Bewertung von Hebelzertifikaten


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

34 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Formelverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1 Einleitung

2 Konzeption von Hebelzertifikaten

3 Preisbildung in der Praxis
3.1 Bewertung durch Analogie zu Futures
3.2 Bewertung durch Analogie zu Forwards

4 Bewertung von Hebelzertifikaten aus der optionspreistheoretischen Sicht
4.1 Analytische Bewertungsmethode
4.2 Numerische Bewertungsverfahren
4.2.1 Bewertung durch einen Binomialbaum
4.2.2 Bewertung durch einen Trinomialbaum
4.2.3 Konvergenzbeschleunigung für Baumverfahren

5 Vergleich börsennotierter Kurse mit theoretisch ermittelten Preisen

6 Schlussbetrachtung

Anhang mit Anhangsverzeichnis

Verzeichnis der Internetquellen

Literaturverzeichnis

Formelverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Hebelzertifikate sind seit Herbst 2001 am deutschen Kapitalmarkt vorzufinden.[1] Seitdem kam es zu einer Etablierung dieser Wertpapierart, die bereits dazu geführt hat, dass ein Teil der klassischen Optionsscheine substituiert wurde.[2] Grund des immensen Erfolgs, vor allem im Reteilsegment dürfte die Kombination von Eigenschaften von Futures und Optionen sein. Das Hebelzertifikat erlaubt dem Retailkunden erstmals in Futureähnliche Geschäfte zu investieren, ohne das Risiko der Nachschusspflicht tragen zu müssen. Zudem wird von den Emittenten häufig als verkaufsförderndes Argument vorgebracht, dass Hebelzertifikate, ähnlich wie Optionsscheine, über einen Hebeleffekt verfügen, gleichzeitig aber von optionsscheinspezifischen Einflussfaktoren, wie der Volatilität, nahezu unabhängig sind. Außerdem sei die Preisstellung von Hebelzertifikaten im Vergleich zur Bestimmung von Optionspreisen relativ einfach und erhöht dadurch die Attraktivität des Produkts für den Kunden.[3]

In der Literatur fand bereits eine eingehende Untersuchung der optionsscheinspezifischen Einflussfaktoren auf Hebelzertifikate statt. Es konnten tatsächlich geringere Einflüsse als bei Optionen auf die Preisbildung festgestellt werden.[4] Im Rahmen dieser Arbeit sollen mögliche Bewertungskonzepte für Hebelzertifikate vorgestellt und angewendet werden sowie die daraus resultierenden Ergebnisse mit den am Kapitalmarkt vorgefundenen Kursen verglichen werden. Nach einer kurzen Beschreibung der Konzeption von Hebelzertifikaten in Kapitel 2 werden die häufig von den Emittenten kommunizierten Bewertungsmöglichkeiten in Analogie zur Preisstellung von Forwards in Kapitel 3.1 bzw. von Futures in Kapitel 3.2 beschrieben. In Kapitel 4 werden Hebelzertifikate aus Sicht der Optionspreistheorie betrachtet und Bewertungsmöglichkeiten anhand von numerischen (4.1) und analytischen (4.2) Bewertungsmethoden aufgezeigt. In Kapitel 5 erfolgt ein Vergleich theoretisch berechneter Preisen mit am Markt vorgefundenen Briefkursen, bevor die Ergebnisse der Arbeit in Kapitel 6 abschließend zusammengefasst werden.

2 Konzeption von Hebelzertifikaten

Der Begriff Hebelzertifikat ist für diese Wertpapierart nicht der einzige. Synonym verwendet werden auch Turbozertifikat, Knock-out-Optionsschein, Turbo Warrants, WAVEs oder auf Grund ihrer Future ähnlichen Eigenschaften Listed Index Future bzw. Listed Stock Futures.[5] An der für den Handel mit Derivaten national bedeutenden EUWAX werden Hebelzertifikate seit Mai 2003 unter der Rubrik Derivative Hebelprodukte als Knock-out-Produkte separat aufgeführt.[6]

