Kooperation durch Empathie

Der Einfluss des Empathievermögens auf unsere Kooperationsfähigkeit


Essay, 2015

12 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Empathie und prosoziales Verhalten
2.2 Kooperation durch Empathie

3. Schluss

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Kooperation ist etwas, das alle Menschen miteinander verbindet und notwendigerweise stattfinden muss, um das Zusammenleben in einer Gesellschaft zu ermöglichen. Um zu kooperieren müssen deshalb verschiedene Voraussetzungen und Bedingungen vorhanden sein, damit diese stattfinden kann. Dies wird offensichtlich, wenn man alltägliche Situationen betrachtet, aber noch deutlicher, wenn man sich zum einen anschaut wie Kooperationsfähigkeit überhaupt in uns entsteht und zum anderen sich damit beschäftigt wie es sein kann, dass es Menschen gibt, die ganz offensichtlich der Kooperation mit anderen nicht fähig sind oder diese sogar missbrauchen.

Ich gehe in diesem Essay davon aus, dass die Fähigkeit zu kooperieren von unserer Fähigkeit abhängt uns in andere hineinversetzen zu können. Hätten wir diese Fähigkeit nachvollziehen zu können was in anderen vorgeht nicht, dann könnte es gar nicht erst zu Kooperation kommen.

Anhand ausgewählter Beispiele werde ich erklären, warum die Fähigkeit zu Empathie benötigt wird, um mit anderen kooperieren zu können und wie dies miteinander in Verbindung steht. Hierzu werde ich untersuchen, wie Empathie funktioniert und wie Kinder soziales Verhalten erlernen. Damit zusammenhängend werde ich zur Beweisführung darauf eingehen wie wir durch unsere Erfahrungen und durch Erziehung in unserer Kooperationsfähigkeit beeinflusst werden und wie wir uns in einzelnen Situationen auf bestimmte Vereinbarungen einigen und uns aneinander anpassen. Außerdem werde ich mich auch mit solchen Menschen befassen, die offensichtlich kein normales Empathievermögen haben und wie sich dies auf die Kooperationsfähigkeit auswirkt. Ich werde im Hauptteil erst genauer darauf eingehen, was Empathie eigentlich ist beziehungsweise wie sie funktioniert und wie sich soziales Verhalten entwickelt. Im zweiten Teil wird näher erklärt was dies mit Kooperation zu tun hat und Beispiele angegeben.

2. Hauptteil

2.1 Empathie und prosoziales Verhalten

Das Bedürfnis mit anderen Menschen zu kooperieren bzw. zusammenzuarbeiten hat verschiedene Gründe und hängt von unterschiedlichen Bedingungen ab. Ein Hauptgrund warum wir kooperieren ist unsere Fähigkeit uns in andere hineinzuversetzen und Empathie für andere Lebewesen zu empfinden. Wir müssen also auch nachvollziehen können was in anderen vorgeht und sozusagen deren Leid und Bedürfnis mitfühlen, um dazu motiviert zu werden Hilfe zu leisten.

Dazu muss zuerst untersucht werden, was in uns vorgeht, wenn wir Empathie empfinden und was sie mit Kooperation zu tun hat. Doris Bischof-Köhler beschreibt die Vielfalt der Definitionen für Empathie, stellt aber als Konsens auf, dass Empathie als ein „ Mechanismus der sozialen Kognition…, der Aufschluß über die emotionale Verfassung eines Anderen vermittelt“ verstanden werden kann, wir nehmen also in gewisser Weise Teil an den Emotionen anderer durch unser Empathievermögen (13).

Wie funktioniert es aber, dass wir uns in die Lage eines anderen, von uns abgetrennten Äußeren hineinversetzen können und wie wirkt sich dies auf unsere Kooperationsfähigkeit aus?

Zur Beantwortung dieser Frage muss man die sogenannten „Spiegelneuronen“ in Betracht ziehen. Über die wahre Funktionsweise dieser Neuronen ist man sich noch nicht ganz im Klaren, aber die Hypothese, die durch Experimente mit Affen aufgestellt wurde, ist, dass durch diese:

„die Handlung des anderen durch den Beobachtenden nach innen genommen und dort instantan simuliert wird: So wird die Bewegung des Gegenübers auf körperliche Art und Weise empathisch nachvollzogen und gleichsam – ohne Zwischenschaltung und Vermittlung des Bewusstseins, ohne Reflexion und Attribution – somatisch ‚verstanden‘“. (Zaboura, 60)

Man kann also sagen, dass die Beobachtung in dem Beobachter imitiert oder wiedergespiegelt wird. Außerdem können wir durch sie erahnen welche Ziele unser Gegenüber verfolgt, ohne, dass wir alle Sinnesdaten dazu hätten, also zum Beispiel nicht genau sehen können was getan wird (62-64). Dies geschieht mit Rückgriff auf das „eigens angeeignete motorische Repertoire“ (62). Somit kann gesagt werden, dass bei allem was wir außerhalb von uns selbst beobachten gleichzeitig in uns ein „Abbild“ davon produziert wird und wir ohne darüber nachdenken zu müssen verstehen was der andere tut. Wir können antizipieren was eine Person in einer bestimmten Situation tun wird, auch weil wir genau diese Handlungen vorher durch unsere Erfahrungen schon einmal wahrgenommen haben:

Weiterhin ist herauszustreichen, dass die Spiegelneurone nur dann in starke Aktion treten, wenn die beim Gegenüber gesehene Aktion bereits im eigenen Handlungsrepertoire vorhanden ist. (67)

Deshalb kann man davon ausgehen, dass zwar bestimmte Veranlagungen zur Fähigkeit für soziale Beziehungen und soziales Verhalten schon angeboren sind, aber wie Spelke sagt, diese sich erst nach und nach entwickeln und zusammengeführt werden müssen. Eine, der von Spelke aufgestellten Systeme oder Veranlagungen ist dabei auch das zur „Abbildung und zum Verständnis von […] sozialen Partnern, die mit dem Kleinkind interagieren (Tomasello, 113). Sie sagt also, dass diese Systeme zum Verständnis anderer zwar vielleicht schon bei der Geburt auftauchen, aber erst im Laufe der Zeit mit Hilfe kognitiver Fähigkeiten zusammengefügt werden. Die Entwicklung dieser Fähigkeiten ist abhängig von dem jeweiligen kulturellen Umfeld in dem man aufwächst (113).

Hierzu will ich jetzt darauf eingehen wie sich die Fähigkeit Empathie zu empfinden überhaupt in uns entwickelt und wie Kinder soziales Verhalten erlernen. Lauer sagt, dass das Nachahmen dem Menschen angeboren sei (137). Wie schon gesagt, sind uns bestimmte Anlagen zur Fähigkeit sich in andere hineinversetzen zu können angeboren, aber diese wird durch den Einfluss der Erziehung und der eigenen Entwicklung weiter ausgebaut. Es muss erst erlernt werden die Emotionen anderer verstehen zu können, was anfangs noch unsicher sein kann, aber die Einschätzungen der Emotionen des anderen werden mit zunehmendem Alter immer genauer (Bierhoff, 47/48). Es kann also gesagt werden, dass diese Fähigkeit die Emotionen anderer erkennen und verstehen zu können, aber auch die Fähigkeit der Perspektivenübernahme, sich schon früh entwickeln (49). Es wird hier vermutet, dass wir durch die Spiegelneurone dazu fähig sind, zwischen dem eigenen Empfinden und dem davon verschiedenen Empfinden des anderen zu vermitteln (Lauer, 141). Danach wäre laut Lauer Empathie „eine dem Menschen angeborene Fähigkeit, die sich entwickelt, wenn man dem Menschen die Möglichkeit dazu lässt (142).“ Die Verschaltung in unserem Gehirn, die dafür sorgt, dass wir bestimmte Emotionen in einer anderen Person mit unseren eigenen Erfahrungen, Handlungen und Gefühlen usw. abgleichen können, ist also das angeborene, aber zuerst müssen wir lernen diese deuten zu können und uns und unsere Körperzustände selbst wahrnehmen zu können. Dieses Zusammenwirken muss sich also zuerst entwickeln bevor Kinder Empathie ausbilden können. Unsere Entwicklung ist beeinflusst durch unterschiedliche Erziehung und gesellschaftliche Einflüsse, da wir vor allem in unserer frühen Kindheit sehr viel durch Nachahmung erlernen (Lauer, 137).

Für prosoziales Verhalten ist also das Empfinden von Empathie unabdingbar, wobei das prosoziale Verhalten mit ansteigendem Alter und Entwicklung auch (normalerweise) zunimmt und mehr oder weniger ausgeführt wird je nach sozialen Einflüssen und natürlich auch Charakter und Entwicklungsgeschwindigkeit des Kindes (Frey und Bierhoff, 67/68). Zur Kooperation bedarf es deshalb ganz offensichtlich auf jeden Fall einer „prosozialen Motivierung“, um überhaupt in der Lage zu sein die Probleme eines anderen zu erkennen und zu dem Entschluss zu kommen der Person helfen zu wollen. Empathie verhilft uns zur „Kenntnis über die Notlage des Anderen (Bischof-Köhler, 12/13).“ Sie ist somit unser Antrieb überhaupt das Bedürfnis zu verspüren anderen helfen zu wollen oder ihre Ziele und Intentionen zu teilen und zu unseren eigenen zu machen. Dies geschieht da wir uns mit ihnen identifizieren können und uns in sie hineinversetzen können und wissen wie sie sich in bestimmten Situationen fühlen.

Im nächsten Abschnitt werde ich noch näher darauf eingehen in dem ich schaue wie sich Störungen in der Entwicklung des prosozialen Verhaltens auf die Kooperationsfähigkeit auswirken und wie Menschen auch in Konfliktsituationen Kooperation herbeiführen eben durch unsere Fähigkeit zur Empathie.

2.2 Kooperation durch Empathie

Um zu zeigen, dass unsere Fähigkeit zur Kooperation zu einem großen Teil von unserer Fähigkeit uns in andere hineinversetzen zu können abhängt, müssen auch Störungen im Empfinden von Empathie und der Entwicklung im prosozialen Verhalten untersucht werden.

Laut Krippl und Karim fehlt bei Psychopathen die Mitfühlfähigkeit. Dies führt dazu,

dass schädigendes Verhalten nicht gehemmt wird. Dies wird über empa­thisch-moralische Emotionen wie Schuld oder Mitleid vermittelt, die bei Psychopa­then in stark verminderter Form oder gar nicht auftreten. Fehlendes Mitgefühl hat den Effekt, dass Psychopathen auch kei­ne Schuldgefühle empfinden, wenn sie fremdschädigendes Verhalten durchfüh­ren. (847)

Ihre Theory-of-Mind-Fähigkeit, also die Fähigkeit mentale Zustände (Gedanken, Absichten, Wünsche usw.) bei sich und bei anderen zu erkennen (834/846), ist bei ihnen beeinträchtigt. Dies zeigt, dass wenn ein Fehler im Empathievermögen vorliegt und unser Verhalten gegenüber anderen nicht dadurch gelenkt wird, dass wir die Konsequenzen unseres Handelns für den anderen verstehen und diesem anpassen können, auch die Kooperationsfähigkeit eingeschränkt ist. Kooperation ist nur möglich wenn wir die Absichten, Gedanken, Gefühle usw. des anderen einschätzen können und mit unseren eigenen abgleichen können und man gewillt ist sich gemeinsam zu einigen. Der Hirnforscher Christian Keysers will sogar herausgefunden haben, dass Psychopathen ihr Mitgefühl je nach Bedarf an und ausschalten können (124). Sie sind also dazu fähig den Willen zur Kooperation anderer für ihre eigenen Zwecke zu missbrauchen und dabei keine Schuldgefühle zu empfinden.

Auch Autisten haben ein gestörtes Einfühlungsvermögen und verstehen das Innenleben anderer nicht richtig:

Absichten und Pläne, Emotionen, Zuneigung und Abneigung, das ganze System sozialen Lebens bleibt ihnen je nach Schwere der Erkrankung mehr oder weniger verschlossen. (Lenzen, 157)

Soziales Miteinander und die Zusammenarbeit mit anderen ist demnach sehr schwierig oder überhaupt nicht möglich für solche Menschen. Da sie nicht in der Lage sind sich in andere hineinzufühlen oder im Fall der Psychopathen ihnen dies vielleicht zu einem gewissen Grad möglich ist, aber sie dieses Wiederspiegeln der Emotionen ihrer Opfer anscheinend ausschalten können, verspüren sie auch keine Schuldgefühle und Hemmungen anderen Personen Schaden zuzufügen. Dies macht deutlich, dass ohne das Vermögen der Empathie oder generell die Fähigkeit die mentalen Zustände anderer zu erkennen und zu verstehen beziehungsweise diese von seinen eigenen ableiten zu können, keine richtige Kooperation zustande kommen könnte und prosoziales Verhalten in Form von Kooperation wahrscheinlich eher abgelehnt oder missbraucht werden würde, da das Bedürfnis dazu nicht entstehen könnte.

Dass Empathie wichtig ist kann auch bei verschiedenen Erziehungsstilen und den daraus resultierenden prosozialen Verhaltensweisen der Kinder abgelesen werden. Wie schon oben ausgeführt, unterliegt prosoziales Verhalten zu einem großen Teil unserem Vermögen mit anderen mitfühlen zu können was sich mit steigendem Alter weiterentwickelt. Darin werden wir sehr stark durch verschiedene Erziehungsstile beeinflusst. Es ist wohl einfach anzuerkennen, dass es Kindern, die ein gutes Verhältnis zu den Eltern haben und Zuneigung und Unterstützung erfahren haben, leichter fällt „Perspektive zu übernehmen und positive oder negative Gefühle anderer nachzuempfinden (Bierhoff, 49-50).“

Man kann also davon ausgehen, dass Kinder, denen mehr Mitgefühl entgegengebracht wird, auch eher dazu fähig sind Empathie für andere zu empfinden und altruistisch zu handeln (als Kinder die zum Beispiel aus Familien mit Misshandlungshintergrund kommen). Wie Dweck und von Salisch beschreiben, haben Studien deshalb auch gezeigt, dass diese Kinder mehr prosoziales Verhalten zeigten (von Salisch, 116; Tomasello, 99). Dies deutet auch nochmal darauf hin, dass diese Fähigkeit größtenteils erlernt wird und sich immer weiter entwickelt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Kooperation durch Empathie
Untertitel
Der Einfluss des Empathievermögens auf unsere Kooperationsfähigkeit
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Autor
Jahr
2015
Seiten
12
Katalognummer
V434815
ISBN (eBook)
9783668762114
ISBN (Buch)
9783668762121
Dateigröße
481 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Empathie, Kooperation, soziales Verhalten
Arbeit zitieren
Katharina Gerhardt (Autor:in), 2015, Kooperation durch Empathie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/434815

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Kooperation durch Empathie



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden