Charakterkomik in "Das Lachen" von Henri Bergson


Hausarbeit, 2011

16 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

EINLEITUNG

HAUPTTEIL

1. Henri Bergson

2. Die Charakterkomik bei Henri Bergson

3. Moliere

4. Die Charakterkomik bei Moliere

5. Vergleich der beiden Charakterkomiken

SCHLUSS

I. Einleitung

Bei dieser Hausarbeit handelt es sich um eine Ausarbeitung des Präsentationthemas, welches im Rahmen des Moduls „Einführung in die Literatur- und Kulturtheorie“ im Seminar „Komiktheorie“ bearbeitet wurde. Die Präsentation umfasste das Werk „Das Lachen“ von Henri Bergson, wobei meinerseits eine Beschäftigung mit der Charakterkomik stattgefunden hat.

Bergsons Werk beinhaltet drei Aufsätze über das durch Komik hervorgerufene Lachen und versucht für die jeweiligen Typen Definitionen oder Merkmale zu entwickeln und darzulegen. Er geht dabei zunächst auf die Komik im Allgemeinen ein, daraufhin auf die Situationskomik und zuletzt auf die Charakterkomik, die Hauptthematik dieser Ausarbeitung ist.

Die Ausarbeitung wird eingeleitet mit allgemeinen Informationen zur Arbeit Henri Bergsons und seinem Werk „Das Lachen“, bevor daraufhin genauer auf die Charakterkomik seinerseits eingegangen wird.

Zur weiterführenden Vertiefung der Thematik habe ich mich mit einer Theorie des Komischen, bzw. der Charakterkomik beschäftigt, die auch Thematik Bergsons war und Möglichkeiten zum Vergleich bietet. Diese Theorie ist die Molières aus der Zeit des Absolutismus, die vielen nachfolgenden Philosophen wie auch Bergson als Bearbeitungsgrundlage gedient hat. Zunächst werden einige Angaben zu Molières Weltanschauung, sowie zu seinem Lebenslauf gemacht, woraufhin genauer auf seine Charakterkomik eingegangen wird, die von verschiedenen Autoren untersucht wurden.

Abschließend soll durch einen Vergleich herausgestellt werden, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede die beiden Theorien des komischen Charakters haben und inwiefern sie sich ergänzen oder voneinander abgrenzen. Interessant sind dabei auch die verschiedenen Ausgangspunkte der Philosophen, sowie ihre Voraussetzungen um einen komischen Charakter zu schaffen.

II. Hauptteil

1. Henri Bergson

Henri Bergson wurde 1859 als Sohn jüdischer Eltern in der Schweiz geboren. Sein Vater war Musiklehrer und Komponist. Bergson selbst war zunächst Gymnasiallehrer, bevor er seine universitäre Karriere mit 41 Jahren begann. 1980 wurde er schließlich Professor für griechische und lateinische Philosophie. Jedoch veröffentlichte er schon vorher einige philosophische Schriften. 1941 starb Henri Bergson im Alter von 80 Jahren.1

Er veröffentlichte in seinem Werk „Das Lachen“ von 1948 drei Aufsätze über das durch Komik hervorgerufene Lachen.2 Bergson merkt dabei zunächst an, dass man die Komik nicht in eine Definition zwängen könne, sodass er versucht lediglich verschiedene Merkmale und Betrachtungen herauszuarbeiten.3

Bergson arbeitet drei Betrachtungen der Komik heraus, die sich wie folgt zusammensetzen:

1. Es gibt keine Komik außerhalb dessen, was wahrhaft menschlich ist.
2. Das Lachen ist mit meist einer gewissen Empfindungslosigkeit verbunden.
3. Wir würden die Komik nicht genießen, wenn wir uns allein fühlten.

Im weiteren Verlauf des ersten Kapitels erläutert Bergson auch die Gründe, warum man lache. Dazu gehöre neben dem Gesetz der Trägheit, die mechanische Starrheit, die Zerstreutheit, sowie die Spannung und Geschmeidigkeit. Nach Bergson ist beispielsweise die Steifheit das Komische; und das Lachen, welches darauffolgt ihre Strafe, sodass man anmerken kann, dass die Komik auch immer abhängig von Sitten und Gebräuchen einer Gesellschaft, ist in der man lebt. Anzumerken ist auch, dass die Gesellschaft sich dabei immer gegen den Einzelnen richtet und somit das Lachen als Korrektiv arbeitet, worauf im weiteren Verlauf noch eingegangen wird.

Im zweiten Kapitel geht Bergson auf die Situations- und Wortkomik ein. Nach Bergson ist die Komik in Handlungen und Situationen die Komik des Alltags, die sich durch die vergröberte oder vereinfachte Reflektion des Lebens auszeichnet und im Theater oder in Kinderspielen ihre Verwirklichung findet. Sie verwendet dabei Methoden der Repetition, Inversion und Interferenz.

Bei der Wortkomik geht es darum, dass Sprache durch Methoden der Inversion, Interferenz und Transposition Komik erzeugt. Die Sprache führt zu komischen Effekten, weil sie menschlich und deshalb eine recht genaue Nachahmung des menschlichen Geistes ist.

Im dritten Kapitel geht Bergson dann auf die Charakterkomik ein, die in dieser Arbeit genauer untersucht werden soll.

2. Die Charakterkomik bei Bergson

Im dritten Kapitel seines Werks geht Bergson auf die Analyse des komischen Charakters ein. Um einen Charakter komischen finden zu können kommt es nicht darauf an, ob er gut oder schlecht ist, sondern auf drei Bedingungen, die sich wie folgt zusammensetzen.4

1. Ungeselligkeit der dargestellten Person
2. Empfindungslosigkeit des Zuschauers
3. Automatismus

Zur ersten Bedingung ist zu sagen, dass das Lachen eine soziale Bedeutung und Tragweite hat, weshalb die Komik vor allem die besondere Unfähigkeit des Menschen sei, sich der Gesellschaft anzupassen.5 Die Komik gibt es, nach Bergson, auch nur im Menschlichen, weshalb ihr Charakter der Mensch ist.

Die Komödie beginnt dann, wenn es zu einer Ungeselligkeit kommt, der Mensch sich also gegen das Leben in der Gemeinschaft sträubt, was Bergson auch als Versteifung betrachtet.6 Komisch ist eine Person also, wenn sie automatisch ihren Weg geht, ohne sich dabei um den Kontakt mit anderen zu bemühen.7 Das Lachen sei dann dazu da, den Einzelgänger aus seiner Zerstreutheit zu wecken und ihn zurückzuholen. Jedoch kann es auch dazu dienen, jemanden zu demütigen und gilt somit als soziale Züchtigung, was Bergson auch als „das Lachen als Korrektiv“8 bezeichnet, worauf im späteren Verlauf noch eingegangen wird.

Die zweite Bedingung zeigt die soziale Bedeutung des Lachens auf, die mit den seelischen Zuständen, die uns bewegen, zusammenhängt. Die Komödie kann erst beginnen, wenn uns ein anderer Mensch nicht mehr beschäftigt und deshalb muss dieser aus einer gewissen Entfernung betrachtet werden um verlacht werden zu können, wie es etwa beim Theater der Fall ist.9 Das Lachen เทา Theater ist jedoch auch keine wirkliche Freude, sondern beinhaltet stets einen Hintergedanken, der nicht unbedingt individuell verankert ist, jedoch in der Gesellschaft allgemein. Daher kann man von einer uneingestandenen Absicht sprechen, die darauf abzielt, zu demütigen und zu korrigieren. Die Elemente des Komischen sind im Theater und im Leben dieselben. Man lacht nicht nur über die Fehler seiner Nächsten sondern auch über ihre Vorzüge, die zum Beispiel durch übertriebene Handlungen lächerlich wirken können, sodass die Komik nicht als Kennzeichen eines Fehlers im moralischen Sinne gemeint ist. Eine komische Person kann durchaus moralisch handeln, jedoch wird dies von der Gesellschaft nicht als moralische Handlung anerkannt. Sobald sich ein Mensch absondert, gilt er als komisch, ganz gleich welche positiven Eigenschaften er hat. Die Komik lebt von dieser Isolierung und Absonderung des Menschen. Notwendige Bedingung ist, dass diese Fehler nicht bewegen dürfen, weshalb der Dichter einige Methoden einzusetzen weiß. Dabei geht es einerseits darum, die Empfindsamkeit der Leser bzw. Zuschauer zu betäuben und andererseits darum, die Sympathie abzutöten, sobald sie zu entstehen droht.

Die dritte Bedingung bedeutet, dass etwas nur wirklich komisch sein kann, wenn es automatisch geschieht. Das bedeutet, dass ein Charakter komisch ist, wenn er sich selbst durch unwillkürliche Bewegungen oder unbedachte Worte unbewusst preisgibt und eine Art von Zerstreutheit erkennbar ist.10 Nach Bergson ist die Komödie umso anspruchsvoller, je tiefer die Zerstreutheit eines Charakters sei. Eine Person wirkt auch komisch dadurch, dass sie diese Eigenschaften in sich selbst nicht erkennen kann, was beispielsweise durch naive Aussagen oder Untugend erkennbar wird. Diese Unaufmerksamkeit des komischen Charakters bedeutet für Bergson auch Ungeselligkeit des Charakters, denn am meisten versteife sich der Mensch, wenn er es unterlasse, rund um sich und vor allem in sich selbst zu blicken.

Bergson stellt die Charakterkomik als ein Gemisch aus Steifheit, Automatismus, Zerstreutheit und Ungeselligkeit dar. Er ist der Auffassung, dass man jeden Charakter komisch nennen kann, wenn man unter Charakter einen einem Menschen eingebauten, automatisch funktionierenden Mechanismus versteht, welcher beispielsweise bewirkt, dass wir uns wiederholen oder andere gewollt oder ungewollt nachahmen können.11 Das „Allerkomischste“12 ist nach Bergson, dass jeder selbst zu einem Rahmen werden kann, in den sich andere mühelos einfügen können, sodass jeder selbst zu einem Charakter erstarren kann.

Des Weiteren geht Bergson in diesem Kapitel auf die Komödie ein, deren Zweck es ist, allgemeine Typen, also Charaktere, zu schildern und sich an der Grenze zwischen Kunst und Leben ansiedeln lässt. Er ist der Meinung, dass in Bezug auf das Leben Dinge im Hinblick auf ihren Nutzen, den man aus ihnen ziehen kann, klassifiziert worden sind und man deshalb nicht die Dinge selbst sieht, sondern nur das Etikett, welches man ihnen aufgeklebt hat. Der Einfluss der Sprache verstärkt diese Klassifizierungen durch Bezeichnungen. Die Kunst hingegen bietet die Möglichkeit, sich, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick, von Farb- und Formbegriffen loszulösen und somit die Natur zu offenbaren, welche das höchste Streben der Kunst sei. Die Kunst suche das reine Gefühl und den reinen Zustand, sodass die Wirklichkeit zutage kommt, die die „konventionelle Verallgemeinerung“ verblassen lässt.13 Somit zielt die Kunst auf das Individuum und seine individuellen Gefühle ab, anstatt sie nur im Kollektiv zu betrachten.

Nach der einseitigen Beschäftigung mit der Komödie vergleicht Bergson diese mit der Tragödie. Die Komödie schildere Charaktere, denen wir schon begegnet sind oder gegebenenfalls noch begegnen werden. Sie registriert Ähnlichkeiten zwischen Charakteren und führt uns Typen vor Augen. Die Komödie konzentriert sich also auf die äußere Betrachtung und erfasst demnach die Hülle der Personen, an der sich mehrere Menschen berühren und einander ähnlich werden können. Dies kann man wiederum als Verallgemeinerung betrachten. Die Tragödie beschäftigt sich hingegen mit Individuen. Ein Tragödiendichter würde nach Bergson einen Hauptheld nicht mit Nebenfiguren umgeben, da der Hauptheld eine „einmalige Gestalt“ sei, der niemand ähnlich sein könnte.14 Durch Nachahmung würde die Tragödie zur Komödie werden. Die Tragödie gibt eine umfassende Betrachtung der Wirklichkeit und einen Einblick in das Seelenleben und die Gefühle der Figuren. Die Komödie beschäftigt sich im Gegensatz dazu mit Gattungen.15

Bergson beschreibt in diesem Kapitel auch eine Charakterlage von idealer Komik, die mehrere Bedingungen beinhaltet. Sie muss Oberflächlichkeit beinhalten, sowie Unsichtbarkeit für die Person, der die Eigenschaft zu eigen ist. Jedoch muss sie für die Allgemeinheit sichtbar sein können, um Lachen erzeugen zu können. Des Weiteren muss diese Eigenschaft der Person peinlich sein, um diese zurechtweisen und korrigieren zu können. Wenn diese Elemente miteinander verschmelzen und zu einem Gemisch werden, ist die „ideale Komik“ gegeben.16

[...]


1 Deleuze, Gilles: Henri Bergson zur Einführung. [4. Auflage]. Hamburg: Junlus Verlag GmbH 2007. S. 10.

2 Bergson, Henri: Das Lachen. Meisenheim am Glan: Westkulturverlag Anton Hain 1948. S.6.

3 Bergson, Henri: Das Lachen. Ein Essay über die Bedeutung des Komischen.23. Auflage. Zürich: Die Arche 1972. S.11.

4 Ebd. S. 100.

5 Ebd. S. 93.

6 Ebd. S. 94.

7 Ebd. S. 94.

8 Ebd. S. 128.

9 ” Ebd. ร. 94.

10 Ebd. ร. 101.

11 Ebd. ร. 102.

12 Ebd. ร. 102.

13 Ebd. S. 107.

14 Ebd. S. 111.

15 Ebd. S. 112.

16 Ebd. S. 116.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Charakterkomik in "Das Lachen" von Henri Bergson
Hochschule
Justus-Liebig-Universität Gießen
Autor
Jahr
2011
Seiten
16
Katalognummer
V432833
ISBN (eBook)
9783668754973
ISBN (Buch)
9783668754980
Dateigröße
431 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
charakterkomik, lachen, henri, bergson
Arbeit zitieren
Nathalie Stahl (Autor:in), 2011, Charakterkomik in "Das Lachen" von Henri Bergson, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/432833

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