Zu Bölls "Frauen vor Flusslandschaft" - Die Darstellung der Machteliten


Seminararbeit, 2004

14 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Das politische Deutschland zur Zeit von „Frauen vor Flusslandschaft“

2. Die Politiker
2.1 Chundt, der Kopf der Guppe
2.2 Blaukrämer, skrupellos und ehrgeizig
2.3 Plukanski, der Vorzeigepolitiker

3. Die politischen Alternativen?
3.1 Wubler, der Schreitischtäter
3.2 Grobsch, der Linke

4. Weitere mögliche Einflussfaktoren auf die politische Machtelite
4.1 Die Politikerfrauen
4.2 Die Bankiers, die wahren Herrscher?

5.Fazit
5.1 Bölls Darstellung der bürgerlichen Demokratie
5.2 Sozialismus als Ausweg?

1. Das politische Deutschland in von „Frauen vor Flusslandschaft“

„Frauen vor Flusslandschaft“ spielt in der Bundesrepublik der Achtziger Jahre. Dargestellt wird eine fiktive Machtelite bei der Parallelen zur wirklichen Lage in Deutschland vom als politisch bekannten Autor Böll vermutlich gewollt sind. Die Hauptcharaktere sind Politiker einer christlichen Partei, wahrscheinlich der CDU, deren Frauen und einige Bankiers, die offenbar großen Einfluss auf die Politik haben.

Das Buch gibt einen Einblick in die Führungsriege ,ihre Arbeitsweisen und das Geschehen hinter den Politikkulissen, die einem Normalbürger normalerweise verschlossen bleiben.

Wie diese Eliten in Frauen vor Flußlandschaft dargestellt werden, werde ich in dieser Arbeit erörtern. Weiterhin stellen sich die Fragen, was Böll mit dieser Darstellung bewirken wollte, was er an der bürgerlichen Demokratie zu kritisieren hat und ob seine Darstellung realistisch ist oder nur eine düstere Darstellung der Bundesrepublik Deutschland aus der Sicht eines bekennenden Gesellschaftskritikers und Sozialisten?

2. Die Politiker

2.1 Chundt, der Kopf der Gruppe

Die Politiker auf die im Roman näher eingegangen wird sind Chundt, Plukanski, Blaukrämer, Bingerle, Wubler und Grobsch, wobei die beiden letzten gesondert betrachtet werden müssen.

Chundt ist sozusagen der Kopf, derjenige der die wichtigen Entscheidungen trifft und über die anderen mehr oder weniger verfügen kann. Er war auch die Person, die Blaukrämer, Halberkamm, Bingerle und Wubler überhaupt zur Politik geführt hat. Wubler, der nach dem Zweiten Weltkrieg Jura studierte um Anwalt zu werden, sagte er damals: „das einzig wahre sei jetzt die Politik, besser als die Juristerei und besser als jede Art von Geschäft. (...) Die Macht liege auf der Straße, die Politik wäre wie eine verlassene, aber völlig intakte Fabrik, der die Chefs davongelaufen seien.

Kapazitäten um Wubler und seine Frau Erika finanziell zu unterstützen, wodurch sie in gewisser Weise in seiner Schuld stehen.