Derzeit existieren Hebelzertifikate auf einzelne Aktien, Indices, Währungen und Zinsen, aber auch auf Rohstoffe und Waren. Sie besitzen einen Basiswert, an dessen Kursänderungen sie absolut gesehen, nahezu linear partizipieren. Durch dieses Verhalten ähneln Hebelzertifikate der Funktionsweise eines Future- Kontraktes am Terminmarkt und bieten dem Privatanleger die Möglichkeit über diese Produkte in ein Future- ähnliches Instrument investieren zu können. Aufgrund des geringeren Kapitaleinsatzes beim Hebelzertifikat, als bei einem Direktinvestment in den Basiswert und der nahezu linearen Partizipation an Kursänderungen des Basiswertes partizipiert das Hebelzertifikat prozentual gesehen, überproportional an Kursänderungen des Basiswertes. Diese Eigenschaft wird als Hebel bezeichnet.[7]

Analog zu den aus dem Optionsmarkt bekannten Calls und Puts existieren Long- bzw. Short- Hebelzertifikate, die der Spekulation auf steigende bzw. fallende Kursen dienen. Ein Teil der Hebelzertifikate wird als open end Hebelzertifikat gehandelt, bei welchen die Preisbildung laut Emittenten dem inneren Wert entsprechen soll.[8] Der andere Teil der Hebelzertifikate läuft hingegen über einen bestimmten Anlagezeitraum. Diese Hebelzertifikate sollen weiter betrachtet werden. In diesem Fall erhält der Anleger bei Fälligkeit analog zu Plain Vanilla Optionen die positive Differenz des aktuellen Kurses des Basiswertes und des im Voraus vertraglich festgelegten Basispreises. Allerdings existiert eine zusätzliche Bedingung für die Auszahlung. So darf der zugrundeliegende Kurs des Basiswertes in keinem Fall eine vorher vertraglich festgelegte Barriere berühren oder durchbrechen. Die Überwachung dieser Bedingung, das sogenannte Monitoring[9], findet bei Hebelzertifikaten normalerweise kontinuierlich statt, das heißt die Berührung der Barriere des Basiskurses führt generell, also auch durch Intradaykurse, zum Knock-out des Hebelzertifikats und nicht nur bei spezifischen Zeitpunkten, wie Tagesschlusskursen. Falls es ausgeknockt wird, stellt der Market Maker den Handel mit dem betreffenden Hebelzertifikat ein und veranlasst eine Rebate-Zahlung[10]. Diese ist abhängig vom Verhältnis von Barriere und Basispreis. In den meisten Fällen lauten Barriere und Basispreis auf den selben Wert. In diesen Fällen verfällt das Hebelzertifikat sofort wertlos, wenn die Barriere erreicht wird.[11] Ansonsten befindet sich das Hebelzertifikat noch im Geld und der Emittent verpflichtet sich zu einem Ausgleich der finanziellen Position auf Basis seiner Auflösung von Hedginggeschäften.[12] Die Formeln (1) und (2) stellen jeweils das Auszahlungsprofil eines Long- bzw. eines Short- Hebelzertifikats formal dar, wobei in der Praxis berücksichtigt werden sollte, dass das Bezugsverhältnis in der Regel von eins abweicht.[13]

Dieses Auszahlungsprofil legt einerseits nahe, dass Hebelzertifikate Derivativen Wertpapieren zuordenbar sind und mit Hilfe optionspreisspezifischer Modelle bewertet werden können. Bevor einige dieser optionspreistheoretischer Bewertungsmethoden in Kapitel 4 vorgestellt werden, soll in Kapitel 3 die von den Emittenten kommunizierte Preisstellung über Forwards und Futures erörtert werden.

3 Preisbildung in der Praxis

Die Preisbildung bzw. die Kommunikation der Preisbildung an den Kunden erfolgt meist so, dass dieser den Wert des Hebelzertifikats auf einfache Weise selbst durchführen bzw. nachvollziehen kann. Die optionspreistheoretischen Komponenten werden deshalb zum Teil ausgeblendet und es wird auf Ähnlichkeiten mit am Markt bereits existierenden Produkten verwiesen, deren Preisermittlung weniger komplex als die von Optionen ist. Basis dieser Überlegungen bilden mögliche Hedgepositionen des Emittenten, die er zur Absicherung des verkauften Hebelzertifikats eingehen kann. Zwei mögliche und relativ einfache Methoden dieser Bepreisung stellen die Bewertung durch Future- und Forward-Geschäften[14] dar, deren Vorgehensweise jeweils in Kapitel 3.1 und 3.2 erörtert werden.

