Patienengespräch in der Krankenhausseelsorge. Die gelungene Aussage nach der Methode des Partner-zentrierten Seelsorggesprächs


Seminararbeit, 1997

32 Seiten, Note: Sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Methodische Voraussetzungen
1.1 Das Seelsorgegespräch nach der Methode von H. Pompey
1.1.1 Drei Gesprächsbedingungen
1.1.2 Termini zur Beschreibung von Gesprächsförderer und -störer nach Ch. Weisbach
1.1.3 Kommunikationsebenen

2 Methodisches Vorgehen
2.1 Symbolischer Interaktionismus als Methode zur Analyse von Verbatims
2.1.1 Die Wahl der sprachlichen Einheit
2.1.2 Fünf Typen von Sprechhandlungen nach Austin
2.1.3 Weitere Unterscheidungskriterien: Vorzeichen, Sprachebene
2.1.4. Erklärung der Symbole
2.2 Prüfung der Tauglichkeit der Methode der Gesprächstherapie für die Krankenhausseelsorge
2.2.1 Kategorisierung der Termini zur Beschreibung von Gesprächsförderer
2.2.2 Vergleich mit den Ergebnissen eines Verbatims
2.2.3 Resümee Theoriebeschreibung
2.3 Empirische Untersuchung von Verbatim bezüglich ihrer Aussagen
2.3.1 Die Auswertung
2.3.2 Resümee
2.4 Syntaktische Analyse der Verbatims
2.4.1 Emotional-einfühlende Aussagen in den Verbatims
2.4.2 Resümee

3 Zusammenfassung der Ergebnisse

4 Ausblick

Anhang: Verbatims

Literaturnachweis

Vorwort

Vordringliche Aufgabe eines Seelsorgers ist es, das Herz der Menschen zu erreichen. Gerade in der Krankenhausseelsorge trennt sich so Spreu vom Weizen. Darum ist es neben einer lebenslangen Reifung notwendig, sich gezielt schulen zu lassen.

Diese Arbeit beschreibt eine Analyse der seelsorglichen Tätigkeit im Krankenhaus. Die Methode der Untersuchung ist der symbolische Interaktionismus, wie ich ihn bereits in meiner Seminararbeit am 19.2.1997 der Kath. Fak. Universität Würzburg vom Grundkurs Ein Gespräch kann helfen - Pastoralpsychologische Übungen zur seelsorglichen Gesprächsführung beschrieben habe.

Ziel meiner Arbeit ist es, festzustellen, ob und wie die partner-zentrierte Gesprächsführung auch auf die Krankenhausseelsorge angewandt werden kann.

1 Methodische Voraussetzungen

1.1 Das Seelsorgegespräch nach der Methode von H. Pompey

[1]Als theoretische, pastoralpsychologische Grundlegung zur Ausbildung der partnerzentrierten Gesprächsseelsorge sieht Pompey die „ Erfahrungen der amerikanischen Seelsorgsbewegung seit den zwanziger Jahren, verbunden mit der empirisch abgesicherten Psychotherapieforschung, insbesondere zur sogenannten non-direktiven, klient-zentrierten Gesprächspsychotherapie[2] an.

Diese non-direktive, klient-zentrierte Gesprächspsychotherapie ist Ausgang meiner Arbeit. Anhand von facheinschlägigen Termini aus dieser Therapieform versuche ich die Auswirkungen auf die Krankenhausseelsorge zu ergründen, sowie überhaupt die Anwendbarkeit dieser Therapieform auf die Arbeit in der Krankenhausseelsorge empirisch nachzuweisen.

1.1.1 Drei Gesprächsbedingungen

Die Theorie geht von einer Lebenskrise aus, die sich besonders beim leidenden Patienten im Krankenhaus zeigen kann. Dafür gibt es Hilfen, um diese Krise besser bewältigen zu können. Diese Hilfe wird geboten, indem man den Patienten sich seine Gefühle zeigen lässt. „ Die tieferen Dimensionen menschlichen Erlebens und Verhaltens können auch in Lebenskrisen so erreicht werden, dass einen Verstand und Gemüt umfassende Katharsis, Methanoia, Lebensorientierung sowie ein Leidensbeistand und eine Versöhnung (mit sich selbst, mit Gott und den Nächsten) möglich wird. Dabei sind drei Gesprächsbedingungen zu beachten, die von dem amerikanischen Psychologen C. R. Rogers12 und einer inzwischen sehr breiten Psychotherapieforschung nachgewiesen wurden13: 1. Echtheit, 2. Wertschätzung und 3. einfühlendes Nachempfinden.“[3]

1.1.2 Termini zur Beschreibung von Gesprächsförderer und -störer nach Ch. Weisbach

[4]Die oben genannten Grundvoraussetzungen des Gesprächs werden nun mit charekteristischen Termini belegt, um daraus ein für die empirische Untersuchung brauchbares Material zu gewinnen:

Die Gesprächsförderer (analog den Grundvoraussetzungen) sind:

1. Wiederholen, Umschreiben
2. Zusammenfassen
3. Klären
4. Nachfragen
5. Weiterführen, Denkanstoß geben
6. Gefühle ansprechen
7. In - Beziehung - Setzen

Als Gesprächsstörer sind anzusehen(konträr den Grundvoraussetzungen):

1. Befehlen
2. Ursachen aufzeigen, Hintergründe deuten, in die „Schublade stecken“
3. Herunterspielen
4. Ausfragen
5. Vorschläge, Lösungen anbieten
6. Vorwürfe machen
7. Bewerten
8. Von sich reden
9. Überreden
10. Warnen, Drohen
11. Gegenbehauptungen aufstellen
12. Lebensweisheiten zum besten geben
13. Verspotten, Nicht - ernst - Nehmen, Ironisieren

1.1.3 Kommunikationsebenen

[5]Will partner-zentrierte Seelsorge Katharsis, Metanoia [Klarwerden der Ursache, Bereitschaft zur Veränderung ] und Neuorientierung wie menschlichen Beistand in schwerem Leid leisten, dann muß das Seelsorgsgespräch den Menschen nicht nur mental-kognitiv, sondern vor allem fundamental-affektiv im Gespräch zu erreichen suchen[6]. Diese zwei Ebenen des Gesprächs (mental-kognitiv/ fundamental-affektiv) werden im Seelsorgsgespräch berührt, da die mental-kognitive Ebene dies alleine nicht oder nur vorübergehend zu lösen vermag. Die existentiellen Probleme des Menschen blieben sonst unberührt.

2 Methodisches Vorgehen

2.1 Symbolischer Interaktionismus als Methode zur Analyse von Verbatims

2.1.1 Die Wahl der sprachlichen Einheit

Aufgrund der Gesprächssituation ergibt sich, dass mehrere Aussagen in einer Wortmeldung eines Gesprächspartners nebeneinanderstehen. Da die Untersuchung auf die Wirkung der Gesprächspartner aufeinander abzielt, erscheint mir dieser Gesprächsansatz als fragwürdig.

Aus diesem Grund nehme ich für meine Untersuchung die ganze Wortmeldung eines Gesprächspartners als Unterscheidungsbasis. Nun tritt aber oft die schwierige Situation auf, dass sich verschiedene Aussagen innerhalb einer Wortmeldung finden. Nach praktischer Erfahrung lässt sich sagen, dass die jeweils letzte Aussage in einer Wortmeldung den Ausgangspunkt für einen Erwiderungsgrund des anderen Partners bildet. Konträr dazu aber gibt es aber immer wieder Fälle, wo eine andere Aussage in der Wortmeldung des Sprechers dominiert. Hier untersuche ich die Wortmeldung des anderen Partners, welche Aussage er für dominant hält. Diese Unterscheidungshilfe erweist sich im Gespräch als nützlich und der Sache angemessen.

2.1.2 Fünf Typen von Sprechhandlungen nach Austin

[7]Im Gespräch sind drei Gesichtspunkte zu beachten: der lokutionäre (das entspricht der sprachlichen Äußerung und des Inhalts), illokutionäre(der Handlungsaspekt) und der perlokutionäre Gesichtspunkt (die Wirkung).

Austin versucht, die illokutionäre Rolle im Gespräch auf fünf Typen aufzuspalten:

1. Verdiktive Äußerungen (hauptsächlich Urteile und Bewertungen)
2. Exerzitive Äußerungen („Verfügungen durch Geltendmachung von Autorität oder Einfluß, Befürwortungen und Anerkennung“[8] )
3. Kommissive Äußerungen (persönliche Bindung an Versprechen oder Verpflichtungen)
4. Behabitive Äußerungen (Ausdruck sozialen Verhaltens oder der persönlichen Einstellung)
5. Expositive Äußerungen (Sprecher zeigt die Art der Äußerung an und „wie diese zu nehmen ist“[9]

Darin sind nun folgende Verben mit den in den Funktionen der oben genannten Typen einzuordnen:

ad 1: be-, verurteilen, einschätzen, frei-, schuldig sprechen, entscheiden, bewerten

ad 2: verpflichten, ermächtigen, ernennen, beauftragen, befehlen, einsetzen, verordnen, erlauben, verzeihen, bitten

ad 3: verpflichten, schwören, beabsichtigen, zustimmen, einwilligen, garantieren, bürgen, wetten, verabreden, verloben

ad 4: entschuldigen, danken, beglückwünschen, bedauern, bereuen, loben, empfehlen, grüßen, wünschen, segnen, verfluchen

ad 5: feststellen, erwähnen, mitteilen, antworten, fragen, bezeugen, vermuten, anerkennen, zugeben, zurücknehmen, einwenden, berichtigen, voraussetzen, folgern, begründen, deuten, definieren, erläutern.

2.1.3 Weitere Unterscheidungskriterien: Vorzeichen, Sprachebene

Neben den fünf Aussagekategorien und den zwei Gesprächsebenen (siehe 1.1.3.) füge ich noch eine Kategorie hinzu: das positive und negative Vorzeichen einer Aussage, das sich in der Analyse von Ludwig als hilfreich erwiesen hat.[10]

2.1.4. Erklärung der Symbole

Zur Auswertung verwende ich folgende Abkürzungen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

kursiv geschriebene Zahlen keine emotional-einfühlende Äußerung normal geschriebene Zahlen emotional-einfühlende Äußerung

2.2 Prüfung der Tauglichkeit der Methode der Gesprächstherapie für die Krankenhausseelsorge

2.2.1 Kategorisierung der Termini zur Beschreibung von Gesprächsförderer

Einordnung der Termini für Gesprächsförderer, -störer:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.2 Vergleich mit den Ergebnissen eines Verbatims

Auswertung von Verbatim Nr.4 aus der klinischen Seelsorgsausbildung an der Katholischen Klinikgemeinde Heidelberg von Seelsorgern aus Freiburg/D von 1974-79:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.3 Resümee Theoriebeschreibung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aufgrund einer ähnlichen Verteilung verschiedener Aussagen in den Kategorien sehe ich erstens die Methode für brauchbar und zweitens die Elemente der partner-zentrierten Gesprächsführung als für eine Untersuchung sinnvoll und der Gesprächssituation angemessen an.

Auffällig dabei ist, dass sich sämtliche Elemente der partner-zentrierten Gesprächsführung in die Kategorien 5+ und 5E+ einordnen lassen. Gesprächsstörer hingegen lassen sich hier nicht einordnen. Das bedeutet, dass diese Kategorien als Elemente der partnerzentrierten Gesprächsführung angenommen werden können.

2.3 Empirische Untersuchung von Verbatim bezüglich ihrer Aussagen

2.3.1 Die Auswertung

Zuerst werden die Aussagen getrennt analysiert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Verbatim 1:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Verbatim 2:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Verbatim 3:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Verbatim 1-3:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Beim Vergleich zwischen den partner-zentrierten Aussagen und den übrigen Aussagen des Seelsorgers ist folgendes festzustellen:

a) Die Veränderung der Aussagen des Patienten in der 5. Kategorie (Verbatim 1-3): Bei der personen-zentrierten Methode veränderten sich die Aussagen des Patienten von 11 Aussagen der Kategorie 5 und 7 anderen Aussagen zu 13:5. Bei den restlichen Aussagen des Patienten war die Veränderung von 4:5 zu 3:6.

b) Die Veränderung der Aussagen des Patienten in den positiven und negativen Ebenen: Das Verhältnis der positiven zu den negativen Meldungen war bei den partner-zentrierten Aussagen 18:0, das sich zu 15:3 veränderte. Bei den anderen Aussagen war die Veränderung von 5:4 zu 6:3.

c) Auf der emotionalen Ebene war die Veränderung, wie folgt: Das Verhältnis der emotionalen zu den emotionslosen Äußerungen war bei den partner-zentrierten Aussagen 9:9 und veränderte sich zu 7:11. Die anderen Aussagen hatten das Verhältnis von 2:7, das sich auf 3:6 veränderte.

2.3.2 Resümee

1. Die Wirkung des Seelsorgers auf den Patienten beim partner-zentrierten Gesprächsstil im Verhältnis zu anderen Gesprächsformen ist in Bezug auf meine Methode nur geringfügig abweichend. Die schwache Aussagefähigkeit der Verbatims und die Verschiedenheit jeder einzelnen Gesprächssituation lassen keine weitreichenden und detaillierten Schlüsse zu. Dazu ist noch zu bedenken, dass zu einer differenzierteren Untersuchung eine große Anzahl von Verbatims noch zu untersuchen wäre. Fraglich ist aber trotzdem, ob eine solche genauere Auswertung den gewünschten Erfolg bringt. Denn schon bei meiner Analyse sind keine klaren Unterschiede aufgetreten.

2. An vorangegangenes anschließend bedeutet das, dass diese Methode äußerlich und generell keinen wesentlichen Unterschied zu anderen seelsorglichen Methoden aufweist. Es ist aber zu fragen, ob innerhalb des Gesprächverlaufs Unterschiede erkennbar sind.

2.4 Syntaktische Analyse der Verbatims

2.4.1 Emotional-einfühlende Aussagen in den Verbatims

Ein Punkt ist in der partner-zentrierten Gesprächsführung besonders wichtig: die emotional-einfühlsame Ebene. Diese Ebene will ich nun untersuchen:

1. Auswertung der Äußerungen des Seelsorgers in der Kategorie 5+:

a. Verbatim 1: Die Äußerung des Seelsorgers (in S3) lieferte Klärung, brachte aber sonst nichts ins Gespräch ein.

b. Verbatim 2: Während der Seelsorger den Patienten in den Äußerungen S8 und S12 auf eine positiv-sachliche Ebene brachte(5+), wurde zweimal etwas anderes bewirkt(S12, S15: 3-, 2+). Die in S12 und S15 erreichten Wirkungen stellen einen Bezug zum Gesprächspartner her und gehen daher nicht in die Tiefe eines seelsorglichen Gesprächs.

c. Verbatim 3: Ähnlich wie im Verbatim 2 treten auch hier zwei Wirkungen auf(bei S7 ist die Wirkung 3-, auf S11 folgt 5+.

2. Auswertung der Äußerungen des Seelsorgers in der Kategorie 5E+:

a. Verbatim 1: Die einzige Äußerung dieser Kategorie (S2) führte zu einer emotional-positiven Aussage(5E+). Dies war auch die einzige Aussage des Patienten dieser Kategorie (5E+).

b. Verbatim 2: Die seelsorglich-einfühlsamen Äußerungen führten einerseits(S5 und S11) zu Aussagen der Kategorie 5+, andererseits(S7, S9 und S10) zu Aussagen der Kategorie 5E+. Nur auf S14 folgte die Aussage der Kategorie 3E+. In dieser Aussage bringt der Patient sein Verhältnis zum Seelsorger zum Ausdruck. Wie schon in Verbatim 1 sind auch hier diese Aussagen die einzigen emotional gefärbten.

c. Verbatim 3: Ähnliches wie in Verbatim 2 gilt auch hier: Auf S4, S9 folgt die Aussage der Kategorie 5+, auf S5,S6 und S12 die Aussage der Kategorie 5E+. Einzig in der Aussage S8 trifft man noch auf eine Aussage der Kategorie 5E+. In dieser Äußerung trat der Seelsorger aus der Tiefe des Gesprächs heraus und veranlasste die Patientin, einen Neuansatz zur Formulierung ihrer Probleme zu finden. Nicht unproblematisch ist dieser Ansatz, der genau das Gegenteil bewirken hätte können.

2.4.2 Resümee

Bei der Beobachtung der Kategorie 5+ lässt sich keine emotionale Wirkung nachweisen. Dagegen bleibt der Patient auf der sachlich-erklärenden Ebene.

Die Kategorie 5E+ verfügt als einzige generell über die Möglichkeit, eine emotionale Wirkung hervorzurufen.

3 Zusammenfassung der Ergebnisse

1. Die partner-zentrierte Methode kann auf die Krankenhausseelsorge angewandt werden.

2. Die Wirkung der Seelsorger auf die Patienten lässt sich nicht generell feststellen, sondern muss im Einzelfall überprüft werden.

3. Aufgrund der syntaktischen Analyse zeigt sich, dass nur die einfühlsame Aussage in der partner-zentrierten Methode eine emotional tiefe Aussage im Sinne der Seelsorge bewirken kann.

4 Ausblick

„Keine Angst vor der Krankenhausseelsorge!“ könnte die Botschaft lauten. Denn die Patienten laufen nicht davon. Auch wenn das Seelsorgsgespräch nicht so gut ist, gibt es noch viele Möglichkeiten, mit dem Patienten ins Gespräch zu kommen. Auch der Patient selber lässt sich oft selber auch von einer schlechten Äußerung nicht beirren, und es kommt dann öfters wie aus der Pistole geschossen. Patienten sind auch nur Menschen.

Anhang: Verbatims

Verbatim Nr.1

15.1.1997, Krankenhaus in Würzburg

S1: Grüß Gott, mein Name ist N.N., und ich komme vom Besuchsdienst der Klinikseelsorge.

P1: (brummelt) Grüß Gott!

S2: Wie geht es ihnen, Frau...?

P2: Gut geht es mir! (Schweigen) Und außerdem bin ich neu-apostolisch!

S3: Dieser Besuchsdienst ist überkonfessionell und ist ein offenes Gesprächsangebot, das wir ihnen von Seiten der Klinik anbieten.

P3: Ich bekomme viel Besuch und kann mich mit meiner Familie austauschen, das habe ich nicht nötig. (Pause) Danke, daß sie gekommen sind und noch einen schönen Tag!

S4: Ja, Frau..., ich wünsche ihnen noch gute Besserung!

Verbatim Nr.2

17.1.1997, Krankenhaus in Würzburg

S1: Grüß Gott! Darf ich Sie besuchen?

P1: Ja, sicher. (steht im Zimmer vor dem WC)

S2: Ich komme vom Krankenhausseelsorgeteam und bin ein Betreuer. Darf ich sie besuchen?

P2: Ja, kommen Sie. (Er setzt sich auf das Bett, ich bleibe stehen.) Sagen sie, worüber wollen sie reden?

S3: Ich mache gerade einen Krankenhausseelsorgekurs, bin Student und möchte mit ihnen ein seelsorgliches Gespräch führen.

P3: Bei mir brauchen sie keine Angst haben. Ich bin katholisch.

S4: Ich bin auch katholisch. Ich komme aus Österreich, bin Student und mache gerade Praxis in der Krankenhausseelsorge. Ich habe bis halb drei Uhr Zeit, weil da fängt der Kurs wieder an.

P4: Ich komme...

S5: Wie geht es ihnen?

P5: Mir geht es gut. Ich hatte vor 22 Jahren eine Bandscheibenoperation, und jetzt werde ich wieder operiert...

S6: Sie sehen das Leben positiv.

P6: Ja.

S7: Sie haben sicher schon viel durchgemacht.

P7: Ja - Ich habe schon zwei Weltkriege erlebt. Aber ich habe immer am Glauben festgehalten. Mich kann nichts von meinem Glauben abbringen. Es waren schon Zeugen Jehovas da.

S8: Was haben sie getan?

P8: Ich habe ihnen gesagt, ob sie einen Rosenkranz mit mir beten wollen. Dann sind sie verschwunden.

S9: Sie haben Humor.

P9: Ja...Ich stehe am Morgen auf und danke Gott.

S10: Das erleichtert sie.

P10: Ja. Ich bete auch den Rosenkranz. Alles, was man als Kind gelernt hat, verlernt man nicht. Ich kann alle Gesetze des Rosenkranz auswendig. Das dauert immer eine halbe Stunde, aber ich denke immer an die Gesetzchen, z.B. beim „der du Blut geschwitzt hast“ denke ich an Jesus, wie er...

P11: Wollen sie noch etwas sagen? Was wollen sie mir noch sagen?

S11: Es ist nicht so, dass ich sie bekehren wollte. Ich will mit ihnen nur über den Glauben reden. Wir können beide voneinander lernen. Sie haben sicher eine große Glaubenserfahrung. (nach einigem Wortwechsel)

S12: Ist die Mittagszeit für sie eine gute Zeit für einen Besuch?

P12: Ich weiß nicht, ich bin eben erst angekommen.

S13: Wollen sie sich ausruhen? Ist es Recht, wenn ich jetzt gehe?

P13: Wenn sie wollen, können sie gehen. Ich will sie nicht daran hindern.

S14: Nein, mir wäre es wichtig zu wissen, ob sie Ruhe brauchen.

P14: Ja, mir wäre es ganz Recht. Ich habe um halb zwei einen Arztbesuch. Jetzt ist eine gute Zeit zum Schlafen.

S15: Darf ich sie nächste Woche noch einmal besuchen? Ich bin nämlich Student, studiere Theologie und betreue die Patienten im Krankenhaus.

P15: Ja, sicher... (nach einigen Wortwechsel)

S16: Also, ich danke ihnen. Ich werde nächste Woche wiederkommen. Auf Wiedersehen!

Verbatim Nr. 3

21.1.1997, Krankenhaus in Würzburg

S1: Grüß Gott! Darf ich sie besuchen?

P1: Ja, Grüß Gott.

S2: Ich heiße N. N.

P2: Sie sind auch ein Betreuer? Es gibt ja schon einen Betreuer im N. Krankenhaus.

S3: Ich bin nicht hauptberuflich angestellt. Ich mache gerade Krankenhauspraxis.

P3: Ich bin nämlich evangelisch.

S4: Ah, interessant. Ich bin katholisch. Und wie geht es ihnen?

P4: Ich warte auf die Operation, aber die nehmen mich nicht dran.

S5: Sie sind verärgert.

P5: Ja, die anderen haben sie vorgezogen. Nicht dass die Stationsärzte Schuld hätten. Es hat da einige Fälle am Wochenende gegeben. Deswegen muss ich noch warten.

S6: Sie nehmen das aber gelassen.

P6: Ja. Die Stationsärzte können nichts dafür. Die da unten in der Zentrale sind dafür verantwortlich.

S7: Sie meinen, sie werden benachteiligt.

P7: Nein.

(Pause)

S8: Da machen sie also Ferien im Krankenhaus.

P8: Ja. Ich habe da viel Zeit. Dort oben ist der Fernseher...Und ich bekomme einen Anruf von meiner Schwester.

S9: Es ist gut, wenn man Leute hat, die sich um einen kümmern.

P9: Ja. ...Wir haben schon letztes Jahr unsere Landwirtschaft übergeben.

S10: Also, wir haben auch zuhause eine Landwirtschaft...

P10: Ich hoffe, dass ich jetzt schlafen kann. Das Warten nervt mich...

S11: Sie haben sich also lange darauf eingestellt. Und jetzt kommen sie ins Krankenhaus und sie werden nicht operiert.

P11: Am 17. Jänner hätte ich drankommen sollen.

(nach einigem Wortwechsel)

S12: Es ist gut, wenn man eine Familie hat, die einem besucht.

P12: Ja. Morgen kommt

(es läutet)

S13: Soll ich draußen warten?

P13: Ja, bitte.

S14: Darf ich dann wieder hereinkommen oder ist es ihnen lieber, wenn ich gehe?

P14: Ja, mir wäre es lieber, wenn sie dann gehen würden.

S15: Dann wünsche ich ihnen alles Gute! Auf Wiedersehen!

Verbatim Nr. 4

Strahlenklinik

S1 Ich habe Sie gestern doch schon gesehen. Sind Sie nicht im Dreibettzimmer, wie ich vermutete, sondern im Saal? (Pat. war aus dem Saal III gekommen.)

P1 Nein, ich bin im Dreibettzimmer.

S2 Das war doch sicher gestern Ihr Mann, der bei Ihnen war?

P2 Ja, mein Mann war gekommen.

S3 Ich möchte mich vorstellen...

P3 Ich bin Frau B.

S4 Seit wann sind Sie hier?

P4 Seit Mitte letzter Woche.

S5 Und wie fühlen Sie sich?

P5 (Die Tränen kommen) ...Ich mache mir Sorgen um die Kinder!

S5[eigentlich S6] Wie sieht es denn da aus?

P6 Mein Jüngster geht in die Spielschule. Mein Mann richtet alles, Wäsche und Kleider zum Anziehen und das Essen. Und die Mutter kocht. Aber sie ist selbst gehbehindert. Wissen Sie, sie hat so schlechte Beine.

S7 Wohnt die Mutter bei Ihnen?

P7 Ja, im selben Haus, sie unten und wir oben.

S8 Kann sie denn selbständig die Treppe steigen?

P8 Ja, mit Krücken geht sie und mit dem Stock.

S9 Wie alt sind die Kinder?

P9 Zehn der Älteste und vier der Jüngste.

S10 Dann sind die Kinder doch eigentlich noch gut versorgt.

P10 (Sie weint...) Das stimmt. Mein Mann [...] Er ist auch schon schlecht dran mit den Nerven. Das strengt doch alles sehr an.

S11 Ja, da haben Sie recht. Das kann ich gut verstehen.

P11 Aber wissen Sie, mein Mann will die Kinder nicht weggeben. [...]

P12 (Sie trocknet immer wieder die Tränen ab) ...Ja, wir sind neun Jahre verheiratet, ich bin jetzt 32 Jahre und so gestraft mit der Krankheit. Ich habe so viel gebetet, aber es hat nichts geholfen.

S13 Frau B., ich tue mich immer so schwer mit der Aussage: gestraft mit der Krankheit. Wir können doch wohl Krankheit nicht als Strafe bezeichnen - bis auf wenige selbstverursachte, z.B. das Leberleiden eines Trinkers. Gehören nicht Krankheit wie auch der Tod zum menschlichen Dasein? Haben Sie denn nicht auch gute Ehejahre hinter sich?

P13 (ziemlich heftig) Doch, ich fühle mich schon gestraft: ich verstehe zwar nicht warum. Ich habe ein ordentliches Leben geführt, [...] Der Knoten war nicht gutartig. Darunter habe ich furchtbar gelitten. Aber mein Mann war so gut zu mir. [...] (Pause) Verstehen Sie? Das ist alles so schwer. Es ist mir schon besser, wenn ich das alles einmal aussprechen kann.

S14 Ja, ich verstehe, wie schwer das Ihnen sein muss. Wenn aber zwei wie Sie und Ihr Mann das alles gemeinsam tragen? Hilft das nicht ganz viel?

P14 Sicher, ich habe einen guten Mann. Und wir sprechen zusammen immer über alles. Ich darf ihm gar nichts sagen, dass ich solche Angst habe Mein Mann tröstet mich auch und sagt: Ich helfe dir doch! Wenn wir nur zusammenstehen, wird es wieder werden.

S15 Teilen Sie ihm doch ruhig auch Ihre Ängste mit und machen sich dann gegenseitig Mut. wenn Sie sich doch in allem verstehen, dann öffnen Sie dochihm gegenüber Ihr Herz und sagen, wie es um Sie steht.

P15 Ja, wir besprechen schon alles miteinander.

S16 Wenn Sie alles zusammentragen, sehe ich darin den besten Weg für Sie beide.“[11]

Literaturnachweis

Ludwig, Karl Josef, Kraft und Ohnmacht des Glaubens: seelsorgliche Begleitung in der Krise der Krankheit (Mainz: Mathias-Grünewald-Verlag, 1988).

Pompey, Heinrich, Das Seelsorgegespräch nach der Methode der Gesprächstherapie (Lebendige Seelsorge 26; 1975) 201-211.

Schermann, Josef, Die Sprache im Gottesdienst (ITS 18; Innsbruck: Tyrolia-Verlag, 1987).

Weisbach, Ch. u.a., Zuhören und Verstehen. Eine praktische Anleitung mit Übungen (Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt-Verlag, 19822) 36-63.

[1] Pompey, Das Seelsorgegespräch nach der Methode der Gesprächstherapie 201-210.

[2] ebda. 201f.

[3] Pompey 204.

[4] Weisbach, Zuhören und Verstehen. Eine praktische Anleitung mit Übungen.

[5] Pompey, Das Seelsorgegespräch nach der Methode der Gesprächstherapie 203.

[6] ebda. 203.

[7] Schermann, Die Sprache im Gottesdienst 28-32.

[8] Schermann 30f.

[9] ebda. 31.

[10] Ludwig, Kraft und Ohnmacht des Glaubens.

[11] Ludwig, Kraft und Ohnmacht des Glaubens 185 -187.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Patienengespräch in der Krankenhausseelsorge. Die gelungene Aussage nach der Methode des Partner-zentrierten Seelsorggesprächs
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg  (Praktische Theologie)
Veranstaltung
Ein Gespräch kann helfen - Pastoralpsychologische Übungen zur seelsorglichen Gesprächsführung. Aufbaukurs
Note
Sehr gut
Autor
Jahr
1997
Seiten
32
Katalognummer
V425408
ISBN (eBook)
9783668702516
ISBN (Buch)
9783668702523
Dateigröße
528 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Pastoralpsychologie Psychologie Krankenhausseelsorge Patientengespräch
Arbeit zitieren
Mag.Mag. Theol. Paul Haselberger (Autor:in), 1997, Patienengespräch in der Krankenhausseelsorge. Die gelungene Aussage nach der Methode des Partner-zentrierten Seelsorggesprächs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/425408

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Titel: Patienengespräch in der Krankenhausseelsorge. Die gelungene Aussage nach der Methode des Partner-zentrierten Seelsorggesprächs



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