Careerbots. Die Chatbots im Recruitung. Chancen und Grenzen des Robot-Recruiting-Tools


Seminararbeit, 2017

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung
1.1. Fachliche und gesellschaftliche Relevanz
1.2. Careerbots als Recruiting-Tool
1.3. Zielsetzung
1.4. Vorgehensweise

2. Technische Umsetzung – State of the Art
2.1. Auf Algorithmen basierend
2.2. Künstliche Intelligenz

3. Einsatz im Recruiting
3.1. Relevanz und Nutzen auf Seiten des Bewerbers
3.2. Relevanz und Nutzen auf Seiten des Unternehmens

4. Selbsttest – Interaktion mit Careerbots
4.1. Dokumentation und Auswertung der Interaktion mit dem Careerbot „What’sMeBot“ der Agentur für Arbeit via What’s App
4.2. Dokumentation und Auswertung der Interaktion mit den Careerbot „JobMeHappy“ von gleichnamiger Online-Stellenbörse via Facebook

5. Fazit
5.1. Zusammenfassung uns Schlussfolgerung
5.2. Ausblick

Abbildungsverzeichnis

Glossar

Literaturverzeichnis

1. Einführung

1.1. Fachliche und gesellschaftliche Relevanz

Nicht zuletzt auf Grund des demografischen Wandels ist es absehbar, dass der Arbeitsmarkt sich hin zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt. Laut dem statistischen Bundesamt ist es absehbar, dass in den nächsten acht Jahren mit einem Defizit von drei bis vier Millionen Arbeitskräften zu rechnen ist. (Statistisches Bundesamt 2017) Das bedeutet, das Angebot an Stellen übersteigt die Nachfrage und somit kann der Arbeitnehmer in Zukunft immer häufiger entscheiden, für welchen Arbeitgeber und unter welchen Bedingungen er arbeiten möchte. Auf Arbeitgeberseite gilt es, sich auf den damit einhergehenden, wachsenden Fachkräftemangel einzustellen. (Teubert und Weyer 2015), (Indeed 2016)

Ein weiterer Haupteinfluss auf unserer Gesellschaft stellt die immer schneller fortschreitende Digitalisierung dar. Das Web 4.0 ist für einen Großteil der Menschen weder aus dem privaten noch beruflichen Alltag wegzudenken. (Tamblé 2014)

Wir, die Mediengesellschaft 4.0, befinden uns in einem sehr dynamischen Zeitalter, das Recruiting- und Bewerbungsprozesse in der Arbeitswelt 4.0 vor neue Herausforderungen stellt. Es entwickelt sich das Bedürfnis nach einer zukunftsfähigen Technologie, welche Bewerbern eine weniger Zeitintensive, mobile, sowie unkomplizierte Bewerbung ermöglicht und gleichzeitig Recruiter in ihrem Arbeitsalltag unterstützt. (Indeed 2016)

Sowohl auf Unternehmens- als auch auf Bewerberseite wird der Recruiting-Prozess verstärkt durch Robot-Recruiting, also Technologien zur Vereinfachung des Bewerbungsprozesses, unterstützt werden. (Gründer Szene 2017)

Unternehmen, die darauf abzielen sich einen Wettbewerbsvorteil im Kampf um Talente, also im „war for talents“ zu sichern, werden ihre Prozesse an die Bedürfnisse ihrer potenziellen Kandidaten ausrichten müssen. (Majstorovic, et al. 2016)

Bewerber und potenzielle Kandidaten setzen sich heute schon aus stark unterschiedlichen „Baby Boomern“ und „Generationen Y und Z“, zusammen und bringen somit differenzierte Verhaltensweisen, Werte, Ziele, Vor- und Einstellungen mit sich. Diese Eigenschaften müssen vor allem im Active Sourcing und der individuellen Ansprache berücksichtig werden, um eine positive Candidate Experience zu generieren. (Uhlig und Willand 2015)

Um Bewerbungen auf unterschiedlichsten Kanälen gerecht zu werden und vakante Stellen trotz Fachkräftemangel in Zukunft besetzen zu können, ist der Einsatz und die Nutzung von Robot-Recruiting im gesamten Recruiting-Prozess unumgänglich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Hype Cycle in Anlehnung an Gartner 2016

Das Marktforschungsinstitut Gartner aus den USA veröffentlicht jährlich den sogenannten Hype Cycle, auf dem aktuelle Technologietrends, ihr jeweiliger Entwicklungsstand sowie die geschätzte Dauer zur Marktdurchdringung abgebildet sind. (Gartner 2016) In obigem Schaubild wurden Technologien, welche für Robot-Recruiting einsetzbar sind, aus dem Hype Cycle des Jahres 2016 extrahiert. (vgl. Abbildung 1)

Auf Basis dieser Technologien lassen sich Tools entwickeln, die den Bewerber und den Recruiter unterstützen sollen.

