Sachenrecht. Prüfung des Herausgabeanspruchs


Hausarbeit, 2016

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Anspruch V gegen D auf Kaufpreiszahlung
I. Voraussetzungen der Abtretung
1. Ursprünglicher Eigentümer
2. Wirksamer Abtretungsvertrag
2.1 Verlängerter Eigentumsvorbehalt
3. Bestehen der Forderung
4. Bestimmbarkeit der Forderung
5. Übertragbarkeit der Forderung
5.1 Ausschluss durch Vereinbarung
5.1.1 Verhältnis zur Vorauszession
5.1.2 Sittenwidrigkeit § 138 Abs. 1 BGB
5.1.3 handelsrechtliche Sonderregelung gemäß § 354a HGB
II. Wirkung des Abtretungsverbotes
III. Weitere Ansprüche
IV. Ergebnis

B. Anspruch V gegen D auf Herausgabe der Melkmaschine
I. Voraussetzungen der Herausgabe
1. Ursprünglicher Eigentümer
2. Aufschiebend bedingte Übereignung, Kaufvertrag zwischen V und K
3. Weiterveräußerung der Melkmaschine von K an D
4. Gutgläubiger Erwerb der Melkmaschine des D
4.1 Einigung
4.2 Guter Glaube des D
4.3 Übergabe
5. Recht zum Besitz gemäß § 986 BGB
II. Ergebnis

C. Anspruch des V gegen F auf Herausgabe der Melkmaschine
I. Voraussetzungen des § 985 BGB
1. Eigentümerstellung des V
2. Gutgläubiger Erwerb der Melkmaschine des F von E
3. Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs gemäß § 935 Abs. 1 BGB
4. Besitzer der Melkmaschine
5. Kein Recht zum Besitz des F an der Melkmaschine
II. Ergebnis

D. Anspruch des V gegen D aus §§ 812 Abs. 1 1 Alt. 1,2 BGB

E. Anspruch des V gegen F auf Herausgabe der Melkmaschine
I. Voraussetzungen des § 861 BGB
1. Eigentümerstellung und Besitzerstellung des V
2. Besitzentzug durch verbotene Eigenmacht gemäß § 858 BGB
3. Fehlerhafter Besitz gemäß § 858 Abs. 2 BGB
II. Ergebnis

F. Anspruch des V gegen F auf Herausgabe der Melkmaschine
I. Voraussetzungen des § 1007 BGB
1. Besitzer und Eigentümerverhältnisse
2. Abhandenkommen der Sache
3. Ausschlussgründe gemäß § 1007 Abs. 3 BGB
4. Kein Recht zum Besitz, §§ 1007 Abs. 3 S. 2, 986 BGB
II. Ergebnis

G. Ansprüche des K und D gegen F auf Herausgabe der Melkmaschine
1. Ansprüche des K
1.1 Anspruch auf Herausgabe gemäß § 861 BGB
1.2 Anspruch auf Herausgabe gemäß § 1007 Abs. 2 BGB
2. Ansprüche des D

H. Anspruch des F gegen V auf Aufwendungsersatz
I. Voraussetzungen des § 994 BGB
1. Vindikationslage
2. Vornahme notwendiger Verwendungen durch den Besitzer
3. Redlichkeit des Besitzers gemäß § 994 Abs. 2 BGB
II. Ergebnis

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

A. Anspruch V gegen D auf Kaufpreiszahlung

V könnte gegen D einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Kaufpreisforderung der Melkmaschine aus abgetretenem Recht gemäß §§ 433 Abs. 2, 398 BGB haben.

Zwischen V und D besteht mangels entsprechender Einigung keine unmittelbare vertragliche Beziehung. Einen Anspruch des V auf Kaufpreiszahlung gegen D kann sich folglich nur aus abgetretenem Recht ergeben. Hierzu müsste ein wirksamer Abtretungsvertrag zwischen V und K gemäß § 398 BGB zustande gekommen sein, die Forderung des K gegen D abtretbar und K als Inhaber der Forderung über diese verfügungsberechtigt gewesen sein.

I. Voraussetzungen der Abtretung

1. Ursprünglicher Eigentümer

Laut Sachverhalt war Landmaschinenhändler V ursprünglicher Eigentümer der transportablen Melkmaschine, gemäß § 1006 Abs. 1 BGB wird zugunsten des Besitzers vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei und damit auch berechtigter Veräußerer der transportablen Melkmaschine ist, die gemäß § 90 BGB eine bewegliche Sache ist.

2. Wirksamer Abtretungsvertrag

Gemäß § 398 S. 1 BGB wird eine Forderung durch Vertrag zwischen dem bisherigen Gläubiger (Zedent) und einem neuem Gläubiger (Zessionar) auf diesen übertragen. Der Abtretungsvertrag ist eine Verfügung über die Forderung. Er muss daher unterschieden werden von dem Kausalgeschäft, hier dem zugrundeliegenden Kaufvertrag. Die Abtretung ist demnach kein Verpflichtungsgeschäft. Die Forderungsabtretung ist also die rechtsgeschäftliche Übertragung des Gläubigerrechts auf einen Dritten.1

Zwischen dem Landmaschinenhändler V und dem Bauern K wurde am 01.03.2016 ein wirksamer Kaufvertrag unter Eigentumsvorbehalt über die transportable Melkmaschine geschlossen, sie vereinbarten dabei eine Ratenzahlung, damit besteht schuldrechtlich ein Zahlungsanspruch des V gegen K aus § 433 Abs. 2 BGB.

2.1 Verlängerter Eigentumsvorbehalt

Unter Eigentumsvorbehalt wird die Vereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer verstanden, dass das Eigentum an der beweglichen Sache erst nach vollständiger Tilgung der Kaufpreisforderung auf den Käufer übergehen soll.2 Der Verkäufer verpflichtet sich demnach auf der schuldrechtlichen Ebene alle zur Übereignung notwendigen Handlungen sofort vorzunehmen, wobei der Eigentumsübergang von der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung abhängig ist, § 158 Abs. 1 BGB. Auf der sachenrechtlichen bzw. dinglichen Ebene wird mit dem Eigentumsvorbehalt ein aufschiebend bedingter Eigentumsübergang vereinbart (§§ 929, 158 Abs. 1 BGB). Dem Vorbehaltskäufer steht in der Zeit zwischen Einigung/Übergabe und Bedingungseintritt (endgültiger Rechtserwerb) ein dingliches Anwartschaftsrecht zu.3

In diesem Fall handelt es sich um einen Sonderfall des Eigentumsvorbehaltes, dem verlängerten Eigentumsvorbehalt. Die Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts umfasst typischerweise - nach der ausdrücklichen oder konkludenten Vereinbarung der Parteien (§§ 133, 157 BGB) - neben einem einfachen Eigentumsvorbehalt (§ 449 BGB), eine Veräußerungsermächtigung (§ 185 BGB) des Vorbehaltskäufers zur Verwertung des Vorbehaltsguts im regulären Geschäftsgang, eine Vorausabtretung der Forderungen (§ 398 BGB) aus einer Weiterveräußerung sowie eine Ermächtigung des Vorbehaltskäufers, die abgetretenen Forderungen einzuziehen. Der Umstand, dass es sich zum Zeitpunkt der Vorausabtretung um künftige und noch nicht bestimmte Forderungen handelt, steht der Wirksamkeit der Abtretung nicht entgegen; dem Erfordernis der Bestimmtheit rechtsgeschäftlicher Erklärungen und dem sachenrechtlichen Bestimmtheitserfordernis ist hinreichend dadurch Rechnung getragen, dass die abgetretene Forderung zum Zeitpunkt ihrer Entstehung auf der Grundlage des Abtretungsvertrages eindeutig bestimmbar ist (vgl. auch § 185 Abs. 2 1 Alt. 2 BGB).4 Im BGB ist keine gesetzliche Regelung für den verlängerten Eigentumsvorbehalt explizit enthalten, jedoch ist er von der Rechtsprechung und Rechtslehre anerkannt.

Durch den verlängerten Eigentumsvorbehalt ist V Vorbehaltsverkäufer und K Vorbehaltskäufer. V ermächtigt K als Vorbehaltskäufer die transportable Melkmaschine im Rahmen ordnungsgemäßer Wirtschafts- und Geschäftstätigkeit weiter zu veräußern, § 185 Abs. 1 BGB. Zur Absicherung der Ratenzahlung, als Sicherungszweck, vereinbaren V und K die Abtretung künftiger Kaufpreisforderungen aus der Weiterveräußerung, § 398 BGB. Die Kaufpreisforderung gegen die Abnehmer ersetzt damit das verlorene Vorbehaltseigentum als Kreditsicherungsmittel.5

Zwischen V und K wurde ein wirksamer Kaufvertrag sowie ein wirksamer Abtretungsvertrag für zukünftiger Forderungen geschlossen.

K veräußert wegen der immer mehr sinkenden Milchpreise die transportable Melkmaschine am 01.04.2016 an D weiter. Aufgrund des verlängerten Eigentumsvorbehaltes ist K berechtigt als Vorbehaltskäufer die transportable Melkmaschine weiter zu veräußern. Zur Absicherung der Ratenzahlung haben V und K ebenfalls vereinbart, dass K seine zukünftige Kaufpreisforderung aus der Weiterveräußerung an V abtritt.

Problematisch und fraglich ist jedoch, ob K den Anspruch aus dem Kaufvertrag zwischen K und D, aus § 433 Abs. 2 BGB wirksam an V abgetreten hat.

3. Bestehen der Forderung

Eine weitere Voraussetzung für die Abtretbarkeit der Forderung ist das Bestehen der Forderung und, dass diese auch dem Abtretenden, also K zusteht. Durch den Kaufvertrag zwischen K und D hat K einen Anspruch gegen D aus § 433 Abs. 2 BGB, demzufolge steht K der Anspruch aus der abzutretenden Forderung zu.

4. Bestimmbarkeit der Forderung

Ein wirksamer Abtretungsvertrag nach § 398 BGB setzt voraus, dass die abzutretende Forderung bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Die Bestimmbarkeit setzt unter anderem voraus, dass die Höhe erfasst werden kann. Die Abtretung muss zudem auch aus der Sicht des Schuldners bestimmbar sein; dieser muss sich in zumutbarer Weise Gewissheit darüber verschaffen können, ob und in welcher Höhe seine Verpflichtung von der Abtretung erfasst ist.6

5. Übertragbarkeit der Forderung

Generell sind alle Forderungen abtretbar, Ausnahmen sind im Gesetz geregelt (siehe u.a. §§ 399, 400 BGB).7

5.1 Ausschluss durch Vereinbarung

Der Ausschluss der Abtretung kann sich aus dem Inhalt der Leistung oder aus einer Vereinbarung der Parteien ergeben.8 Gläubiger und Schuldner können vereinbaren, dass eine Übertragung der Forderung ausgeschlossen ist (§ 399 BGB). Eine solche Vereinbarung der Parteien kann bei der Begründung der Forderung, aber auch später getroffen werden. Zwischen K und D ist nach dem Sachverhalt ein Abtretungsverbot vereinbart worden im Sinne des § 399 Alt. 2 BGB. Zu prüfen ist daher, wie sich diese Vereinbarung auf die Wirksamkeit der Abtretung auswirkt.

5.1.1 Verhältnis zur Vorauszession

Problematisch ist die zeitlich vorrangige Vorausabtretung der Forderung K gegen D an V. K könnte durch die Vorausabtretung bereits seine Verfügungsbefugnis über die Forderung verloren haben, wodurch ein Abtretungsverbot hätte nicht mehr vereinbart werden können, aufgrund der vornherein fehlenden Verfügungsmacht. Jedoch sind die gesetzlichen Ausnahmeregelungen gemäß §§ 399, 400 BGB zu beachten und vorrangig.

5.1.2 Sittenwidrigkeit § 138 Abs. 1 BGB

Gemäß § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Im vorliegenden Sachverhalt ist die Abtretung zwischen V und K zeitlich eher als das Abtretungsverbotes zwischen K und D vereinbart worden. Fraglich ist also, ob der Vertragsbruch des K gemäß § 138 Abs. 1 BGB im Sinne der Vertragsbruchtheorie sittenwidrig ist. Im Einzelfall kann ein Abtretungsverbot also unwirksam sein, wenn es den Interessen des Abnehmers einseitig Vorrang vor den schutzwürdigen Belangen von Vorbehaltsverkäufer- und -käufer einräumt (§§ 138 Abs. 1, 307 BGB).9 Im vorliegenden Sachverhalt trifft dies nicht zu. Das Rechtsgeschäft, also das Abtretungsverbot ist nicht sittenwidrig.10

5.1.3 handelsrechtliche Sonderregelung gemäß § 354a HGB

Im vorliegenden Sachverhalt ist nicht ersichtlich, ob K und D Kaufleute im Sinne des § 3 Abs. 2 HGB sind. Des Weiteren finden gemäß § 3 Abs. 1 HGB die Vorschriften des § 1 HGB auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft keine Anwendung. Daher ist der § 354a HGB nicht einschlägig. Das Abtretungsverbot ist demnach auch nicht wegen der handelsrechtlichen Sonderregelung des § 354a HGB wirkungslos.

II. Wirkung des Abtretungsverbotes

Im Ergebnis ist also das zwischen K und D vereinbarte Abtretungsverbot wirksam. Damit steht V kein Anspruch aus abgetretenem Recht gemäß §§ 433 Abs. 2, 398 BGB zu.

III. Weitere Ansprüche

Andere Anspruchsgrundlagen des V gegen D auf Zahlung des Kaufpreises sind im vorliegenden Sachverhalt nicht ersichtlich.

IV. Ergebnis

V hat keine Ansprüche gegen D.

B. Anspruch V gegen D auf Herausgabe der Melkmaschine

V könnte gegen D einen Anspruch auf Herausgabe der Melkmaschine aus § 985 BGB haben. Dazu müsste V Eigentümer und D unberechtigter Besitzer der transportablen Melkmaschine sein.

I. Voraussetzungen der Herausgabe

1. Ursprünglicher Eigentümer

Laut Sachverhalt war Landmaschinenhändler V ursprünglicher Eigentümer der transportablen Melkmaschine, gemäß § 1006 Abs. 1 BGB wird zugunsten des Besitzers vermutet, dass er Eigentümer der Sache sei und damit auch berechtigter Veräußerer der transportablen Melkmaschine ist, die gemäß § 90 BGB eine bewegliche Sache ist.

Jedoch könnte V sein Eigentum infolge der Vereinbarung zwischen K und D verloren haben.

2. Aufschiebend bedingte Übereignung, Kaufvertrag zwischen V und K

V könnte zunächst sein Eigentum durch den geschlossenen Kaufvertrag mit K gemäß § 929 S. 1 BGB verloren haben.

Ein Kaufvertrag kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme zustande, vgl. §§ 145 ff. BGB11.

Bauer K kaufte am 01.03.2016 von V eine transportable Melkmaschine. Sie vereinbarten dabei eine Ratenzahlung, rechtlich gewährt V dem K eine Stundung des Kaufpreises12. Ebenso wurde ein verlängerter Eigentumsvorbehalt (Erläuterung siehe I.A.2.1) vereinbart, V behält sich das Eigentum unter aufschiebender Bedingung bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung vor, §§ 449 Abs 1, 158 Abs. 1 BGB. Da diese Bedingung, die vollständige Kaufpreiszahlung, noch nicht eingetreten ist, liegen die Voraussetzungen einer Eigentumsübertragung gemäß § 929 S.1 BGB nicht vor und V ist weiterhin Eigentümer der Melkmaschine, K ist lediglich Besitzer und Anwartschaftsrechtsinhaber der Melkmaschine geworden. Als Anwartschaftsrecht wird die Rechtsposition bezeichnet, die bei einem mehrstufigen, insbesondere bedingten Rechtserwerb dem Erwerber vor Vollendung des Rechtserwerbs zusteht.13 K stehen demnach Übertragungsrechte sowie Schutzrechte durch das erlangte Anwartschaftsrecht zu.

3. Weiterveräußerung der Melkmaschine von K an D

Laut Sachverhalt verkauft K am 01.04.2016 die Melkmaschine an D weiter, eine Abtretung der Forderung durch K ist ausgeschlossen worden. Des Weiteren soll die Melkmaschine bis 01.10.2016 weiter im Besitz des K bleiben, das Eigentum jedoch gleich an D übergehen. Fraglich ist jedoch, ob K wirksam das Eigentum an D übertragen hat und ob K dazu berechtigt war. V könnte folglich das Eigentum durch die Weiterveräußerung der Melkmaschine von K an D verloren haben.

Eine Übertragung des Eigentums durch K an D gemäß §§ 929 S. 1, 930, 931 BGB scheidet jedoch aus, da K kein Eigentum von V erworben hat und folglich zur Veräußerung nicht berechtigt war. Durch den verlängerten Eigentumsvorbehalt wäre K grundsätzlich als Vorbehaltskäufer und Anwartschaftsrechtsinhaber dazu berechtigt, die Melkmaschine an D weiter zu veräußern. Dies setzt eine wirksame Abtretung der Kaufpreisforderung sowie die Einwilligung des V gemäß §§ 929 S. 1, 185 Abs. 1 BGB voraus. Aber K und D haben ein Abtretungsverbot gemäß § 398 BGB vereinbart. K war folglich nicht zur Verfügung der Melkmaschine gemäß § 185 Abs. 1 BGB berechtigt.

4. Gutgläubiger Erwerb der Melkmaschine des D

V könnte sein Eigentum an der Melkmaschine durch gutgläubigen Erwerb des D gemäß §§ 929, 932 BGB verloren haben. Voraussetzungen dafür sind die Einigung und Übergabe im Sinne des § 929 S. 1 BGB sowie der gute Glaube des D gemäß § 932 Abs. 2 BGB.

4.1 Einigung

K und D sind sich darüber einig geworden, dass D das Eigentum an der Melkmaschine erhalten soll. Eine Einigung im Sinne des § 929 S. 1 BGB liegt demnach vor.

4.2 Guter Glaube des D

Durch die Gutgläubigkeit des Erwerbers kann er auch dann Eigentümer einer Sache werden, wenn die Veräußerung nach § 929 BGB erfolgte und die Sache nicht dem Veräußerer gehört. (§ 932 Abs. 1 BGB) Gemäß § 932 Abs. 2 BGB ist der Erwerber, also D, nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer, also K, gehört. D hat von Rechtsbeziehungen zwischen V und K nichts gewusst und zweifelte nicht daran, dass K Eigentümer der Melkmaschine war und hatte auch keinen Grund dazu. D war demnach gutgläubig.

4.3 Übergabe

Erforderlich ist gemäß § 929 S. 1 BGB zudem die Übergabe der Sache, also der Melkmaschine. Eine Übergabe setzt voraus, dass der Erwerber Besitz an der Sache erlangt, der Veräußerer jeglichen Besitz verliert und dies auf Veranlassung des Veräußerers geschieht.14 „Besitz ist die von einem entsprechenden Willen getragene tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache, sog. Sachherrschaft.“15 Laut Sachverhalt hat jedoch zum Zeitpunkt der Einigung keine Übergabe stattgefunden. Da K seine Milchkühe erst zum 01.10.2016 verkaufen kann, vereinbarten D und K, dass die Melkmaschine im Besitz des K verbleibt, D nur mittelbarer Besitzer und Eigentümer der Melkmaschine werden soll. Demnach hat also keine Übergabe im Sinne des § 929 S. 1 BGB stattgefunden.

5. Recht zum Besitz gemäß § 986 BGB

Laut Sachverhalt hat D kein Recht zum Besitz. Jedoch könnte D ein Recht zum mittelbaren Besitz haben aufgrund der Änderung des Besitzwillens des K. Der Besitzmittler ändert seinen Besitzwillen: Er will künftig nicht mehr für den mittelbaren Besitzer besitzen, sondern für einen anderen oder gar als Eigenbesitzer nur für sich selbst.16 Der unmittelbare Besitzer muss seine Willensänderung sichtbar machen durch Abschluss eines Besitzmittlungsvertrages mit einem anderen, durch Übereignung oder einem ähnlichen Willensakt.17 K ist Besitzmittler und ändert seinen Besitzwillen, in dem er mit D einen Vertrag abschließt, der ein Besitzmittlungsverhältnis regelt. K soll die Melkmaschine bis er seine Milchkühe verkauft hat, im unmittelbaren Besitz behalten. Jedoch findet eine Übergabe der Melkmaschine nicht statt, lediglich die Regelung bzw. der Abschluss des Vertrages. Folglich hat D kein dingliches Recht erworben, kein Recht zum Besitz

II. Ergebnis

V ist Eigentümer der transportablen Melkmaschine geblieben und könnte die Herausgabe der Maschine verlangen.

C. Anspruch des V gegen F auf Herausgabe der Melkmaschine

V könnte gegen F einen Anspruch auf Herausgabe der Melkmaschine aus § 985 BGB haben. Dazu müsste V Eigentümer und F unberechtigter Besitzer der transportablen Melkmaschine sein.

I. Voraussetzungen des § 985 BGB

1. Eigentümerstellung des V

Laut Sachverhalt ist V ursprünglicher Eigentümer der Melkmaschine. Er hat sein Eigentum weder an K noch an D durch Übereignung verloren (siehe oben). Fraglich ist jedoch, ob V sein Eigentum an F durch den gutgläubigen Erwerb gemäß § 932 BGB verloren hat.

2. Gutgläubiger Erwerb der Melkmaschine des F von E

Voraussetzungen dafür sind die Einigung und Übergabe im Sinne des § 929 S. 1 BGB sowie der gute Glaube des F gemäß § 932 Abs. 2 BGB. F hat die Melkmaschine gutgläubig von dem Dieb E erworben, F und E waren sich einig, dass das Eigentum an F übergehen soll.

3. Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs gemäß § 935 Abs. 1 BGB

Nach § 935 BGB tritt der Erwerb des Eigentums auf Grund der §§ 932 bis 934 BGB nicht ein, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhandengekommen war. Abhandengekommen ist eine Sache, wenn der Eigentümer oder sein unmittelbarer Besitzer den unmittelbaren Besitz ohne seinen Willen verloren hat.18 Abhandengekommen ist eine Sache auch bei Besitzmittlungsverhältnissen: Wenn der Eigentümer die Sache freiwillig an einen anderen weitergibt, dieser mittelbarer Besitzer wird, so ist die Sache ebenfalls Abhandengekommen, wenn der mittelbare Besitzer den Besitz unfreiwillig aufgibt.19 Somit ist dem Eigentümer V die im mittelbaren Besitz stehende Melkmaschine abhandengekommen. Ein gutgläubiger Erwerb seitens des F scheidet somit aus.

4. Besitzer der Melkmaschine

Weiter ist zu prüfen, ob F Besitz der Melkmaschine ist. F hat die Melkmaschine an sich genommen und hat die tatsächliche Sachherrschaft über die Melkmaschine. F ist Besitzer der Melkmaschine.

5. Kein Recht zum Besitz des F an der Melkmaschine

Zudem dürfte F kein Recht zum Besitz an der Melkmaschine gegenüber V gemäß § 986 Abs. 1 BGB haben. Hierfür sind jedoch keine Anhaltspunkte aus dem Sachverhalt ersichtlich. F hat kein Recht zum Besitz der Melkmaschine.

II. Ergebnis

V hat gegen F einen Anspruch auf Herausgabe der Melkmaschine aus § 985 BGB.

D. Anspruch des V gegen D aus §§ 812 Abs. 1 1 Alt. 1,2 BGB

In Betracht käme ein Anspruch des V gegen D aus §§ 812 Abs. 1 1 Alt. 1,2 BGB, Eingriffs- und Leistungskondiktion. In diesem Fall könnte lediglich eine Eingriffskondiktion gemäß §§ 812 Abs. 1 1 Alt. 2 BGB in Frage kommen, da D in sonstiger Weise bereichert wurde und nicht durch direkte Leistung des V. Bei Mehrpersonenverhältnissen führt jedoch der Subsidiaritätsgrundsatz in der Regel zum Ausschluss der Eingriffskondiktion, sofern der Bereicherungsschuldner den Kondiktionsgegenstand im Wege der Leistung von einem Dritten, hier K, erlangt hat.20 D hat die Leistung durch K erlangt, wodurch der Anspruch des V gegen D aus §§ 812 Abs. 1 1 Alt. 1,2 BGB nicht in Betracht kommt.

E. Anspruch des V gegen F auf Herausgabe der Melkmaschine

Des Weiteren könnte V gegen F einen Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes an K gemäß § 861 BGB haben. Dies wäre der Fall, wenn V als früherer Besitzer der mittelbare Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen wurde und F nicht berechtigter Besitzer der Melkmaschine ist. Zudem dürfte kein Ausschlussgrund nach § 861 Abs. 2 BGB gegeben sein.

I. Voraussetzungen des § 861 BGB

1. Eigentümerstellung und Besitzerstellung des V

V ist Eigentümer der Melkmaschine sowie mittelbarer Besitzer. Unmittelbarer Besitzer der Melkmaschine war K, der aufgrund des verlängerten Eigentumsvorbehaltes und des daraus entstandenen Anwartschaftsrechtes zum unmittelbaren Besitz berechtigt war. Zwischen V und K herrscht ein Besitzmittlungsverhältnis im Sinne des § 868 BGB. Alle für den Besitzer geltenden Bestimmungen sind auf den mittelbaren Besitzer anwendbar.21 Zudem ist der § 869 BGB einschlägig.

2. Besitzentzug durch verbotene Eigenmacht gemäß § 858 BGB

Verbotene Eigenmacht ist eine widerrechtliche Handlung: Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitzt entzieht oder ihn ihm Besitzt stört, handelt widerrechtlich (§ 858 BGB). E hat die Melkmaschine von K gestohlen und damit die Maschine den unmittelbaren Zugriff durch K entzogen.

3. Fehlerhafter Besitz gemäß § 858 Abs. 2 BGB

F müsste fehlerhafter Besitzer der Melkmaschine gemäß § 858 Abs. 2 BGB sein. Der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitzt ist fehlerhaft. Jedoch müssen nur jene Nachfolger die Fehlerhaftigkeit im Besitz gegen sich gelten lassen, wenn sie Erbe des Besitzers sind oder die Fehlerhaftigkeit des Besitzes ihres Vorgängers bei dem Erwerb kennen. Im vorliegenden Sachverhalt war jedoch E der Dieb, der durch verbotene Eigenmacht die Melkmaschine an sich gebracht hat. F kannte die Fehlerhaftigkeit des Besitzes nicht, da er im guten Glauben war, da er bei Erwerb der Melkmaschine davon ausging, dass diese dem E gehöre. Folglich ist der Besitz des F nicht fehlerhaft im Sinne des § 858 Abs. 2 BGB.

II. Ergebnis

V hat gegen F keinen Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes an K gemäß § 861 BGB.

F. Anspruch des V gegen F auf Herausgabe der Melkmaschine

Des Weiteren können Herausgabeansprüche des V gegen F aus § 1007 BGB bestehen.

I. Voraussetzungen des § 1007 BGB

1. Besitzer und Eigentümerverhältnisse

Nach § 1007 Abs. 2 BGB kann der frühere Besitzer die Herausgabe auch von einem gutgläubigen Besitzer verlangen, wenn die Sache dem früheren Besitzer verloren gegangen ist.

V ist Eigentümer und früherer (mittelbarer) Besitzer der Melkmaschine (vgl. 3. II. A. 1.). F ist Besitzer der Melkmaschine. F hat gemäß § 935 BGB auch kein Eigentum an der Melkmaschine erlangt.

2. Abhandenkommen der Sache

Abhandengekommen ist eine Sache, wenn der unmittelbare Besitzer den Besitz unfreiwillig verloren hat. Gemäß § 868 BGB ist eine Sache auch bei Besitzmittlungsverhältnissen Abhandengekommen (vgl. 3. I. A. 3.). Folglich ist durch den Diebstahl des E die Melkmaschine abhandengekommen.

[...]


1 Brox, Dr. Hans, Walker, Dr. Wolf-Dietrich, Grundrisse des Rechts, Allgemeines Schuldrecht, 40. Auflage, München, 2016, § 34, Rn 2.

2 Vieweg, Dr. Klaus, Werner, Dr. Almuth, Vahlen, Academia Iuris, Lehrbücher der Rechtswissenschaft, Sachenrecht, Lehrbuch der Rechtswissenschaft, München, 2013, § 11 Rn 1 S.1.

3 Vieweg, Dr. Klaus, Werner, Dr. Almuth, Vahlen, Academia Iuris, Lehrbücher der Rechtswissenschaft, Sachenrecht, Lehrbuch der Rechtswissenschaft, München, 2013, § 11 Rn 3 Abs. 4.

4 Auer, Prof. Dr. Marietta, Grigoleit, Prof. Dr. Hans Christoph, Beck`sches Examinatorium, Schuldrecht III, Bereicherungsrecht, 2. Auflage, München, 2016, § 6, Rn 507.

5 Vieweg, Dr. Klaus, Werner, Dr. Almuth, Vahlen, Academia Iuris, Lehrbücher der Rechtswissenschaft, Sachenrecht, Lehrbuch der Rechtswissenschaft, München, 2013, § 11 Rn 12 Punkt 3.

6 OLG Köln - LG Köln19.01.2005 11 U 79/04, Aktenzeichen: 11 U 79/04 § 398 BGB, 2005-01-19.

7 Bassenge, Dr. Peter, u.a., Beck`sche Kurzkommentare, Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 7, 71. Auflage, München 2012, § 398 Rn 8.

8 Bassenge, Dr. Peter, u.a., Beck`sche Kurzkommentare, Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 7, 71. Auflage, München 2012, § 399 Rn 1.

9 Vieweg, Dr. Klaus, Werner, Dr. Almuth, Vahlen, Academia Iuris, Lehrbücher der Rechtswissenschaft, Sachenrecht, Lehrbuch der Rechtswissenschaft, München, 2013, § 11 Rn 16.

10 Neuner, Prof. Dr. Jörg, Grigoleit, Prof. Dr. Hans Christoph, Beck`sches Exaaminatorium, Zivilrecht, Schuldrecht III, 2. Auflage, München, 2016, § 6 Rn 510.

11 Bitter, Georg, Vahlen Jura, Lern- u. Fallbuch, BGB Allgemeiner Teil, 2. Auflage, München, 2013, § 5 Rn 11.

12 Vieweg, Dr. Klaus, Werner, Dr. Almuth, Vahlen, Academia Iuris, Lehrbücher der Rechtswissenschaft, Sachenrecht, Lehrbuch der Rechtswissenschaft, München, 2013, § 11 Rn 2.

13 Vieweg, Dr. Klaus, Werner, Dr. Almuth, Vahlen, Academia Iuris, Lehrbücher der Rechtswissenschaft, Sachenrecht, Lehrbuch der Rechtswissenschaft, München, 2013, § 11 Rn 34.

14 Bassenge, Dr. Peter, u.a., Beck`sche Kurzkommentare, Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 7, 71. Auflage, München 2012, § 932 Rn 4.

15 Vieweg, Dr. Klaus, Werner, Dr. Almuth, Vahlen, Academia Iuris, Lehrbücher der Rechtswissenschaft, Sachenrecht, Lehrbuch der Rechtswissenschaft, München, 2013, § 2 Rn 1.

16 BGH 85, 265, NJW 2005, 359.

17 Schellhammer, Kurt, Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen, 4. Auflage, München, 2013, Rn 80.

18 Bassenge, Dr. Peter, u.a., Beck`sche Kurzkommentare, Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 7, 71. Auflage, München 2012, § 935 Rn 3.

19 Bassenge, Dr. Peter, u.a., Beck`sche Kurzkommentare, Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 7, 71. Auflage, München 2012, § 935 Rn 7.

20 Neuner, Prof. Dr. Jörg, Grigoleit, Prof. Dr. Hans Christoph, Beck`sches Exaaminatorium, Zivilrecht, Schuldrecht III, 2. Auflage, München, 2016, § 6 Rn 515, 516.

21 Bassenge, Dr. Peter, u.a., Beck`sche Kurzkommentare, Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Band 7, 71. Auflage, München 2012, § 868 Rn 1.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Sachenrecht. Prüfung des Herausgabeanspruchs
Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin  (FB 1)
Veranstaltung
Sachenrecht
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
20
Katalognummer
V428853
ISBN (eBook)
9783668726789
ISBN (Buch)
9783668726796
Dateigröße
548 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Herausgabeanspruch, Beseitzmittlungsverhältnis, Kaufpreisabtretung
Arbeit zitieren
Jennifer Keilhack (Autor:in), 2016, Sachenrecht. Prüfung des Herausgabeanspruchs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/428853

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