Max Weber. Wissenschaft als Beruf


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

17 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsübersicht

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Historischer Kontext / Entstehung
2.2 Die Kernpunkte von „Wissenschaft als Beruf“

3. Schluß

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Max Weber – einer der großen Denker des zwanzigsten Jahrhunderts – wird in eine Reihe mit den ungleich populäreren Friedrich Nietzsche, Karl Marx und Sigmund Freud gestellt.[1] Vor allem seine Wissenschaftslehre ist in seinem Gesamtwerk umstritten. Die Einordnung der Forschung reicht vom „zerklüfteten ‚Steinbruch‘ bis hin zum einheitlichen ‚System‘ [...)“[2]. Insbesondere seine Forderung einer werturteilsfreien Wissenschaft hat die internationale Wissenschaft auch lange Zeit nach seinem Tod 1920 gespalten. Dabei ist dieser Streit „[...] keinesfalls auf die Kontroversen einer Spezialdisziplin um ein eindeutig lokalisierbares Phänomen zu reduzieren.“[3] Auch seine Rede „Wissenschaft als Beruf“ ist ein „[...] ausschlaggebende[r] Bezugspunkt [...] für die bis heute anhaltende Diskussion [...]“.[4]

Ziel dieser Arbeit ist es, die zentralen Elemente und Aussagen der Rede „Wissenschaft als Beruf“ von Max Weber herauszuarbeiten und eine kurze zeithistorische Entstehungsgeschichte der Rede zu skizzieren.

Literaturgrundlage der Arbeit ist dabei vor allem die Rede „Wissenschaft als Beruf“, wie sie in der Max Weber Gesamtausgabe[5] editiert wurde. Weitere Grundlagen bietet die Arbeit von Johannes Winckelmann[6], der bereits 1922 eine erste Auflage seiner „Gesammelten Aufsätze zur Wissenschaftslehre“[7] herausgab. Weitere Arbeiten über Webers Wissenschaftslehre sind vermehrt ab den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts entstanden, vor allem im Zuge des auch von Max Weber durch sein Postulat von der Werturteilsfreiheit „mitverschuldeten“ Positivismusstreits.[8]

Schwierigkeiten mit der Arbeit an solchen Texten bereitet vor allem die Tatsache, daß viele Arbeiten über Webers Wissenschaftslehre einen starken soziologischen bzw. philosophischen Einschlag haben und damit ein Hintergrund für das Verständnis der Texte erst einmal geschaffen werden muß. Aber auch die Rezeption von Arbeiten Max Webers bereiten Schwierigkeiten:

„Schwierigkeiten ergeben sich [...] aus der Tatsache, daß Webers Ausführungen [...] sich nicht immer durch große Klarheit und umfassende Darlegung aller Einzelheiten auszeichnen, zumal es sich seiner Einschätzung nach um ‚Selbstverständlichkeiten‘ handelt.“[9]

2. Hauptteil

2.1 Historischer Kontext / Entstehung

Max Weber hielt am 7. November 1917 seine Rede „Wissenschaft als Beruf“ vor Mitgliedern des „Freistudentischen Bundes, Landesverband Bayern“ in München. Dieses Datum war in der Forschung lange Zeit umstritten, da einige Äußerungen Webers in der Rede auf 1919 hindeuten. Erst den Herausgebern der Max Weber Gesamtausgabe ist es gelungen, das Datum der Rede unzweifelhaft auf den 7. November 1917 zu datieren.[10]

Der Freistudentische Bund war eine liberale Studentenvereinigung, die einen Gegenpol zu den überwiegend nationalistischen Studentenverbindungen des Wilhelminischen Deutschland darstellte.

Jener lud Weber nach einem Aufsehen erregenden Beitrag eines seiner führenden Mitglieder (Alexander Schwab unter dem Pseudonym Franz Xaver Schwab: „Beruf und Jugend“) nach München ein, um im Rahmen der Vortragsreihe „Geistige Arbeit als Beruf“ zu referieren. Zu „Wissenschaft als Beruf“ entschied Weber sich spontan, da ihm das „selbst am Herzen“ lag.[11]

Für eine Einladung Webers gab es zumindest einen guten Grund: Weber sprach auf den „Lauensteiner Kulturtagungen vom 29.-31. Mai und vom 29. September bis zum 3. Oktober bereits über eine ähnliche Materie und bot sich somit als Fachmann für das Thema an.[12]

Weitere geplante Vorträge der Reihe waren „Kunst als Beruf“ und „Erziehung als Beruf“. Die Durchführung von „Politik als Beruf“, worüber Weber 1919 referieren sollte, stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht genau fest.[13] In dieser Phase seines Lebens begann Weber sich zunehmends von seiner negativen Weltsicht zu befreien. Nach fast 20 Jahren rein wissenschaftlicher Arbeit konzentrierte er sich wieder andere Tätigkeiten. So publizierte er ab 1915 verstärkt kritische Artikel zur deutschen Kriegszielpolitik und übernahm mit der Zusage zu einem Probekolleg für das Sommersemester 1918 wieder eine Lehrtätigkeit an der Universität Wien. Darüber hinaus wurde sein Optimismus durch die Verabschiedung der Friedensresolution des Reichstages am 19. Juli 1917 weiter gesteigert. Weber sah die Chance auf einen baldigen Frieden und verstärkte auch dadurch seine pazifistischen Tätigkeiten.[14] (MWG, 13) Außerdem begann er vermehrt als Redner aufzutreten, und zwar nicht nur als Wissenschaftler, sondern auch als Politiker. Auch in „Wissenschaft als Beruf“, worin er die Wissenschaftler auffordert, keinerlei politische oder ideologische Werturteile abzugeben, greift Weber auf dem Umweg des historischen Vergleichs und eingebunden in einen wissenschaftlichen Disput die deutsche Politik an.[15] Denn „Wertfreiheit bedeutet keineswegs den völligen Verzicht auf Werturteile seitens [...] des Forschers . [...] denn niemand ist schließlich nur Wissenschaftler, und als Privatperson hat er selbstverständlich das Recht zur Wertung. Weber, der sich zeitlebens in aller Deutlichkeit wertend geäußert hat, wäre wohl der letzte gewesen, den Verzicht darauf zu fordern.“[16]

2.2 Die Kernpunkte von „Wissenschaft als Beruf“

Zu Anfang der Rede skizziert Weber zunächst die „äußeren Bedingungen des Gelehrtenberufes“[17].

Er beginnt mit der ganz konkreten Fragestellung, wie sich die Lage eines Hochschulabsolventen darstellt, wenn er sich für eine wissenschaftliche Karriere entscheidet. Als Vergleich zum deutschen System zieht er das amerikanische Hochschulsystem heran, „wo in dieser Hinsicht der schärfste Gegensatz gegen uns besteht.“[18] Der grundlegende Unterschied zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Wissenschaftsbetrieb liegt im Verlauf der Laufbahn junger Wissenschaftler. Wird der „assistant“ in Amerika besoldet, steht dem jungen Wissenschaftler in Deutschland lediglich ein Kolleggeld zu, das von seiner Hörerzahl abhängig ist. Allerdings ist die Sicherheit des Arbeitsplatzes in Deutschland wesentlich höher als in den Vereinigten Staaten. Für sein Geld muß der amerikanische Nachwuchswissenschaftler auch entsprechend mehr leisten. Wird es in Deutschland als „ungehörig“ empfunden, wenn ein gerade habilitierter junger Wissenschaftler eine große Vorlesung hält, so mutet man seinen amerikanischen Altersgenossen schon ein entsprechend größeres Pensum zu. In Deutschland hält der junge Dozent lediglich Nebenvorlesungen, was aber auch seine guten Seiten hat: Er kann sich schon früh auf seine wissenschaftliche Arbeit konzentrieren.[19]

Bei allen Unterschieden zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Hochschulsystem gibt es aber auch Annäherungstendenzen: So vergleicht Weber die modernen Institute an einer Universität mit „‘staatskapitalistischen‘ Unternehmungen“, in denen der Arbeiter (hier: der Assistent) wie im kapitalistischen Staat von den Produktionsmitteln getrennt ist. Die Rolle des Fabrikdirektors übernimmt auf dem Gebiet der Wissenschaft der Institutsdirektor. Das ganze ist vermutlich eine Anspielung auf „Das Kapital“ von Karl Marx.[20]

Der Vorteil eines solchen Systems liegt auf der Hand: es sind bürokratische, technische Vorteile. Aber den Universitäten geht der „Geist“ verloren, der „Ordinarius alten Stils“ zeigt offensichtlich große Unterschiede zu einem „Chef eines solchen großen kapitalistischen Universitätsunternehmens.“[21] Die Einheit von Forschung und Lehre, das humboldt`sche Ideal des Hochschullehrers als Forscher und Lehrer in einer Person, geht verloren. Somit wird die Karriere eines jungen Wissenschaftlers stärker als zuvor vom Zufall bestimmt, denn „Ob es einem solchen Privatdozenten [...] jemals gelingt, in die Stelle eines vollen Ordinarius und gar eines Institutsvorstandes einzurücken, ist eine Angelegenheit, die einfach Hazard ist.“[22] Trotzdem sei die Zahl der „richtigen Besetzungen“ in Deutschland noch recht hoch. So hätten nur dort, wo die Politik direkt in Form von „Parlamenten, Monarchen oder revolutionären Gewalthabern“ eingreife, „bequeme Mittelmäßigkeiten oder Streber

[...]


[1] Sukale, Michael: Max Weber – Leidenschaft und Disziplin: Leben, Werk, Zeitgenossen. Tübingen 2002. S. XIV.

[2] Wagner, Gerhard; Zipprian, Heinz: Max Webers Wissenschaftslehre. Interpretation und Kritik. (= Suhrkamp – Taschenbuch Wissenschaft; 1118). Frankfurt am Main 1994. S. 9.

[3] Käsler, Dirk u.a. (Hg.): Hauptwerke der Soziologie. Stuttgart 2000. S. 460.

[4] Ebd., S. 461.

[5] Weber, Max: Wissenschaft als Beruf 1917/1919. Politik als Beruf 1919. (= Max Weber Gesamtausgabe, Abteilung I, Bd. 17). Tübingen 1992. Im Folgenden MWG I, 17.

[6] Winckelmann, Johannes (Hg.): Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre von Max Weber. 6., erneut durchgesehene Auflage. Tübingen 1985.

[7] Winckelmann, Johannes (Hg.): Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre von Max Weber. Tübingen 1922.

[8] S. dazu: Sukale: Max Weber – Leidenschaft und Disziplin. S. 28-32.

[9] Germer, Andrea: Wissenschaft und Leben. Max Webers Antwort auf eine Frage Friedrich Nietzsches. (= Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Bd. 105). Göttingen 1994. S. 90.

[10] Zur Datierung s. MWG I,17. S. 43-46.

[11] MWG I,17. S. 58.

[12] Ebd.

[13] S. dazu: MWG I,17. S. 55.

[14] Ebd., S. 13.

[15] Schluchter, Wolfgang: Wertfreiheit und Verantwortungsethik. Zum Verhältnis von Wissenschaft und Politik bei Max Weber. Tübingen 1971. S. 12.

[16] Germer: Wissenschaft und Leben. S. 93.

[17] MWG I,17. S. 80.

[18] MWG I,17. S. 71.

[19] Ebd., S. 71ff.

[20] s. dazu Fußnote Nr. 5 in: MWG I,17. S. 74.

[21] MWG I,17. S. 75.

[22] Ebd.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Max Weber. Wissenschaft als Beruf
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Institut für Neuere und Neueste Geschichte)
Veranstaltung
Hauptseminar Max Weber
Note
2,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
17
Katalognummer
V42619
ISBN (eBook)
9783638406154
Dateigröße
530 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Weber, Wissenschaft, Beruf, Hauptseminar, Weber
Arbeit zitieren
Thorsten Mohr (Autor:in), 2003, Max Weber. Wissenschaft als Beruf, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42619

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