiesem Abschnitt die Dimensionen der täglich ausgeschiedenen Massen erfassen zu können. Weiter wird durch die Stoffgeschichte inklusive der Preisentwicklung von typischen Düngemitteln ein mögliches Potenzial der jeweiligen Rohstoffe konkretisiert.

Unternehmensanalyse:

Bei dieser Arbeit handelt es sich nicht um eine klassischeUnternehmensberatung. Aus diesem Grund wird speziell dieser Abschnittallgemeiner gehalten. Die Unternehmensanalyse kann dabei mehr alsUnternehmungsanalyse oder als Analyse der externen Einflussfaktorenverstanden werden. Dabei wird speziell auf die Entsorgungssituation und denStand der Technik eingegangen.

Anschließend werden die wichtigsten Erkenntnisse durch eine SWOT-Analyse („Wo stehen wir?“) gegenübergestellt.

Wegen der unterschiedlichen Voraussetzungen in sämtlichen Ländern wird die Frage derPositionsbestimmung und der Strategieentwicklung exemplarisch für jede Kategoriemittels TOWS-Analyse auf den Erkenntnissen der Umwelt- und Unternehmungsanalyse,sowie der SWOT-Analyse, beantwortet. Dadurch sollen eine Handlungsempfehlung undein Ausblick für die Zukunft („Wo wollen wir hin?“) gegeben werden können.Während die SWOT-Analyse eine Gegenüberstellung der Chancen/Risiken und denStärken/Schwächen ist, versucht die TOWS-Analyse aufbauend auf die vorangegangeneAnalyse die Frage der strategischen Stoßrichtung zu beantworten. Nach Lippold (2013, S. 316) ergeben sich vier Strategien:

SO-Strategie: basieren auf die vorhandenen Stärken und zielen darauf ab, die Chancen, die sich bieten, zu nutzen.

ST-Strategie: basieren ebenfalls auf den vorhandenen Stärken. Sie haben dasZiel, diese Stärken zu nutzen, um drohende Risiken abzuwenden oder zuminimieren

WO-Strategie: sollen Schwächen beseitigen, um bestehende Chancen nutzen zu können. So sollen die betreffenden Schwächen in Stärken transformiert werden, um dann mittelfristig eine SO-Position zu erlangen.

WT-Strategie: haben das Ziel die Gefahren im Umfeld durch einen Abbau der Schwächen zu reduzieren. Die Kombination aus Schwächen und Risiken ist die gefährlichste Situation, die es zu vermeiden gilt.

Aufgrund der guten Datenlage wird exemplarisch für die Kategorie OECD-Staaten und Länder der Europäischen Union Deutschland ausgewählt, für die Kategorie BRICSStaaten wird China ausgewählt und für die Entwicklungsländer Nigeria.

2. Umweltanalyse

Die Umweltanalyse befasst sich mit den Stärken und Schwächen einer Unternehmung, bezogen auf die von der Umwelt gegeben Voraussetzungen. Dieser Abschnitt ist bekannt als zukunftsbezogener Teil der SWOT-Analyse (Lippold, 2013, S. 97).

2.1. Allgemeine Zusammensetzung menschlicher Fäkalien

Spricht man umgangssprachlich von Fäkalien, dann sind dabei laut Duden (2013) sowohlKot, als auch Harn gemeint. Medizinisch unterscheidet man nach Vaupel (2010)zwischen Ausscheidungen aus dem Darm -Kot, Fäkalien oder Faeces genannt- und dieAusscheidungen über Niere und Blase als Urin. Allgemein werden über dieVerdauungsorgane lebenswichtige Stoffe in den Körper aufgenommen und flüssige undfeste Abfallstoffe über den Darm und der Niere beziehungsweise Blase abgegeben.

Aufgrund der unterschiedlichen kulturellen und wirtschaftlichen Gegebenheiten auf derWelt können Zusammensetzung und tägliche Erzeugung menschlicher Fäkalien nurannäherungsweise bestimmt werden. Je nach Ernährung und Alter der Menschenschwankt die ausgeschiedene Menge an Faeces erheblich. Personen mit starkeiweißreicher Ernährung scheiden im Durchschnitt rund 100 Gramm/Tag aus, beiballaststoffreicher Nahrung kann die Menge an Fäkalien 400 Gramm/Tag erreichen. AlsRichtwert gilt: Je höher der pflanzliche Anteil der Nahrung, desto größer die täglichausgeschiedene Menge Faeces (Brockhaus, 2012). In Regionen mit höheremEiweißkonsum durch Fleisch kann sich die ausgeschiedene Menge pro Person alsodeutlich von Regionen mit niedrigerem Fleisch- und höherem Konsum an pflanzlichenLebensmitteln unterscheiden.

Stuhl besteht bei gesunden Menschen zu zwei Dritteln aus Wasser. 30%-35% der festenBestandteile sind abgestorbene und nicht mehr gebrauchte Bakterien der Darmflora.Weitere 30%-35% bestehen aus unverdauten Pflanzenresten (Maßeinheiten undNormalwerte der Physiologie, 2010, S. 888). Der Rest besteht aus Stoffen wie Fettenoder Farbstoffen und Medikamentenrückständen (Vaupel, 2010). Nach Polprasert (2007, S. 23) setzt sich Faeces wie folgt zusammen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 Durchschnittliche Zusammensetzung menschlicher Faeces. Quelle: übersetzt vonOrganic waste recycling: technology and management 2007.

Summiert man diese Werte mit den circa sieben Milliarden Menschen auf der Erde auf, dann ergeben sich folgende durchschnittliche Massen, die von den Menschen täglich über den Stuhl ausgeschieden werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2Hochgerechnete Menge der ausgeschiedenen Stoffe von sieben Milliarden Menschenüber die Faeces.

Ein ebenfalls wichtiges Ausscheidungsorgan ist nach Lang (2010) die Niere als Entgiftungsorgan. Aufgabe der Niere ist es unter anderem überflüssige oder schädliche Substanzen wie zum Beispiel Harnstoff oder Ammoniak, aber auch Pharmaka und Giftstoffe zu eliminieren und/oder diese auszuscheiden. Außerdem reguliert sie den Wasser-, Mineral- und Elektrolythaushalt des Körpers. Nach Polprasert (2007, S. 23) ist die Zusammensetzung des Urins wie folgt aufgebaut:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3Durchschnittliche Zusammensetzung von menschlichem Urin. Quelle:übersetzt vonOrganic waste recycling: technology and management 2007.

50% bis 80% der im Urin gelösten Stoffe sind Harnstoff (CH4N2O) und circa 10% werden als Harnsäure (C5H4N4O) ausgeschieden. Der pH-Wert des ausgeschiedenen Urins liegt zwischen 4,5 und 8,2 (Maßeinheiten und Normalwerte der Physiologie, 2010, S. 889).Aufsummiert mit sieben Milliarden Menschen ergeben sich so folgende über den Urin ausgeschiedene Massenwerte:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4 Hochgerechnete Menge der ausgeschiedenen Rohstoffe von sieben MilliardenMenschenüber den Urin.

Summiert man die hauptsächlich auftretenden Stoffe Harnstoff und Harnsäure mit sieben Milliarden Menschen auf, so ergibt sich eine ausgeschiedene tägliche Masse von 315.000 bis 441.000 Tonnen an Harnstoff beziehungsweise Harnsäure.

Die Dimensionen in denen man sich bei den hochgerechneten umgesetzten Massen bewegt, sind ein erster Anhaltspunkt, dass Faeces und Urin ein Potenzial als mögliche Rohstoffquelle besitzen können. Um das Potenzial zu konkretisieren, müssen die Rohstoffe noch unter weiteren Gesichtspunkten betrachtet werden. Anschließend werden deshalb die wichtigsten Verbindungen unter biologischen, geographischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet.

2.2. Eigenschaften und Einsatzgebiete ausgewählter Rohstoffe

Sowohl Stickstoff- und Phosphor-, als auch Kalium- und Calciumverbindungen sind wichtige Grundbausteine der Bodenaufbereitung und Düngung und gleichzeitig in Faeces und Urin enthalten. Ziel dieses Abschnitts ist es, das mögliche Potenzial von Fäkalien als Rohstoffquellen weiter zu konkretisieren. Dafür werden Eigenschaften der wichtigen Verbindungen im Boden erfasst, Abbau und Einsatzgebiete beschrieben und die historische Preisentwicklung von wichtigen Verbindungen analysiert.

Exemplarisch werden die Entwicklungen verschiedener Düngemittelpreise betrachtet unddie Preisvolatilität als Maß für das Risiko untersucht. Da die zu untersuchenden Werte

(W) in identischen Perioden aufgelistet sind, kann die jeweilige Preisvolatilität mittelsStandardabweichung dargestellt werden. Die Standardabweichung SD(W) ist einestochastische Risikokennzahl mit der anschaulich die Schwankungen (Risiken) desPreismittels dargestellt werden können. (Cottin & Döhler, 2013, S. 120). Je größer dieStandardabweichung, desto höher ist die durchschnittliche Preisschwankung.

Es gilt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Erwartungswert E beschreibt den Durchschnittspreis der Zahlenreihe. Exemplarischwerden jeweils die Standardabweichung seit der Datenerhebung 1960 bis 2015 (SD1960)und die Standardabweichung von 2005 bis 2015 (SD2005), sowie die jeweiligenErwartungswerte angegeben. Durch die untersuchten Stoffgeschichten und die Analyseder Preise wird abschließend eine Prognose über die zukünftige Preisentwicklunggegeben.

2.2.1. Calcium

Calcium (chemisches Symbol Ca) ist ein Erdalkalimetall. Es liegt in der Natur nicht gediegen vor. Mit 3,63% ist Calcium das vierhäufigste Metall in der Erdkruste (Brockhaus, 2016).

2.2.1.1. Eigenschaften im Boden und in Lebewesen

Calcium wird vorrangig als Bodendünger in Form von Kalk (CaO) in Böden eingespeist.Dabei verursacht Kalk sowohl chemische, als auch physikalische Veränderungen. Auschemischer Sicht soll der Kalk den Boden entsäuern. Die Bodenreaktion (pH-Wert)reguliert sich durch eine Reaktion zwischen H+-Ionen und OH--Ionen unter Bildung vonWasser. Der Säuregehalt des Bodens beeinflusst die Nährstoffverfügbarkeit. Unterphysikalischen Gesichtspunkten verbessert und stabilisiert Kalk die Bodenstruktur indemer die Aufnahmefähigkeit von Wasser stärkt, eine bessere Durchlüftung des Bodenserzeugt und ein intensiveres Wurzelwachstum ermöglicht. Insgesamt wirkt sich eineErhöhung der Bodenreaktion fördernd auf die Tätigkeit der Bodenmikroorganismen aus(Hege, et al., 2006, S. 229).

Calcium ist ein wichtiger Pflanzennährstoff. Es findet sich meistens als Salz organischerSäuren (z.B Ca-Oxalat) wieder und fördert das Wurzel- und Längenwachstum derPflanze. Ein absoluter Ca-Mangel in Pflanzen findet sich selten, da die Versorgungbereits bei geringem Mengen im Boden ausreichend ist (Hege, et al., 2006, S. 230).Im menschlichen Körper gehört Calcium zu den Mengenelementen. 99% des im Körpervorkommenden Calciums ist in den Knochen enthalten. Außerdem trägt es zu wichtigenFunktionen wie dem Zellaufbau und der Aktivierung von Enzymen und Hormonen bei(Brockhaus, 2013).

2.2.1.2. Produktions- und Abbaugebiete

Die wichtigsten Kalkdünger sind nach Peretzki et al. (2006, S. 231):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kalkdünger wird aus verschiedensten Quellen gewonnen. Während beispielsweise Branntkalk und Kohlensaurer Magnesiumkalk durch das Brennen von Böden erzeugt wird, entstehen andere Kalkdünger aus Schlakrückständen von Hochöfen (Hüttenkalk) und aus Stahlwerkschlake (Konvertkalk). Carbokalk fällt bei der Verarbeitung von Zuckerrüben an (Hege, et al., 2006, S. 231).