1.2. Careerbots als Recruiting-Tool

Eines dieser Tools, nämlich den Chatbot, möchte ich in dieser schriftlichen Ausarbeitung genauer behandeln. Der Chatbot, oder kurz „Bot“ genannt, ist ein textbasiertes Dialogsystem, welches auf regelbasierter Programmierung oder künstlicher Intelligenz basiert. Nutzer können durch Texteingabe in natürlicher Sprache mit dem Programm interagieren. Eingesetzt von Unternehmen in Branchen aller Art soll er dem Nutzer als eine Hilfestellung und ein Ansprechpartner dienen und in manchen Fällen dabei die Kommunikation mit einem realen Gesprächspartner simulieren. (Eicher 2016)

Im Zusammenhang mit dem Recruiting-Prozess wird der Chatbot auch als Careerbot bezeichnet. (Prof. Dr. Weitzel, Uni Bamberg Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik 2017) Innerhalb von sozialen Netzwerken werden Chatbots „Social Bots“ genannt, alle drei Begriffe meinen aber das Selbe. (Schoenschek 2017)

Bots, die auf regelbasierter Programmierung fußen, gibt es bereits seit über 50 Jahren. Einer der ersten Chatbots war das 1964 von Joseph Weizenbaum entwickelte Programm „ELIZA“. Der Bot sollte dazu dienen, mit dem Nutzer ein therapeutisches Gespräch zu führen. (Kornwachs 2009) Programme wie ELIZA haben auf die Masse der Menschen allerdings keinen großen Einfluss genommen. Ihre Entwicklung diente mehr der Erforschung von technischen Realisierungsmöglichkeiten als der konkreten Hilfestellung eines Nutzers. (Schieb 2016) Schon lange besteht also das gesellschaftliche Bedürfnis nach der Möglichkeit, menschliche Kommunikation zumindest teilweise durch maschinelle zu ersetzen. Die vier Haupteinsatzgebiete von Chatbots sind aktuell erweiterter Kundenservice, Recruiting, eCommerce und Filtern von Informationen. (Schmidt, Social Marketing Agentur 2017) Hinzu kommt die Nutzung zur reinen Unterhaltung und die Verwendung von textbasierten persönlichen Assistenzen.

Diverse Chatbots erarbeiten sich Nutzerprofile, wie sie auch im Bereich der Web Analytics verwendet werden, um Ausgabetexte zu personalisieren. (Schoenschek 2017)

Im Bereich des Recruitings ist es beispielsweise vorstellbar, dass ein regelbasierter Bot Anfragen, die über die Karriereseite des Unternehmens eingehen, beantworten kann oder den Bewerber durch den oftmals demotivierenden Bewerbungsprozess führt und ihm diesen erleichtert. (Scheller, Persoblogger 2016) Neben regelbasierten Bots existieren aber auch solche, die mit Artificial Intelligenz (AI), zu deutsch Künstlicher Intelligenz (KI), arbeiten.

Wie das Marktforschungsinstitut Ganter in ihrem jährlichen Hype Cycle verdeutlicht, ist das Potenzial des Machine Learning, also des lernenden Computers noch nicht vollständig ausgenutzt. (vgl. Abbildung 1) Maschinelles Lernen ist die Technologie, welcher sich Künstliche Intelligenz (KI) bedient. (Pierson 2016), (Reitmaier 2015)

Laut Gartner befindet sich Machine Learning auf dem „Peak of Inflated Expectations“, die Erwartungen an die Technologie sind also bereits heute sehr hoch. Die voraussichtliche Produktivität wird sich auf dem Mark aber erst in frühestens fünf Jahren entfaltet haben.

Ein Careerbot, welcher über künstliche Intelligenz verfügt, könnte den Recruiter umfassend in der Bewerbervorauswahl unterstützen und eigenständig Active Sourcing betreiben. Auf Grund der Nutzung von Künstlicher Intelligenz ist der Bot lernfähig und verbessert seine Fähigkeiten durch Interaktionen mit Nutzern stetig. (Schoenschek 2017)

Es ist also abzusehen, dass die Thematik rund um den Chatbot in den kommenden Jahren immer weiter Einzug in unseren beruflichen Alltag halten und an Bedeutung gewinnen wird.

1.3. Zielsetzung

In meiner Seminararbeit möchte ich darlegen, wie Chatbots technisch umgesetzt werden können und auf welche Art sie in der heutigen Zeit im Bereich des Recruiting zum Einsatz kommen. Es soll abgebildet werden, wie sich Relevanz, Nutzen und Bedürfnis auf Seiten der Bewerber, potenziellen Kandidaten und Arbeitgeber, beziehungsweise Recruiter darstellen.

Im Anschluss daran möchte ich versuchsweise mit den Careerbots der Agentur für Arbeit und Jobmehappy interagieren, um eine Beurteilung des Status Quo vornehmen zu können.

Währenddessen sollen Chancen und Grenzen des Tools und seiner Technologie herauskristallisiert und anschließend ein Fazit gezogen werden sowie ein Ausblick zur künftigen Verwendung von Careerbots gegeben werden.

1.4. Vorgehensweise

Im Verlauf dieser Seminararbeit werde ich Recherche betreiben indem ich diverse Quellen aus fachlich relevanten Blogs, Webseiten, Fachliteratur, Fachzeitschriften, Zeitungen und Fernsehen kritisch vergleiche und auswerte. Zu Beginn werde ich die Möglichkeiten der technologischen Umsetzung erläutern und gehe anschließend genauer auf den Nutzen und die Relevanz von Careerbots ein. Es ist vorgesehen, einen Use Case zu entwickeln und auf dessen Basis testweise mit zwei unterschiedlichen Careerbots zu interagieren. Die Interaktion werde ich schriftlich und anhand von Screenshots dokumentieren. Anschließend werde ich den Versuch auswerten, um Chancen und Grenzen der Careerbots zu erörtern.

Zum Schluss möchte ich ein Fazit ziehen und eine Hypothese für die Verwendung des Tools in naher Zukunft aufstellen.

2. Technische Umsetzung – State of the Art

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, werden Chatbots auf zwei grundlegend unterschiedliche Arten programmiert. Während auf Algorithmen basierende Programmierung vergleichsweise einfach zu handhaben und durch angebotene Baukastensysteme auch ohne Programmierfähigkeiten realisierbar ist (Fedossov 2016), erfordert die Programmierung und Implementierung von künstlicher Intelligenz ein hohes Maß an Programmierfähigkeit auf Seiten der Entwickler.

2.1. Auf Algorithmen basierend

Ein Algorithmus Beschreibt den Vorgang, den das Programm durchläuft. Das Programm ist also letztlich die Umsetzung des Algorithmus, welcher die Regeln vorgibt. Daher kann man auf Algorithmen basierende Programmierung auch regelbasierte Programmierung nennen.

Um die Logik eines Algorithmus darzustellen eignet sich ein Programmablaufplan (PAP), durch den Elemente wie „ja/nein“-Entscheidungen, Schleifen oder „Wenn (Nutzereingabe x), dann (Textausgabe y)“–Regeln dargestellt werden können.

Auf vorab festgelegte Eingaben wird also mit einem vorgefertigten Textbaustein geantwortet.

Dabei ist der Algorithmus als solcher Programmiersprachenunabhängig. (Bocionek 1990), (MrKnowing.com 2014)

2.2. Künstliche Intelligenz

Machine Learning (Maschinelles Lernen) bezeichnet die künstliche Generierung von Wissen. Man spricht auch von künstlicher Intelligenz (KI) oder im Englischen von Artificial Intelligenz (AI). Ein künstliches System gewinnt das Wissen aus gesammelten Daten, also Erfahrungen durch Nutzung. Informationen können integriert und Bedeutungen extrahiert werden. Statt also vorprogrammierte Bausteine miteinander zu verknüpfen, versucht das Programm, Muster zu erkennen und selbstständig Gesetzmäßigkeiten festzulegen, um auch unbekannte Daten behandeln zu können. Chatbots, die auf künstlicher Intelligenz basieren, verwenden Sprach- oder Textverarbeitung, Keyword Matching, also Stichwort-Vergleiche und kombinieren Textdatenbanken um Ausgabetexte zu generieren. (Pierson 2016), (Reitmaier 2015)

Allgemein wird zwischen starker und schwacher KI unterschieden. Bots, die eine schwache KI vorweisen, können sich nur mit konkreten Anwendungsproblemen beschäftigen. Schwache KI findet heute schon Einsatz in unserem Alltag durch Navigationssysteme oder Spracherkennungssoftware wie „Siri“ von Apple, die uns als persönliche Assistenz dienen soll. Bei starker KI ist das Ziel eine universelle Intelligenz zu generieren, die der des Menschen gleicht oder sie sogar übertrifft. Ob dem Programm bei erfolgreicher Entwicklung ein Verstehen zugesprochen werden kann, ist allerdings umstritten. Zum heutigen Zeitpunkt ist eine starke KI, also ein Programm mit menschlichen intellektuellen Fähigkeiten wie logisches Denken, Empfindungsvermögen, Entscheidungsfindung, Kommunikation in natürlicher Sprache oder Planen von Handlungen noch immer Utopie. Der entscheidende Unterschied zwischen schwacher und starker KI ist also, dass schwache KI zweckbezogene Intelligenz simuliert, während starker KI eine tatsächliche, universelle Intelligenz zugesprochen werden kann. (Uni Paderborn 2005), (Uni Oldenburg 2008/2009)

3. Einsatz im Recruiting

3.1. Relevanz und Nutzen auf Seiten des Bewerbers

Für die aktive Suche nach einem neuen oder ersten Arbeitgeber verwenden Nutzer vor allem Internet-Stellenbörsen, Unternehmenseigene Webseiten und Karrierenetzwerke. Printmedien hingegen werden immer seltener genutzt. (Prof. Dr. Weitzel, Dr. Eckhardt, et al. 2015), (Prof. Dr. Jäger, HR Marketing 2016)

Über zehn Millionen Menschen in Deutschland (Xing 2017) haben außerdem ein Profil in dem Karrierenetzwerk “xing.com„ angelegt, Tendenz steigend (Doepke 2016), neun Millionen in „Linkedin.com“ (Kroker 2016) und betreiben so passive Suche. Die Nutzer veröffentlichen Ihren Lebenslauf in einer Datenbank und geben den Unternehmen die Möglichkeit, sie auf diesem Wege zu kontaktieren oder gegebenenfalls abzuwerben. (Prof. Dr. Weitzel, Dr. Eckhardt, et al. 2015)

Für Bewerber ist der Bewerbungsprozess oft kompliziert und demotivierend gestaltet. Rund 42% haben den Bewerbungsprozess auf Grund von zu hoher Komplexität bereits einmal abgebrochen. (Indeed 2016) Hinzu kommt, dass ein Teil der potenziellen Kandidaten sich nicht mehr aktiv bewirbt sondern auf Ansprache von Seiten des Unternehmens, beispielsweise über den Kanal der Karriere- oder Sozialen Netzwerke, wartet. (Prof. Dr. Weitzel, Dr. Eckhardt, et al. 2015)

Rund 66% der Bewerber, also deutlich über die Hälfte, würden sich mobil bewerben, wenn die Möglichkeit gegeben ist. Hierbei ist dem Bewerber außerdem wichtig, dass er möglichst wenig Zeitaufwand hat, den Status seiner Bewerbung verfolgen kann und einen direkten Ansprechpartner findet. Die Hälfte aller Bewerber würden zudem gerne auf ein formelles Anschreiben verzichten. (Indeed 2016), (Prof. Dr. Jäger, HR Marketing 2016)

Will sich der Bewerber aktiv und online bei einem Unternehmen bewerben, kann der Careerbot auf Plattformen wie Internet-Stellenbörsen, unternehmenseigene Webseiten, Karrierenetzwerken oder Social Media Netzwerken eingebunden werden und den Nutzer durch die korrekte Verwendung einer Karriere-Webseite führen, häufig gestellte Fragen (FAQs) beantworten, eine One-Click-Bewerbung anbieten oder den Nutzer bestimmte Informationen abfragen und diese anschließend weiterleiten.

Eine One-Click-Bewerbung erlaubt es dem Bewerber durch einen einzigen Klick dem Unternehmen die Informationen des eigenen Profils bei Business-Netzwerken wie XING oder LinkedIn zugänglich zu machen und sein Interesse auszudrücken. Weil diese Methode schnell und das Eingeben von umfangreichen Daten unnötig ist, eignet sich die Methode der One-Click-Bewerbung vor allem im Bereich des Mobile-Recruitings. (Scheller, Persoblogger 2014)

Um zu verhindern, dass der Bewerber den Bewerbungsvorgang abbricht, könnte ein Careerbot den Prozess begleiten und den Bewerber gezielt führen. Ist der Bot umfassend genug konzipiert, ist es sogar vorstellbar, dass er die Karriere Webseite des Unternehmens ersetzt. Eine Möglichkeit, den Besuch von verschiedenen Online-Jobbörsen zu umgehen, bietet der Chatbot „JobMeHappy“, welcher über die Social-Media-Plattform Facebook zur Verfügung steht. Durch kurz gebundenen Fakten, die der Nutzer über seinen gewünschten neuen Arbeitsplatz angibt, erstellt der Bot eine Übersicht aus Online-Stellenanzeigen verschiedener Plattformen. Wenn gewünscht, informiert der Bot den Nutzer auch stetig über neue Jobangebote. (Scheller, Persoblogger 2016) Der Chatbot „Wade and Wendy“ vereint zwei Charaktere in sich. Wade dient dazu den Nutzer nach seinen Fähigkeiten, Interessen, Erfahrungen und Zielen zu fragen. Der Nutzer erhält ein personalisiertes Feedback, während im Hintergrund ein Profil von Ihm erstellt wird. (Stirling 2017)

Im Zusammenhang mit der passiven Suche wird ein Chatbot eher unternehmensseitig genutzt, beispielsweise um die Nutzerprofile der Karrierenetzwerke zu analysieren und auszuwerten.

Sollte der Bewerber noch orientierungslos sein und sich nicht auf einen Berufszweig oder ein Unternehmen festgelegt haben, was auf einen großen Teil der jungen Menschen zutrifft, welche kurz vor dem Schulabschluss stehen, ist auch eine berufsberatende Funktion eines Bots denkbar. Diese Möglichkeit wird in Deutschland von der Agentur für Arbeit bereit gestellt. Durch kurze Interaktion mit dem Nutzer über den Instant-Messaging-Dienst What’s App versucht der Bot namens „What’sMeBot“ Präferenzen herauszukristallisieren und bietet anschließend eine individuelle Profilkarte des Nutzers, dazu passende Berufsbilder sowie weitere Informationsmöglichkeiten an. (Bundesagentur für Arbeit 2017)

Der Unternehmensberater und Recruiting-Spezialist Wolfgang Brickwedde kommentiert diese Funktion als „lustig, alters- und zielgruppengerecht“, wart aber davor die Auswertung zu ernst zu nehmen. Sie könne nicht als Ersatz einer realen Berufsberatung dienen, sondern bestenfalls einen Impuls geben. (Bös und Marx 2017)

Für die bewerberseitige Verwendung eines Careerbots erfordert es also nicht zwangsläufig komplexe Vorgänge, sodass eine regelbasierte Programmierung in den meisten Fällen ausreichend sein kann. Da eine regelbasierte Programmierung, wie bereits in Kapitel 1 erwähnt, keine besonderen Programmierfähigkeiten benötigt und in seiner Komplexität überschaubar bleibt, ist die Implementierung eines solchen Bots auch für kleine und mittelständische Unternehmen eine wirtschaftlich realistische Option.

„Die meisten Unternehmen können von Chatbots profitieren, je nach Art der Geschäftstätigkeit und der Kundenkommunikation unterschiedlich stark.“ (Schoenschek 2017)

3.2. Relevanz und Nutzen auf Seiten des Unternehmens

Um genügend Bewerbungen zu erhalten und somit eine Auswahl an Bewerbern zu haben, ist es wichtig, ausreichend Nachfrage für Jobangebote zu generieren und dabei bereits die Zielgruppe möglichst selektiert und gezielt anzusprechen, sodass Streuverluste minimiert werden und die eintreffenden Bewerbungen „brauchbar“ sind. (My Recruiting kein Datum) Zudem sollte von Seiten des Unternehmens Wert auf eine positive Candidate Experience gelegt werden. (Uhlig und Willand 2015)

Viele Unternehmen, vor allem Konzerne, erhalten jedoch eine enorm hohe Anzahl an Bewerbungen, sodass die Bearbeitung für die Recruiter zeitlich kaum noch realisierbar ist, während gleichzeitig in den MINT-Berufen, also Berufsbilder aus Medizin, IT, Naturwissenschaften und Technik, und dem öffentlichen Dienst Fachkräftemängel herrscht. (Teubert und Weyer 2015), (Dämon 2015) Um diese Vakanzen auszugleichen bedarf es Active Sourcing, also der aktiven Suche nach potenziellen Kandidaten.

Geht es um Active Sourcing sind Karrierewebseiten für das Unternehmen wichtige Informationskanäle, denn rund 45% von 10,1 Mio. Xing-Nutzer sind Fachkräfte. (Xing 2017)

Ein Careerbot, welcher auf künstlicher Intelligenz basiert, kann unternehmensseitig im gesamtem Recruiting-Prozess und auf verschiedenen Plattformen unterstützend eingesetzt werden. Er kann vakante Stellen präsentieren, eine Vorauswahl treffen oder potenzielle Kandidaten automatisiert und personalisiert ansprechen.

Um auf eine Stellenausschreibung bestmögliche Resonanz zu erhalten, sollte sie mit Bedacht positioniert werden. Ein Bot, welcher Informationen über seinen Nutzer sammeln und auswerten kann, ist in der Lage personalisierte Stellenanzeigen zu präsentieren.

Dabei kann berücksichtigt werden, dass dem Nutzer auf Grund seines Bildungsniveaus oder persönlicher Interessen und Präferenzen nur für Ihn relevante Stellenanzeigen angeboten werden. Ein Bot kann außerdem die Information, ob sich der Nutzer auf die angebotene Stelle beworben hat, verarbeiten und lernt so seine Empfehlungen zu verbessern. (Stirling 2017) Das unternehmen erreicht so eine langfristige Reduzierung der Streuverluste.

Gehen bei einem Unternehmen unüberschaubare Massen an Bewerbungen ein, kann ein Bot vorgeschaltet werden, um eine grobe Vorsortierung durchzuführen. Nachteil dabei ist, dass der Bot kreative und individuelle Bewerbungen nur schlecht auswerten kann und diese dadurch keine Beachtung finden. (Wollmilchsau Team 2013) Als Vorteil hingegen kann betrachtet werden, dass vorerst kein subjektiver Eindruck über die Bewerbung entscheidet und somit eine durchgängig gleichberechtigte Beurteilung möglich ist.

Umgesetzt wurde dieses Vorgehen bereits durch den Charakter Wendy des Chatobts „Wade and Wendy“, welcher bereits in Kapitel 3.1 erwähnt wurde. Wendy dient dazu Nutzerprofile und Stellenausschreibungen gegeneinander abzugleichen, um als Assistenz des Recruiters Empfehlungen zu liefern. (Stirling 2017)

Vor allem in Karrierenetzwerken ist die Implementierung eines Chatbots sinnvoll, welcher den Kandidaten im Rahmen des Active Sourcing automatisiert und personalisiert kontaktiert. Ist der Nutzer interessiert, können direkt Termine, beispielsweise für ein Telefoninterviews, ein Vorstellungsgespräch oder eine Webkonferenz vereinbart werden oder eine One-Click-Bewerbung angeboten werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Careerbots. Die Chatbots im Recruitung. Chancen und Grenzen des Robot-Recruiting-Tools
Hochschule
Hochschule RheinMain - Wiesbaden Rüsselsheim Geisenheim
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
24
Katalognummer
V431131
ISBN (eBook)
9783668739802
ISBN (Buch)
9783668739819
Dateigröße
4967 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Careerbot, Chatbot, Robotrecruiting, Robot-Rechruiting, Recruitingtool, KI, AI, HR, Recruiting, Digital, Recruiting-Tool
Arbeit zitieren
Valentina Weiß (Autor:in), 2017, Careerbots. Die Chatbots im Recruitung. Chancen und Grenzen des Robot-Recruiting-Tools, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/431131

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