Emotionale Intelligenz. Konzeption und Bedeutung für zwischenmenschliche Beziehungen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2018

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 Einleitung.

2 Forschungsstand.

3 Emotionale Intelligenz nach Mayer, Salovey & Goleman.

4 Kritik an dem Konzept der emotionalen Intelligenz.

5 Emotionale Intelligenz und ihre Auswirkungen im Alltag.
5.1 Emotionale Intelligenz in den Bereichen Arbeit, Erziehung & Bildung.
5.2 Die Bedeutung der emotionalen Intelligenz für Partnerschaften.

6 Schlussbetrachtung.

Literatur.

1 Einleitung

Was ist Intelligenz? An dieser Frage scheiden sich die Geister und auch innerhalb der Psychologie gibt es unterschiedliche Theorien bzw. Konzepte über Intelligenz. Als eine Art Minimaldefinition kann Intelligenz als eine sehr allgemeine geistige Fähigkeit gesehen werden, die beispielsweise Problemlösung und abstraktes Denken ermöglicht (vgl. Gottfredson 1997: 13). Innerhalb der Intelligenzforschung kann man drei grobe Richtungen ausmachen: Ein Teil der Forscherinnen und Forscher ist der Meinung, dass man Intelligenz quantifizieren und auf einen einzigen Wert reduzieren könne. Ein anderer Teil geht davon aus, dass Intelligenz sich in vielen Komponenten zeigt, die jedoch einzelnd erfasst werden müssen. Wiederum andere Forscherinnen und Forscher gehen sogar soweit, dass es unterschiedliche Intelligenzarten gibt, die sich in verschiedenen Lebensbereichen zeigen (vgl. Gerrig 2015: 341).

Innerhalb der Intelligenzforschung gibt es Konzepte, die also nicht nur die kognitiven (intellektuellen), sondern auch die emotionalen bzw. sozialen Fähigkeiten von Menschen mehr oder weniger berücksichtigen. Schließlich entstand in den 1990er Jahren das sogenannte Konzept der emotionalen Intelligenz, das vor allem mit den Psychologen Salovey, Mayer und Goleman verbunden ist (vgl. Salovey/Mayer 1990, Salovey/Mayer 1997, Goleman 1996). Dieses Konzept richtet den Fokus auf die Emotionen, deren Erkennung, Selbstwahrnehmung und Verwendung. Entsprechend gibt es nicht nur intellektuelle oder kognitive Intelligenz, sondern auch eine bestimmte Intelligenz im Bereich der Emotionen. Demnach ist emotionale Intelligenz die Fähigkeit, eigene und fremde Emotionen bzw. Gefühle richtig wahrzunehmen, zu verstehen und zu beeinflussen.

In den 1990er Jahren verbreitete vor allem der US-Psychologe und Wissenschaftsjournalist Daniel Goleman Begriff und Konzept der emotionalen und später der sozialen Intelligenz (vgl. Goleman 1996, Goleman 2006). Das Konzept erfuhr eine hohe mediale Aufmerksamkeit und es entstanden unzählige Medienbeiträge über emotionale Intelligenz. Besonders im Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen wurde emotionale Intelligenz ausführlich thematisiert: Im Umgang mit Kolleginnen und Kollegen, bei Führungsaufgaben, in der Erziehung und Bildung (z.B. im Bereich Schule) und selbstverständlich auch im Bereich der Partnerschaften, allen voran der Ehe. Selten hat ein Konzept aus der Wissenschaft, ein solches mediales Echo erfahren. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die Ausprägung unserer emotionalen Kompetenz im Wesentlichen unser (soziales) Dasein beeinflusst und für nahezu alle Lebensbereiche von Bedeutung ist.

Gegenstand dieser Arbeit ist das Konzept der emotionalen Intelligenz. Die Untersuchung will zweierlei Dinge: Zum einen soll das Konzept der emotionalen Intelligenz vorgestellt und umrissen werden. Aufgrund der Kürze der Arbeit kann dies selbstverständlich nicht vollständig und erschöpfend passieren. Jedoch sollen wichtige Untersuchungsergebnisse und Schlaglichter der Intelligenzforschung aufgezeigt werden. Das Modell von Salovey & Mayer – das als das wichtigste innerhalb des Forschungsgebietes der emotionalen Intelligenz gelten kann - wird besonders berücksichtigt. Zum anderen will die Arbeit auch den Zusammenhang zwischen emotionaler Intelligenz und zwischenmenschlichen Beziehungen verdeutlichen. Dabei werden einige Beispiele genannt (Zusammenhang zwischen emotionaler bzw. sozialer Intelligenz und Berufserfolg, Führungsstärke, Erfolg im Bereich Erziehung und Bildung etc.). Schließlich wird auch auf die Bedeutung von emotionaler bzw. sozialer Intelligenz für eine erfüllende Partnerschaft erörtert.

Das Thema emotionale Intelligenz ist für die Wissenschaft und für die Praxis pädagogischer Berufe hoch relevant. Da emotionale Intelligenz für die meisten Lebensbereiche von Bedeutung ist, sollten die Zusammenhänge weiter erforscht werden um darauf aufbauend beispielsweise Konzepte zur Verbesserung der emotionalen Kompetenz zu entwickeln. Für die praktische Arbeit von Psychologen und Erziehungswissenschaftlern – und weiteren Sozialberufen – ist das Wissen über emotionale Intelligenz wichtig, um erfolgreich zu arbeiten.

In dieser Arbeit wird erstmal der Forschungsstand aufgezeigt, indem ein Überblick über die Anfänge der Intelligenzforschung bzw. -diagnostik gegeben wird. Im Folgenden werden vor allem relevante Intelligenztheorien genannt, die bereits emotionale bzw. soziale Fähigkeiten berücksichtigen. Ab den 1990er Jahren kann man von einem Konzept / einer Theorie der emotionalen Intelligenz sprechen und es erfolgt ab dieser Zeit ein kurzer Überblick über den Forschungsstand im Speziellen.

Kapitel 3 erläutert das Konzept von Salovey & Mayer näher und berücksichtigt dabei auch Daniel Golemans Erkenntnisse. Kapitel 4 beschäftigt sich kritisch mit dem Konzept der emotionalen Intelligenz. In Kapitel 5 wird der Zusammenhang zwischen emotionaler Intelligenz und zwischenmenschlichen Beziehungen verdeutlicht. Dabei werden verschiedene Lebensbereiche genannt und schließlich das Thema Partnerschaft und emotionale Intelligenz behandelt. In der Schlussbetrachtung werden die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst und ein kurzes Fazit gezogen.

2 Forschungsstand

Wie bereits in der Einleitung erläutert gibt es in der Psychologie verschiedene Intelligenztheorien bzw. -konzepte. Die Forschung ist sich nicht darüber einig, was Intelligenz insgesamt umfassen soll. Entsprechend gibt es unterschiedliche Intelligenzkonzepte und Testmethoden diese zu messen (vgl. Gerrig 2015: 341). Im Vordergrund der meisten Intelligenzkonzepte stehen vor allem die kognitiven Fähigkeiten des Menschen.

Der Ursprünge der Intelligenzdiagnostik gehen auf das Jahr 1905 zurück. Der französische Psychologie Alfred Binet (1857-1911) und sein Kollege Théodore Simon (1873-1961) entwickelten – nach Forderung des französischen Bildungs- und Erziehungsministers - geeignete Lehrmethoden für Kinder mit Entwicklungsstörungen zu konzipieren - den sogenannten Binet-Simon-Test (vgl. Binet 1905, Städtler 2003: 487f., Gerrig 2015: 341). Binet & Simon hatten die Absicht, mit einem objektiven Test die geistige Leistungsfähigkeit von Kindern zu messen. Dieser sollte „normalentwickelte“ Kinder und Kinder mit Entwicklungsstörungen bzw. -verzögerungen klassifizieren und trennen und den subjektiven Einschätzungen des damaligen Lehrpersonals mit Quantifizierung (Messung) von Intelligenz entgegentreten. Der Binet-Simon-Test hatte einen großen Einfluss auf die weitere Entwicklung von Intelligenzmessungen (vgl. Gerrig 2015: 341).

Mit Aufkommen der ersten IQ-Tests entstanden auch die ersten psychometrischen Intelligenztheorien. Die Psychometrie, als ein Teilgebiet der Psychologie, befasst sich mit dem Testen der mentalen Fähigkeit, wie z.B. Persönlichkeitsdiagnostik, Intelligenzdiagnostik und Eignungsprüfungen und ist eng mit Testmethoden verbunden. In diesem Zusammenhang ist die Anwendung der Faktorenanalyse auf dem Gebiet der Intelligenz zu nennen. Charles Spearman (1927) behauptet, dass es ein „Generalfaktor der Intelligenz“ (g-Faktor) gebe, von der jede Intelligenzleistung ausgehe (vgl. Gerrig 2015: 348f.).

Der US-amerikanische Psychologie Edward Lee Thorndike (1874-1949) wies bereits in den 1920er Jahre auf unterschiedliche Intelligenzformen hin, die emotionale bzw. soziale Fähigkeiten beinhalteten. Thorndike berücksichtigt folgende Bereiche: Language, Mathematics, Science, Philosophical Questions, Machines, Tools, Children, Adults, Business, Music and Art (vgl. Thorndike 1920: 228). Niemand besäße für alle Teilbereiche die gleiche Intelligenz, sondern sie variiere bei Menschen deutlich: “No man is equally intelligent for all sorts of problems. Intelligence varies according to the life siutations on which it works.” (Thorndike 1920: 228) Auch der US-amerikanische Psychologe David Wechsler (1896-1981) vertrat in den 1930er Jahren ein differenzierendes Intelligenzkonzept. Es beinhaltet nicht nur abstrakte bzw. intellektuelle Fähigkeiten, sondern auch praktische und soziale Aspekte (vgl. Wechsler 1956).

Der britisch-amerikanische Psychologe Raymond Cattell (1963) unterteilt – unter Berücksichtigung faktorenanalytischer Methoden - die allgemeine Intelligenz in zwei Bereiche, die relativ unabhängig voneinander sind: Die (1) kristalline und (2) fluide Intelligenz. Die kristalline Intelligenz entspricht dem erworbenen Wissen eines Menschen samt der Fähigkeit dieses Wissen einzusetzen (z.B. Wortschatz, Allgemeinwissen). Dagegen ist fluide Intelligenz die Fähigkeit, Probleme zu lösen und in größeren Zusammenhängen zu denken, diese zu erkennen und bei denen logische Schlussfolgerungen notwendig sind (gemessen z.B. durch Matritzenaufgaben). Durch Cattells Konzept wurde der Intelligenzbegriff deutlich erweitert, sodass Intelligenz weiter definiert wurde, als bisher mit den klassischen IQ-Tests (vgl. Gerrig 2015: 349).

Zwei Konzepte bzw. Theorien, die Intelligenz in der erweiterten Form berücksichtigen, und damit über den klassischen IQ-Test hinausgehen, sind von den US-amerikanischen Psychologen Robert Sternberg (1999) und Howard Gardner (1999, 2006) begründet worden. Sternberg vertritt die triarchische Intelligenztheorie, die v.a. kognitive Prozesse berücksichtigt, die an der Lösung von Problemen beteiligt sind. Er unterscheidet drei Formen von Intelligenzen: Die analytische, die kreative und praktische Intelligenz. Nach Sternberg bildet sich eine erfolgreiche Intelligenz aus diesen drei Arten (vgl. Gerrig 2015: 349).

Der US-amerikanische Psychologe Howard Gardner (1999, 2006) unterscheidet in seiner Theorie der multiplen Intelligenzen acht Intelligenzarten. Neben der logisch-mathematischen und linguistischen Intelligenz sind beispielsweise auch die interpersonale und intrapersonale Intelligenz zu nennen.[1] Interpersonale Intelligenz zeichnet sich dadurch aus, andere Menschen und deren Interaktion zu verstehen (diese Intelligenzart sollte z.B. ein guter Politiker oder Lehrer haben). Intrapersonale Intelligenz ist hingegen die Kompetenz sich selbst zu reflektieren und zu verstehen (diese wäre beispielsweise für Geistliche aber auch Psychotherapeuten eine wichtige Intelligenzart) (vgl. Gerrig 2015: 351).

Im Jahre 1990 stellen die US-amerikanischen Psychologen Salovey und Mayer ihr Konzept der emotionalen Intelligenz[2] vor (vgl. Salovey/Mayer 1990), welches in den folgenden Jahren modifiziert wurde (vgl. Salovey/Mayer 1997). Das Konzept der beiden Psychologen ist stark von Gardners Konzept der multiplen Intelligenzen beeinflusst, v.a. in Bezug auf die inter- und intrapersonale Intelligenz.

Salovey & Mayer - sowie Daniel Goleman (vgl. Goleman 1996), der Salovey und Mayers Konzept popularisierte - sehen in emotionaler Intelligenz die Fähigkeiten Emotionen (1) wahrzunehmen, einzuschätzen und auszudrücken, Emotionen (2) zielgerichtet bei Denkvorgängen einzusetzen, Emotionen (3) zu verstehen, zu analysieren und interpretieren sowie Emotionen (4) zu kontrollieren und zu regulieren und emotionales und intellektuelles Wachstum umzusetzen (vgl. Mayer/Salovey 1997, Gerrig 2015: 352).

Die sogenannte emotionale Intelligenz kann als ein eng definiertes Konzept der Theorie der sozialen Intelligenz gesehen werden (vgl. Kang et al. 2006). Auch Daniel Goleman sieht große Überschneidungen zwischen emotionaler und sozialer Intelligenz, betont aber, dass es bei der emotionalen Intelligenz mehr um die Betrachtung des Individuums gehe. Bei der sozialen Intelligenz werden die Interaktionen der Menschen untereinander stärker beleuchtet (vgl. Goleman 2006: 10f.).

In der wissenschaftlichen Literatur findet man drei Typen von theoretischen Modellen der emotionalen Intelligenz: Sogenannte (1) Fähigkeitsmodelle (Ability models), (2) Anlagemodelle (Trait models) und (3) Mischmodelle (Mixed-models) (vgl. Neubauer/Freudenthaler 2006, Lehner-Adam 2016: 19).

[...]


[1] Weitere Arten bzw. Formen der Intelligenz sind nach Gardner naturalistische (Beobachtung der Natur), musikalische (Komponieren, Musik verstehen), räumliche (Abschätzung räumlicher Verhältnisse), körperlich-kinästhetisch (Bewegungsabläufe planen und verstehen) sowie existenzielle (große Lebensfragen, philosophische Fragen) Intelligenz (vgl. Gardner 2002, Gerrig 2015: 351).

[2] Den Begriff der emotionalen Intelligenz bzw. emotional intelligence verwendeten bereits Leuner (1966) und später Payne (1985), ohne diesen näher zu definieren. Umfassende Definitionen finden wir erst bei Salovey & Mayer (ab 1990 und später), und darauf aufbauend, auch bei Daniel Goleman (ab 1995), der Begriff und Konzept in die Öffentlichkeit trug (vgl. Goleman 1996).

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Emotionale Intelligenz. Konzeption und Bedeutung für zwischenmenschliche Beziehungen
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Institut für Psychologie)
Veranstaltung
Persönlichkeitsentwicklung
Note
1,3
Autor
Jahr
2018
Seiten
17
Katalognummer
V425829
ISBN (eBook)
9783668706392
ISBN (Buch)
9783668706408
Dateigröße
530 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Emotionale Intelligenz, soziale Intelligenz, Intelligenz, abstrakte Intelligenz, intellektuelle Intelligenz, praktische Intelligenz, Beziehung, Beziehungsfähigkeit, zwischenmenschliche Beziehungen, Goleman, Salovey, Mayer, Gottman
Arbeit zitieren
Alexander Fichtner (Autor:in), 2018, Emotionale Intelligenz. Konzeption und Bedeutung für zwischenmenschliche Beziehungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/425829

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