Genuszuweisung im Deutschen. Heißt es nun der, die oder das?


Seminararbeit, 2016

21 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Substantive

3 Regeln der Genuszuweisung im Deutschen
3.1 Natürliches Geschlecht
3.2 Grammatisches Geschlecht
3.2.1 Formale Kriterien
3.2.1.1 Morphologische Kriterien
3.2.1.1.1 Komposition
3.2.1.1.2 Derivation
3.2.1.1.3 Konversion
3.2.1.1.4 Kürzung
3.2.1.2 Lautliche Kriterien
3.2.2 Semantische Kriterien
3.2.2.1 Maskulinum
3.2.2.2 Femininum
3.2.2.3 Neutrum
3.3 Doppeltes Genus
3.3.1 Substantive mit gleicher Bedeutung
3.3.2 Substantive mit unterschiedlicher Bedeutung

4 Der/die/das Nutella

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Viele Menschen tun sich noch immer schwer mit der Wahl des richtigen grammatischen Geschlechts. Heißt es nun der, die oder das ?

Diese Frage ist nicht immer ganz einfach zu beantworten, da es keine allgemein festgelegten Regeln zur Genuszuweisung gibt. Bei einigen Substantiven erscheint die Herkunft des Genus nicht direkt ersichtlich, in vielen Fällen lässt es sich aber anhand einiger Kriterien erklären.

Mit diesen Kriterien soll sich diese Arbeit befassen, um einen Überblick über die Möglichkeiten der Bestimmung des Genus zu geben. Die verschiedenen Arten von Kriterien und dessen Aussagekraft sollen vorgestellt und erläutert werden. Die Recherche stützt sich auf verschiedenste Literatur sowohl aus aktuellen als auch aus längst vergangenen Jahrzehnten, um ein möglichst umfangreiches Wissen über die verschiedenen Methoden zu erlangen.

Zu Beginn der Arbeit soll zunächst ein grober Überblick über die betroffene Wortart, das Substantiv, gegeben werden, um die grammatische Einordnung des Substantivs genauer zu bestimmen. Darauf aufbauend wird dann eine Unterscheidung zwischen natürlichem Geschlecht, auch als Sexus bekannt, und grammatischem Geschlecht, dem Genus, getroffen, da diese fälschlicherweise häufig miteinander gleichgesetzt werden. Dabei sollen eventuelle Zusammenhänge, aber auch Unterscheidungen der beiden Geschlechterarten festgestellt werden. Im Anschluss sollen dann die semantischen und formalen Kriterien der Genuszuweisung genauer erklärt und mit Beispielen belegt werden. Darauffolgend beschäftigt sich die Arbeit dann mit den Substantiven, die ein doppeltes Genus aufweisen. Zu guter Letzt sollen anhand des Beispiels Nutella, bei dem das Genus nicht immer ganz klar ist, noch einmal alle vorgestellten Prinzipien angewendet und so dem Leser nähergebracht werden.

Unbeachtet bleibt in dieser Arbeit die Untersuchung des grammatischen Geschlechts von Fremdwörtern, da dies einen weiteren sehr komplexen Themenbereich der Genusbestimmung darstellt, dem eine Arbeit in diesem Umfang nicht gerecht werden könnte. Außerdem konzentriert sich diese Arbeit lediglich auf die Genusbestimmung im Deutschen, weshalb auf einen Vergleich mit anderen europäischen Sprachen bewusst verzichtet wird.

2 Substantive

Um die Regeln der Genuszuweisung im Deutschen zu erklären, sollte zunächst die von ihnen betroffene Wortart näher betrachtet werden: Die Substantive.

Substantive, synonym auch als Nomen bezeichnet, sind nach grammatischen Kriterien alle Wörter, die flektierbar (genauer deklinierbar) sind und ein festes Genus besitzen. (vgl. Glinz 1973, S. 456ff.)

Flektierbare Wortarten umfassen alle Wörter, die je nach grammatischer Bedeutung im Satz gebeugt werden und somit ihre Form verändern. Dazu zählen neben den Substantiven die Artikel, Pronomen, Adjektive und Verben. (vgl. Balcik/Röhe/Wróbel 2009, S. 87) Die flektierbaren Wortarten lassen sich weiter in drei Varianten einteilen: Konjugierbare, deklinierbare und steigerbare Wortarten. Deklinierbare Wortarten werden nach Genus (Geschlecht), Numerus (Singular und Plural) und Kasus (Fall) gebeugt. Dazu zählen neben den Substantiven die Artikelwörter, Adjektive und Pronomen. (vgl. a.a.O., S. 88f.) Der Besitz eines festen Genus bedeutet, dass das Genus eines Substantivs nicht frei wählbar ist und sich auch nicht nach dem grammatischen Gebrauch richtet. Im Deutschen gibt es die drei Genera Maskulinum, Femininum und Neutrum. Diese sind zwar nicht direkt am Substantiv erkennbar, bestimmen aber die ihm vorangehenden Artikelwörter und Adjektive. (vgl. Gallmann 2009, S. 152)

Möchte man nun anhand des Artikelwortes oder des Adjektivs das Genus eines Substantivs herausfinden, funktioniert dies nur unter Betrachtung des Nominativ Singular. (vgl. Balcik/Röhe/Wróbel 2009, S. 96)

3 Regeln der Genuszuweisung im Deutschen

Grundlegend ist im Deutschen zwischen zwei Arten von Geschlechtern zu unterscheiden: Dem Sexus, der das natürliche Geschlecht darstellt, und dem Genus, der das grammatische Geschlecht darstellt. (vgl. Helbig/Buscha 2005, S. 244)

Es ist möglich, dass zwischen beiden eine inhaltliche Beziehung besteht, dies ist aber nicht immer zwingend gegeben. (vgl. Hentschel/Weydt 2013, S. 146)

3.1 Natürliches Geschlecht

Das natürliche Geschlecht hat im Deutschen zwei Formen: Maskulinum und Femininum. Bei den meisten Substantiven ist das natürliche Geschlecht nicht ausschlaggebend für die Genuszuweisung (vgl. Jung 1984, S. 246). Den Ausnahmefall bildet der Bereich der Menschen- und Tierbezeichnungen, wenngleich hier gesagt werden muss, dass auch hier das natürliche und grammatische nicht vollständig übereinstimmen. (vgl. Hentschel/Weydt 2013, S. 147)

Lediglich bei den Verwandtschaftsbezeichnungen wie Mutter, Sohn, Tochter usw. ist eine völlige Übereinstimmung gegeben. (vgl. ebd.)

Bei Berufsbezeichnungen gibt es ebenfalls häufig Korrelationen zwischen dem natürlichen und grammatischen Geschlecht. In der Vergangenheit wurden mit der maskulinen Berufsbezeichnung zumeist auch die weiblichen Personen bezeichnet. In der heutigen Zeit hat sich allerdings eine zusätzliche feminine Berufsbezeichnung wie Zahn ä rztin, B ä ckerin, Lehrerin usw. weitgehend durchgesetzt. Diese wird in den häufigsten Fällen mit dem Suffix -in gekennzeichnet. (vgl. Helbig/Buscha 2003, S. 244f.)

Wie oben bereits angedeutet, wird nicht bei allen Bezeichnungen für Lebewesen das Genus nach dem natürlichen Geschlecht bestimmt. Dafür gibt es einige Gegenbeispiele wie das Mannequin oder das Fr ä ulein. (vgl. ebd.)

Bei Tierbezeichnungen verhält es sich ähnlich. Auf den ersten Blick ist keine Korrelation zwischen natürlichem und grammatischem Geschlecht zu erkennen, wie Bezeichnungen wie der Wurm, die Eidechse oder das Krokodil verdeutlichen. (vgl. Hentschel/Weydt 2013, S. 147)

Doch bei genauerem Hinsehen lässt sich auch bei den Tieren eine Verbindung der beiden Geschlechterformen erkennen. Die Tiergattung sowie die Jungtiere gehören in den meisten Fällen dem grammatischen Genus Neutrum an. Die Gattung lässt sich aber häufig noch weiter unterscheiden in weibliche und männliche sowie in kastrierte männliche Pferde. Die weiblichen Pferde erhalten in diesem Fall das Genus Femininum und die männlichen Tiere Maskulinum. Dies lässt sich einfach an einem Beispiel verdeutlichen: Die Tiergattung Pferd sowie das Jungtier Fohlen gehören dem Neutrum an. Die Stute als weibliches Pferd zählt man zum Genus Femininum. Der Hengst als männliches Pferd bzw. der Wallach als kastriertes männliches Pferd gehört dem Genus Maskulinum an. (vgl. aa.O, S. 148)

Es wird also deutlich, dass das natürliche und grammatische Geschlecht durchaus eine Übereinstimmung aufweisen können, dies aber nicht als feste Regel zur Bestimmung des Genus gesehen werden kann, sondern lediglich als eine Bestimmung für einige Arten von Lebewesen.

3.2 Grammatisches Geschlecht

Das grammatische Geschlecht hat im Deutschen drei Formen: Maskulinum, Femininum und Neutrum. (vgl. Genzmer 1995, S. 151)

Allgemeine Regeln für die Bestimmung des grammatischen Geschlechts sind im deutschen Sprachsystem nicht vorhanden, da das Genus für eine Vielzahl von Substantiven keinen erkennbaren Hintergrund aufweist und somit zusammen mit dem Artikel auswendig gelernt werden muss. Es gibt jedoch Möglichkeiten, das grammatische Geschlecht bei vielen Substantiven anhand einiger Kriterien mit hoher Wahrscheinlichkeit zu bestimmen. Dies geschieht zum einen anhand von semantischen und zum anderen anhand von formalen Kriterien, die im Folgenden näher erläutert werden sollen. (vgl. Helbig/Buscha 2003, S. 245f.)

3.2.1 Formale Kriterien

Formale Kriterien der Genuszuweisung sind die zuverlässigeren Regeln. Sollten die semantischen und formalen Kriterien konkurrieren, ist den formalen Kriterien Vorrang zu gebieten. (vgl. Heringer 2014, S. 60)

Die formalen Kriterien lassen sich noch einmal unterscheiden in morphologische und lautliche Kriterien.

3.2.1.1 Morphologische Kriterien

Bei den morphologischen Kriterien wird den Substantiven das Genus anhand der Wortzusammensetzung zugewiesen. In der deutschen Sprache gilt im Allgemeinen, dass der letzte Bestandteil eines Substantivs den Ausschlag für alle grammatischen Merkmale des Substantivs gibt, somit auch für das Genus. (vgl. Gallmann 2009, S. 163) Nachfolgend werden zu dieser Regel vier sprachliche Phänomene vorgestellt, bei denen es morphologische Prinzipien zur Genuszuweisung gibt: Die Komposition, Derivation, Konversion und die Kürzung.

3.2.1.1.1 Komposition

Unter einer Komposition versteht man in der Sprachwissenschaft "das Zusammensetzen eines Wortes aus mehreren freien Morphemen (als Art oder Vorgang der Wortbildung)" (Dudenredaktion (Hrsg.) 2007, S. 546).

Nach der allgemeinen Regel gilt also, dass das letzte Wort des Kompositums das Genus bestimmt (vgl. Gallmann 2009, S. 163). Am Beispiel des Küchentisches kann dies ganz einfach verdeutlicht werden. Das Wort K ü chentisch ist ein Kompositum aus den beiden Substantiven K ü che und Tisch. Das Wort K ü che hat ein feminines Genus und das Wort Tisch ein maskulines. Da das Wort Tisch der letzte Bestandteil des Kompositums ist, bestimmt es das Genus des gesamten zusammengesetzten Wortes. Somit ist das Wort K ü chentisch zum maskulinen Genus zu zählen.

3.2.1.1.2 Derivation

Als Derivation wird die "Bildung neuer Wörter aus einem Ursprungswort" (Dudenredaktion (Hrsg.) 2007, S. 219.) bezeichnet. Synonym kann auch das Wort Ableitung verwendet werden (vgl. ebd.).

Auch hier lässt sich die allgemeine Regel anwenden, nämlich auf Ableitungen mit Präfixen: Als Beispiel dient hier das Wort Ungl ü ck. Das Präfix Un- in Verbindung mit dem neutralen Wort Gl ü ck ergibt das ebenfalls neutrale Wort Ungl ü ck. In diesen Fällen gibt es allerdings auch einige Ausnahmen, wie beispielsweise bei Sammelbezeichnungen mit dem Präfix Ge-. Das Substantiv Fl ü gel ist Maskulin, in Verbindung mit dem Präfix Ge- wird es aber zu einem Oberbegriff und damit zum Neutrum. (vgl. Gallmann 2009, S. 163)

Aber nicht nur auf Ableitungen mit Präfixen, sondern auch auf Ableitungen mit Suffixen kann die Regel angewendet werden. Dort bestimmt das Suffix das Genus. Das Problem, welches dabei auftritt, ist, dass Suffixe selbst kein festgelegtes Genus haben und man dieses dann nicht so einfach wie in den beiden vorherigen Fällen auf die gesamte Wortzusammensetzung übertragen kann. Es gibt jedoch einige Suffixe, die auf ein bestimmtes Genus hinweisen. (vgl. ebd.)

Da die Aufzählung aller existenten Suffixe den Rahmen dieser wissenschaftlichen Arbeit sprengen würde, werden hier beispielhaft einmal die häufigsten Suffixe aufgeführt. Maskulin sind Wörter mit den Suffixen -er, -ig, -ling und -s wie der Lehrer, der Zwilling oder der Fuchs. Außerdem gehören auch Fremdwörter mit den Suffixen -ant, -är, -ent, -et, -eur, -ist, -loge, -or und -us wie der Demonstrant, der Athlet oder der Zyklus zu den maskulinen Substantiven. (vgl. Helbig/Buscha 2003, S. 125)

Zuguterletzt gehören aber auch vom Verb abgeleitete Substantive mit Nullsuffix zum Maskulinum, wie anhand von Wörtern wie der Gang, der Sprung oder der Betrieb zu erkennen ist. (vgl. Genzmer 1995, S. 154)

Häufig feminin sind Deverbativa mit dem Suffix -t wie die Pacht oder die Sicht und Substantive mit dem Suffix -e wie die Liebe oder die Lampe. Bei diesen Substantiven gibt es dennoch einige wenige Ausnahmen, beispielsweise der Bote oder das Getreide (vgl. Jung 1984, S. 251). Immer zu den Feminina gehören Substantive mit den Suffixen -ei, - heit, -keit, -schaft und -ung wie die B ü cherei oder die Gelegenheit und Fremdwörter mit den Suffixen -a, -age, -ät, -anz, -enz, -ie, -ik, -ion und -ur wie die Etage, die Ambulanz oder die Klinik. (vgl. Genzmer 1995, S. 155)

Grammatisch neutral sind substantivierte Infinitive mit dem Suffix -en wie das Sprechen. Desweiteren zählen Fremdwörter mit den Suffixen -ett, -il, -ma, -o, und -um zum Neutrum sowie Verkleinerungsformen bzw. Verniedlichungen mit den Suffixen -chen und -lein wie das H ä uschen oder das B ü chlein. (vgl. Helbig/Buscha 2003, S. 125)

Es ist noch zu erwähnen, dass es Suffixe gibt, denen zwei Genera zugeordnet werden können. Das bedeutet aber nicht, dass auf diese Suffixe endende Wörter zwei Genera haben. Jedes dieser Wörter kann genau einem der Genera zugewiesen werden. Betroffen von diesem doppelten Genus sind die Suffixe -nis, -sal und -tum. Das Suffix -nis kann gleichermaßen dem Femininum und Neutrum zugeordnet werden, wie an Beispielen wie die Betr ü bnis oder das Erlebnis zu erkennen ist. Das Suffix -sal gehört in den meisten Fällen zum Neutrum wie bei dem Substantiv Schicksal, kann aber in seltenen Fällen auch dem Femininum zugeordnet werden wie bei dem Substantiv Tr ü bsal. Substantive mit dem Suffix -tum sind am häufigsten Neutra, zum Beispiel das Substantiv Eigentum. Bei wenigen Wörtern wie dem Reichtum kommt es aber auch vor, dass das Suffix dem Maskulinum zugeordnet werden kann. (vgl. Gallmann 2009, S. 166f.)

3.2.1.1.3 Konversion

Unter Konversion versteht man den "Übergang von einer Wortart in eine andere ohne formale Veränderung" (Dudenredaktion (Hrsg.) 2007, S. 563).

Besonders wichtig sind bei der Konversion die Nomenbildungen durch Verben, da diese besonders häufig vorkommen. Die Verben können in vielen Fällen als Stamm und ausnahmslos in der Infinitivform nominalisiert werden. Abhängig von der Basis erhalten diese Produkte dann ihr Genus. (vgl. Hoberg 2004, S. 89)

Wird ein Substantiv aus der Infinitivform eines Verbs gebildet, erhält es neutrales Genus. Beispiele dafür sind Substantivierungen wie das Laufen oder das Schlagen. Das neutrale Genus gilt jedoch nicht nur für Infinitivkonvertate, sondern auch für Konvertate anderer Wortarten. Dazu zählen Adjektive, insbesondere Farbadjektive wie das Rot oder das Gr ü n, Pronomen, Adverbien, Präpositionen, Subjunktionen und Konjunktionen, Partikel und Interjektionen. Auch Verbgruppen kann man zum neutralen Genus zählen, Beispiele dafür sind das In-Kraft-Treten oder das In-den-Tag-hinein-Leben. (vgl. a.a.O., S. 90f.)

Konvertate aus Verbstämmen sind mit wenigen Ausnahmen immer Maskulina, beispielsweise der Bau, der Schlag oder der Schrei. Zu den wenigen Ausnahmen zählen feminine Konvertate wie die Arbeit oder die Dauer und neutrale Konvertate wie das Lob oder das Spiel. (vgl. a.a.O., S. 89f.)

3.2.1.1.4 Kürzung

Werden Substantive gekürzt, übernehmen sie für gewöhnlich das Genus der Vollform. Beispielsweise zählt die Akürzung T Ü V eindeutig zu den maskulinen Substantiven, da bei der Vollform Technischer Ü berwachungsverein das Genus nach dem letzten Bestandteil Verein gebildet wird. Die Kripo erhält ihr feminines Genus durch die feminine Vollform Kriminalpolizei und das Abo ihr neutrales Genus durch die neutrale Vollform Abonnement. (vgl. a.a.O., S. 91)

Sollte der letzte Bestandteil einer Vollform kein eigenes festes Genus haben, erhält die Kurzform ihr eigenes passenderes. Das maskuline Substantiv Frust stammt beispielsweise vom femininen Vollwort Frustration ab. Da der letzte Bestandteil hier jedoch kein eigenes festes Genus aufweist, wurde an die Reduktionsform Frust ein eigenes Genus vergeben. (vgl. ebd.)

3.2.1.2 Lautliche Kriterien

Wie auch in allen anderen Bereichen geben die lautlichen Kriterien keine eindeutige Sicherheit bei der Bestimmung von Genera. Es gibt lediglich Tendenzen, wie man sich anhand von lautlichen Strukturen bestimmter Wörter an die Bestimmung des Genus annähern kann. (vgl. Gallmann 2009, S. 166f.)

Hier sollen nun einige wissenschaftlich interessante Phänomene etwas genauer erläutert werden: Einsilbige Substantive sollen zum einen die Tendenz zum Femininum haben, wenn sie auf die Suffixe -ft oder -cht enden. Beispiele wie die Luft, die Kraft, die Kluft oder die Zunft bestätigen dies auch. Dennoch gibt es auch hier einige Ausnahmen, wie an den Substantiven Knecht oder Wicht zu erkennen ist, die eindeutig dem Maskulinum zugeordnet werden. (vgl. Köpke/Zubin 2009, S. 136)

Diese Ausnahmen könnten jedoch dadurch erklärt werden, dass andere Regeln der Genuszuweisung stärker sind. In den beiden genannten Beispielen könnte dies auf die semantischen Kriterien zurückzuführen sein, da durch den Knecht oder den Wicht Personen bezeichnet werden, die nach dem natürlichen Geschlecht dem Maskulinum angehören. (vgl. Gallmann 2009, S. 166f.)

Zum anderen sollen einsilbige Substantive zum Maskulinum tendieren, wenn am Wortanfang oder am Wortende eine Konsonantenhäufung vorliegt wie bei den Wörtern Knopf, Knauf, Strumpf oder Pfropf. Natürlich gibt es auch hier einigen Ausnahmen wie das Wort Schrift. (vgl. Köpke/Zubin 2009, S. 136)

Diese Ausnahme könnte sich dadurch begründen lassen, dass die zuvor erklärte Regel mit dem Suffix -ft stärker ist. (vgl. Gallmann 2009, S. 166f.)

Es wird also deutlich, dass man sich durch lautliche Regeln durchaus an die Bestimmung des Genus annähern kann, dies aber keine eindeutige Festlegung ist, da entweder andere Regeln höher wiegen oder weil es schlicht und einfach Wörter gibt, dessen Genus sich durch keine der Regeln erklären lässt.

3.2.2 Semantische Kriterien

Semantische Regeln zur Bestimmung des Genus eines Substantivs sind sehr unsicher und können deshalb nur eine kleine Orientierung bieten. (vgl. Heringer 2014, S. 62) Ein wichtiges Prinzip, das bei vielen der Substantive ein Genus aufgrund der Semantik zuordnen kann, ist das sogenannte Leitwortprinzip. Dieses Prinzip besagt, dass Eigennamen, im Besonderen geographische Namen und Produktnamen, ihr Genus nach dem grammatischen Geschlecht des Oberbegriff erhalten. (vgl. Hoberg 2004, S. 53)

3.2.2.1 Maskulinum

In der deutschen Sprache gibt es viele Substantive, die sich aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu Gruppen relativ eindeutig zum Genus Maskulinum zuordnen lassen (vgl. Helbig/Buscha 2003, S. 123). Dazu zählen folgende Kategorien:

1. Die Bezeichnungen für Jahreszeiten, Monate und Wochentage (vgl. Genzmer 1995, S. 153)

Die zur Kategorie der Jahreszeiten, Monate und Wochentage gehörigen Substantive sind ausnahmslos dem maskulinen Genus zuzuordnen, wie am Beispiel der Substantive Montag, Mittwoch, Fr ü hling oder Dezember zu erkennen ist. Alle Substantive dieser Gruppe werden mit dem Artikel der verwendet.

Das maskuline Genus der Monate und Wochentage lässt sich ganz einfach durch das Leitwortprinzip begründen (vgl. Hoberg 2004, S. 53). In diesem Fall sind die Oberbegriffe Monat und Wochentag, die beide dem Maskulinum angehören und somit auch den verschiedenen Monaten und Wochentagen das Genus Maskulinum verleihen. (vgl. a.a.O., S. 62)

2. Die Bezeichnungen für Himmelsrichtungen, Winde und Niederschläge (vgl. Helbig/Buscha 2005, S. 246)

Auch in der Kategorie der Himmelsrichtungen, Winde und Niederschläge gibt es keine Ausnahme. Wie an Substantiven wie Norden, Sturm, Monsun oder Schnee zu sehen ist, gehören alle diese Substantive eindeutig dem Maskulinum an.

3. Die Bezeichnungen für Spirituosen (vgl. Genzmer 1995, S. 153)

Die Kategorie der Spirituosen bietet dagegen minimalen Diskussionsstoff. Genzmer (1995, S. 153) fasst die Kategorie unter dem Titel "alkoholische Getränke" zusammen. Dies scheint auf den ersten Blick auch plausibel, allerdings müsste das Substantiv Bier dann auch dieser Kategorie zuzuordnen sein, was sich als falsch erweisen würde, da das Wort Bier eindeutig dem Genus Neutrum angehört. Deshalb ist die Zusammenfassung unter Spirituosen die wahrscheinlich bessere Möglichkeit.

4. Die Bezeichnungen für Automarken und Expresszüge (vgl. Genzmer 1995, S. 153)

Automarken und Expresszüge wie der Mercedes Benz, der Opel oder der ICE sind eindeutige Maskulina. Auch in diesem Fall ist das Leitwortprinzip klar zu erkennen. Die ursprüngliche Bezeichnung für Autos ist der Begriff (Kraft-)Wagen, dieser ist maskulin. Somit ist es folgerichtig, dass die jeweiligen Produktnamen der Autos ebenfalls maskulin sind. (vgl. Hoberg 2004, S. 108)

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Genuszuweisung im Deutschen. Heißt es nun der, die oder das?
Hochschule
Universität Vechta; früher Hochschule Vechta
Note
2,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
21
Katalognummer
V425589
ISBN (eBook)
9783668703568
ISBN (Buch)
9783668703575
Dateigröße
537 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Genuszuweisung, Grammatik, Wortarten, Deutsch, Germanistik
Arbeit zitieren
Anja Elfert (Autor:in), 2016, Genuszuweisung im Deutschen. Heißt es nun der, die oder das?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/425589

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