Die unterschiedlichen Rohstoffquellen von Calcium führen dazu, dass es global keine dominierende Rolle einer Nation bei Produktion und Ausfuhr von Calciumdüngemittelngibt und es zu keinen Versorgungsengpässen kommt (USGS, 2016, S. 98).Für Kalk liegen keine langfristigen Preisentwicklungen vor. Dadurch ist es nicht möglichzu erörtern, ob es rentabel ist, Kalkdüngemittel aus Fäkalien direkt zu gewinnen.Gegen eine Betrachtung von Fäkalien als Kalklieferant spricht der niedrige Bedarf vonPflanzen und die schrumpfende weltweite Produktion von Kalkdünger in den letztenJahren (USGS, 2016, S. 99). Weiter gibt es bereits heute verschiedene Verfahren zurGewinnung, wodurch keinerlei kritische Abhängigkeiten entstehen. Im März 2016 lag derPreis für eine Tonne Branntkalk laut Weltbank bei 22 US-Dollar je Tonne (Worldbank,2016).

2.2.2. Kalium

Kalium (chemisches Symbol K) ist ein Alkalimetall und kommt in der Natur nur in Verbindungen vor. Auf der Liste der häufigsten in der Erdkruste vorkommenden Elemente liegt es auf Platz 19 (Brockhaus, 2012). 95% des industriell verwendeten Kaliums wird zur Düngemittelerzeugung genutzt (Zepf, et al., 2014, S. 52).

2.2.2.1. Eigenschaften im Boden und in Lebewesen

Kalium liegt im Boden hauptsächlich in Tonmineralien vor und muss erst durch dieVerwitterung ausgewaschen werden bevor es für Pflanzen verfügbar ist. Daspflanzenverfügbare Kalium befindet sich als Ion im Boden. Kalium wird von den Pflanzenhautsächlich über Wurzeln aufgenommen und liegt in Pflanzen als frei bewegliches Ion (K+) vor. Dadurch ist es ausschlaggebend bei der Aktivierung von Enzymen, derZellbildung und bei der Regulierung des Wasserhaushalts der Pflanze beteiligt. WeitereEigenschaften des Kaliums in Pflanzen sind die Verbesserung der Frostresistenz und dieErhöhung der Lagerfähigkeit von Nutzpflanzen (Hege,et al., 2006, S. 219).Die Wirkung von Kalium im Menschen ist ähnlich der Wirkung in Pflanzen. Es sorgt fürdie Stabilität von Zellen, für die Erregbarkeit von Muskel-, Nerven-, und Sinneszellen. EinKaliummangel führt zu Störungen von Muskel- und Nervenkontraktionen (Brockhaus,2012).

2.2.2.2. Produktions- und Abbaugebiete

Als natürlicher Lieferant für Pflanzen dienen Tonminerale, Feldspate und Glimmer. AlsBasis für Düngemittel werden hauptsächlich Meeresablagerungen verwendet. DieVerbindungen werden zu Kalidüngern durch Reinigungsverfahren, Lösen und dieUmkristallisierung angereichert. Im deutschsprachigen Raum hat sich die

Kurzbezeichnung „Kali“ für Kaliumdüngemittel durchgesetzt (Hege, et al., 2006, S. 217-218).

Die wichtigsten Kalidünger sind nach Peretzki et al. (2006, S. 221) folgende Verbindungen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kalisalze aus Meeresablagerungen werden weltweit abgebaut, wobei es eine stärkere Konzentration auf der Nordhalbkugel gibt. Die größten explorierten Lagerstätten liegen in Kanada, in Mittel- und Osteuropa sowie in Südostasien. Durch die weltweite Verfügbarkeit weist keine Nation eine Monopolstellung auf. Die größten Produzenten von Kali waren 2015 Kanada, China und Weißrussland. Insgesamt wurden 2015 geschätzt 39 Millionen Tonnen Kali abgebaut (USGS, 2016, S. 129).

2.2.2.3. Preisentwicklung

Weltweit stagniert die Produktion von Kalidünger in den letzten Jahren (USGS, 2016, S. 129). Tabelle 5 zeigt exemplarisch die inflationsbereinigte Preisentwicklung von 60-er Kali seit 1960. Im März 2016 lag der Preis für eine Tonne 60-er Kali laut Weltbank bei 277 US-Dollar je Tonne (Worldbank, 2016).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 5 Inflationsbereinigte Preisentwicklung von 60-er Kali zwischen 1960 und 2015. Quelle:Worldbank 2016.

Die Standardabweichungen [$] als Maß der Volatilität und des Risikos ergeben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 6Berechnete Erwartungswerte und Standardabweichungen für 60-er Kali.

Der Durchschnittspreis der letzten zehn Jahre ist inflationsbereinigt über 100 US-Dollarhöher als im langfristigen Mittel. Auch die Preisvolatilität und damit dasSchwankungsrisiko sind gestiegen. Wie das Diagramm zeigt ist es in den letzten Jahrendeutlich schwieriger den Preis für Kalkdünger zu prognostizieren. Betrachtet man dieextremen Preisunterschiede für 60er-Kali in den letzten zehn Jahren, dann könnenalternative Quellen wie Fäkalien für den Markt interessant werden. Weiter spricht dafür,dass die Meeresablagerungen als Hauptabbauquelle endlich und nicht nachwachsendsind. Allerdings ist die Volatilität in den letzten Jahren deutlich höher als im langfristigenMittel, wodurch sich das Preisrisiko deutlich verschärft hat. Die Stagnation derKaliumproduktion und die extrem stark sinkenden Preise seit 2012 sprechen aktuelltendenziell gegen eine Untersuchung von Fäkalien als Kaliumlieferant.

2.2.3. Phosphor

Phosphor (chemisches Symbol P) ist ein Element der fünften Hauptgruppe. In der Natur kommt Phosphor nur in Stoffverbindungen vor. In anorganischer Form tritt es häufig als Phosphat (Salze der Phosphorsäure) auf (Hege, et al., 2006, S. 211). Nach dem Kohlenstoff hat es die am stärkste ausgeprägte Fähigkeit, Verbindungen als so genannte Phosphorverbindungen einzugehen. Der Anteil in der Erdkruste liegt bei 0,27% (Brockhaus, 2013) 90% des industriell verwendeten Phosphors wird für die Düngemittelproduktion verwendet (Zepf, et al., 2014, S. 48).

2.2.3.1. Eigenschaften im Boden und in Lebewesen

Im Boden kommt Phosphat als primär Phosphat (wasserlöslich und direkt für Pflanzenverfügbar), sekundär Phosphat (durch Säuren leicht lösliche Phosphate) und durchtertiäre Phosphate (nicht wasserlösliche und nur durch starke Säuren lösbare Form) vor.Allgemein sind Phosphate die Salze und Ester des Phosphors. Pflanzen nehmenPhosphat ausschließlich über die Bodenlösung als HPO42- und H2PO4- auf. Phosphatesind der wesentliche Bestandteil des Zelleiweißes und dienen zur Aufrechterhaltung derZellstruktur. Außerdem sind verschiedene Phosphorverbindungen essentielleEnergieträger in Pflanzen und spielen eine wichtige Rolle beim Wachstum und Aufbau.

Eine Phosphatdüngung trägt dazu bei, dass der Gebrauchswert und der biologische Wert der pflanzlichen Erzeugnisse[2] verbessert werden. Ebenso verringert eine Phosphatdüngung den Schädlingsbefall und die Infektionsbereitschaft von Kulturpflanzen und führt zu einer schnelleren Abreife (Hege, et al., 2006, S. 214).

Im Menschen hat das Phosphat ähnliche Aufgaben wie bei Pflanzen. Es dient als Energiestoffträger und wird zum Aufbau der Zellen benötigt. Insgesamt sind 90% des im Körper enthaltenen Phosphors ist in den Knochen enthalten (Brockhaus, 2013).

2.2.3.2. Produktions- und Abbaugebiete

In Düngemitteln liegt meist ein sekundäres Phosphat vor (Hege, et al., 2006, S. 212). DasAusgangsmaterial für Phosphatdünger sind Rohphosphate und phosphathaltige Erze wiePhosphorit. Die Gewinnung von Phosphor ist mit einem großen Energiebedarfverbunden. Großtechnisch wird Phosphor durch die Reduktion von Phosphaten mit Kohleoder Koks unter Zusatz von Quarzsand im Elektroofen bei 1300 bis 1400 Grad Celsiusgewonnen (Brockhaus , 2013).

Zu den gebräuchlichen Phosphatdüngemittel gehören nach Peretzki et al. (2006, S. 216) folgende Düngemittel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die größten Phosphatreserven liegen in Marokko und der westlichen Sahara mitgeschätzten 50 Milliarden Tonnen. Weitere große Reserven liegen in China (3,7Milliarden Tonnen) und Algerien (2,2 Milliarden Tonnen). Der größte Produzent im Jahr2015 war China mit 100 Millionen Tonnen Phosphatgestein, gefolgt von Marokko (30Millionen Tonnen), den USA (27 Millionen Tonnen) und Russland (12,5 Millionen Tonne)(USGS, 2016, S. 125).

Problematisch beim Abbau des Gesteins ist die häufige Belastung des Phosphats mit Schwermetallen und radioaktiven Schichten (von Thadden, 2015, S. 136). Bei stagnierender Nachfrage reichen die Reserven nach Zepf et al. (2014, S. 49) noch 300 Jahre. Wächst die Nachfrage durch die steigende Weltbevölkerung weiter an, so sind diese Reserven aller Voraussicht früher aufgebraucht.

2.2.3.3. Preisentwicklung

Trotz steigender globaler Produktionsraten ist der Preis für Phosphatgestein in den letzten Jahren gefallen und lag im März 2016 bei 115 US-Dollar je Tonne. Der Preis für Diamoniumphosphat lag im März 2016 bei 360 US-Dollar je Tonne, der Preis vom Düngemittel Superphosphat bei 275 US-Dollar je Tonne. Die Preisentwicklung von Phosphatgestein seit 1960 ist in Tabelle 7 dargestellt (Worldbank, 2016).

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Tabelle 7Inflationsbereinigte Preisentwicklung von Phosphatgestein zwischen 1960 und 2015. Quelle: Worldbank 2016.

Die Standardabweichungen als Maß der Volatilität und des Risikos ergeben:

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Tabelle 8Berechnete Erwartungswerte und Standardabweichungen für Phosphatgestein.

Auch beim Phosphatgestein sind deutliche Unterschiede zwischen langfristigen Mittelund den letzten zehn Jahren zu erkennen. So hat sich der Durchschnittspreis mit 148US-Dollar je Tonne um nahezu um ein Drittel erhöht. Auch die Preisvolatilität ist seit 2005deutlich höher als im langfristigen Mittel. Wie beim Kalium muss auch beim Phosphor dergestiegene Erwartungswert mit dem ebenfalls gestiegenen Preisrisiko abgewogenwerden. Für einen Einsatz von Fäkalien als alternative Phosphorquelle sprechen diegeographisch stark zentrierten Abbaugebiete, die geringe prognostizierte statische Reichweite, die steigenden Produktionsraten und die große Bedeutung von Phosphor bei der Pflanzendüngung.

Seit dem 26.Mai 2014 stuft die Europäische Kommission Phosphatgestein als einen von insgesamt 20 für die Europäische Union kritischen Rohstoff ein (Kooperationsstelle EU der Wissenschaftsorganisationen, 2014).

2.2.4. Stickstoff

Stickstoff (chemisches Symbol N) ist ein farb- und geruchloses Gas das auf der Erde als N2 Molekül vorkommt. Mit einem Anteil von 78,08 Volumenprozent ist Stickstoff das häufigste Element der Erdatmosphäre (Brockhaus, 2012).

2.2.4.1. Eigenschaften im Boden und in Lebewesen

Stickstoff liegt in den für Pflanzen zugänglichen Böden meist als organisch gebundenerStickstoff (mehr als 95% des Stickstoffs) in der Wurzelmasse, in abgestorbenenPflanzenmassen, in Hummusstoffen und Bodenlebewesen vor. Der Rest sindanorganische Stickstoffverbindungen wie NH4+ und/oder NO3- . Der Stickstoffgehalt istvom Kohlenstoffgehalt abhängig. Die Stickstoffumsetzungen im Boden werden durch dieNitrifikation, der Denitrifikation und durch die Mineralisation bestimmt und gehen alle mitder Umwandlung von organisch gebundenem Stickstoff zu anorganischen Stickstoffeinher. Dieser Prozess ist auch unter der N-Mineralisierung bekannt (Hege, et al., 2006,S. 204-205).

Das Ausmaß der N-Mineralisierung ist abhängig von Kohlenstoff-Stickstoff-Verhältnis (C:N-Verhältnis), dem pH-Wert im Boden, der Temperatur und dem Luftgehalt im Boden. Das C:N-Verhältnis ist ein Indikator für die Stickstoffverfügbarkeit eines Nährbodens an die Pflanzen und Mikroorganismen. Je kleiner der Wert, desto besser die Stickstoffaufnahmefähigkeit der Pflanze (Rippl, et al., 2006, S. 43).

Das C:N-Verhältnis von menschlichen Faeces und Urin hat einen Wert von 6-10 (Faeces) und 1 (Urin) (Chongrak, 2007, S. 23).

In Pflanzen ist Stickstoff ein wesentlicher Bestandteil der Proteine und weiterer Pflanzeninhaltstoffe. Weiter ist Stickstoff ein wichtiges Bauelement der Enzyme und trägt zum Eiweißstoffwechsel bei. Die wichtigsten Stickstoffformen für Pflanzen sind Ammonium (NH4) und Nitrat (NO3).

Der weit verbreitete Harnstoff wird meist als Wirtschaftsdünger über die Jauche auf die Felder ausgetragen und ist für die Pflanzen erst durch die Zersetzung zu Ammoniak und Ammonium verfügbar. Der Boden spaltet den zugeführten Harnstoff mittels Urease und Wasser zu Ammoniak und Kohlenstoffdioxid. Danach wird der Ammoniak zu Ammonium umgewandelt (Hege, et al., 2006, S. 206).

2.2.4.2. Produktions- und Abbaugebiete

Mittels Stickstoffdüngung ist es möglich, die Differenz des Stickstoffbedarfs der Pflanzen und der Verfügbarkeit im Boden zu schließen. Zu viel oder zu wenig bereitgestellter Stickstoff führt zu Qualitätseinbußen bei Boden und Pflanzen. Die Stickstoffdüngung hat somit einen großen Einfluss auf Ertrag und Qualität der Ernte.

Zu den gebräuchlichen Stickstoffdüngern gehören laut Peretzki et. Al (2006, S. 209) folgende Verbindungen:

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Ein häufiges Ausgangsprodukt für Stickstoffdünger ist Ammoniak. (USGS, 2016, S. 118)Seit 1913 wird Ammoniak überwiegend direkt aus der Luft mittels Haber-Bosch-Verfahrengewonnen. Durch den in der Luft vorkommenden und verwendbaren Stickstoff ist die Versorgung unerschöpflich (Hege, et al., 2006, S. 203). Die größten Ammoniakproduzenten waren im Jahr 2015 China (48 Millionen Tonnen), Russland (12 Millionen Tonnen) und Indien (11 Millionen Tonnen) (USGS, 2016, S. 119).

2.2.4.3. Preisentwicklung

Die Produktion von Ammoniak als wichtiges Ausgangsmaterial hat sich in den letztenJahren in Ländern mit niedrigen Energiepreisen verlagert und ist stark von den globalenEnergiepreisen abhängig (Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, 2015, S. 304).Der Preis von Harnstoff als wichtiger Dünger lag im April 2016 laut Weltbank (2016) bei203 US-Dollar je Tonne. Die Preisentwicklung von Harnstoff ist in Tabelle 9 dargestellt.

[...]


[1] Dass der öffentliche Sektor und Unternehmen aus der Energie- und Wasserversorgung Zielgruppen für Unternehmensberatungen sind, zeigen die Zahlen des Bunds deutscher Unternehmensberater (BdU). 2013 nahmen diese Bereiche zusammen 17% des deutschen Beratungsmarktes ein (Lippold, 2013).

[2] Gebrauchswert ist ein Maß für die Nützlichkeit eines Gutes; Der biologische Wert ist ein Maß für die Qualität der Proteine in Lebensmitteln (Pflanzenernährung und Düngung, 2006, S. 1067)

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Ende der Leseprobe aus 72 Seiten

Details

Titel
Chancen und Herausforderungen bei der Rohstoff- und Bodengewinnung aus menschlichen Fäkalien
Hochschule
Universität Augsburg  (Institut für Materials Resource Management)
Note
1,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
72
Katalognummer
V435493
ISBN (eBook)
9783668765405
ISBN (Buch)
9783668765412
Dateigröße
1755 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
SWOT, Abwasser, Ressourcen, Terra Preta, Sanitation, Bodenaufbereitung, Nachhaltig, Sustainable, Strategie
Arbeit zitieren
Jakob Rothmeier (Autor:in), 2016, Chancen und Herausforderungen bei der Rohstoff- und Bodengewinnung aus menschlichen Fäkalien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/435493

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