Dies soll allerdings nicht heißen, dass Chundt aus Nächstenliebe handelt, im Gegenteil er ist ein skrupelloser Politiker, der buchstäblich über Leichen geht um seine Machtposition zu erhalten und seine finanziellen Interessen durchzusetzen. Seine geradezu sadistische Ader lebt er nicht nur im beruflichen, sondern auch im privaten Leben aus, vor allem gegenüber Frauen. So hat er zum Beispiel Blaukrämers erste Frau Elisabeth vergewaltigt. Er nähert sich allen Frauen an denen er Interesse hat, egal ob sie Ehefrauen von Kollegen oder Freunden sind und erhebt regelrecht Anspruch auf sie, in Elisabeth Blaukrämers Fall sogar mit Genehmigung ihres Ehemanns. Sie erzählt später ihrer Therapeutin: „ Ich hätte darüber schweigen sollen, auch über Chundt, der grinsend in mein Zimmer kam, und ich hörte Blaukrämer draußen lachen“(LV 1, S.120). Ebenso versucht er stets die Leute, die seine Position gefährden könnten, wie zum Beispiel das Bingerle, der anscheinend Akten gesammelt hatte um sie zu einem späteren Zeitpunkt gegen Chundt zu verwenden, aus dem Weg zu räumen (vgl. LV 1, S.135). Heuchlerisch entgegnet er dann Wublers Vorwürfen diesbezüglich mit den Worten: „Ja, ich wollte beides Geld und Macht, wollte nie Blut“(LV 1, S.164). Dennoch schiebt er nacheinander alle Personen, die ihm oder seinen politischen Zöglingen irgendwie im Weg stehen ab. So werden die Frauen die Probleme machen, das heißt meist zu viel reden wie Elizabeth Blaukrämer zunächst in ein Sanatorium verlegt und wenn das nicht reicht kommen manche von ihnen unter mysteriösen Umständen zu Tode. Sein Kommentar dazu ist schlicht „Die hätten alle leben können: Angelika Plottger, Elisabeth – wir waren zu plump, uns sie waren im Wege.“(LV 1, S.167).

Chundt ist auch derjenige, der die Stellen unter den Politikern vergibt. Er bestimmt wie lange wer Minister ist und falls er jemanden nicht länger für tragbar hält, oft aufgrund seiner ans Tageslicht geratener Nazivergangenheit, entlässt er ihn und bestimmt seinen Nachfolger. Die Reputation seiner Politiker steuert er unter anderem durch seinen großen Einfluss auf einen Teil der Deutschen Presse ganz gezielt, entweder in eine negative oder in eine positive Richtung (vgl. LV 1, S.131). Dabei ist es sein Ziel „die Grenzen der Zumutbarkeit (zu) erweitern – immer weiter ausdehnen“(LV 1, S.23). Wubler meint, solange bis „man der Öffentlichkeit eines Tages auch Chundt zumuten“ (LV 1, S.23) kann.

Sein Ziel scheint es also zu sein eines Tages auch selbst ein offizielles politisches Amt zu bekleiden, statt immer nur im Hintergrund zu agieren.

Ein weiteres großes Interesse liegt für ihn in seiner finanziellen Bereicherung. Er unterhält sehr gute Kontakte zu wohlhabenden Bankiers, die offenbar großen Einfluss auf das politische Geschehen dieser Partei ausüben.

Dadurch hat Chundt wiederum Vorteile. So erhält er 10000 der begehrten Heaven Hint Aktien des Schwamms, die auch prompt Gewinn abwerfen (vgl. LV 1, S.165). Er benutzt die Menschen um sich herum grundsätzlich um sich selbst zu bereichern und geht so auch Bündnisse mit nicht sehr vertrauensvollen, unberechenbaren Personen wie dem Schwamm ein. Ebenso benutzte er die Kirche für seine politischen Zwecke „natürlich brauchten wir die Pfaffen, als Dekoration (...) aber wir haben sie auch derart abgenutzt, aufgebraucht, daß wir sie nicht mehr nötig haben. (...) Stimmen bringen sie jedenfalls keine mehr.“(LV 1, S. 133). Trotz seines umstrittenen Charakters, scheint er immer wieder imstande zu sein die Menschen um ihn herum von sich zu überzeugen und auf seine Seite zu ziehen. Daher meint Erika Wubler „ Immer wieder lullt er mich ein, wenn er da steht oder sitzt und redet, es klingt alles so natürlich und überzeugend. Immer wieder.“(LV 1, S.171).

2.2 Blaukrämer, skrupellos und ehrgeizig

Einer von Chundts Zöglingen, dem er auch den Weg in eine politische Karriere ebnete, ist Blaukrämer. Chundt bezeichnet ihn als „der alte Nazi, den ich brauchte, weil er möglicherweise erpreßbar war“ (LV 1, S.165). Tatsächlich findet der Leser im Laufe des Romans heraus, dass Blaukrämer während des Zweiten Weltkrieges „Führer einer Maschinengewehreinheit und schlimmer als mancher SS-Typ“(LV 1, S.134) war. Chundt versucht ihn mit Fotos unter Druck zu setzen auf denen zu sehen ist wie er „auf die armen Schweine schießen lässt, die aus einem KZ ausbrechen, zerlumpte elende Menschenwracks, die den Amis entgegenlaufen wollten“(LV 1, S.134). Weiterhin erfährt man in einem Gespräch zwischen Herrmann Wubler und Eva Plint, dass auch von „Öl, Waffen, Teppiche – Bauchtänzerinnen“ (LV 1, S.76), die Rede ist. Für Blaukrämer steht ebenso wie für Chundt sein persönlicher Vorteil, was für ihn vermutlich Macht und Geld bedeutet, im Vordergrund.

So heiratet er seine erste Frau Elisabeth nicht aus Liebe, sondern weil er dachte: „Ein

hübsches, adliges, preußisches Protestantenkind – das macht sich gut, es war sie exotisch da“ (LV 1, S.121). Anfangs amüsierte sich seine Frau auch noch auf den Partys und Festen, die sie gemeinsam besuchten, doch seiner Meinung war etwas anderes wesentlicherer „Stimmung br(a)chte Stimmen, und Stimmen könnte man gar nicht genug haben“(LV 1,S.121).

Um Chundt gefällig zu sein, oder vielleicht auch weil sie ihm egal war, gab Blaukrämer Chundt quasi die Erlaubnis seine Ehefrau zu vergewaltigen. Elisabeth Blaukrämer schildert diese Nacht später ihrer Therapeutin: „Ich hätte darüber schweigen sollen, auch über Chundt, der grinsend auf mein Zimmer kam, und ich hörte Blaukrämer draußen lachen“(LV 1, S.120). Er macht sich auch einen Spaß daraus ihr betrunkene Geistliche zum Sex aufs Zimmer zu schicken (LV 1,S.120). Aufgrund dieser und anderer traumatischer Erlebnisse in ihrer Kindheit wurde sie Blaukrämer zu anstrengend. Er ließ sie in ein Nobelsanatorium einweisen und annullierte ihre Ehe: „Sie war nicht zu retten, ging von Haus zu Haus (...) und erzählte ihre Schauergeschichten über (Chundt) und mich. Wo sie auftauchte Skandale – sie musste weg.“(LV 1, S.135). Elisabeth begeht aufgrund ihrer schlechten psychischen Verfassung schließlich Selbstmord. Ähnlich rücksichtslos geht er mit seiner zweiten Frau Trude um, so bietet er sie dem Schwamm, einen Bankier, auf einem Empfang regelrecht an, als dieser von den anderen Frauen abgelenkt werden soll, vermutlich auch um and die begehrten Heaven Hint Aktien zu gelangen, die nur durch ihn zu ergattern sind.

Er scheint auch sehr ehrgeizig zu sein. Daher weiß Chundt schon im Voraus: „Er wird an seinem Amt ersticken, weil er keins seiner übrigen Ämter aufgeben will: Landtagsabgeordneter, Kreistagsabgeordneter, Landrat, Präsidiumsmitglied des Planungsrates (...) – und dann noch die Partei. Er wird daran ersticken, weil er nicht genug kriegen kann.“ (LV 1, S.168). Blaukrämer und Chundt decken offenbar auch einen totgesagten Kameraden, den als der Bluthund bekannte Plietsch oder Plonius wie er jetzt genannt wird. Ihn wollen sie anscheinend in die Politik zurückführen, nachdem ihm ein alter Ego verschafft wurde, weil er vorher einen zu üblen Ruf genoss. Sobald sein Name fällt, befällt die Protagonisten Angst und Schrecken.

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Zu Bölls "Frauen vor Flusslandschaft" - Die Darstellung der Machteliten
Hochschule
Freie Universität Berlin
Veranstaltung
GK C
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
14
Katalognummer
V42529
ISBN (eBook)
9783638405409
ISBN (Buch)
9783638763158
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bölls, Frauen, Flusslandschaft, Darstellung, Machteliten
Arbeit zitieren
Daniela Krämer (Autor:in), 2004, Zu Bölls "Frauen vor Flusslandschaft" - Die Darstellung der Machteliten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42529

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