Neue Perspektiven der Digitalen Spaltung - Eine Stellungnahme zu aktuellen Befunden


Hausarbeit, 2005

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Begriffliche Annäherung an das Phänomen „Digital Divide“

3. Vorgängertheorien des „Digital Divide“

4. Definitionsperspektiven des „Digital Divide“
Definitionen unter dem Zugangsaspekt
Definitionen unter dem Nutzungsaspekt
Komplexe Definitionen

5. „Digital Divide“ eine Bedrohung?
5.1. Exklusionsthese
Partizipation
Innovation
Evolution
5.2. Handicapthese

6. Fazit

1. Einleitung

Der „Digital Divide“ ist einer der strittigsten Fragen der Kommunikationswissenschaft. Das Phänomen wird in unterschiedlichster Weise wahrgenommen und mit gegensätzlichsten Handlungsdirektiven versehen. Der aktuelle Diskurs spaltet die Gesellschaft. Zwischen Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, sowie innerhalb dieser Lager herrscht Uneinigkeit hinsichtlich Definition und Folgeerscheinungen.

Ziel dieser Arbeit ist es, einen Überblick über die aktuelle Diskussion zum „Digital Divide“ zu vermitteln. Nachdem eine rückblickende Einordnung des Begriffs vorgenommen wurde, sollen die Definitionsperspektiven des Phänomens verdeutlicht werden. Anschließend soll die Frage von Bedeutung sein, ob mit der Erscheinung der digitalen Teilung ein sozio- kulturelles Bedrohungsszenario gerechtfertigt ist. Mittels einer Operrationalisierung der Fragestellung werden Paradigmen hinsichtlich einer „Internetdiffusion“ differenziert und der Stand einer möglichen Benachteiligung ausgeschlossener Gruppen reflektiert. Aktuelle Befunde zur Internetnutzung ermöglichen schließlich eine abschließende Bewertung des „Problems“.

Diese Schrift entstand auf der Grundlage eines Referats mit dem Titel „Neue Perspektiven der Digitalen Spaltung“. Es wurde am 05.01.2005 von dem Studierenden der Fachrichtung Kommunikationswissenschaft Enrico Kloth an der Universität Erfurt im Seminar „Studien zum Umgang mit digitalen Medien“ vorgetragen.

2. Begriffliche Annäherung an das Phänomen „Digital Divide“

Um sich der Begrifflichkeit des „Digital Divide“ anzunähern, möchte ich zunächst einen kurzen Blick auf dessen Entstehungsgeschichte werfen. In der wissenschaftlichen Literatur existieren unterschiedliche Angaben zum „Digital Divide“. Die frühste Angabe geht auf Herbert Kubicek & Steffan Welling zurück. Beide verorten den Terminus 1994 im Zusammenhang mit der Mailingliste des Digital Divide – Networks.[1] Katja Arnold hingegen sieht die Entstehung des Begriffs im Rahmen einer entwicklungspolitischen Konferenz 1995 unter dem Namen „Digital Divide“.[2] Maria Trujillo Mendoza verweist auf andere Wurzeln des Begriffs. Sie führt den Begriff „Digital Divide“ direkt auf die politischen Diskussionen in Bezug auf den „U.S. Telecommunications Act“ von 1996 zurück.[3] Die verschiedenen Ansichten zeigen, dass die Entstehung der Wortkonstruktion „Digital Divide“ heute nicht mehr sicher nachvollzogen werden kann.

Das Wort „digital“ stammt ursprünglich vom lateinischen Begriff „digi…“ ab, der „mit dem Finger“ bedeutet. Im technischen Gebrauch wird „die Darstellung in Ziffern“ damit gemeint. Die EDV bezeichnet mit dem Wort „digital“: „Stufen folgend“ oder konkreter: „digitale Informationsverarbeitung“.[4] Der englische Begriff „divide“ wird mit dem deutschen Substantiv „Teilung“ oder „Aufteilung“ übersetzt.[5] Zusammen beschreibt der Begriff „Digital Divide“ oder „Digitale Teilung“ eine Zugangs- (und) oder Nutzungskluft zwischen den Nutzern bzw. den Nichtnutzern der Abwendungs-Potentiale des Internets oder protokollbasierenden Dienste wie E-Mail und WWW.[6] Nicht selten wird die Digitale Teilung in der Folge mit einer Wissenskluft[7] in Verbindung gebracht. In der neueren Betrachtung werden unter diesen Aspekten auch digitale Fernsehangebote beleuchtet.[8]

3. Vorgängertheorien des „Digital Divide“

Zur Entstehung des „Digital Divide“ trugen unter anderem zwei Visionen einer globalen Vernetzung bei: Der Internet- Hype und die Theorie der Informations- oder Wissensgesellschaft.

Der Internet- Hype bezeichnet die rückhaltlose Begeisterung für das Internet und den durch das Netz geschaffenen Cyberspace. Mittels weltweiter Kommunikation, der unendlichen Möglichkeiten im Cyberraum und der grenzenlosen Weiten sollten die Probleme der Gesellschaft und der ganzen Welt in absehbarer Zeit gelöst werden können. In Sachen Internet-Hype hervorgetan hat sich das Szene-Magazin Wired und sein Web-Pendant Hot Wired. Der Cybervisionär John Perry Barlow hat sich mit seiner „Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace“ ebenfalls um den Hype verdient gemacht.[9]

Die Theorie der Informationsgesellschaft geht auf den amerikanischen Soziologen Daniel Bell zurück. Dieser entwickelte bereits in den siebziger Jahren ein evolutionäres 3- Stufenmodell für eine Gesellschaft. Die dritte Stufe seines Modells stellt die postindustrieelle Gesellschaft (Informationsgesellschaft) dar, die ihre zentralen Probleme durch die Errichtung von Informations- und Kommunikationsnetzen löse. Im Wahlkampf 1992 machte der amerikanische Präsident Bill Clinton den Aufbau einer Informationsinfrastruktur zu einer nationalen Hauptaufgabe. Die europäische Antwort auf diese Initiative erfolgte 1994 durch die zuständige EU- Kommission. Unter dem Titel „Europa und die globale Informationsgesellschaft“ wurde eine Empfehlung zur gesamteuropäischen Koordination des Ausbaus der Informationsstrukturen vorgenommen. Mit der Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechniken plädierte man für eine breite Verfügbarkeit der Techniken im Dienste wachsender gesellschaftlicher Gleichberechtigung, aber auch hinsichtlich der Erschließung neuer Märkte.[10]

Schon die theoretische Umsetzung beider Visionen erzeugt die „Digital Divide“- Problematik. Die neuen Möglichkeiten und Potentiale einer vernetzten Gesellschaft und Welt erfordern eine Teilhabe aller Menschen. So kommen mit einer potentiellen Befreiung von Missständen neue Zwänge zu Tage: Der Zugang zum „Netz“ für alle, sowie die Akzeptanz und Handhabung der neuen Technik.

4. Definitionsperspektiven des „Digital Divide“

In der wissenschaftlichen Literatur gibt es verschiedene Ansätze mit denen das Phänomen „Digital Divide“ beschrieben wird. Die Vielschichtigkeit der Betrachtungsweise des Problems wird deutlich anhand der Fülle der vorliegenden Definitionsansätze. Anfangs wurde die Digitale Spaltung nur auf den Zugang zu den Potentialen digitaler Informations- und Kommunikationsdienste bezogen. Später kamen die Dimensionen „Nutzen“ und „gesellschaftliche Rahmenbedingungen“ hinzu. Die Rubrik „Nutzen“ wurde differenziert in bspw. „die gesellschaftliche Segmentierung der (Nicht-) Nutzungsgruppen“; „Nutzungsorte“ und „Nutzungsfunktionen“. Es lassen sich drei Kategorien ausgewählter Definitionen systematisieren, die versuchen, den „Digital Divide“ zu beschreiben:

1. Zugangsaspekt; 2. Nutzungsaspekt; 3. Komplexe Definitionen.

Definitionen die nur den Zugangsaspekt betonen

Definitionen unter dem Zugangsaspekt resultieren aus der Tatsache, dass sich technische Neuerungen nie auf einmal ausbreiten. Vielmehr verläuft die Implementierung neuer Techniken in Verlauf einer S- Kurve.[11] Die Voraussetzung dessen ist die Überschreitung einer kritischen Masse, die erreicht werden muss, um eine volle Akzeptanz gegenüber der Neuerung zu erreichen.[12] Im Zuge der Digital- Divide- Forschung ist deshalb die Frage von Interesse ob, die kritische Masse erreicht wird oder nicht, bzw. auf welchem Niveau eine Sättigungsebene erreicht wird.

[...]


[1] Vgl. Kubicek, Herbert/ Welling, Stephan: „Vor einer digitalen Spaltung in Deutschland? Annäherung an ein verdecktes Problem von wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Brisanz“: In: Medien- & Kommunikationswissenschaft 48, H. 4, S.501

[2] Vgl. Arnold, Katja: “Digital Divide: Zugangs- oder Wissenskluft?” In: Rössler, Patrick: „Internet Research“ Bd.10, Verlag Reinhard Fischer Verlag: München, 2003; S.13

[3] Vgl. Ebd.

[4] Vgl. Drosdowski, Günther (Hrsg.): „Duden: Die deutsche Rechtschreibung“, Dudenverlag, Mannheim, Leipzig […],1991; S.208

[5] Vgl. Clark, Micheal/ Mohan, Bernatette u.a. (Hrsg.): „Duden Oxford: Standartwörterbuch Englisch“, Oxford University Press & F.A. Brockhaus, Mannheim, Leipzig […],1991; S.174

[6] Vgl. Arnold, Katja: “Digital Divide: Zugangs- oder Wissenskluft?” In: Rössler, Patrick: „Internet Research“ Bd.10, Verlag Reinhard Fischer Verlag: München, 2003; S.27

[7] Dieser Begriff beruht auf der sogenannten Wissensklufthypothese, die im Jahr 1970 von Philip J. Tichenor, George A. Donohue, und Clarice N. Olien an der Minnesota University entwickelt wurde: Diejenigen sozialen Gruppen/Bevölkerungsteile, die wirtschaftlich besser gestellt sind und/oder über einen höheren Bildungsabschluß verfügen, nehmen den wachsenden Informationsfluß durch die Massenmedien schneller auf als die Bevölkerungsteile, die wirtschaftlich schwächer gestellt sind und/oder über einen niedrigeren Bildungsabschluß verfügen. Dadurch wird die Wissenskluft zwischen diesen beiden Gruppen tendenziell größer.

[8] Vgl. ARD Forschungsdienst: „Digital Divide: führen Internet und Digitales Fernsehen zu einer neuen Wissenskluft?“ In: Media Perspektiven 5/ 2004; S.233 ff.

[9] Vgl. Onine ABC: “Internethype”: http://www.webwunder.de/asp/abc.asp?abfrage=Internet-Hype

[10] Burkhart, Roland: Kommunikationswissenschaft – Grundlagen und Problemfelder – Umrisse einer interdisziplinären Sozialwissenschaft , - 3., überarb. und erw. Aufl. - Wien : Braumüller, 2004;S. 180ff.

[11] Vgl. Rogers, Everett M.: “Diffusion of Innovations” The Free Press, New York, 1995; 258; Figure 1-7

[12] Vgl. Ebd.; Figure 1-7

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Details

Titel
Neue Perspektiven der Digitalen Spaltung - Eine Stellungnahme zu aktuellen Befunden
Hochschule
Universität Erfurt
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V43353
ISBN (eBook)
9783638411738
ISBN (Buch)
9783638750172
Dateigröße
488 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Neue, Perspektiven, Digitalen, Spaltung, Eine, Stellungnahme, Befunden
Arbeit zitieren
Enrico Kloth (Autor:in), 2005, Neue Perspektiven der Digitalen Spaltung - Eine Stellungnahme zu aktuellen Befunden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43353

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