Die Großstadtproblematik in "Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge" von Rainer Maria Rilke


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

27 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit

2. Das Phänomen der Großstadt im Wandel der Zeit: Fluch oder Segen?

3. Die Darstellung der Großstadt Paris in Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

4. Objektive Darstellung der Wirklichkeit vs. subjektive Wahrnehmung

5. Das Zusammenspiel von Stadt und Land im Roman

6. Abschließende Überlegungen

Literaturverzeichnis

1. Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit

In seinem 1910 erschienen Roman Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge setzt RAINER MARIA RILKE die Erlebnisse seiner Reisen aus der Zeit um die Jahrhundertwende und vor allem die Eindrücke von seinem Aufenthalt in Paris literarisch um. Dieses Werk ist RILKEs Antwort auf die chaotische soziale Realität der großstädtischen Massengesellschaft, die ihm in Paris begegnete.1 Im Zuge seines Versuchs, die Realität zu verarbeiten, thematisiert RILKE innerhalb des Romans vollkommen schonungslos das Hässliche und Widerliche, wobei er die Hoffnung hatte, dass die Realität, wenn sie vollkommen anerkannt und gestaltet wird, in das Gegenteil umschlagen müsse.2

In den Tagebuchaufzeichnungen seines fiktiven Stellvertreters, des jungen dänischen Adligen Malte Laurids Brigge, beschreibt RILKE die schockierenden Erfahrungen des Pariser Großstadtlebens: thematisiert werden Menschenmassen bei gleichzeitig herrschender Anonymität sowie sozialer Vereinzelung, Reizüberflutung, Krankheit, Armut, Angst und Tod. Die Verwirrungen der Großstadterfahrung sind für Malte nur mühsam oder gar nicht zu bewältigen. Er beobachtet die ihn umgebende fremde Wirklichkeit; dabei weicht des Öfteren eine objektive Darstellung der Wirklichkeit seiner subjektiven Wahrnehmung. Die Erlebnisse und Wahrnehmungen in Paris verursachen bei dem jungen Dänen Angst und Entfremdung, so dass er in der Weite der Großstadt seinen inneren Halt verliert. Dies veranlasst ihn dazu, sich in seinen Gedankengängen zurück an die Orte seiner Kindheit auf dem Land zu flüchten. Auf diese Weise findet sich in den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge neben der Pariser Gegenwart eine weitere Zeit und Raumebene.

In der folgenden Arbeit werde ich zunächst einmal auf die Bedeutung der Stadt als literarisches Motiv allgemein und explizit in der Zeit um die Jahrhundertwende sowie auf die realhistorischen Gegebenheiten der Großstadt um 1900 eingehen. Anschließend werde ich mich damit befassen, wie die Großstadt in Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge dargestellt wird und welchen Eindruck die Erlebnisse und Eindrücke in der Großstadt auf den Protagonisten des Romans machen. Als nächstes werde ich die Fragestellung behandeln, in welcher Hinsicht man in den Pariser Notaten von einer objektiven Darstellung sprechen kann, beziehungsweise, an welchen Stellen im Roman es sich eher um eine subjektive Wahrnehmung Maltes handelt. Weiterhin werde ich herausarbeiten, in welchem Verhältnis, die auf dem Land verbrachte Kindheit Maltes zu seinen späteren Pariser Großstadterfahrungen steht.

2. Das Phänomen der Großstadt im Wandel der Zeit: Fluch oder Segen?

Schon seit jeher, vom Altertum bis in die Gegenwart, stellt die Stadt ein aufsehenerregendes und zugleich befremdliches Phänomen dar. Dies äußert sich in der Dichtung als Auseinandersetzung mit der kulturellen und zivilisatorischen Leistung des Menschen.3 Bei dem Begriff der Zivilisation bzw. Kultur handelt es sich um einen positiv konnotierten Begriff, der das europäische Selbstbewusstsein beinhaltet. Der kulturelle Status eines Volkes scheint sich allein durch zwei sich ausschließende Zustände beschreiben zu lassen: zivilisiert oder primitiv. Um 1900 erscheint die Großstadt als Ort der zivilisatorischen Verfeinerung, der jedoch gleichzeitig im zivilisierten Stadtbewohner durch Technisierung, Schnelllebigkeit und Reizüberflutung das Gegenteil, nämlich das Primitive, hervorruft.4

Insgesamt stellt das großstädtische Leben einen Gegensatz zum langsamen und gleichmäßigen Leben in der Kleinstadt und noch extremer auf dem Land dar. Speziell in Bezug auf das Seelenleben lassen sich gravierende Unterschiede feststellen; während für den Kleinstädter das Gemüt und gefühlsmäßige Beziehungen grundlegend sind, ist für den Großstädter der Verstand wesentlich. Die Ursache für diese Differenzierung lässt sich darin finden, dass sich der Typus des Großstädters ein Schutzorgan gegen die Entwurzelung schafft: statt mit dem Gemüt reagiert er darauf im wesentlichen mit dem Verstand; so dass die Reaktion auf jene Empfindungen in dem am wenigsten empfindlichen, von den Tiefen der Seele am weitesten entfernten psychischen Organ stattfindet.5 Mit dem Anwachsen der Großstädte entstand nicht nur unter Agrarpolitikern, sondern auch unter bürgerlichen Intellektuellen eine Kritik an der urbanen Großsiedlung. Demgegenüber gab es viele, die die Stadt als kulturelles Zentrum und als Wiege zivilisatorischer Errungenschaften verteidigten. Für die Anhänger der großstadtfeindlichen Bewegung war die Großstadt nicht mehr als die Keimzelle des Lasters, der Krankheit und des Verfalls herkömmlicher Werte. Die Großstadt wurde für viele zum Sündenbock für alle bestehenden Übel. Parallel dazu wurden das Land und die dörfliche Gemeinschaft als eine heile Welt imaginiert, in der die alten Ordnungen und Werte noch intakt waren und in der gesunde und in sich ruhende Menschen ein ausgeglichenes Leben führten.6

Die Stadt galt schon früh als Symbol der Ordnung und der Kultur, aber symbolisiert gleichzeitig auch Naturferne und Entfremdung, Einsamkeit, Krankheit und Tod.7 Dies lässt sich als eine Ambivalenz der Menschen ihren eigenen Niederlassungen und Institutionen gegenüber bezeichnen. Diese ambivalente Haltung äußert sich bereits in der römischen Antike. Vergil rühmte einerseits, die von den Göttern bestimmte Begründung Roms in der Aeneis; pries aber auf der anderen Seite in der Georgica das friedliche Leben in der ländlichen Welt. Dieses war ihm zufolge als erstrebenswerter und der menschlichen Entwicklung angemessener. Auch in der Bibel lässt sich im Zuge der Gegenüberstellung der verruchten Stadt Babylon und dem Glück verheißenden Jerusalem diese Ambivalenz erkennen. Babylon mit seinem hohen Turm steht für die Hybris des Menschen. Diese Stadt ist verschmutzt, verseucht und ein Ort des Verbrechens und der Dekadenz, der dem Untergang geweiht ist. Jerusalem dagegen ist die himmlische Königin der Städte. Ihre goldenen Straßen spiegeln das göttliche Licht und ihre hohen, leuchtenden Stadtmauern verheißen Schutz und Sicherheit.8 Im Mittelalter, einer Zeit, in der es kaum große Städte gab, bedeutete die ummauerte Stadt vor allem Schutz, Sicherheit sowie Gemeinschaft mit anderen Menschen in einer sonst dünn besiedelten und gefahrvollen Welt. Das Leben innerhalb einer städtischen Gemeinschaft war unmittelbar mit einem gewissen sozialen Standard verbunden. Dagegen erneuerte sich in der Zeit des Barock, in der die mit dem häufig verwendeten Arkadien Motiv einhergehende Vorstellung von einem glückseligen idyllischen Landleben gängig war, das Bild von der Stadt als Inbegriff der Verkommenheit. Das 18. Jahrhundert ist in Deutschland zwar betont bürgerlich-städtisch orientiert, jedoch nicht großstädtisch, weil es in Deutschland noch keine in dem Sinne zu verstehenden Großstädte gab. Die in der deutschen Dichtung des 18. Jahrhunderts auftauchenden Handels- und Residenzstädte werden als Inbegriff von Ordnung und Form und als zusammenschließendes Element empfunden. In der Romantik werden die kleineren Städte häufig idealisiert, auf der anderen Seite findet durch die Ablehnung einer spießbürgerlichen Haltung eine Aufwertung von größeren Städten statt. Diese grundsätzliche Haltung bleibt in Deutschland mit kleinen Schwankungen bis weit ins 19. Jahrhundert hinein erhalten.

In den Ländern, in denen im 19. Jahrhundert bereits Großstädte existierten, haben die Autoren die Großstadt als literarisches Motiv früher entdeckt, als dies in Deutschland der Fall war. Zudem gab es eine auffällige Verbindung zwischen dem Großstadtmotiv und der im 19. Jahrhundert vorherrschenden literarischen Gattung, dem Roman. Dies lässt sich dadurch erklären, dass das Massengebilde Großstadt vor allem in der Gattung des Romans eine adäquate Spiegelung finden konnte: Großstadt und Roman sind beides komplexe, weiträumige Gebilde aus nebeneinander gelagerten, oft verschachtelten inhaltlichen Substanzen. So ist es entsprechend auch bezeichnend, dass RILKE für die Thematik der Großstadt nicht wie gewöhnlich die Gattung der Lyrik wählt, sondern eben in epischer Form von den Erlebnissen des Malte Laurids Brigge in Paris berichtet. Mit der Reichsgründung war Berlin zu dem geworden, was Paris und London schon lange waren. Einerseits geistiger Anziehungspunkt, der gerade die junge Dichtergeneration in seine Mauern lockte, anderseits Sammelplatz von Gestrandeten, Elenden, Enttäuschten der Unterschicht. Die Massenhaftigkeit von Häusern und Menschen und die in ihnen herrschende Mentalität des Gewinnstrebens konnte ihnen die Großstadt nur als trügerisch, hässlich und verdorben erscheinen lassen. Mit den Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, die durch die Bilder von Krankheit und „fabrikmäßigem“ Tod in Pariser Hospitälern und der Crêmerie einen sich in der Großstadt vollziehenden Wandel der menschlichen Existenz aufzeigen, hat RILKE einen entscheidenden Schritt zur epischen Etablierung des Motivs getan.9

3. Die Darstellung der Großstadt Paris in Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge

Das zentrale Thema in RILKEs Roman Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge ist die überwältigende Wirklichkeit von Paris. Durch in sich geschlossene, überleitungslos aufeinanderfolgende Erlebnisberichte, Eindrucksskizzen und Reflexionen wird von der Wirkung berichtet, die die fremde und bedrohliche Großstadtwelt, bestehend aus Hässlichkeit und Verfall sowie Angst und Tod, auf den personalisierten Erzähler hat.10 Die Großstadterfahrung wird von Malte Laurids Brigge, dem 28jährigen dänischen Adligen, als Verwirrung begriffen, die nur mühsam oder gar nicht bewältigt werden kann. Er beobachtet die ihn umgebende fremde Wirklichkeit und beschreibt zugleich seine eigenen I Vgl. Frenzel. Elisabeth: Motive der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte, S. 655- 663.

Wahrnehmungszustände.11 Zu Beginn des Romans ist Malte, letzter noch lebender Abkömmling einer Familie des dänischen Landadels, gerade in Paris angekommen. Auf seine ersten Eindrücke reagiert er mit Angst und existenzieller Verunsicherung, die in eine nicht näher benannte Krankheit münden, über deren Heilung ebenfalls keine Aufklärung erfolgt. In tagebuchähnlichen Niederschriften, die das erste Drittel des Romans ausmachen, fixiert er alles Furchtauslösende und ihn Peinigende, das ihm in Paris wiederfährt.12

Schon der erste Eindruck von Paris, den Malte in seinen Aufzeichnungen notiert, ist beherrscht von den Phänomenen Verfall sowie Krankheit und Tod:

„So, also hierher kommen die Leute, um zu leben, ich würde eher meinen, es stürbe sich hier. Ich bin ausgewesen. Ich habe gesehen: Hospitäler. Ich habe einen Menschen gesehen, welcher schwankte und umsank. Die Leute versammelten sich um ihn, das ersparte mir den Rest. Ich habe eine schwangere Frau gesehen. Sie schob sich schwer an einer hohen, warmen Mauer entlang, nach der sie manchmal tastete, wie um sich zu überzeugen, ob sie noch da sei. Ja, sie war noch da. Dahinter? Ich suchte auf meinem Plan: Maison d´ Accouchement. Gut. Man wird sie entbinden - man kann das. Weiter, Rue Saint-Jaques, ein großes Gebäude mit einer Kuppel. Der Plan gab an Val-de-grâce, Hôspital militaire. Das brauchte ich eigentlich nicht zu wissen, aber es schadet nicht. Die Gasse begann von allen Seiten zu riechen. Es roch, soviel sich unterscheiden ließ, nach Jodoform, nach dem Fett von Pommes frites, nach Angst. Alle Städte riechen im Sommer. Dann habe ich ein eigentümlich starblindes Haus gesehen, es war im Plan nicht zu finden, aber über der Tür stand noch ziemlich leserlich: Asyle de nuit. Neben dem Eingang die Preise. Ich habe sie gelesen. Es war nicht teuer. Und sonst? Ein Kind in einem stehenden Kinderwagen: es war dick, grünlich und hatte einen deutlichen Ausschlag auf der Stirn.“ (Rilke, Rainer, Maria: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge. Herausgegeben und kommentiert von Manfred Engel. Stuttgart 1997, S.7.)

Paris erscheint als ein Ort moderner Technik und Verkehrsmittel, die durch ihre Geschwindigkeit wie durch ihren Lärm den Wahrnehmenden überwältigen, ihn im wahrsten Sinne des Wortes ´überrollen´. So schon in der zweiten Aufzeichnung: „Elektrische Bahnen rasen läutend durch meine Stube. Automobile gehen über mich hin. [...] Die elektrische rennt ganz erregt heran, darüber fort, fort über alles.“ (7f.)13 Diese üblichen Großstadterscheinungen werden von Malte jedoch nur nebenbei thematisiert.

Im Vordergrund stehen immer wieder eindrucksvolle Schilderungen des Verfalls und der Zerstörung materieller Dinge sowie der in Paris herumwandelnden Menschen. Das gilt beispielsweise für die, als einziges Zeugnis übrig gebliebene, letzte Mauer eines ansonsten abgerissenen Hauses, auf der Malte die Spuren der einstigen Bewohner und ihres dumpfen und glücklosen Lebens zu erkennen meint. „Am unvergeßlichsten aber waren die Wände selbst. Das zähe Leben dieser Zimmer hatte sich nicht zertreten lassen.“ (42)Der menschliche Verfall ist omnipräsent in den sozial Deklassierten und den aufgrund verschiedenster körperlicher Defekte am Rande der Gesellschaft stehenden Menschen, denen der Protagonist größte Beachtung schenkt. Unmittelbar nach der Szene mit der Mauer findet Malte sich in einem billigen Restaurant einem Sterbenden gegenüber.

„Ich war etwas erschöpft nach alledem, man kann wohl sagen angegriffen, und darum war es zu viel für mich, dass auch er noch

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Malte nimmt Anteil daran, was seiner Ansicht nach im Inneren des Sterbenden, vor sich gehen müsse. Dies droht seine ohnehin instabile Psyche zu überfordern. Weiterhin gibt es den blinden Zeitungsverkäufer am Luxembourg-Garten, den Malte zuerst instinktiv meidet. Malte wagt es AC Vgl. Eilert, Heide: Aspekte der Moderne in Rainer Maria Rilkes Roman. Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (1910). - In: Anselm Maler, Ángel San Miguel, Richard Schwaderer (Hrsg.): Europäische Romane der klassischen Moderne. Frankfurt am Main 2000, S. 45.

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nicht den Mann anzusehen und somit die Konfrontation mit der Realität zu wagen. Jedoch malt er sich das Elend des Zeitungsverkäufers so anschaulich aus, dass er sich dazu entschließt, die Einbildung durch die Wirklichkeit aufzuheben.

„Ich wusste sofort, dass meine Vorstellung wertlos war. Die durch keine Vorsicht oder Verstellung eingeschränkte Hingegebenheit seines Elends übertraf meine Mittel. Ich hatte weder den Neigungswinkel seiner Haltung begriffen gehabt noch das Entsetzen, mit dem die Innenseite seiner Lider ihn fortwährend zu erfüllen schien. Ich hatte nie an seinen Mund gedacht, der eingezogen war wie die Öffnung eines Ablaufs. Möglicherweise hatte er Erinnerungen; jetzt aber kam nie mehr etwas zu seiner Seele hinzu als täglich das amorphe Gefühl des Steinrands hinter ihm, an dem seine Hand sich abnutzte.“ (174f.)

Ein weiteres Beispiel für einen aufgrund körperlicher Defekte am Rande der Gesellschaft stehenden Menschen ist der Veitstänzer auf dem Boulevard St- Michel. Während Malte den Boulevard entlanggeht, sorgt das Hüpfen eines Mannes für die lachende Aufmerksamkeit der Passanten. Auch Malte nimmt daraufhin den Mann wahr und kann seine Aufmerksamkeit nicht von diesem lösen.

„Ich begriff, dass dieses Hüpfen in seinem Körper herumirrte, dass er versuchte, hier und da auszubrechen. Ich verstand seine Angst vor den Leuten und ich begann selber vorsichtig zu prüfen, ob die Vorübergehenden etwas merkten. Ein kalter Stich fuhr mir durch den Rücken, als seine Beine plötzlich einen kleinen, zuckenden Sprung machten, aber niemand hatte es gesehen, und ich dachte mir aus, dass auch ich ein wenig stolpern wollte, im Falle jemand aufmerksam wurde.“ (61)

Malte fühlt sich vollständig in die Situation des Epileptikers ein. Die Sorge des Mannes, vollständig die Kontrolle über seinen Körper abzugeben und auf diese Weise vor den Passanten aufzufallen, kann Malte nachempfinden, denn die Angst davor, aus der Rolle des Normalen zu fallen, ist auch das, wovor er sich fürchtet. Mit dem Zusammenbruch des Veitstänzers kommt es gleichzeitig zu dem Zusammenbruch Maltes, da er seine Kräfte bei den Bemühungen, den Anfall des Mannes zu vertuschen, verausgabt hat.14 Alle diese Außenseiter bilden für Malte im Kollektiv die „Fortgeworfenen“ (36 AD Vgl. Neumeyer, Harald: Der Flaneur. Konzeption der Moderne. - In: Epistemata. Würzburger wissenschaftliche Schriften. Reihe Literaturwissenschaft. Band 252 - 1999. Würzburg 1999, S. 223ff.

[...]


1 Vgl. Killy Literaturlexikon. Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Herausgegeben von Wilhelm Kühlmann. Band 9. Berlin, New York 2010, S. 648.

2 Vgl. Literaturlexikon 20. Jahrhundert. Herausgegeben von Helmut Olles. Hamburg 1971, S. 663.

3 Vgl. Frenzel. Elisabeth: Motive der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte. 6., überarbeitete und ergänzte Auflage. Stuttgart 2008, S. 654.

4 Vgl. Kopp, Kristin und Müller-Richter, Klaus: Die ´Großstadt und das ´Primitive´ - Text, Politik und Repräsentation. - In: Kristin Kopp und Klaus Müller-Richter (Hrsg.): Die >Großstadt< und das >Primitive< - Text-Politik-Repräsentation - . Stuttgart, Weimar 2004, S. 6-13.

5 Vgl. Simmel, Georg: Die Großstädte und das Geistesleben. - In: Simmel, Georg: Soziologische Ästhetik. Herausgegeben von Klaus Lichtblau. Bodenheim 1998, S. 119f.

6 Vgl. Berghan, Volker: Das Kaiserreich 1871-1914. Industriegesellschaft, bürgerliche Kultur und autoritärer Staat. - In: Jürgen Kocka (Hrsg.): Gebhardt. Handbuch der deutschen Geschichte. Zehnte, völlig neu bearbeitete Auflage. Band 16. Stuttgart 2006, S. 99f.

7 Vgl. Metzler Lexikon literarischer Symbole. Herausgegeben von Günter Butzer und Joachim Jacob. Stuttgart, Weimar 2008, S. 365f.

8 Vgl. Daemmrich, Ingrid und S. Horst: Themen und Motive in der Literatur. Ein Handbuch. Tübingen 1987, S. 296.

9 Vgl. Frenzel. Elisabet: Motive der Welthteratur. Ein Lexikon dichtuiigsge^hichtlicher Längsschnitte, s. 655-663.

10 Vgl. Reclams Romanlexikon. Band 3 (20. Jahrhundert I). Stuttgart 1999, S. 233.

11 Vgl. Brenner, Peter J.: Neue deutsche Literaturgeschichte. Vom „Ackermann“ zu Günter Grass. 2., aktualisierte Auflage. Tübingen 2004, S. 209.

12 Vgl. Kindlers Literatur Lexikon. 3., völlig neu bearbeitete Auflage. Herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold. Band 13. Stuttgart, Weimar 2009, S. 695.

13 Vgl. Eilert? Heide: Aspekte der Moderne in Rainer Maria Rilkes Roman. Die Aufzeicbnungen des Malte Laurids Bngge (1910). - L·i: Ar^elm Maler, Angel San Miguel, ïüchard Schwaderer (Hrsg.): Europäische Romane der klassischen Moderne. Ffaiïkftm am Main 2000, s. 45.

14 Vgl. Neumeyer, Harald: Der Flaneur. Konzeption der Moderne. - In: Würzburger 6?110?3?30?6?8???? Schriften. Reihe Literaturwissenschaft. Band 252 - 1999. Würzburg 1999, s. 223ff.

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Details

Titel
Die Großstadtproblematik in "Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge" von Rainer Maria Rilke
Hochschule
Universität zu Köln
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
27
Katalognummer
V426439
ISBN (eBook)
9783668708846
ISBN (Buch)
9783668708853
Dateigröße
452 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
großstadtproblematik, aufzeichnungen, malte, laurids, brigge, rainer, maria, rilke
Arbeit zitieren
Sarah Müller (Autor:in), 2015, Die Großstadtproblematik in "Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge" von Rainer Maria Rilke, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/426439

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