"Ambitus" in den "comitia centuriata". Die Bedeutung von "ambitus" für das Machtverhältnis in den Zenturiatcomitie


Hausarbeit, 2005

21 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Die comitia centuriata
2.1 Die Einteilung und das Mächteverhältnis der comitia centuriata

3. Ambitus im Wahlkampf der römischen Republik

4. Die Bedeutung von ambitus für das Machtverhältnis
4.1 Martin Jehne
4.2 Andrew Lintott
4.3 Alexander Yakobson

5. Bewertung der Forschungskontroverse

6. Schlussbetrachtung

7. Quellenverzeichnis

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung:

Das politische System der römischen Republik beruhte auf drei elementaren Institutionen. Das waren der Rat, die Ämter und die Volksversammlungen. Die älteste Darstellung der politischen Verhältnisse findet sich bei dem griechischen Historiker Polybios, der nach 168 vor Christus in Rom lebte. Er interpretierte die bestehenden Verhältnisse als eine Mischform von Monarchie, Aristokratie und Demokratie.[1]

Die Darstellung der Ordnung als eine zumindest partielle Volksherrschaft hat zu zahlreichen Diskussionen innerhalb der Forschung geführt. Während die Historiker die Staatsordnung im archaischen Griechenland klar als Demokratie bezeichnen, ist die Rolle des Volkes in der römischen Republik schwieriger zu charakterisieren.

Der populus romanus hatte zwei grundlegende Rechte. Es wählte die Amtsinhaber und stimmte über Gesetzesanträge ab. Verschiedene Volksversammlungen mit unterschiedlichen Strukturen waren hierfür zuständig. Eine ursprüngliche Versammlung des römischen populus waren die comitia centuriata. In den Zenturiatcomitien waren alle wehrfähigen Bürger versammelt. Nach gängiger Ansicht gab bei den Abstimmungen nicht die Masse den Ausschlag, sondern die Gruppe der reichen Bürger.[2]

Der Wettbewerb um die Ämter und die Stimmen der Bürger nahm im Laufe der Republik immer härtere Formen an. Ab dem 2. Jahrhundert vor Christus etwa wurde die Wahlbestechung eine gängige Praxis der Wahlwerbung. Der unerlaubte Stimmenkauf wurde von den Römern als ambitus bezeichnet.[3]

Die Bedeutung von ambitus für das Machtverhältnis in den Zenturiatcomitien ist das Thema dieser Arbeit. Wie konnte ambitus in einer Volksversammlung wirksam sein, die nach traditioneller Auffassung von den reichen Bürgern bestimmt wurde?

Zur Klärung dieser Frage soll zunächst in Punkt 2 die Struktur der comitia centuriata dargestellt werden. In Unterpunkt 2.1 werden die Einteilung und das Machtverhältnis in den Versammlungen thematisiert. Es soll geklärt werden, warum die traditionelle Forschung überhaupt davon ausgeht, dass die Reichen die comitia centuriata dominierten.

Darauf folgt in Punkt 3 die Darstellung von ambitus im Wahlkampf der römischen Republik. Was galt als Bestechung und wie wurden die illegalen Methoden in der Praxis umgesetzt?

In Punkt 4 wird dann erarbeitet, warum die Existenz von ambitus zu einem Forschungsproblem werden konnte und zu welchen Ergebnissen die Kontroverse geführt hat. Hierzu wird zunächst die These von Martin Jehne aus dem Jahr 1995 in Unterpunkt 4.1 abgebildet.

Andrew Lintott hat eine etwas unterschiedlich Interpretation des Problems entwickelt. Seine Ausführungen aus dem Jahr 1990 werden in Unterpunkt 4.2 relativ knapp erläutert.

Eine vollkommen neue These zur Forschungskontroverse hat Alexander Yakobson im Jahr 1999 aufgestellt. Seine Überlegungen werden in Unterpunkt 4.3 relativ ausführlich behandelt.

Anschließend soll in Punkt 5 eine Bewertung der Forschungsansätze vorgenommen werden. Hierbei sollen die einzelnen Thesen auf ihre Legitimation hin beurteilt werden. Welcher Ansatz scheint das Problem am umfassendsten zu lösen? Welche Bedeutung hat ambitus für die Rolle des Volkes in den Zenturiatcomitien?

Abschließend sollen in der Schlussbetrachtung die Ergebnisse noch einmal kurz resümiert werden. Außerdem soll ein Ausblick auf das Bestehen von ambitus in der Kaiserzeit gegeben werden.

Die wichtigste Quelle für die Praxis des Wahlkampfes in der römischen Republik ist das commentariolum petitionis. Die Ausführungen über die Stimmenwerbung eines Kandidaten bilden einen grundlegenden Kern der vorliegenden Arbeit. Zum ambitus selbst gibt es weniger Quellen.

Die Forschungsliteratur ist relativ umfangreich, da sich einige Historiker mit dem Phänomen beschäftigt haben. So groß sie Auswahl an Texten über ambitus ist, so umfassend sind auch die unterschiedlichen Thesen.

Sowohl die comitia centuriata als auch die Wahlbestechungen stellen ein komplexes Gebilde dar. Aus Platzgründen werden in der folgenden Arbeit nur grundsätzliche Punkte angesprochen. So wird beispielsweise die Reform der comitia centuriata aus dem 3. Jahrhundert vor Christus nicht thematisiert. Auch ihre Entstehungsgeschichte wird nur am Rande behandelt. Des weiteren werden die vielfältigen Gesetze zur Bekämpfung von ambitus nicht berücksichtigt, da sie den Rahmen sprengen würden.

2. Die comitia centuriata:

In der klassischen Zeit wurden in den comitia centuriata die bedeutsamsten Staatsgeschäfte ausgeführt.[4] Ihre Hauptaufgabe bestand in der Wahl von hohen Beamten, Konsuln, Praetoren und Zensoren. Zum anderen wurden die Beschlüsse über Krieg und Frieden und Todesurteile getroffen.[5]

Die comitia centuriata wurden von Magistraten einberufen, die dann auch das Recht hatten einen Antrag, eine rogatio, zu stellen. Das Volk konnte lediglich über den vorgelegten Antrag mit ja oder nein entscheiden. Bei Gesetzesanträgen konnte es diese annehmen oder ablehnen, bei Wahlen wurde nur über die aufgestellten Kandidaten abgestimmt und bei Gerichtsversammlungen gab es die Verurteilung oder den Freispruch.[6]

Über Gesetzesvorhaben informiert wurden die Römer in den contiones. Die contio war eine lose Volksversammlung, die nicht so streng reglementiert war, wie die Versammlungen, in denen später abgestimmt wurde. In den beschlussfassenden Volksversammlungen, wie der comitia centuriata stimmten die Römer dann häufig im Sinne ihres Patrons ab.[7]

2.1 Die Einteilung und das Machtverhältnis der comitia centuriata:

Die Gründung der Zenturiatcomitien wird dem König Servius Tullius, der in der Mitte des 6. Jahrhunderts vor Christus regierte, zugeschrieben. Im Rahmen einer allgemeinen Heeresreform soll er die comitia centuriata eingeführt haben, die auf einer militärischen Gliederung des Volkes basierten.[8] Da das comitium eine Heeresversammlung darstellte, durfte es nicht innerhalb des pomeriums abgehalten werden, denn hier waren keine Waffen zugelassen und es durften keine Befehle über die Truppen gegeben werden.[9] Die Versammlung wurde auf das Marsfeld berufen.[10]

Das bedeutendste Merkmal aller römischen Volksversammlungen war die Abstimmung der Mitglieder in Gruppen.[11] In den Zenturiatcomitien wurden die Teilhaber nach Zenturien, nach Heereseinheiten, unterteilt. Jede Zenturie besaß dabei eine Stimme.

Die stimmberechtigten Männer wurden in drei Gruppen, in equites, pedites und Unbewaffnete, eingeteilt. Die equites, die Reiter, stellten die Männer mit dem größten Vermögen dar. Sie bildeten 18 Zenturien.[12]

Die größte Gruppe bildeten die 170 Zenturien der pedites, der Fußsoldaten. Sie wurden nach Vermögen in fünf Klassen unterteilt. Je nach Klasse nahm die Bewaffnung der Mitglieder ab. Der ersten Klasse waren 70 Zenturien zugeordnet.

Die pedites wurden weiter zwischen iuniores und seniores unterschieden.[13] Die iuniores waren zwischen 17 und 46 Jahren, die seniores zwischen 46 und 60.[14] Die Grenze des 46. Lebensjahr war das letzte Pflichtjahr für den Dienst im Feld. Die Älteren bildeten jeweils die Hälfte der Zenturien einer Klasse und machten somit auch die Hälfte der Stimmen einer Klasse aus. Die Anzahl der Älteren dürfte jedoch wegen der frühen Sterblichkeit geringer gewesen sein als die der Jüngeren. Die Älteren hatten somit ein Zusatzstimmrecht.[15]

Die fünf unbewaffneten Zenturien bildeten Künstler, Musiker, Proletarier und accensi. Letztere sollten die Centurios beschützen.[16]

Diejenigen mit der besseren Bewaffnung erhielten größeres Mitspracherecht in der Versammlung, da man von ihnen im Kampf mehr erwartete. Sie durften somit zuerst abstimmen. Die equites bildeten die praerogativae, sie durften als erste wählen.[17]

Die Zenturien der besser Bewaffneten, die dementsprechend die Reicheren waren bestanden aus weniger Männern als die Einheiten der ärmeren Männer, die schlechter ausgerüstet waren. Die Entscheidung wurde demzufolge meist von einer kleinen Anzahl von Wahlberechtigten getroffen.[18]

Die Zenturien der prima classis und die der equites hatten zusammen schon eine Mehrheit mit 98 von 193 Stimmen. Mit Erreichen der absoluten Mehrheit wurde die Wahl abgeschlossen, so dass die unteren Klassen meist nicht mehr zur Abstimmung kamen.[19] Das ist der Grund für die Annahme, dass die Entscheidungen in den comitia centuriata von den wenigen wohlhabenden Bürgern getroffen wurden. Die Zenturiatcomitien stellten somit nach Meinung der traditionellen Forschung eine timokratische Versammlung dar. Schon Cicero sah das ungleichmäßige Mächteverhältnis in der Versammlung:

[...]


[1] Gehrke, Hans-Joachim/Schneider, Helmuth (Hrsg.), Geschichte der Antike. Ein Studienbuch, Stuttgart 2000, S. 262.

[2] Ebd., S. 264.

[3] Nadig, Peter, Ardet ambitus. Untersuchungen zum Phänomen der Wahlbestechungen in der römischen Republik (Prismata, Bd. VI), Frankfurt am Main 1997, zugl. Diss. Düsseldorf 1996, S. 2f..

[4] Meyer, Ernst, Römischer Staat und Staatsgedanke. Zürich/München, 4. Auflage 1975, S. 49.

[5] Ebd., S. 192.

[6] Ebd., S. 193.

[7] Hantos, Theodora, Die staatlichen Institutionen, in: Jochen Martin (Hrsg.), Das alte Rom, München 1994, S. 95-116, hier: S. 103.

[8] Stemmler, Michael, Eques Romanus - Reiter und Ritter. Begriffsgeschichtliche Untersuchung zu den Entstehungsbedingungen einer römischen Adelskategorie im Heer und in den comitia centuriata (Prismata, Bd. VIII), Frankfurt am Main 1997, zugl. Diss. Aachen 1997, S. 127.

[9] Taylor, Lily Ross, Roman Voting Assemblies from the Hannibalic War to the Dictatorship of Ceasar. Ann Arbor 1996, S. 85.

[10] Meyer, Römischer Staat, S. 50.

[11] Taylor, Voting Assemblies, S. 34.

[12] Ebd., S. 85.

[13] Ebd., S. 86.

[14] Ebd., S. 86.

[15] Meyer, Römischer Staat, S. 50.

[16] Taylor, Voting Assemblies, S. 86.

[17] Ebd., S. 86.

[18] Crawford, Michael, Die römische Republik, München, 3. Auflage 1987, S. 220.

[19] Stemmler, Eques Romanus, S. 133.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
"Ambitus" in den "comitia centuriata". Die Bedeutung von "ambitus" für das Machtverhältnis in den Zenturiatcomitie
Hochschule
Universität Bielefeld
Note
2,0
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V43239
ISBN (eBook)
9783638410830
ISBN (Buch)
9783668148178
Dateigröße
572 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ambitus
Arbeit zitieren
Anonym, 2005, "Ambitus" in den "comitia centuriata". Die Bedeutung von "ambitus" für das Machtverhältnis in den Zenturiatcomitie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43239

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