3.1 Bewertung durch Analogie zu Futures

Oft wird in der Praxis darauf hingewiesen, dass Hebelzertifikate die Vorteile von Futures und Optionsscheinen kombinieren. So besteht im Gegensatz zu Futures-Geschäften keine Nachschusspflicht und zugleich ist das Hebelzertifikat relativ unelastisch in bezug auf optionsscheinspezifische Faktoren wie bspw. die Volatilität und Restlaufzeit. An Änderungen des Basiswertes partizipiert der Anleger ähnlich wie durch einen Future, wobei sich durch den geringen Kapitaleinsatz ein Hebeleffekt ergibt. Dieser ermöglicht deutlich höhere Renditen ermöglicht als eine Direktinvestition in den Basiswert. Auch die Auszahlungsstruktur ähnelt der eines Futures, weshalb die Ermittlung des Wertes eines Hebelzertifikats durch Futures nahe liegt. Natürlich ist bei dieser einfachen Approximation zu beachten, dass diese Vorgehensweise nicht unbedingt zu finanzmathematisch exakten Lösungen führt. Sie ermöglicht aber unter bestimmten Umständen einfache und relativ gute Näherungslösungen. Damit entspricht die Bewertung von Hebelzertifikaten durch Futures der von den Emittenten geforderten einfachen Nachvollziehbarkeit der Preisbildung für den Anleger.[15]

Analog zur Wertbestimmung von Futures[16] bestimmt sich der Wert von Hebelzertifikaten aus der positiven Differenz des Kurses des Basiswertes und des Basispreises und den Cost of Carry. Die Cost of Carry entsprechen einem Aufgeld, das bei Long-Hebelzertifikaten die „Zinskosten auf den nicht investierten Betrag X abzüglich der Dividendenerträge“[17] repräsentiert. Bei Short- Hebelzertifikaten entsprechen sie hingegen den „Zinserlösen auf den investierten Betrag X abzüglich der Dividendenaufwendungen aus dem Leerverkauf“[18]. Voraussetzung für diese Vorgehensweise ist, dass Basispreis und Barriere auf den gleichen Kurs lauten. Damit lassen sich die Bewertungsformeln (3) und (4) für Long- bzw. Short-Hebelzertifikate ermitteln.[19]

Die Wertstellung von Hebelzertifikate mit Hilfe dieser Analogie eignet sich insbesondere dann, wenn das Hebelzertifikat tief im Geld liegt und damit auch die Barriere weit vom aktuellen Kursniveau des Basiswertes entfernt liegt. Zu berücksichtigen ist bei dieser Vorgehensweise, dass Veränderungen der Volatilität, des risikolosen Zinssatzes und der Restlaufzeit keine Auswirkungen auf den berechneten Wert des Hebelzertifikats haben, obwohl diese Veränderungen den Wert beeinflussen.[20]

3.2 Bewertung durch Analogie zu Forwards

Eine weitere einfache und von einigen Emittenten wie z. B. ABN Amro publizierte Möglichkeit Hebelzertifikate zu bepreisen stellen Forwards dar. So setzt sich der Preis eines Long-Hebelzertifikats aus seinem inneren Wert und dessen Finanzierungskosten zusammen. Der innere Wert stellt hierbei die Differenz aus dem Stand des Basiswertes bei Fälligkeit und dem Basispreis dar während die Finanzierungskosten „als Zinsen für den vom Anleger nicht hinterlegten Kapitalanteil unterhalb des Basispreises zu interpretieren“[21] sind. Formel (5a) zeigt diesen Zusammenhang formal dar. Basis dieser Bewertung bildet das mögliche Hedging des Derivats durch den Kauf des Basiswertes und gleichzeitiger Kreditaufnahme zum Basispreis. Die anfallenden Zinsen durch Kreditaufnahme werden in Form von Finanzierungskosten im Gegenzug wieder an den Anleger weitergegeben. Durch mathematische Umformungen der Formel (5a) zu (5b) ist es möglich, auf die tatsächliche ökonomische Bedeutung dieser Preisfunktion zu schließen. Finanzmathematisch gesehen, setzt sich diese adjustierte Formel aus einer Forward-Position und einem von der Restlaufzeit abhängigen Aufschlag zusammen. Letzterer ist im wesentlichen von dem vom Emittenten festgelegten Zinssatz Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten abhängig und sinkt mit geringer werdender Restlaufzeit.[22]

[...]


