Der Tod Meleagers und die Metamorphose seiner Schwestern in Ovids "Metamorphosen"

Buch 8, Verse 515-546


Hausarbeit, 2014

15 Seiten, Note: 2,3

Anonym


Leseprobe


1
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ... 2
2. Textarbeit ... 3
2.1 Metrik ... 3
2.2 Übersetzung ... 4
2.3 Textkritik ... 4
3. Interpretation ... 5
3.1 abiit paulatim spiritus auras ­ Der tragische Tod des Meleager ... 6
3.2 lacrimas in nomina fundunt ­ Die unendliche Trauer der Schwestern ... 7
3.3 natis in corpore pennis ­ Die Vogelmetamorphose der Schwestern ... 10
4. Fazit ... 12
5. Literaturverzeichnis ... 14

2
1. Einleitung
Die Metamorphosen, Ovids umfangreichstes in epischer Form verfasstes Werk,
erzählen insgesamt 34 Vogelverwandlungen eingebettet in verschiedene Mythen.
Eine dieser Vogelmetamorphosen wird in Buch acht am Ende der Erzählung von der
Calydonischen Eberjagd und dem Helden Meleager
1
vollzogen.
Im Anschluss an die Schilderung der dramatischen Ereignisse auf der Jagd, bei der
Meleager im Affekt die Brüder seiner Mutter Altaea ermordet, folgt eine Beschreibung
der inneren Zerrissenheit Althaeas, die einerseits als Mutter ihren Sohn Meleager liebt,
aber andererseits als Schwester den Tod ihrer Brüder rächen will. Sie entscheidet sich
letztlich für die in der antike engere Familienbindung zu ihren Brüdern und wirft den
Holzscheit, der seit der Geburt ihres Sohnes dessen Seele beinhaltet, ins Feuer. Mit dem
Holzscheit verbrennt auch Meleager innerlich und stirbt.
Sein Tod markiert zunächst den Höhepunkt der Erzählung. Doch anstatt Meleagers
womöglich heroischen Tod zu besingen, wie es in einem Epos üblich wäre, wendet sich
Ovid von dem Helden selbst ab, um die unendliche Trauer seiner Schwestern, die nun
als völlig neue Charaktere eingeführt werden, und deren Verwandlung in Vögel durch
die Göttin Diana zu besingen. Die Metamorphose ist überraschend in den
Handlungsablauf eingebaut und für den Leser nicht direkt voraussehbar.
Aufgrund des abrupten Wechsels des Blickpunktes ohne Überleitung wirken die Trauer
und danach die Metamorphose der Schwestern beim ersten Lesen zusammenhanglos,
vielleicht sogar deplatziert und obligatorisch. So, als hätte Ovid die Metamorphose
zuletzt nur, wie es B
ÖMER
2
betrachtet, als ,,Pflichtteil" hinzugefügt.
Im Folgenden möchte ich nun diesen sprunghaften Neueinsatz Ovids und die
verschiedenen Blickrichtungen innerhalb der Verse 515 bis 546 untersuchen. Hierbei ist
es mir wichtig zu beleuchten, wie Ovid den Tod Meleagers beschreibt und wie sich der
Wechsel zum Fokus auf die Schwestern auf die Sicht des Lesers auf Meleager auswirkt.
Schließen werde mit der Frage, ob die Metamorphose der Schwestern wirklich nur die
Funktion eines ,,Pflichtteils" erfüllt und dazu da ist, den Ansprüchen eines Werkes mit
Verwandungserzählungen zu genügen.
1
Meleager ist der Sohn der Althaea und des Oeneus, dem König von Calydon.
2
Vgl. F
RANZ
B
ÖMER
(Hrsg.): Publius Ovidius Naso. Metamorphosen Buch VIII-IX, Heidelberg 1977, S. 167.

3
Für die gesamte Arbeit ist die zugrundeliegende Textausgabe die von R.
J.
T
ARRANT
3
editierte Fassung der Oxford Classical Texts.
2. Textarbeit
2.1 Metrik
3
R.J.
T
ARRANT
(Hrsg.): P. Ovidi Nasonis Metamorphoses, New York 2004.

4
2.2 Übersetzung
Nicht, wenn mir auch ein Gott einen Mund mit hundert klingenden Zungen
und einen vielumfassenden Geist und den ganzen Helikon
4
gegeben hätte,
könnte ich die traurigen Klagen der unglücklichen Schwestern weiter beschreiben.
Ihrer Schönheit nicht gedenkend schlagen sie sich die Brüste blau,
wärmen den Körper, solange er noch verbleibt; erwärmen ihn immer wieder,
küssen denselben; sie küssen den Leichnam und das Totenbett;
Nach der Einäscherung drücken sie sich die geschöpfte Asche an die Brust
und sie liegen beim Grabmahl danieder, umarmen den in den Stein geprägten Namen
und lassen Tränen in den Namen fließen.
Da Diana endlich durch das Unheil des Hauses des Parthaon völlig befriedigt worden ist,
hebt sie sie, außer Gorge und die Schwiegertochter der edlen Alcmene,
nachdem ihnen am Körper Federn gewachsen sind, empor und breitet weite Flügel
über ihren Armen aus, verleiht ihnen Münder aus Horn und schickt die Verwandelten
durch die Lüfte.
2.3 Textkritik
Im Vers 535 findet man ein textkritisches Problem in Bezug auf die Verwendung des
Nomens vota :
[...] tristia persequerer miserarum vota sororum.
T
ARRANT
vewendet vota anstatt von dicta, so wie es in der ersten Hand aus N der
codices antiquiores oder in einer weiteren älteren Handschrift U überliefert ist.
A
NDERSON
5
kommentiert hierzu, dass es sich bei dicta eventuell eine mittelalterliche
Verbesserung handelt, da dicta im Vergleich zu vota ein einfacheres Nomen sei.
Die codices recentiores l und w jedoch belegen bei Vers 535 fata oder facta in
Ahnlehnung an Buch 14 Vers 745 der Metamorphosen. Dort heißt es: [...] edidit et
matrum miserarum facta peregit, [...]
4
Der Helikon galt in der Antike als Sitz der Musen
5
W
ILLIAM
S.
A
NDERSON
(Hrsg.): Ovid's Metamorphoses, Books 6-10, Norman 1972.

5
Eine weitere Möglichkeit wäre vielleicht die Lesart verba; die Wortwahl stimmte dann
mit Vers 744 in Buch 14 des Werkes überein: [...] membra sui postquam miserorum
verba parentum [...]
Dieses textkritische Problem ist insofern interessant, als dass bei der Entscheidung für
eine der Varianten nicht nur inhaltliche, sondern teils auch interpretatorische Argumente
entscheidend sind.
Alle Varianten sind möglich und grammatikalisch korrekt, aber inhaltlich erscheint auch
mir vota am angemessensten, da Ovid die Klagen und Gebete der trauernden
Schwestern Meleagers beschreibt, und sich nicht auf bloße Reden bezieht. Die Trauer
und Klageformeln hatten stets auch einen religiösen Charakter, da die Götter die
Adressaten der Klagen waren. Somit ist das Nomen votum unter anderem mit seiner
Bedeutung ,,Gebet" wohl näher am Original.
Und auch interpretatorisch scheint es mir schlüssiger vota zu befürworten, da am Ende
der Erzählung auch ein Eingreifen der Göttin in Form der Metamorphose der
Schwestern steht. So könnte vota schon als Vorausdeutung beziehungsweise Hinweis
auf den weiteren Handlungsverlauf und auch als stilistische Feinheit Ovids betrachtet
werden.
3. Interpretation
Die von mir untersuchten Verse 515-546 lassen sich inhaltlich in drei Teile gliedern, an
denen sich auch die folgenden Kapitel orientieren werden.
Der Tod des Helden Meleager bildet bis einschließlich Vers 525 den Auftakt des
Erzählungsendes und stellt zugleich den Höhepunkt dar.
Daran schließt sich sofort eine Beschreibung der Trauer über dessen Tod, insbesondere
der Schwestern Meleagers, an und reicht bis einschließlich Vers 541. Die Perspektive
ändert sich, da nun die Klagen der Schwestern anstatt Meleager im Mittelpunkt des
Geschehens stehen. Zuletzt folgt bis Vers 546 das Eingreifen der Göttin Diana in Form
einer Vogelmetamorphose, im Zuge derer die Schwestern Meleagers in Meleagriden,
also Perlhühner, verwandelt werden.
Insgesamt steht der zu behandelnde Abschnitt am Ende der Erzählung über die
Calydonische Eberjagd. Nach der Jagd auf den Eber, bei der Meleager im Streit die
Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der Tod Meleagers und die Metamorphose seiner Schwestern in Ovids "Metamorphosen"
Untertitel
Buch 8, Verse 515-546
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Note
2,3
Jahr
2014
Seiten
15
Katalognummer
V426573
ISBN (eBook)
9783668742758
ISBN (Buch)
9783668742765
Dateigröße
542 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
meleagers, metamorphose, schwestern, ovids, metamorphosen, buch, verse
Arbeit zitieren
Anonym, 2014, Der Tod Meleagers und die Metamorphose seiner Schwestern in Ovids "Metamorphosen", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/426573

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