Sind Schüler/innen kreative Schreiber/innen?

Kreativität und kognitive Entwicklung, Diagnose und Fördermöglichkeiten


Bachelorarbeit, 2011

84 Seiten, Note: 2,00

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1 Problemaufriss und Zielstellungen

2 ALLGEMEINES ZUR KREATIVITÄT
2.1 Kreative Bausteine
2.1.1 Die kreative Person
2.2 Das kreative Produkt und seine Umwelt

3 Der kreative Prozess
3.1 Modell nach LOWENFELD
3.2 Hemisphärenmodell
3.3 Biologische Modelle
3.3.1 Genetische Aspekte
3.3.2 Psychophysiologische Theorie nach MARTINDALE
3.3.3 Endokrinologisches Modell nach GESCHWIND und GALABURDA
3.4 Blockaden im kreativen Prozess

4 Kreativität vs. Intelligenz
4.1 Intelligenztheorien nach SPEARMAN, THURSTONE und JÄGER
4.2 Konvergentes und divergentes Denken

5 Kognitive Entwicklung
5.1 Entwicklungsstufen nach PIAGET
5.1.1 Stufe der sensomotorischen Intelligenz
5.1.2 Stufe des symbolischen und vorbegrifflichen Denkens
5.1.3 Stufe des anschaulichen Denkens
5.1.4 Stufe der konkret-operationalen Denkoperationen
5.1.5 Stufe der formalen Denkoperationen
5.2 Entwicklungsmodell nach SCHENK-DANZINGER
5.2.1 Der naive Realismus
5.2.1.1 Denkleistungen auf der Strukturstufe des naiven Realismus
5.2.1.2 Die motorische Entwicklung
5.2.2 Der kritische Realismus
5.2.2.1 Die Merkmale des kritischen Realismus
5.2.2.2 Die Wahrnehmung von Raum und Zeit
5.2.2.3 Die endgültige Überwindung vom Egozentrismus

6 Forschungsmethoden
6.1 Standardisierte Tests
6.1.1 Die Bestandteile eines standardisierten Tests
6.1.2 Die drei Hauptgütekriterien
6.1.3 Normierung
6.1.4 TSD-LV
6.2 Lehrerinneneinschätzung
6.3 Forschungstagebuch

7 Forschungsergebnisse
7.1 TSD-Durchführung und Ergebnisse
7.2 Lehrerinneneinschätzung - Durchführung und Ergebnisse
7.3 Kreative Schreibübungen und Forschungstagebuch
7.4 Telefonische Befragung der Deutschlehrerin

8 Übungspool Schreibübungen

9 Zusammenfassung

10 Literaturverzeichnis

11 Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Wirkweise des g-Faktors und der s-Faktoren

Abbildung 2 Wirkweise der sieben Primärfaktoren

Abbildung 3 Forschungsdesign

Abbildung 4 1. Testung, Testblatt A

Abbildung 5 1. Testung, Testblatt B

Abbildung 6 2. Testung, Testblatt A

Abbildung 7 2. Testung, Testblatt B

Abbildung 8 Vergleich 1. – 2. Testung

Abbildung 9 Vergleich bezüglich Leistungsgruppen

Abbildung 10 Zuwachs 1. – 2. Testung

Abbildung 11 Auswertung der Schreibübungen

Kurzzusammenfassung

Der Kern der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich mit der Frage „Sind Schüler/innen kreative Schreiber/innen?“ und ist aufgegliedert in einen theoretischen Teil zur Kreativität und kognitiven Entwicklung sowie in einen praktischen Teil mit Diagnose und Fördermöglichkeiten. Das Forschungsdesign ist zusammengesetzt aus:

- einem standardisierten Test (TSD-LV),
- der Einschätzung der Lehrer, die unterschiedliche Gegenstände in der Klasse unterrichten, bezüglich der Kreativität der Kinder,
- der Durchführung kreativer Schreibübungen in einer vierten Hauptschulklasse,
- einem Forschungstagebuch,
- einer telefonischen Befragung der Deutschlehrerin, die ihre Schüler/innen vor der Testung bezüglich ihrer Kreativität einschätzen musste und
- verschiedenen Fördermöglichkeiten.

Es ergab sich, dass regelmäßig durchgeführte Übungen zur Verbesserung der Kreativität das schöpferische Denken der Schüler/innen steigert, da vorhandenes Potenzial aktiviert wird. Die befragten Lehrkräfte schätzten die Kinder gut bezüglich ihrer kreativen Leistungen im Unterricht ein.

Summary

The main part of this research deals with the question „Are pupils creative writers?“.

There are two parts of work:

- The theoretical summary about creativity and thinking progress and
- The exercises including the diagnosis and ways of improvement.

The layout of research contains:

- Standard testing of pupils (TSD-LV).
- The statement about creativity of pupils given by teachers teaching different subjects in class.
- Creative writing lessons in the fourth form of Secondary School.
- A diary of research.
- An inquiry of the German teacher by phone. She had to judge the creativity of pupils before the testing.
- Different ways of improving creative thinking.

The studies conclude that frequent creative lessons increase the creative mind of pupils due to the basic knowledge of the children.

By the way, the inquired teachers judged their pupils right concerning the creative knowledge at school.

Danksagung

Das Zustandekommen dieser Arbeit wäre nicht ohne personelle, finanzielle und ideelle Unterstützung möglich gewesen. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle bei all jenen bedanken, die maßgeblich zum Gelingen beigetragen haben.

Mein aufrichtiger wie herzlicher Dank gilt meiner Betreuerin Frau Prof. Dr. Maria Reiss-Pawlitschko für die fachkundige Begleitung, gute Zusammenarbeit und wissenschaftliche Beratung. Ihre konstruktive Kritik und ihre wertvollen Anregungen waren mir stets eine große Hilfe.

Danken möchte ich außerdem dem Schulinspektor, dem Direktor und allen Pädagoginnen, die mit ihrer Unterstützung meine Arbeit erst durchführbar machten. Weiters möchte ich vor allem den Kindern meinen Dank aussprechen, die mit Begeisterung, Offenheit und Neugierde an die Schreibaufgaben herangetreten sind.

Abschließend möchte ich mich recht herzlich bei Christoph und meiner lieben Familie bedanken, die mir eine große Stütze waren und stets an mich geglaubt haben.

1 Problemaufriss und Zielstellungen

Folgende Arbeit beleuchtet das Thema „Kreativität“ bzw. die Kernfragestellung „Sind Schüler/innen kreative Schreiber/innen?“ genauer. Sie gliedert sich in einen Theorieteil, der sich mit den theoretischen Aspekten aus verschiedenen Fachliteraturen auseinandersetzt und in einen praktischen Forschungsteil, einer Interventionsstudie. Außerdem werden verschiedene Förderbeispiele im Bezug auf kreatives Schreiben veranschaulicht.

(1) Relevanz der Problematik

Das Interesse am kreativen Schreiben entstand einerseits durch die Reflexion der eigenen Schulzeit, andererseits durch die Reflexion der Praktiken in unterschiedlichen Hauptschulen und der Erkenntnis, dass nicht alle Lehrer/innen dieser Thematik denselben Stellenwert in ihrem Unterricht zuteilen.

(2) Frage- und Zielstellungen

Um zu klären, wie sehr Schüler/innen auf dem Gebiet des „kreativen Schreibens“ begabt sind und wie Lehrer/innen sie bezüglich Kreativität einschätzen, wurden folgende Forschungsfragen und Hypothesen aufgestellt.

I. Können gezielte Übungen zur Kreativität im Bereich Schreiben diese steigern?

H1: Gezielte Übungen steigern die Kreativität, weil das vorhandene Potenzial der Kinder aktiviert wird.

II.Schätzt die Deutschlehrerin die Kreativität ihrer Schüler/innen richtig ein?

H2: Die Lehrerin schätzt ihre Schüler/innen gut bezüglich ihrer Kreativität ein, weil diese im Deutschunterricht anhand der Schüler/innenaufsätze abzulesen ist.

III.Schätzen Lehrerinnen, die nicht Deutsch unterrichten, die Schüler/innen gut bezüglich ihrer Kreativität ein?

H3: Die meisten Lehrerinnen schätzen ihre Schüler/innen im Bezug auf kreative Leistungen eher nicht gut ein, da die Kreativität in anderen Gegenständen nicht deutlich sichtbar ist.

IV. Kennt und verwendet die Deutschlehrerin kreative Übungen im Deutschunterricht?

H4: Die Deutschlehrerin kennt kreative Schreibübungen und versucht sie auch im Unterricht einzusetzen.

(3) Vorgangsweise (Methode)

Diese formulierten Fragen sind ein Leitfaden für diese Arbeit. Zum leichteren Verständnis der Leserin bzw. des Lesers wird mit einer Einführung in den Kreativitätsbegriff und der dazugehörigen Begriffsbestimmung [wie z. B. „der kreative Prozess“, das „Hemisphärenmodell“] begonnen. Um verschiedene Verhaltensweisen des Menschen besser zu verstehen, wird die kognitive Entwicklung nach J. PIAGET vorgestellt.

Danach erfolgt eine Einführung in die Schritte der empirischen Untersuchung. Mithilfe des standardisierten Tests (TSD-LV) von K. K. URBAN und H. G. JELLEN wird erhoben, wie kreativ die Schüler/innen der vierten Klasse einer städtischen „Neuen Mittelschule“ sind. Anschließend schätzen die Deutschlehrerin der Klasse und drei weitere Pädagoginnen mit anderen Unterrichtsgegenständen die Kreativität der Schüler/innen mithilfe einer Klassenliste [nicht kreativ, wenig kreativ, kreativ, sehr kreativ, hochbegabt] ein. Danach kommen verschiedenste Übungen zur Förderung des kreativen Schreibens zum Tragen. Während dieser Zeit werden meine Erfahrungen und Eindrücke in einem Forschungstagebuch festgehalten. Nach der Durchführung der sieben Übungen wird eine zweite Testung vorgenommen. Die Schreibübungen werden mithilfe verschiedener Kriterien ausgewertet. Anhand der Diagramme werden die Aktivierung des Kreativitätspotenzials und geschlechts- und leistungsspezifische Unterschiede aufgezeigt. Zudem wird die Deutschlehrerin der Klasse zu ihren Methoden befragt, um die Kreativität ihrer Schüler/innen zu fördern. Abschließend werden verschiedene Fördermöglichkeiten, die vor allem im Deutschunterricht Verwendung finden können, vorgestellt.

2 ALLGEMEINES ZUR KREATIVITÄT

Zu Beginn der Arbeit soll der Begriff „Kreativität“ genauer beleuchtet werden. „Kreativität“ wird in der Literatur aus verschiedenen Perspektiven näher betrachtet.

Das Wort „Kreativität" leitet sich von dem lateinischen Begriff creare“ (erschaffen, hervorbringen) ab.

„Kreativität“, ursprünglich „creativity “, stammt aus dem Amerikanischen. Joy Paul GUILFORD (1879-1987), Persönlichkeits- und Intelligenzforscher, der als ein Pionier der modernen Kreativitätsforschung angesehen werden kann, erforschte ab den 1950-er Jahren intensiv das Thema „Kreativität“. Besonders sein Vortrag „Creativity“ an der „American Psychological Association“ (1950) weckte die Neugierde der Menschen, dieses Phänomen weiter zu erforschen. Die Gegenüberstellung der zwei Begriffe „Intelligenz“ und „Kreativität“ führte zu zahlreichen Diskussionen (siehe 4).

Unter dem Begriff „Kreativität“ wird eine bestimmte menschliche Eigenschaft beschrieben, wobei die betreffende Person neue Problemlösungen hervorbringt oder völlig neue Ideen entwickelt. „Kreativität“ kommt ebenfalls zum Ausdruck, wenn bestehende Komponenten auf eine andere Weise angeordnet werden, sodass ein neues Produkt entsteht (vgl. BOOS, 2009, S. 7).

Mihaly CSIKSZENTMIHALYI (*1934), Professor für Psychologie an der University of Chicago und Harry Kirke WOLFE (1858-1918), amerikanischer Psychologe, betonen nicht nur die kreativen Ideen oder Produkte und ihre Funktionalität. Sie sprechen von „Kreativität“, wenn das neu Erschaffene auch von der jeweiligen Gesellschaft angenommen wird (vgl. CSIKSZENTMIHALYI/WOLFE nach HELLER in WENNINGER, 2001, S. 394).

Es ist bekannt, dass während eines kreativen Prozesses intellektuelle und nichtintellektuelle (z. B. motivationale) Persönlichkeitszüge zusammenwirken. Diese sind die Basis für eine produktive, einzigartige und schöpferische Leistung (vgl. DORSCH, 2004, S. 516).

Das zentrale Merkmal der Kreativität ist jedoch nicht, ob die neuen Ideen von der Kultur angenommen werden oder nicht, sondern ihre Neuheit („novelty“). Daher werden kreative Problemlösungen sehr oft von einer großen Ideenfülle und originellen Einfällen begleitet.

„Kreativität ist der durch Inspiration gewonnene Einfall einer kreativen Persön–lichkeit. (...) Kreativität ist die originelle Nutzung einer reichen und hochwertigen Wissensbasis.“ (EDELMANN, 2000, S. 216)

Anhand dieses Zitates ist zu erkennen, dass für das kreative Problemlösen nicht nur Wissen von Bedeutung ist, sondern dass auch kreative Persönlichkeitsmerkmale (wie z. B. Imagination) den Prozess beeinflussen.

„Kreativität ist ein Aspekt des produktiven Denkens, der darin zum Ausdruck kommt, dass ein Individuum bei Problemlösevorgängen relativ flüssig und flexibel zu neuartigen Einfällen und originellen Lösungen gelangt.“ (HILLIG, 1996, S. 215)

Die oben angesprochene Flüssigkeit („fluency“) des neuen Einfalls bedeutet, dass der Mensch bei der Produktion einer Idee rasch neue Gedanken produziert.

„Kreativität ist die Fähigkeit, neue Beziehungen zu sehen, ungewöhnliche Ideen und Einfälle zu produzieren und von herkömmlichen Denkschemata abzuweichen.“ (BLUMENBERG/KURY, 1975, S. 111)

Zusammengefasst ergibt sich, dass Kreativität eine Fähigkeit bezeichnet, ein neues Produkt zu erschaffen sowie originelle Problemlösungen zu produzieren. Besonders wichtig dabei ist, dass der Mensch von seinen bisherigen Erfahrungen abweicht und neue Ideen mithilfe seines eigenen Wissens kreiert.

2.1 Kreative Bausteine

In jedem Menschen ist ein gewisses Potential an Kreativität vorhanden. Je älter eine Person wird, umso mehr Routine bekommt sie allerdings beim Lösen eines Problems, das sowohl im Alltag als auch in anderen Lebenssituationen auftritt.

Die vorhandene Routine kann eine Stütze beim Finden von neuen Strukturen sein. Je mehr Parallelen im Gehirn vorhanden sind, desto schneller kann eine Problemlösung gefunden werden (siehe 3.2). Jedoch sollte das Bisherige so uminterpretiert werden, dass ein neuer „Code“ im Gehirn entsteht. Natürlich können Erfahrungen (z. B. ungerechte Kritik des/der Lehrer/in), die ein Mensch gemacht hat, für diesen Prozess auch störend sein. Das Individuum muss sich trauen eine neue Perspektive einzunehmen und nicht in der alten zu verharren (vgl. LINKE, 2004, S. 42).

Nach M. CSIKSZENTMIHALYI (1997) lässt sich Kreativität nur in Wechselbeziehungen eines Systems erfassen, das sich aus drei Hauptelementen zusammensetzt:

- „der Domäne,

- dem Feld und

- dem Individuum.“ (OERTER/MONTADA, 2008, S. 790-791)

Der Begriff „Domäne“ kann als „Fachgebiet“ beschrieben werden, wie z. B. das Fach „Deutsch“. Individuen zeigen im Normalfall Kreativität nur auf einer dieser „Domänen“. Voraussetzung dafür ist die intensive Beschäftigung mit diesem Themengebiet. Das „Feld“ meint, dass die neuen Entdeckungen von der „Fachwelt“, also den „Experten“, angenommen werden oder nicht. Oft dauert es lange, bis die kreativen Ideen anerkannt werden. Ein neues Produkt wird immer von einem Individuum entwickelt (vgl. ebd. 2008, S. 790-791).

Damit der junge Mensch seine „Ader für Kreativität“ positiv entwickeln kann, ist es von Vorteil, wenn eine stimulierende und herausfordernde kreative Umwelt vorhanden ist (vgl. HELLER in WENNINGER, 2001, S. 395).

2.1.1 Die kreative Person

Oftmals wurden kreative Menschen von der Gesellschaft als störend oder sogar als verrückt angesehen, da sie meistens nicht willkommen sind. Doch während der letzten Jahrzehnte wendete sich das Blatt. Aufgrund der Ergebnisse der Kreativitätsforschung entwickelten sich Bestrebungen, die Kreativität schon ab dem Kindesalter zu fördern.

Auch J. P. GUILFORD war der Meinung, dass die eventuell vorhandenen Fähigkeiten eines Menschen, die für Kreativität wichtig sind, nicht außer Acht gelassen werden sollten. Sie sollten so früh wie möglich gefördert werden (vgl. GUILFORD zit. nach MEISSNER in ASANGER/WENNINGER, 1994, S. 368).

1950 entdeckte er im Rahmen seiner Forschung der Intelligenzfaktoren folgende acht Merkmale, die eine kreative Persönlichkeit ausmachen:

- Die Fähigkeit zur Entdeckung und Identifizierung von Problemen

Der Mensch erkennt Widersprüche und stellt Gewohnheiten in Frage.

- Eine überdurchschnittliche Frustrationstoleranzgrenze

Die Person erträgt leichter Misserfolge und kann sich bei inneren Spannungen zurückhalten.

- Die Fähigkeit, spielerisch eine hohe Anzahl von Einfällen zu erzeugen

Verfügt ein Individuum über ein solches Merkmal, kann es ganz einfach Assoziationen oder Parallelen zu einem gewissen Thema herstellen. J. P. GUILFORD benannte diese beschriebene Fähigkeit als „fluency“ (=Flüssigkeit).

- Flexibilität in Handeln und Denken

Der Mensch beharrt nicht auf seinem Standpunkt, sondern lässt auch „Gedanken“ zu. Er kann seine Erwartungen und Einstellungen ändern.

- Überdurchschnittliche Energie

Das Individuum gibt nicht sofort auf, wenn etwaige „Ideenleere“ oder andere Schwierigkeiten auftreten, sondern probiert diese Phase durch Zwischenlösungen oder Neuformulierungen zu überstehen.

- Überdurchschnittlich sichere Urteilskraft und Bewertungsfähigkeit

Die Person kann ein Problem durch ihren Lösungsansatz, der sie sicher zu einem Ergebnis bringen wird, beurteilen.

- Ein breitgefächertes und in bestimmten Bereichen gründliches Wissen

Beim Prozess, sich ein bestimmtes Fachwissen anzueignen, spielt Motivation immer eine große Rolle. Ist diese nicht vorhanden, ist es viel schwieriger, Informationen aufzunehmen und zu behalten.

- Die Fähigkeit, gefundene Lösungen kreativ kommunizierbar zu machen

Nur wenn die kreative Problemlösung durch den Menschen in eine Art „Sprache“ (Worte, Symbole, Bilder, etc.) verwandelt werden kann, kann sie von anderen verstanden werden (vgl. EDELMANN, 2000, S. 217-218).

Natürlich muss ein Individuum nicht über alle acht dieser Merkmale verfügen, um eine originelle Idee zu „produzieren“. Jedoch ist es sicherlich beim Problemlösen von Vorteil, wenn der Mensch über viele dieser Fähigkeiten verfügt.

M. CSIKSZENTMIHALYI, der Interviews mit kreativen Berühmtheiten durchgeführt hatte, kam zu dem Ergebnis, dass diese oft behaupteten, „sie hätten nur Glück gehabt“. Diese Aussage ist auf das Erlebnis des so genannten „Flow-Erlebnisses“ zurückzuführen. Dieses Phänomen ist das Ergebnis intrinsischer Motivation. Eine Person geht völlig in einer Sache auf, die als angenehm empfunden wird. Dies ist sicherlich fördernd für die Schaffung eines kreativen Produkts.

Es kommt nicht von ungefähr, sondern es ist bewiesen, dass die richtigen Umstände sowie das Zusammenspiel von Ort und Zeit von Wichtigkeit sind (vgl. OERTER/MONTADA, 2008, S. 791).

Neben einigen Besonderheiten kreativer Persönlichkeiten sollten möglichst viele der folgenden Grundlagen vorhanden sein, um ein optimales, kreatives Ergebnis zu erzielen:

- Geistige Beweglichkeit

Um sogenanntes kreatives Denken „zuzulassen“ muss die Person „offen sein“ für Neues. Sie soll sich auch an unbekannte Themen herantrauen und dadurch die eigene geistige Beweglichkeit trainieren (vgl. BOOS, 2009, S. 11).

Zum Beispiel kann der/die Deutschlehrer/in darauf achten, dass unübliche Themen zur Bearbeitung gegeben werden. Die Lehrperson sollte sich gerne auf „Neues“ einlassen und dieses Verhalten auf ihre Schüler/innen übertragen. Es können ruhig öfters Übungen, die die Kinder nicht kennen, z. B. als Stundeneinstieg verwendet werden.

- Aktives Problembewusstsein

Die kreative Person sieht nicht nur die optimal ausgereiften und kreativen Produkte eines Lösungsversuches, sondern auch die Prozesse und Situationen, die noch nicht verbessert wurden. Nur wer auch die nicht perfekten Produkte sieht, kann sie positiv verändern (vgl. ebd. 2009, S. 11).

Es sollte öfters im Unterricht die Frage nach unterschiedlichen Lösungswegen gestellt werden. Das kann natürlich in allen Gegenständen passieren (z. B. technisches Werken, Mathematik, etc.).

- Mut

Menschen, die sich mehr trauen, werden eindeutig mehr Erfolg beim Problemlösen haben. Angst ist als einer der vielen „Kreativitätskiller“ bekannt und kann die kreativen Leistungen sehr beeinträchtigen (vgl. ebd. 2009, S. 12).

Es sollte eine Vertrauensbasis zwischen den Kindern und der Lehrperson herrschen. Nur dann kann ein angstfreier Unterricht stattfinden. Die Schüler/innen sollten oft positiven Zuspruch und die notwendige extrinsische Motivation erhalten. Es ist sicherlich fördernd, wenn Situationen öfters in Rollenspielen schauspielerisch dargestellt werden. Die Kinder gewinnen nach und nach mehr Selbstvertrauen und fühlen sich auch in problematischen Momenten außerhalb der Schule sicherer.

- Allgemeinbildung

Damit eine kreative Problemlösung gefunden werden kann, ist es von Vorteil, wenn im Gehirn viele Parallelen (siehe 3.2) zwischen unterschiedlichen Wissensgebieten geschaffen werden können (vgl. ebd. 2009, S. 12).

Nicht jedes Kind verfügt über ein gutes Allgemeinwissen. Das heißt jedoch nicht, dass es keine neuartigen Denkstrukturen entwickeln kann. Um den Schüler/innen bei der Verknüpfung von unterschiedlichem Wissen zu helfen, sollte der Unterricht größtenteils fächerübergreifend aufgebaut sein.

- Fachwissen

Eine gewisse Kompetenz auf einem Fachgebiet lässt einen tiefer in die vorhandene Materie einsteigen und dadurch können die Komponenten eines Produkts besser oder origineller zusammengefügt werden (vgl. ebd. 2009, S. 13).

Eine Möglichkeit dafür wäre, dass sich die Kinder zu einem bestimmten Thema (z. B. das Märchen) besonders viel Wissen aneignen. Dadurch vertiefen sie sich in eine bestimmte Aufgabe und ein Projekt kann entstehen.

- Humor

Lustige Menschen sind oft freier und offener in ihrem Denkverhalten. Sie trauen sich auch, schräge Ideen zu äußern und erhöhen dadurch die Chance eine Problemlösung zu finden (vgl. ebd. 2009, S. 13).

Humor sollte auf keinen Fall im Klassenzimmer fehlen, auch nicht bei der Lehrkraft. Die Lehrperson sollte ihren Schüler/innen zeigen, dass sie Freude an ihrem Leben und an ihrem Beruf hat (vgl. BAUER, 2010, S. 82-84).

- Sicherheit

Eine sehr wichtige Grundlage ist, dass sich die Person sicher in ihrem Umfeld fühlt. Unbrauchbare Vorschläge oder fehlende Ideen sollen sich nicht negativ auswirken (vgl. BOOS, 2009, S. 13).

Der/Die Lehrer/in sollte den Kindern immer wertschätzend gegenüber treten. Es sollte niemals so weit kommen, dass ein/e Schüler/in vor den anderen bloßgestellt wird. Dadurch würde sowohl bei diesem Kind als auch bei den anderen Kindern eine blockierende Angst entstehen. Die Lehrkraft sollte darauf bedacht sein, dass sie eine Atmosphäre im Klassenzimmer schafft, wo sich die Schüler/innen wohlfühlen können. Nur dann können die Kinder diese Leistung erbringen, die von ihnen verlangt wird.

- Freiraum

Um kreative Ideen entwickeln zu können, sollte genug Zeit verfügbar sein. Fühlt sich der Körper unter Druck gesetzt, ist er nicht „offen“ für neue Gedanken (vgl. ebd. 2009, S. 14).

Schüler/innen erkennen sofort, wenn sich die Lehrkraft „gejagt fühlt“ oder sich „jagen lässt“. Die Kinder sollen nicht das Gefühl haben, dass die Lehrperson unter Zeitdruck steht. Genauso sollten die Schüler/innen genügend Zeit für eine Aufgabe haben. Oft wird der Stundenbeginn für formale Dinge verwendet und der Rest der Zeit für den Unterrichtsstoff. Besser wäre es, wenn der/die Lehrer/in zu Beginn der Stunde kurz auf die Kinder eingeht. („Wie geht es euch heute?“ „Habt ihr schon einen anstrengenden Vormittag hinter euch?“) Die Lehrperson kann sich dadurch ein Bild machen, ob das Geplante heute überhaupt durchführbar ist (vgl. BAUER, 2010, S. 82-83).

- Körperliche und geistige Fitness

Körperliche Fitness fördert die „Kreativität“, denn bei sportlichen Aktivitäten wird dem Gehirn Sauerstoff zugeführt und etwaige Verspannungen und Ängste werden gemindert. Bei gewissen Sportarten (wie z. B. Yoga), die den Gleichgewichtssinn und die Geschicklichkeit fördern, vernetzt sich die rechte und linke Gehirnhälfte (siehe 3.2) besser miteinander. Ein weiterer Aspekt für die Begünstigung von kreativen Einfällen ist der Zustand des (Halb-)Schlafes. Dieses Phänomen bestätigen kognitionspsychologische bzw. hirnphysiologische Untersuchungsbefunde. Ist die Befindlichkeit des Menschen entspannt, ist die Entstehung origineller Ideen begünstigt. In dieser Zeit werden schwächere neuronale Verbindungen im Gehirn aktiviert (vgl. BOOS, 2009, S. 14).

Es könnte eine Phase des Kurzturnens eingebaut werden. Die Stunde würde dadurch aufgelockert werden und die Kinder können nach dieser kurzen Pause besser weiterarbeiten.

Einige Fitmacher für das Gehirn sind z. B. das Auflösen von Rätseln oder das Lösen von Gehirnjogging-Aufgaben (vgl. ebd. 2009, S. 14).

Mithilfe solcher Übungen könnten zum Beispiel Wiederholungssequenzen gestaltet werden.

- Lebenserfahrung

Oft ist es so, dass von jungen Leuten mehr und originellere Einfälle kommen. Diese sind aber meistens nicht so gut zu gebrauchen, wie die von älteren Personen. Sie haben den Vorteil, dass sie aufgrund ihres Alter und der mitgebrachten Lebenserfahrung viele Parallelen zu ähnlichen Problemstellungen (siehe 3.2) herstellen können (vgl. BOOS, 2009, S. 15).

- Selbstvertrauen

Traut sich der Mensch selbst etwas zu, ist er viel entspannter und kann in diesem Zustand viel mehr „Neues“ entwickeln (vgl. ebd. 2009, S. 15).

Dazu ist es notwendig, dass die Lehrperson die Kinder in ihrem Selbstvertrauen stärkt. Dies kann durch Ermutigungen und einer großen Portion an Lob passieren. Natürlich sollten ebenso Lernmängel und Leistungsdefizite erwähnt werden (vgl. BAUER, 2010, S. 84).

- Selbstorganisation und Zufallsfaktoren

Prinzipien der Selbstorganisation und Zufallsfaktoren werden außerdem als Erklärung für kreative Produkte und Prozesse herangezogen. Originelle Problemlösungen resultieren aus einer Kombination der Elemente eines Problemfeldes, indem zufällig leicht verknüpfbare Muster ausgewählt („chance permutation“) und transformiert werden (vgl. GRUBICH in BACHMANN, 1992, S. 42-52).

Die Schüler/innen sollten öfters die Chance im Unterricht bekommen, sich selbst einen Organisationsplan (z. B. beim Projektunterricht) zusammenzustellen. Sie sollen sich selbst überlegen, wie sie sich die verfügbare Zeit einteilen.

Es lässt sich zusammenfassen, dass kreative Persönlichkeiten Besonderheiten an vorerst widersprüchlich scheinenden Merkmalen in sich tragen. Es handelt sich um das Zusammenspiel von Intelligenz und Naivität, von Disziplin und Spielerischem, von Imagination und Realitätssinn, von Leidenschaft und Objektivität und von Extraversion und Introversion. Beide Ausprägungen sind für kreatives Handeln von Bedeutung, ergänzen sich offenbar.

Kreativität alleine wird nicht als Persönlichkeitsmerkmal bezeichnet. Erst durch die Vereinigung von bestimmten Zufällen (wie z. B. der Zeit, der Eingebung, etc.) kann sie entstehen. Egal über wie viele der oben beschriebenen Grundlagen oder Persönlichkeitsmerkmale ein Mensch verfügt, eine kreative Leistung lässt sich nicht beliebig oft wiederholen (vgl. OERTER/MONTADA, 2008, 791-792).

2.2 Das kreative Produkt und seine Umwelt

Das kreative Produkt ist das sichtbare Ergebnis eines kreativen Prozesses. Merkmale wie „Originalität“, „Brauchbarkeit“, „Realitätsangepasstheit“ und „Wirkung“ des Produkts sind von großer Bedeutung.

Die Forschung ist bestrebt einen allgemein akzeptierten Kriterienkatalog zu erstellen, jedoch sind bisher alle Bemühungen auf diesem Gebiet gescheitert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die ausgewählten Kriterien nicht objektivierbar sind.

J. P. GUILFORD unterscheidet zwei Arten des kreativen Produkts:

- „neue“, von der Kultur angenommene, Produkte

- „psychologische Produkte“ (d. h. im Kopf vorhandene Ideen)

(vgl. MEISSNER in ASANGER/WENNINGER, 1994, S. 367).

Vertreter der Sozial- und Kulturpsychologie (wie z. B. M. CSIKSZENTMIHALYI) rücken soziale und kulturelle Lernumweltbedingungen als Voraussetzung für kreative Prozesse in den Vordergrund. Kreativität resultiert aus der Interaktion von Kultur (hält Erfahrungswissen bereit), Individuum (fügt etwas Neues hinzu) und Gesellschaft (erkennt die Innovation an und stimuliert positiv). Eine stimulierende und kreative Umwelt, die das Individuum herausfordert, ist nicht nur für seine Kreativitätsentwicklung im Kindes- und Jugendalter von Bedeutung, sondern auch für die berufliche Weiterentwicklung.

Immer wieder und häufiger tritt die Notwendigkeit einer „Erziehung zur Kreativität“ in den Schulen auf. Ganz deutlich wurde dieses Ziel im „Grundsatzerlass zur ganzheitlichen-kreativen Erziehung in den Schulen“ veranschaulicht.

Jahrzehntelang blieb die Forderung nach mehr Kreativitätserziehung folgenlos für das Schulwesen in Österreich, denn in der schulalltäglichen Unterrichtssituation herrschte noch immer das Auswendiglernen für Prüfungen. Die Kinder bemerkten sehr rasch, dass sie ihr „antrainiertes“ Wissen schnell vergaßen. Das Ziel der Nachhaltigkeit, das eigentlich beim Lernen erreicht werden sollte, war nicht gegeben.

Erst die Zunahme der Empfindlichkeit des gesellschaftlichen Bewusstseins für ökologische, soziale und auch wirtschaftliche Probleme übte auf die Bildungseinrichtungen den nötigen Druck aus, das „mechanische“ Lernen durch andere Lernformen zu überwinden.

Langsam versuchen österreichische Lehrende, dass sie die Kinder und Jugendlichen bildungsmäßig so ausstatten, dass sie in einer schnelllebigen und reizüberfluteten Lebenssituation die Übersicht behalten. Sie sollen lernen, kreative Problemlösungen zu finden.

Im Fach Deutsch gilt der Leitsatz „Kreativitätsförderung als Hauptforderung“. Lehrpersonen werden aufgefordert, dass sie die sprachliche Kreativität ihrer Schüler/innen akzeptieren und fördern (z. B. mit kreativen Schreibübungen). Das setzt natürlich eine hochentwickelte sprachliche Kompetenz der Lehrenden voraus.

Um einen kreativitätsfördernden Unterricht überhaupt beginnen zu können, sollten verschiedene Rahmenbedingungen (siehe 2.1.1) gegeben sein. Die Originalität und der Ideenreichtum der Kinder sollten als Merkmale von Schulleistung anerkannt werden.

Der/Die Lehrer/in sollte es anstreben, eine kreative Persönlichkeit zu werden. Um „kreatives Lernen“ zu ermöglichen, ist ein anderer Umgang mit Zeit erforderlich. Der Unterricht sollte so aufgebaut sein, dass die Kinder ein gewisses Maß an Eigenaktivität und Selbständigkeit erleben. Um das zu erreichen, wäre es von Vorteil, wenn zwei Unterrichtseinheiten zusammengelegt werden (vgl. GRUBICH in BACHMANN, 1992, S. 42-52).

3 Der kreative Prozess

Der kreative Prozess wird auch häufig als „Problemlösungsprozess“ definiert. Es lassen sich laut Graham WALLAS (1858-1932) und Jules Henri POINCARE (1854-1912), die als eine der ersten Wissenschaftler Kreativität untersucht haben, vier verschiedene Phasen beschreiben.

- Die erste Phase wird Präparation genannt. In dieser Zeit wird dem Individuum das Problem bewusst, es kann brauchbares Wissen suchen, um eine mögliche Lösung zu finden.
- Die zweite Phase, die Inkubation, dient als sogenannte „schöpferische Pause“. Während dieses Zeitraumes arbeitet der Mensch unbewusst an seiner Problemlösung weiter.
- Die Illumination als dritte Phase des Prozesses beschreibt den plötzlichen „Geistesblitz“, auch „Heureka-Erlebnis“ genannt. Die lang ersehnte Lösung des Problems ist endlich aufgetaucht.
- Die Verifikation zum Schluss wird als „Gestaltungsphase“ angesehen, weil die gefundenen Lösungsansätze bearbeitet bzw. weiterentwickelt und auf ihre Umsetzbarkeit getestet werden (vgl. WALLAS/POINCARE zit. nach MEISSNER in ASANGER/WENNINGER, 1994, S. 367-368).

Dieses Phasen-Schemata wurde im Laufe der Zeit weiterentwickelt und auf sechs Phasen ausgeweitet.

- In der einleitenden Phase, der Problematisierung, wird das Problem vom Individuum erkannt.
- Darauf folgt die Exploration, wo die verschiedenen Erfahrungen, Informationen und das vorhandene Wissen umstrukturiert und neu organisiert werden. Das Problem wird also aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und erforscht.
- Die Inkubation, die noch am wenigsten erforscht worden ist, läuft sehr ruhig ab, da es scheinbar zum „Vergessen des Problems“ kommt. Der Mensch fühlt sich entspannt bis zum Eintritt der heuristischen Regression. Diese Phase zeichnet sich durch ein Auf und Ab von Lösungsmöglichkeiten aus. In dieser Zeit passiert es oft, dass Lösungsansätze gefunden und wieder verworfen werden. Am Ende dieser Phase werden die aussichtsreichsten Ideen ausgewählt.
- In der Elaboration wird der unfertige Lösungsansatz weiterentwickelt und das Ergebnis in eine Sprache übersetzt, die alle Beteiligten verstehen, damit die Lösungsidee kommunizierbar wird.
- Die letzte Phase, die Diffusion, ist von großer Bedeutung, denn es kommt zur Problemlösung, es wird für Popularisierung und die Eingliederung in den Alltag gesorgt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die heuristische Phase das Zentrum des kreativen Prozesses bildet. In dieser Phase fällt das Individuum in eine fast kindliche Mentalität zurück, der Wechsel zwischen Entspannung und Spannung führt meist zu einer überraschenden Idee.

Die vorgestellten Phasenmodelle lassen sich zwar zum Großteil im Alltag beobachten, jedoch müssen dabei nicht alle Phasen vorkommen (vgl. EDELMANN, 2000, S. 217).

3.1 Modell nach LOWENFELD

Zu Beginn wird die Theorie von dem gebürtigen Österreicher Viktor LOWENFELD (1903-1960), Professor für Kunsterziehung, vorgestellt. Sein Modell hatte in den 1960er Jahren großen Einfluss auf die Kreativitätserziehung.

Er hat vier Faktoren und vier Fähigkeiten näher beschrieben, die er als Gütekriterien einer solchen künstlerisch-kreativen Persönlichkeit ansieht.

- Sensitiv für Probleme

Ein Mensch, der eine „kreative Ader“ besitzt, verfügt über ein gewisses Maß an Empathie. Er kann sich in andere Menschen einfühlen und ist offen gegenüber Neuem.

Zum Beispiel probiert die Person eine Ich-Erzählung zu schreiben, obwohl sie noch keine Erfahrung damit gemacht hat.

- Variabilität (Aufnahmebereitschaft)

Die kreative Person verknüpft mehrere verschiedene Effekte miteinander, um ein künstlerisches Endprodukt zu entwerfen. Natürlich betrifft das auch den Umgang mit Sprache.

Zum Beispiel probiert das Kind ein Gedicht zu schreiben.

- Beweglichkeit

V. LOWENFELD meint, dass sich diese Menschen besonders schnell anpassen können und über eine hohe Frustrationstoleranzgrenze verfügen. Sie gleichen künstlerische „Missgeschicke“ mit ihrem hohen Potential an Kreativität aus.

- Originalität

Diese Menschen sind in der Lage, ihren Gedanken und Gefühlen besonderen Ausdruck zu verleihen. Sie verleihen den Texten ihre eigene „Note“(z. B. durch ihren eigenen Wortschatz).

Zu den vier Fähigkeiten nach V. LOWENFELD zählen:

- Umgestaltungsfähigkeit

Ein kreativer Mensch kann die Funkionen seines „Materials“ ständig abändern.

Zum Beispiel kann das Kind durch die Änderung einiger Sätze die Handlung eines Aufsatzes verändern.

- Analyse

Die Person besitzt die Eigenschaft, dass sie ins Detail geht und sich ganz besonders den Kleinigkeiten widmet.

Zum Beispiel werden Schlüsselszenen einer Gruselgeschichte genauestens beschrieben.

- Synthese

Bei der Synthese werden mehrere Bausteine zu einem neuen Ganzen zusammengefügt.

Zum Beispiel werden selbstgemalte Bilder zu einer Bildgeschichte zusammengefügt.

- Komposition

Einzelne Elemente (z. B. Wörter) sollen so zusammengefügt werden, dass ein günstiges Gleichgewicht entsteht. Dadurch wird eine Harmonie erreicht, die als künstlerische Qualität gilt.

V. LOWENFELD ist davon überzeugt, dass die Entwicklung der künstlerischen Kreativität zur Entwicklung der allgemeinen Kreativität führt und zusätzlich zu einer Steigerung der intellektuellen Fähigkeit (vgl. SCHUPPENER, 2005, S. 125-126).

3.2 Hemisphärenmodell

Damit die Lehrperson die allgemeine Kreativität eines Individuums fördern kann bzw. sie weiter ausbauen kann, sollte ein Grundwissen über das menschliche Gehirn und sein Hemisphärenmodell vorausgesetzt werden.

Das Gehirn des Menschen setzt sich aus Nervenfasern und Blutgefäßen zusammen. Es ist ein kompliziertes Netzwerk, das die körperlichen und geistigen Prozesse im Körper steuert.

Die oberste Lage des Gehirns wird Großhirn genannt. Dieses besteht aus zwei Hälften, den sogenannten Hemisphären. Die Verbindung zwischen den beiden Gehirnteilen stellt der Gehirnbalken her. Die Nervenbahnen, die jeweils von den Hemisphären weglaufen, kreuzen sich im Kopf.

Schon bei der Geburt eines Kindes kann festgestellt werden, dass der Aufbau der zwei Gehirnhälften asymmetrisch ist. Diese Ungleichheit lässt sich auf die speziellen Funktionen, die die beiden Teile des Gehirns ausführen, zurückführen. Der Entwicklungsprozess der Hemisphären, der schon vor der Geburt in vollem Gange ist, heißt Lateralisation.

Durch die linke Gehirnhälfte werden die bewussten und unbewussten Prozesse der rechten Körperhälfte gesteuert – und umgekehrt. Grund dafür sind die Nervenbahnkreuzungen hinter den Augen, daher bilden die Augen auch eine Ausnahme. Fällt der Reiz auf die Netzhaut des linken Auges, wird er in der linken Hemisphäre verarbeitet – und umgekehrt (vgl. KOHNSTAMM, 1994, Seite 21-22).

Nicht jeder Hälfte des Gehirns werden die gleichen Arbeiten „zugeteilt“. Die linke Gehirnhälfte ist die Hemisphäre der Logik. Sie setzt sich bei folgenden Aufgaben durch:

- Wortverarbeitung: Die linke Gehirnhälfte ist für die Sprachfertigkeit verantwortlich. Sie kontrolliert unsere gesprochenen Worte und befähigt den Menschen zu lesen und schreiben.
- Analyse: Die linke Hemisphäre ist die analytische Seite des Gehirns. Sie kann Fakten und Zahlen rational einordnen und bewerten.
- Buchstäbliches Verständnis: Alle Worte werden buchstabengtreu erfasst. Die linke Gehirnhälfte kann keine Metaphern (ein oder mehrere Wörter mit übertragener Bedeutung) „entschlüsseln“.
- Lineares Vorgehen: Die linke Hemisphäre verarbeitet die Informationen Stück für Stück.
- Mathematik: Alle Symbole der Mathematik werden mithilfe der linken Hemisphäre erfasst. Das logische, analytische Denken ist eine der Hauptfähigkeiten der linken Gehirnhälfte.
- Bewegungskontrolle der rechten Körperhälfte: Nur wenn die linke Seite des Gehirns Nervenimpulse aussendet, kann der Mensch diesen „Befehl“ an der richtigen Stelle der rechten Körperhälfte ausführen.

Die rechte Gehirnhälfte wird auch die Hemisphäre der Intuition genannt. Sie ist ausschlaggebend für folgende Aktivitäten im menschlichen Gehirn:

- Bildverarbeitung: Diese Gehirnhälfte denkt nicht in Worten, sondern in Bildern, das heißt sie denkt non-verbal.
- Nicht-lineares Ganzheitsdenken: Die rechte Hemisphäre kann viele Informationen auf einmal bearbeiten. Sie kann Probleme in ihrer Ganzheit erkennen. Die rechte Gehirnhälfte lässt uns z. B. Gesichter wiedererkennen.
- Räumliche Wahrnehmung: Die rechte Seite des Gehirns hilft dem Menschen, sich zu orientieren. Durch die Nutzung dieser Hemisphäre kann z. B. ein Kind ein Puzzle richtig zusammensetzen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 84 Seiten

Details

Titel
Sind Schüler/innen kreative Schreiber/innen?
Untertitel
Kreativität und kognitive Entwicklung, Diagnose und Fördermöglichkeiten
Hochschule
Pädagogische Hochschule Niederösterreich (ehem. Pädagogische Akademie des Bundes in Niederösterreich)
Note
2,00
Jahr
2011
Seiten
84
Katalognummer
V430913
ISBN (eBook)
9783668742420
ISBN (Buch)
9783668742437
Dateigröße
2403 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
sind, schüler/innen, schreiber/innen, kreativität, entwicklung, diagnose, fördermöglichkeiten
Arbeit zitieren
Anonym, 2011, Sind Schüler/innen kreative Schreiber/innen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/430913

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