[1] Vgl. Scholz, H./ Baule, R./Wilkens, M. (2004), S. 1.

[2] Vgl. u. a. Schaller, M. (2002), S. 5; Scholz, H./ Ammann, K./ Baule, R. (2003), S. 37; Weyand, H. (2003), S. B5.

[3] Vgl. Fischer, E. O./ Greistorfer, P./ Sommersgut-Reichmann, M. (2003), S. 119; Fischer, E. O./ Greistorfer, P./ Sommersgut-Reichmann, M. (2002), S. 995.

[4] Vgl. Fischer, E. O./ Greistorfer, P./ Sommersgut-Reichmann, M. (2003), S. 124ff.; Fischer, E. O./ Greistorfer, P./ Sommersgut-Reichmann, M. (2002), S. 1001f.

[5] Vgl. z. B. Scholz, H./ Ammann, K./ Baule, R. (2003), S. 40; Scholz, H./ Baule, R./ Wilkens, M. (2004), S. 1.

[6] Der Marktanteil der EUWAX am Börsenhandel mit Derivativen Hebelprodukten betrug im Juli 2004 über 90%; vgl. EUWAX (2004), S. 2.

[7] Vgl. EUWAX (o. J.).

[8] Vgl. ABN Amro (o. J.), S. 2.

[9] Vgl. Chriss, N. A. (1997), S. 435f.

[10] Vgl. Chriss, N. A. (1997), S. 436.

[11] Der Anleger erhält aus steuerlichen Gründen eine marginale Zahlung, meist in der Höhe von 0,001 € pro Hebelzertifikat; vgl. Scholz, H./ Ammann, K./ Baule, R. (2003), S. 40.

[12] Vgl. Scholz, H./ Baule, R./Wilkens, M. (2004), S. 3f.

[13] Vgl. Scholz, H./ Ammann, K./ Baule, R. (2003), S. 36 und S. 40.

[14] Vgl. z. B. Perridon, L./ Steiner, M. (1999), S. 302ff.

[15] Vgl. Fischer, E. O./ Greistorfer, P./ Sommersgut-Reichmann, M. (2003), S. 120ff.; Fischer, E. O./ Greistorfer, P./ Sommersgut-Reichmann, M. (2002), S. 996ff.

[16] Vgl. z. B. Steiner, M./ Bruns, C. (2000), S. 438ff.

[17] Fischer, E. O./ Greistorfer, P./ Sommersgut-Reichmann, M. (2002), S. 997.

[18] Fischer, E. O./ Greistorfer, P./ Sommersgut-Reichmann, M. (2003), S. 121.

[19] Vgl. Fischer, E. O./ Greistorfer, P./ Sommersgut-Reichmann, M. (2003), S. 121; Fischer, E. O./ Greistorfer, P./ Sommersgut-Reichmann, M. (2002), S. 997.

[20] Vgl. Fischer, E. O./ Greistorfer, P./ Sommersgut-Reichmann, M. (2003), S. 123ff.; Fischer, E. O./ Greistorfer, P./ Sommersgut-Reichmann, M. (2002), S. 999ff.

[21] Scholz, H./ Baule, R./Wilkens, M. (2004), S. 5.

[22] Vgl. Scholz, H./ Baule, R./Wilkens, M. (2004), S. 4f.

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Bewertung von Hebelzertifikaten
Hochschule
Universität Augsburg  (Finanz- & Bankwirtschaft)
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
34
Katalognummer
V43457
ISBN (eBook)
9783638412384
ISBN (Buch)
9783656068570
Dateigröße
796 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Turbozertifikat, Knock-out-Optionsschein, Turbo Warrants, WAVEs Listed Index Future bzw. Listed Stock Futures, EUWAX, Hebelzertifikate, Aktien, Indices, Währungen und Zinsen, aber auch auf Rohstoffe und Waren Privatanleger, Option, Optionen, Call Put, Barrier Option, Basiswert, Volatilität, Zinsstrukturkurve, Short, Long, open end, Hedging, Forward, Future, Black Scholes Merton Barwert, numerische Bewertungsverfahren, Binomial, Binomialbaum, Trinomialbaum, Adapitve Mesh, Cox Ross Rubinstein
Schlagworte
Bewertung, Hebelzertifikaten, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Michael Fischer (Autor:in), 2004, Bewertung von Hebelzertifikaten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43457

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Bewertung von Hebelzertifikaten



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden