Lehrerfahrungsbericht aus der Deutschen Schule Tokio Yokohama


Praktikumsbericht / -arbeit, 2017

13 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Die Hospitationsschule DSTY in Japan
1.1 Im Allgemeinen
1.2 Hospitationsspezifisch

2. Meine Unterrichtsbeobachtungen
2.1 Die Lerngruppe
2.1.1 Besonderheiten
2.1.2 Vorbildung und Vorwissen
2.2 Die Lehrkraft
2.2.1 Lehrerrolle und Lehrmethoden
2.2.2 Umgang mit Schülerfehlern und Unterrichtsstörungen

3. Selbstreflexion aus der Berufs- und Unterrichtsperspektive

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Die Hospitationsschule DSTY in Japan

1.1 Im Allgemeinen

Meine Hospitationsschule „Deutsche Schule Tokio Yokohama“ (im Folgenden „DSTY“) ist eine anerkannte deutsche Auslandsschule in Japan. Sie wurde 1904 in Yokohama gegründet und liegt ungefähr zwischen der Hauptstadt Tokio und der zweitgrößten Stadt Yokohama. Sie arbeitet intensiv mit der Deutschen Botschaft zusammen und unterstützt die Schule bspw. bei der regelmäßigen Durchführung ihrer Katastrophenschutzübungen. Die Schule umfasst insgesamt ca. 40 Lehrkräfte inklusive der Schul- und Stufenleitungen sowie ca. 450 Schüler/innen und beinhaltet aus Kindergarten, Grundschule, Orientierungsstufe, Sekundarstufe I sowie die gymnasiale Oberstufe, also die Sekundarstufe II, die Jahrgangsstufen 10-12 und die Fachoberschule (im Folgenden „FOS“). Schüler/innen können dort alle Abschlüsse des allgemeinbildenden Schulwesens bis zum Abitur erlangen (12. Klasse: schriftliches und mündliches Abitur). Die Unterrichtssprache ist Deutsch, jedoch herrscht in den Klassen eine internationale Atmosphäre: Schüler/innen aus 20 verschiedenen Nationen (auch: Deutsche, Schweizer, Österreicher) besuchen die Schule. Es existiert ein umfassendes Sprachangebot der „aktiven Mehrsprachigkeit“, um einen offenen Umgang mit und das Kennenlernen von verschiedenen Kulturen und Sprachen auf dem Schulgelände zu gewährleisten, unter anderem: Japanisch, Englisch, Französisch, Spanisch, Latein.

1.2 Hospitationsspezifisch

Meine Hospitationen sowie eigenen Unterrichtsversuche beliefen sich grundsätzlich auf die Sekundarstufe II - also das Gymnasium, die FOS und die Realschule sowie die Jahrgangsstufen 7, 8, 10 und 12. Bei den folgenden Fächern durfte ich hospitieren bzw. eigene Unterrichtsversuche vornehmen: Sozialkunde (SK), Wirtschaftslehre (Wi), Rechtslehre (RL), BWR (Betriebswirtschaftsrechnung), Volkswirtschaftslehre (VWL), Deutsch (De) und Mathe (Ma). Mein wöchentlicher Zeitrahmen umfasste dabei ca. 22 Stunden á 45min., davon waren zusätzlich 15 Stunden eigene Unterrichtsgestaltungen.

In Bezug auf die unterschiedlichen Schülervoraussetzungen lässt sich festhalten, dass das Geschlecht in allen Jahrgangsstufen und Klassen ungefähr ausgeglichen waren. Die grundsätzliche Klassenzusammensetzung bzgl. Migrationshintergrund belief sich auf folgende Möglichkeiten: eine Mischung aus rein deutschen, deutsch-japanischen, und/oder rein japanischen Schülern. Rein japanische Schüler machten dabei einen geringen Klassenanteil aus, im Durchschnitt weniger als 20% der Gesamtklassenzusammensetzung. Wie oben bereits erwähnt waren in den Klassen aber auch andere Nationen, vor allem aus Europa vertreten.

Bezüglich der Vorbildung der Schüler/innen der FOS ist festzuhalten, dass die Schüler/innen der 11. Klasse ein Unternehmenspraktikum neben dem Schulunterricht absolvieren müssen. Das Konzept der FOS kombiniert demnach Theorie und Praxis und führt innerhalb von zwei Jahren zum Erwerb der Fachhochschulreife sowie zur Studiumsberechtigung an einer Fachhochschule in Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Der FOS-Abschluss und der Erwerb des allgemeinen Abiturs berechtigen ebenso zur Einschreibung an japanischen Universitäten. Die Mehrheit der Schüler/innen hat vor dem Besuch der DSTY eine Schule in Deutschland, Österreich oder der Schweiz besucht und ist dann auf die DSTY gewechselt.

Im Folgenden werde ich meine Unterrichtsbeobachtungen grundsätzlich auf meine Hospitationen und nicht auf meine eigens gemachten Unterrichtsversuche beschränken, da der Fokus auf das unterrichtliche Geschehen von der Hospitationsperspektive aus gesehen m.E. adäquater zu beurteilen ist. Ebenso werde ich mich bei meinen Ausführungen hauptsächlich auf meine Beobachtungen der Klasse 12 der FOS beschränken, da ich dort die meiste Zeit verbracht habe.

2. Meine Unterrichtsbeobachtungen

2.1 Die Lerngruppe

2.1.1 Besonderheiten

Dieser Abschnitt fokussiert meine gemachten Unterrichtsbeobachtungen in Bezug auf die Lerngruppe, also die Schülerinnen und Schüler meiner jeweiligen Hospitationsklassen. Besonders in meinem Hospitationsfall ist, dass sich meine Hospitationsschule in Japan befindet und dennoch eine deutsche Privatschule mit der Möglichkeit der Erreichung eines deutschen Schulabschlusses darstellt.

Sprachlich und kulturell gesehen herrscht in den Klassen eine sehr hohe Heterogenität aufgrund der bereits genannten Unterschiede bzgl. Zahlreicher unterschiedlicher Nationen. Heterogen sind hier insbesondere die Sprachkenntnisse, kulturell begründete Verhaltensweisen und Ansichten der Schüler/innen, aber auch des Lehrerkollegiums. Wie bereits erwähnt, war der Anteil an Mädchen und Jungen je Klasse relativ ausgeglichen.

Eine weitere Besonderheit bezieht sich auf die Schüleranzahl der einzelnen Klassen im Vergleich zu typischen Klassengrößen einer Schule in Deutschland. In der DSTY gibt es insgesamt überwiegend sehr kleine Klassen, mit maximal 20 Schülern. In der FOS unterrichtet man teilweise sogar nur 4 Schüler/innen, da das Erlangen des deutschen Fachabiturs in Japan einen „Luxus“ darstellt und eine Förderung bzw. Umsetzung der FOS auf der deutschen Schule in Japan lange Zeit schwierig war. Es fehlten Lehrkräfte und Mittel zur Umsetzung des Vorhabens, was nun gelöst ist. Vorteile in Bezug auf die kleinen Klassengrößen sind ein ruhigeres sowie angenehmeres Klassen- und Unterrichtsklima, da die Schüler/innen ihre individuellen Äußerungen stressfreier vornehmen können. Schülerfehler werden grundsätzlich als Lernchance wahrgenommen, abwertende Kommentare zwischen den Schüler/innen waren eine Seltenheit. Des Weiteren verbleibt mehr Zeit für den Unterricht als solcher und daher auch für zusätzliche Entspannungsübungen (z.B. das Erfragen am Unterrichtsanfang nach dem Befinden der Schüler/innen zur Aktivierung. Ebenso hat die Lehrkraft bei solch kleinen Klassengrößen vermehrt die Möglichkeit, jeden einzelnen Schüler bzw. jede einzelne Schülerin aufzurufen und nach bestimmten Sachverhalten zu befragen, was das aktive Mitdenken der Schüler/innen anregt. Insgesamt habe ich hier beobachtet, dass eine kleine Klassenzusammensetzung bzw. geringe Schüler/innen-Anzahl einen unterrichtlichen Luxus darstellt und zu einem höheren langfristigen Lehr-Lern-Erfolg führen kann.

Die Schüler/innen stammen grundsätzlich aus gebildetem Elternhaus, für den privaten Schulbesuch fallen jährlich sehr hohe Gebühren pro Kind an (ca. 30.000 EUR/Jahr). Die Eltern sind meist beruflich für eine bestimmte Zeit in Japan unterwegs und befinden sich bspw. auf Entsendung von ihrem Arbeitgeber aus. Die damit meist sehr gut bezahlten Jobs mit nicht selten hohen Führungspositionen in Konzernen spiegeln sich wiederum im Verhalten und im Auftreten der einzelnen Schüler/innen wieder. Bei meinen Beobachtungen ist mir aufgefallen, dass die Mehrheit der Schüler/innen sehr gut erzogen ist, diszipliniert und respektvoll mit ihren Mitmenschen umgeht und sich hilfsbereit zeigt. Damit einher geht das insgesamt angenehme Schul- und Klassenklima. Nicht zuletzt liegt dies sicher auch darin begründet, dass die DSTY als kultureller Rückzugsort der Deutschen oder deutsch-japanischen Kinder wahrgenommen wird. Die Schule stellt nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Lehrkräfte ein Stück deutsche Heimat und Heimat im Land Japan dar: die Möglichkeit des Sprechens der Muttersprache, des Erhalts deutschen Essens, des gegenseitigen Austauschs in den Pausen oder des gemeinsamen Ausübens von Hobbys.

2.1.2 Vorbildung und Vorwissen

Die DSTY vereinigt alle drei Schulformen in sich, wobei der weitaus überwiegende Teil der Schüler auf gymnasialem Niveau unterrichtet wird, die anderen ihrem Leistungsniveau entsprechend auf Realschul- bzw. Hauptschul-Niveau. Jedoch besteht auch für Schüler/innen, die zunächst auf Hauptschul- oder Realschul-Niveau unterrichtet werden, bei entsprechender Leistungsentwicklung die Möglichkeit, über das Abitur oder aber die Fachhochschulreife den Hochschulzugang zu erreichen.

Meist sind die Schüler/innen und ggf. ihre Geschwister schon seit längerer Zeit auf dieser Schule, sodass sie ihre Vorbildung direkt von dieser Schule erlangt haben. Die Schüler/innen besuchen für gewöhnlich seit Jahren denselben Schulzweig und kennen daher bereits die Schüler/innen und Lehrkräfte, was sich häufig nicht nur positiv auf die Lernatmosphäre, sondern auch auf den langfristigen Lehr-Lern-Erfolg auswirkt. Die Lehrkraft kennt bspw. schon gewisse schwierige Schüler/innen und weiß mit ihnen entsprechend umzugehen. Letztendlich trägt ebenfalls dazu bei, dass kein großer Schüler-Lehrer-Wechsel stattfindet, sodass eine langfristige Lehrer/innen-Schüler/innen-Beziehung aufgebaut werden kann.

Da die DSTY eine Privatschule ist und die Gebühren für den Schulbesuch sehr hoch sind, wird der Besuch des Zweigs der Hauptschule, wie vorher bereits genannt, grundsätzlich versucht, zu vermeiden. Es wird alles daran gesetzt, die Schüler/innen entsprechend zu fördern, z.B. durch Zusatzunterricht.

Eine Beobachtung meinerseits in Bezug auf die unterschiedlichen Schulformen und die jeweiligen Kompetenzen war ebenfalls, dass die Schüler/innen der FOS (11., 12. Klasse) deutlich kompetenter und in ihrem Wesen bereits reifer waren im Vergleich zu den Realschüler/innen der 10. Klasse. In der Realschule mussten bspw. klarere Aufgabenformulierungen vorgenommen und sehr detailliert vorgegeben werden, welche Aufgabe bis wann und wie genau zu bearbeiten ist und in welcher Form die Ergebnisse am Ende zusammengetragen werden würden. In der FOS konnte dies etwas weniger umfangreich ausfallen, damit die Schüler/innen immer noch wussten, wovon die Rede und was als Nächstes zu tun ist. Auch musste den Schüler/innen der Realschule jeder Sachverhalt (z.B. Definitionen) mehrmals und auf unterschiedliche Art und Weise erklärt werden, bis das Thema wirklich verstanden war. Ebenso gab es in den Klassen der Realschule häufiger vereinzelt Schüler/innen, deren Motivation besonders gering war. Dies zeigte sich bspw. daran, dass sich die Schüler/innen nicht aus eigener Motivation heraus beteiligten. Der Vorteil kleinerer Klassen war hierbei bspw. dass vor allem mehr Zeit zur Verfügung gestanden hat, um diesen Schüler/innen eben mehr Aufmerksamkeit schenken zu können und sie damit zu fördern.

Zu den Lerngruppen an der DSTY und insbesondere an der FOS kann man festhalten, dass die Schüler/innen-Aktivität und –Beteiligung von mehreren Aspekten abhängig waren. Bspw. der mentalen Verfassung der Schüler/innen, des Unterrichtsthemas, des Fachs, der Klassenstufe, der Lehrkraft, etc. In Bezug auf den Einflussfaktor der Lehrkraft konnte man beobachten, dass sich z.B. der Lehrkraftswechsel nach einer Stunde positiv oder negativ auf die Aufmerksamkeit der einzelnen Schüler/innen auswirken kann, z.B. aufgrund geringeren Respekts. Insgesamt waren die Schüler/innen eher passiv und mussten zu Unterrichtsbeginn über kooperative Settings aktiviert werden. Dies haben die Lehrer/innen des Öfteren über interesseweckende Inhalte versucht, z.B. durch Zeigen eines thematischen Kurzfilms zum Unterrichtseinstieg. Aufgrund der sehr kleinen Klassen war es oft der Fall, dass das Unterrichtsgespräch eher locker und offen zwischen Lehrer/innen und Schüler/innen stattfand. Bspw. musste sich nicht immer unbedingt gemeldet werden, die Antwort durfte teils innerhalb der Gruppe direkt geäußert werden.

2.2 Die Lehrkraft

2.2.1 Lehrerrolle und Lehrmethoden

Die Lehrkräfte waren grundsätzlich eher Moderator des Lernprozesses und lediglich in bestimmten Unterrichtsphasen dominant bzw. stark unterrichtssteuernd, z.B. zum Beginn einer Unterrichtsstunde. Die Mehrheit der Lehrkräfte hat ihren Unterricht zunächst eingeleitet, indem sie mittels bestimmter Methoden versucht haben, die Schüler/innen für den Unterricht zu aktivieren bzw. zu motivieren. Ebenso sollte die allgemeine Unterrichtsatmosphäre dadurch aufgelockert werden, indem die Lehrer/innen die Schüler/innen bspw. bezüglich ihrer Wochenendaktivitäten befragt oder einen thematischen Kurzfilm gezeigt haben. Im Fach Deutsch der Klasse 12 war es üblich, zum Unterrichtsbeginn den Schüler/innen regelmäßig eine fachspezifische Frage zu stellen, deren Antwort auf Karteikarten festgehalten und anschließend vorgestellt werden sollte. Dies sollte insbesondere der Reaktivierung der Schüler/innen und der Sensibilisierung für das anstehende Thema dienen.

In den Klassen mit einer besonders geringen Schüler/innen Anzahl war es sogar so, dass jeder Schüler/jede Schülerin zur Sprache kam und auf einen bestimmten Aspekt hin befragt wurde. Insgesamt hat die Lerngruppe auf diese Aktivierungsmaßnahme seitens der Lehrkraft positiv reagiert. Dies war ein Beispiel, bei dem die Lehrkraft Moderator des Unterrichtsgeschehens war. Ein weiteres gängiges Beispiel, bei dem die Lehrkraft eher als Unterrichtsmoderator fungiert als unterrichtssteuernd zu wirken, ist die Einzel- und Partnerarbeitsphase. Bei der Einzelarbeit geht es primär um das individuelle Lernen und Üben, indem der Lerner/die Lernerin nun selbständig tätig wird. Der Funktion der Einzelarbeitsphase steht im Vordergrund, dass das Behalten von Informationen gesichert werden soll und der Transfer auf vergleichbare oder neue Probleme ermöglicht werden soll. Bei der Partnerarbeit sollen zwei Schüler/innen gemeinsam an einer unterrichtlichen Aufgabe lernen. Dabei stehen besonders das soziale Lernen und die Förderung des Entwickelns von Lösungen im Vordergrund.

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Lehrerfahrungsbericht aus der Deutschen Schule Tokio Yokohama
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
1.3
Autor
Jahr
2017
Seiten
13
Katalognummer
V428137
ISBN (eBook)
9783668893917
ISBN (Buch)
9783668893924
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Japan, Tokio, Lehrerfahrung, Internationaler Unterricht, Deutsche Auslandsschulen
Arbeit zitieren
Julia- Anna Hillenbrand (Autor:in), 2017, Lehrerfahrungsbericht aus der Deutschen Schule Tokio Yokohama, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/428137

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Lehrerfahrungsbericht aus der Deutschen Schule Tokio Yokohama



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden