Der Spanisch-Amerikanische Krieg. Ein Einblick in die "Zivilisierungsmission" auf Kuba und den Beginn des amerikanischen Imperialismus


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

26 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Vorgeschichte
2.1 Die Situation in Spanien
2.2 Die Situation in den USA
2.2.1 Monroe-Doktrin & Manifest Destiny
2.2.2 Wirtschaftlich-politische Faktoren & Selbstzweifel
2.2.3 ÄEine Nation der Zeitungsleser“ - der Druck der Öffentlichkeit

3. Der Weg in den Krieg - die Auslöser

4. Der spanisch-amerikanische Krieg - Kriegsverlauf

5. Die Folgen des Krieges
5.1 Kriegsfolgen in Spanien
5.2 Kriegsfolgen in den USA - der amerikanische Imperialismus
5.3 Kriegsfolgen auf Kuba - die Zivilisierungsmission
5.3.1 Das zerrüttete Kuba
5.3.2 Die Haltung der Amerikaner gegenüber der kubanischen Bevölkerung und rassistische Elemente
5.3.3 Amerikanische ÄZivilisierungsmaßnahmen“ unter John R. Brooke und Leonard Wood
5.3.4 Das Platt Amendment und der Abzug amerikanischer Truppen

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

ÄThe war in which (...) Cuba was born, Spain lost its empire, and American gained an overseas empire.”1

Dieser Krieg, der spanisch-amerikanische Krieg, der für drei Länder sehr unterschiedliche und weitreichende Folgen nach sich zog, soll in dieser Arbeit behandelt werden. Er fand von April im Jahre 1898 bis zum August 1898 auf Kuba, Puerto Rico und den Philippinen statt, hatte jedoch eine umfassendere Vor- sowie Nachgeschichte, die hier ebenfalls diskutiert werden soll.

Die USA konnte bald einen raschen und eindeutigen Sieg über die alte Großmacht Spanien feiern, hatte nach dem Krieg jedoch mit neuen Problemen zu kämpfen: Was sollten sie jetzt mit den eroberten Gebieten machen? Und wie sollten sie sich verhalten, nun, da sie selbst das Verhalten und den Einfluss einer Großmacht an den Tag legten?

Das Hauptaugenmerk der Arbeit richtet sich hierbei auf zwei interessante Fragestellungen. Erstens: Was löste den spanisch-amerikanischen Krieg aus? War er geplant, war er ein Instrument gewollten amerikanischen Imperialismus? Oder war er ein ungewollter Funken, der ein widerwilliges Amerika schließlich auf die Weltbühne schubste? Zweitens wird die Frage beleuchtet, was nach diesem Krieg auf Kuba geschah: Wie sah die Haltung der Amerikaner gegenüber den Einwohnern Kubas aus? War die Okkupation der Vereinigten Staaten mehr eine Zivilisierungsmission anstatt eine Hilfe für Gleichberechtigte - und wenn ja, war sie Äerfolgreich“?

Der spanisch-amerikanische Krieg ist in der Forschung erst vor kurzem in den Mittelpunkt des Interesses getreten.2 Seitdem wurde seine Bedeutung für die Entwicklung der Supermacht der Vereinigten Staaten gründlich erforscht und einstimmig als schwerwiegend bestätigt. Für den Großteil der Forschung gilt der spanisch-amerikanische Krieg als der Anfang des amerikanischen Imperialismus und von diesem Standpunkt geht auch diese Arbeit aus. Interessant ist hierbei die Frage, ob diese Entwicklung von den Vereinigten Staaten gewollt oder sogar geplant war.

Dass die Besetzung Kubas einschneidende Folgen für seine Bevölkerung haben musste, ist evident. Auf den folgenden Seiten werden diese Folgen und die Haltung der amerikanischen Besatzung genauer untersucht.

Demnach wird zunächst die Vorgeschichte und die Ursachen des Krieges in Spanien und in den USA beleuchtet, sowie die Zeit nach dem Krieg und die Folgen, die er für die beteiligten Länder hatte: Für Spanien, die an Macht und Einfluss einbüßten, für die Vereinigten Staaten, die damit auf die Bühne der Großmächte traten, und für Kuba, das auf seine Unabhängigkeit hoffte. Dabei stützt sich diese Arbeit vor allem auf die Werke ÄThe Spanish-Cuban-American War and the Birth of American Imperialism 1895-1902“ von Philip S. Foner, ÄThe war with Spain in 1898“ von David F. Trask und Frank Ninkovichs ÄThe United States and Imperialism“. Auch wurden ein paar zeitgenössische Artikel und Zitate aus dem Sammelwerk ÄThe Spanish- American war: A documentary history with commentaries“ von Brak K. Berner entnommen, um einen Blick in die Gedanken und Gefühle der damals lebenden Zeugen werfen zu können.

1. Vorgeschichte

1.1 Die Situation in Spanien

ÄDuring the years of 1810-1825 Spain's colonies in the New World revolted and achieved independence. Only Cuba and Puerto Rico remained of what was once the great Spanish empire of the West Indies, Central and South America. Of these two, Cuba was by far the more important to Spain.”3

Spanien war einst eine mächtige, gefürchtete und geachtete Großmacht Europas. Mittlerweile war von dem alten Glanz nicht mehr viel übrig, an diesem jedoch hielten die Spanier entschlossen fest. Kuba war für sie von großer wirtschaftlicher, aber auch symbolischer Bedeutung. Die kubanische Bevölkerung bekam diesen Wert jedoch nicht in positiver Weise zu spüren. ÄGegen Ende des 19. Jahrhunderts geriet Kuba immer tiefer in den Sog von Korruption, Misswirtschaft, Armut und Elend.“ Die spanische Herrschaft Äerwies sich auf unfähig“, die Probleme auf Kuba zu lösen, was zunächst in den Siebzigerjahren zu dem zehnjährigen Krieg führte.4 Als dieser siegreich für Spanien endete, wurde ÄCuba with seventeen years of malign neglect“ und strengen Auflagen bestraft und die Lage der Zivilbevölkerung verschlechterte sich zusehends: ÄBy 1895 (…) Cuba had become a place of crushing poverty and endemic banditry, an even more perfect hotbed of discontent than it had been in 1868.“5 Die Vereinigten Staaten beobachteten diese Entwicklungen skeptisch, bis sie schließlich Reformen in Kuba verlangten.

Nach der Restauration der Monarchie 1874 war Spaniens politisches Leben dominiert von zwei gegensätzlichen politischen Parteien, einerseits die Konservativen unter der Leitung von Antonio Cánovas des Castillo und die Liberalen unter Práxedes Mateo Sagasta auf der anderen Seite. Die strukturellen Probleme der spanischen Gesellschaft spiegelten sich in der Spaltung der politischen Parteien wieder, die alle unterschiedliche ideologische Vorstellungen und Leitbilder hatten und um Macht kämpften.6 In einem waren sie sich jedoch einig: Kubas Unabhängigkeit wäre eine empörende und entehrende Maßnahme für Spanien und würde unter der Bevölkerung großen Unmut hervorrufen, der möglicherweise sogar in dem Niedersturz des politischen Systems enden könnte.

Unter Betrachtung dieser Umstände hatte die amerikanische Einmischung in das kubanische Problem keinen positiven Effekt auf die Spanier, sie erachteten es als Dreistigkeit. In der Zeitschrift El Correo Español wurde über die Amerikaner geschrieben:

ÄIn the eyes of a world that one day trembled in our presence, that nation of merchants [United States] amuses itself for its own entertainment and the rejoicing of strangers That nation plays with Spain like a cat with an already bruised and defenseless mouse Spanish governments have not accepted the humiliating challenge which the Yankees have thrown from the beginning. (...) The honor of Spain, its prosperity and its life, are worth too much to leave them“.7

Eigentlich konnte sich Spanien keinen Krieg leisten. Die Revolten auf Kuba und den Philippinen hatten viele Menschenleben gefordert und das Land an die Grenze des Bankrotts getrieben. Die Regierung aber sah sich mit einem immensen Druck in der spanischen Bevölkerung konfrontiert. Sie forderte, man dürfe sich von diesen ÄYankees“ nicht alles gefallen lassen. Aus spanischer Sicht Äforderte die amerikanische Regierung im Grunde das Unmögliche“.8 Nichtsdestotrotz versuchte die spanische Regierung alles, um eine friedliche Lösung zu finden. Was sie aber nicht bedachten, war, dass Präsident McKinley möglicherweise selbst nicht in der Lage sein könnte, die Situation in den USA zu kontrollieren.9 Als eine friedliche Lösung schließlich in unerreichbare Ferne rückte, handelte die spanische Regierung, um sich selbst und das gesamte politische System Spaniens zu schützen:

ÄIn the end they accepted war, even though defeat seemed all but certain, because they believed that Spain could be preserved from revolution art home only by waging an honorable war abroad, no matter how disastrous the military outcome.“10

1.2 Die Situation in den USA

1.2.1 Monroe-Doktrin & Manifest Destiny

ÄTake up the White Man's burden--

Send forth the best ye breed-- Go bind your sons to exile To serve your captives' need; To wait in heavy harness, On fluttered folk and wild-- Your new-caught, sullen peoples, Half-devil and half-child.

(…)

Take up the White Man's burden-- The savage wars of peace-- Fill full the mouth of Famine And bid the sickness cease; And when your goal is nearest The end for others sought, Watch sloth and heathen Folly Bring all your hopes to nought.“11

Um viele politische Entscheidungen der USA, vor allem in vergangenen Zeiten und manchmal auch noch heute verstehen zu können, muss man einen Blick auf das Selbstverständnis der Amerikaner werfen, den Äpolitischen Messianismus der amerikanischen Politik“12. Eine gute Möglichkeit hierzu bietet das 1899 veröffentlichte Gedicht von Rudyard Kipling, ÄThe white man’s burden“, welches er als kritischen Rückblick auf den Krieg der USA auf den Philippinen, eine direkte Folge des spanisch-amerikanischen Krieges, verfasste. Oben sind die erste und die dritte Strophe abgedruckt, welche den Sinn des Liedes klar repräsentieren: Der weiße Mann, der sich für die Erziehung und Errettung des ungebildeten Wilden opfert.

Schon mit den frühen Puritanern aus England kam Ädas Selbstbewusstsein, Gottes auserwähltes Volk (…) zu sein“ nach Amerika.13 Sie fanden sich ein Äneues Israel“, in dem sie nach Gottes Wünschen leben und sich ein eigenständiges, demokratisches politisches System aufbauen konnten. Daraus entwickelte sich auch der Begriff des Ämanifest destiny“, der im 19. Jahrhundert volkstümlich wurde und bedeutete, Ädass es zur Erfüllung der göttlichen Mission der USA gehöre, sich den Kontinent zu eigen zu machen“14 und ihm durch Äwars of peace“ die Vorteile amerikanischer Demokratie angedeihen zu lassen: ÄAls Leuchtturm für die erniedrigte und unterdrückte Menschheit sollte der neue Staat den Weg weisen“15, auch wenn er dafür keinen Dank der Äsavages“ erwarte. Das Besondere des Ämanifest destiny“ steckt bereits im Namen: Für die Amerikaner ist diese ÄHilfe“ für die Unzivilisierten, Unterdrückten und weniger Bevorteilten nicht nur ein Akt der Nächstenliebe, sondern ihr Schicksal und ihre gottgewollte Bestimmung, der sie sich nicht widersetzen können. Unter diesem Gesichtspunkt wurden schon die Indianerkriege sowie die Eroberung Kubas und die Übernahme der Philippinen gerechtfertigt.

Diese Überzeugung der USA, eine von Gott geliebte und geleitete Nation zu sein, erklärt auch zum Teil die Monroe-Doktrin, die 1823 durch Präsident Monroe in Kraft trat. Der Anstoß dazu war der Streit mit Russland über das nordwestliche Amerika und die Entstehung der Heiligen Allianz.16 Es ging hauptsächlich darum, europäische Mächte vom nordamerikanischen Kontinent fernzuhalten: ÄDer amerikanische Kontinent könne hinfort nicht mehr Ziel europäischer Kolonisation sein; die Vereinigten Staaten würden sich in die europäischen Verhältnisse nicht einmengen“17. Amerika gewann damit Unabhängigkeit von anderen Großmächten und garantierte die Weiterentwicklung und Erhaltung der amerikanischen Demokratie und Kultur. Allerdings wurde die Monroe-Doktrin schon früh von anderen amerikanischen Politikern in ihrem Sinne interpretiert. So wurden schließlich auch die Karibik und Kuba zu dem amerikanischen Interessenbereich mit einbezogen, was wiederum die Einmischung der USA in die kubanische Angelegenheit legitimierte.18

1.2.2 Wirtschaftlich-politische Faktoren & Selbstzweifel

ÄIn the late 1890s Americans were living in a quickly changing society challenged by rapid industrialization and urbanization. Set against the backdrop of the 1893 depression trusts were fundamentally changing the way America did business“19.

In den Neunziger Jahren hatte Amerika eine Zeit der Veränderung und auch der Krisen hinter sich. Die Wirtschaftskrisen Ende der Siebziger und Anfang der Neunziger Jahre und die folgenden ÄPreisstürze, Arbeitslosigkeit und Arbeiterunruhen“, der Bürgerkrieg und politische Unausgeglichenheit hatten eine Äweit verbreitete gesellschaftliche Verunsicherung“ ausgelöst und ließen Ätiefe Zukunftsängste aufkommen.“20 Die Schwierigkeiten der jungen amerikanischen Politik, die letzten Krisen zu lösen, Äemerged a crisis of confidence.“21

Das amerikanische Volk stand vor der Herausforderung, sich als Einheit zu verstehen. Dabei hatte es jedoch Schwierigkeiten, überhaupt zu definieren, was diese Einheit ausmachte: ÄAt a time when nationalism was on the rise throughout the world, this tangle of problems made it increasingly difficult for the United States to define itself as a nation“22. Die entstandene Unsicherheit brachte ein neues, konzentrierteres ÄManifest Destiny with a humanitarian duty“ hervor, um Selbstsicherheit wiederzuerlangen und innerpolitische Probleme nach außen zu verlagern.23

In diese Probleme nun fiel die kubanische Krise. Kuba, Äthe world’s largest producer of sugar“24, war für die amerikanische Wirtschaft nach dem zehnjährigen Krieg auf Kuba von großer Wichtigkeit. Die Zucker- und Tabakproduktion ging größtenteils in amerikanischen Besitz über.25 Nun verfolgte der kubanische Guerillakrieg Äeine Politik der verbrannten Erde“. Das Wirtschaftsleben vor allem um die spanischen Stützpunkte herum wurde lahmgelegt; die Lage verschlimmerte sich mit jedem Monat mehr, der Export brach ein.26 Anders als beim ersten Aufstand der kubanischen Rebellen reagierte Amerika nun sofort, denn Äneben strategischen standen wirtschaftliche Interessen amerikanischer Investoren und Pflanzer auf dem Spiel“27.

Diese strategischen Interessenhalter sahen sich mit drei Möglichkeiten konfrontiert: Entweder ein unruhiges Kuba unter der anscheinend unfähigen Regierung Spaniens oder gar unter der Regierung einer anderen eingreifenden Großmacht, ein unabhängiges Kuba, oder ein Kuba unter amerikanischer Kontrolle. Die ersten beiden Möglichkeiten waren für die amerikanische Politik keine wirkliche Option.28

Weitere strategische Motive sieht Wehler in dem aufstrebenden chinesischen Markt, der von den USA als große Möglichkeit und Investition gesehen wurde, welche sie nicht unter der Kontrolle europäischer Mächte zerstückelt sehen wollten. Die Eroberung Kubas, sowie die spätere Annexion Hawaiis und der damit gesicherte ÄZugang zum ostasiatischen Großmarkt“, der Amerika Entlastung schaffen sollte, seien laut Wehler Ergebnis von einem Äbemerkenswert rationalen Interessenkalkül“.29

Wehler spricht von dem ÄWunschbild“, nach dem Ähumanitäre Impulse“ der Grund für die Intervention der USA gewesen wären. Er sieht die Gründe gänzlich auf wirtschaftlicher und machtorientierter Seite und ist der Meinung, dass die USA den Krieg mit Spanien schon lange vor dem April 1898 geplant habe.30 Zeitgenössische Kritiker reden auch von einem ÄZuckerkrieg“ und der ÄEroberungsgier“ der Amerikaner.31

Diese Meinung ist allerdings in der Forschung nicht weit verbreitet. So gibt etwa Ninkovich zu bedenken, dass der Krieg auch einige Unternehmen ernsthaft gefährdet haben könnte und dass Krieg der Wirtschaft eines Landes zunächst selten gut tue.32

Foner gibt zu, dass wirtschaftliche Interessen durchaus eine wichtige, wenn nicht gar die ausschlaggebende Rolle gespielt haben mögen, sieht aber auch die anderen Gründe: ÄThere were political, social and psychological roots, too, and no analysis of the roads to war can ignore humanitarian sentiments, the role of the press, the sinking of the Maine, the influence of the ideologists of expansionism.“33

Diese Ideologen und die Medien hatten nach Foner also ebenfalls einen großen Einfluss auf die amerikanische Öffentlichkeit. Linderman schreibt:

ÄBy extension, sympathy for the Cuban became the test of human kindness, and those who remained so unmoved by the island's plight that they opposed war became morally suspect.“34

1.2.3 ÄEine Nation der Zeitungsleser“ - der Druck der Öffentlichkeit

ÄFor America of the 1890s was a nation of newspaper readers. (…) Consequently, both the technology and audience existed for breaking stories to quickly become national concerns. It was a technological certainty that soon after the outbreak of the Cuban revolt against Spain in 1895 atrocity stories began to fill newspaper columns throughout the United States.“35

Der kubanische Freiheitskampf erinnerte die amerikanische Zivilbevölkerung zu sehr an den eigenen Kampf um Freiheit, um ignoriert zu werden. Die harte Vorgehensweise des spanischen Verantwortlichen auf Kuba, General Valeriano Weyler y Nicolau36, tat ihr übriges, um einen Aufschrei der Empörung und Sympathie für die kubanische Sache laut werden zu lassen. Die ÄCuban Junta“, bestehend aus Exilkubanern, die sich als vertriebene politische Spitze Kubas verstanden, fanden in Amerika Unterstützung von Gewerkschaftsführern, Kirchen, Journalisten und nicht zuletzt Kongreßabgeordneten, bei denen es auf die Stimmen der Exilkubaner ankam. ÄUnter der Parole ,Cuba libre‘ solidarisierte sich der überwiegende Teil der Öffentlichkeit mit den Aufständischen.“37 Die Cuban Junta fütterte auch die amerikanische Presse regelmäßig und kostenlos mit Berichten über Kuba. Dabei war der spanienfeindlichen Äyellow press“ der Wahrheitsgehalt dieser Berichte weniger wichtig als das Gehalt, das durch den Verkauf der Zeitungen in ihre Kassen floss: ÄFacts, or lack thereof, were not allowed to get in the way of a profitable story, and the story that sold was that of Spain's guilt.“38

So schreibt zum Beispiel James Creelman für die New York World:

ÄNo man's life, no man's property is safe. American citizens are imprisoned or slain without cause. American property is destroyed on all sides. (...) Millions and millions of dollars worth of American sugar cane, buildings and machinery have already been lost. (...) Wounded soldiers can be found begging in the streets of Havana Cuba will soon be a wilderness of blackened ruins. This year there is little to live upon. Next year there will be nothing. The horrors of a barbarous struggle for the extermination of the native population are witnessed in all parts of the country. Blood on the roadsides, blood on the fields, blood on the doorsteps, blood, blood, blood! The old, the young, the weak, the crippled - all are butchered without mercy. There is scarcely a hamlet that has not witnessed the dreadful work. Is there no nation wise enough, brave enough to aid this blood-smitten land?“39

Diese stark propagandistischen und oft auch übertriebenen, wenn nicht gar unwahren Beschreibungen40 und Aufrufe und ihr starker Einfluss auf die öffentliche Meinung waren zu dieser Zeit keine Seltenheit, wenn sich auch nicht alle Zeitungen daran beteiligten.41 Die amerikanische Regierung sah sich mit dem großen Erwartungsdruck konfrontiert, etwas zu unternehmen. McKinley, der während seines Wahlkampfes und auch während seiner ersten Amtszeit das Thema Kuba so gut wie nie erwähnte und gekonnt umschiffte42, musste nun reagieren. Zunächst hielt er sich an den Kurs seines Vorgängers Cleveland und betonte, dass er eine friedliche Lösung suchen wolle. Er hatte selbst jahrelang im Bürgerkrieg gekämpft und wusste um die grausame Wirklichkeit des Krieges, er sprach sich offen gegen Krieg und Gewalt aus.43 Nichtsdestotrotz legte er auch großen Wert auf die öffentliche Meinung; er sah es als seine Pflicht als Vertreter des Volkes, ihr zu folgen.44 Da sich durch die gesamte amerikanische Öffentlichkeit die Forderung nach Äsupport for the Cuban cause“ ausbreitete, sah sich McKinley gezwungen zu handeln.45

Im Endeffekt ist es am wahrscheinlichsten, dass all die genannten Faktoren in die Entscheidung der amerikanischen Regierung mit einflossen: ÄOhne nun die Berechtigung dieser Argumente im Einzelnen anzuzweifeln, sei es gestattet, ihre alleinige Erklärungskraft für den spanischamerikanischen Krieg in Frage zu stellen.“46 Mehrere Gründe kamen zusammen, welche eine explosive Ausgangssituation kreierten. Was noch fehlte, war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Hier soll sich eine Beschreibung der Ereignisse anschließen, die zwar nicht ausschließlich Grund, aber Auslöser für den Krieg waren.

[...]


1 John Lawrence Tone, War and genocide in Cuba, 1895-1898, Chapel Hill 2006, S. xiii.

2 Vgl. Brad K. Berner, The Spanish-American war: A documentary history with commentaries, Madison/Teaneck 2014, S. ix.

3 Philip S. Foner, The Spanish-Cuban-American War and the Birth of American Imperialism 1895-1902. Volume I: 1895-1898, New York / London 1972, S. xv.

4 Marek Czaja, Die USA und ihr Aufstieg zur Weltmacht um die Jahrhundertwende: Die Amerikaperzeption der Parteien im Kaiserreich, Berlin 2006, S. 227-228.

5 Tone, S. 1.

6 Sylvia L. Hilton, The United States through Spanish Republican Eyes in the Colonial Crisis of 1895-1898, in: Sylvia L. Hilton/Steve Ickringill (Hrsg.), European perceptions of the Spanish-American War of 1898, Bern / New York 1999, S. 53-70, hier S. 53.

7 ÄBasta ya“, in: El Correo Español, January 27 (1898), zitiert nach: Berner, S. 29-30. Autor?

8 Klaus Schwabe, Weltmacht und Weltordnung: Amerikanische Außenpolitik 1898-2000: Eine Jahrhundertgeschichte, Paderborn [u.a.] 2006, S. 23.

9 David F. Trask, The war with Spain in 1898, New York / London 1981, S. 14.

10 Ebenda, S. 59.

11 Verwendet wird hier die Fassung Hermann Mücklers (österreichischer Historiker und Politikwissenschaftler) von 1992, einzusehen unter http://www.hermann-mueckler.com/pdf/RKipling-Engl-Deut.pdf (aufgerufen am 25.09.15, 15:14 Uhr).

12 Jürgen Moltmann, Die ÄErlöser-Nation“ - Religiöse Wurzeln des US-amerikanischen Exzeptionalismus, in: Die Friedens-Warte Vol. 78 (2003) No. 2/3, S. 161-171, hier S. 162.

13 Ebenda, S. 163.

14 Ebenda, S. 167.

15 Hans-Ulrich Wehler (a), Der Aufstieg des amerikanischen Imperialismus: Studien zur Entwicklung d. Imperium Americanum: 1865-1900, Göttingen ²1987, S. 11.

16 Czaja, S. 282-285.

17 Knud Krakau, Die kubanische Revolution und die Monroe-Doktrin: Eine Herausforderung der Außenpolitik der Vereinigten Staaten, Frankfurt am Main / Berlin 1968, S. 1.

18 Wehler (a), S. 9.

19 Berner, S. 3.

20 Schwabe, S. 18.

21 Gerald F. Linderman, The mirror of war: American society and the Spanish-American War, Ann Arbor 1974, S. 5.

22 Frank Ninkovich, The United States and Imperialism, Cornwall / Padstow 2001, S. 21.

23 Berner, S. 3.

24 Foner, S. xvi.

25 Schwabe, S. 20.

26 Wehler (a), S. 200.

27 Schwabe, S. 21.

28 Jeffrey W. Meiser, Power and restraint: The rise of the United States 1898-1941, Washington DC 2015, S. 52.

29 Hans-Ulrich Wehler (b), Der amerikanische Handelsimperialismus in China, 1844-1900, in: Jahrbuch für Amerikastudien Bd. 14 (1969), S. 55-76, hier S. 68-69.

30 Wehler (a), S. 191.

31 Czaja, S. 230.

32 Ninkovich, S. 22.

33 Foner, S. 310.

34 Linderman, S. 7.

35 Berner, S. 2.

36 Der General Weyler wurde einberufen, als der kubanische Guerillakrieg außer Kontrolle der Spanier geriet. Er ging brutal gegen die Zivilbevölkerung vor und brach vor allem mit der Reconcentratión, der gewaltsamen Umsiedlung der Landbevölkerung, den Widerstand der Rebellen. Trotzdem beruhigte sich die aufgebrachte Lage auf Kuba kaum. Siehe hierzu: Michael Zeuske, Kleine Geschichte Kubas, München 2007, Orig.-Ausg., 3., überarb. und aktualisierte Aufl, S. 139.

37 Schwabe, S. 21.

38 Berner, S. 2.

39 James Creelman, ÄAn Atrocity Story“, in: New York World, May 17 (1896), zitiert nach: Berner, S. 11.

40 Foner spricht die Übertriebenheit und die zumindest teilweise wahrscheinliche Unwahrheit einiger Berichte über spanische Grausamkeit an: Foner, S. 169-170.

41 Berner, S. 2. Manche Zeitungen stimmten nicht in die negative Berichterstattung gegen Spanien ein. Ein bekannter Journalist, Edwin L. Godkin von der Zeitschrift Nation zum Beispiel, beschrieb das Verhalten der Äyellow press“ als unehrenhaft und unverantwortlich. Siehe hierzu: Trask, S. 30.

42 Foner, S. 202.

43 Trask, S. 474.

44 Linderman, S. 27.

45 Dass die Zeitungen, trotz all ihres Einflusses, der Hauptgrund für das Einschreiten der USA in den Krieg waren, wird nichtsdestotrotz bezweifelt; zu eindeutig sind andere Motivationen, auch nach Aussagen der amerikanischen Regierung selbst, beteiligt. So bildete im Kongress 1895 nach Ausbruch einer erneuten kubanischen Revolution die Gefährdung der amerikanischen Wirtschaftsinteressen durch den Aufstand das hervorstechende Motiv und Thema. Siehe hierzu Wehler (b), S. 197.

46 Reinhard Doerries R., Amerikanische Außenpolitik im Karibischen Raum vor dem Ersten Weltkrieg, in: Jahrbuch für Amerikastudien Bd. 18 (1973), S. 62-77, hier S. 65.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Der Spanisch-Amerikanische Krieg. Ein Einblick in die "Zivilisierungsmission" auf Kuba und den Beginn des amerikanischen Imperialismus
Hochschule
Universität Konstanz
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
26
Katalognummer
V430837
ISBN (eBook)
9783668736863
ISBN (Buch)
9783668736870
Dateigröße
683 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Europäische und amerikanische Zivilisierungsmissionen im 19. und 20. Jahrhundert, kuba, Amerika, Spanien, Imperialismus
Arbeit zitieren
Caroline Breitfelder (Autor:in), 2015, Der Spanisch-Amerikanische Krieg. Ein Einblick in die "Zivilisierungsmission" auf Kuba und den Beginn des amerikanischen Imperialismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/430837

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