Die pressespezifischen Regelungen der siebten GWB-Novelle. Auswirkungen auf die Konzentration des Zeitungsmarktes

Ein Geschenk an die Großen


Seminararbeit, 2005

31 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zeitungsmarkt in der Krise

3. Konzentration auf dem Zeitungssektor in Deutschland
3.1. Messen von Konzentration
3.2. Analyse der Konzentration
3.2.1. Entwicklung der Konzentration bis
3.2.2. Der Zeitungsmarkt in der BRD (Entwicklungen nach 1976)
3.2.3. Der Zeitungsmarkt in den neuen Bundesländern (Exkurs)
3.2.4. Bestandsaufnahem der Konzentration heute

4. Beurteilung von Konzentration
4.1. Konzentration auf dem Zeitungsmarkt aus ökonomischer Sicht
4.2. Konzentration auf dem Zeitungsmarkt aus publizistischer Sicht

5. Zeitungsspezifische Wettbewerbspolitik in Deutschland
5.1. Grundsätze der Wettbewerbspolitik
5.2. Pressefusionskontrolle im GWB
5.2.1. Die Regelungen
5.2.2. Die Auswirkungen auf die Konzentration

6. Novellierung des GWB
6.1. Hintergründe zur Novellierung (europäische Ebenen)
6.2. Änderungen für die Zeitungen und mögliche Folgen
6.2.1. Anhebung der Aufgreifschwelle
6.2.2. Bagatellklausel
6.2.3. Zusammenarbeit auf dem Anzeigenmarkt
6.2.4. Zusammenschlusskontrolle
6.3. Meinungen zur Novellierung

7. Fazit / Schluss

1. Einleitung

„Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2005 in Kraft.“ So steht es im Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. (Gesetzentwurf 2004, 20) Das Datum ist bereits überschritten, doch auf der Homepage des Bundeswirtschaftsministeriums wird der Status der Novellierung des GWB noch immer mit „Gesetzentwurf der Bundesregierung“ beschrieben.

Im Dezember 2003 wurde die erste Fassung des Referentenentwurfs in der Öffentlichkeit diskutiert. Die Zeitungsverleger freuten sich über eine baldige Lockerung der Pressefusionskontrolle, Journalistenverbände schrieen auf, und die Konzentrationsforscher waren sich nicht ganz einig, welche Teile der Novellierung sie gut heißen konnten und welche nicht. Nach der Veröffentlichung der zweiten, überarbeiteten Fassung des Referentenentwurfs bekräftigten alle Seiten erneut ihre Position. Das war im April 2004. Seit dem ist es still geworden. Weder Verbände noch Medienwissenschaftler äußern sich. Es schein wie die Ruhe vor dem Sturm, denn der Gesetzentwurf ist inzwischen beim Bundestag angekommen und wartet nur auf einen Tagesordnungspunkt.[1] Sobald der Entwurf zu Abstimmung in das Parlament (Plenum) eingebracht wird, kann mit einer neuen Welle der Empörung gerechnet werden.

In dieser Arbeit sollen die pressespezifischen Regelungen der siebte Novellierung des GWB genauer betrachtet werden. Dazu werden die geänderten Paragrafen mit gültigem Recht verglichen, sowie deren Auswirkungen auf die Konzentration des deutschen Pressemarktes. Um die möglichen Konzentrationsfolgen einzustufen, soll vorab ein Überblick über die Entwicklung der Konzentration seit 1954 gegeben werden. Dazu gehört ein Exkurs über die Pressekonzentration in den neuen Bundesländern. Außerdem soll dargestellt werden, wie Konzentration gemessen werden kann und wie sie aus ökonomischer und publizistischer Sicht zu bewerten ist. Beginnend wird die aktuelle Krise auf dem deutschen Zeitungsmarkt kurz geschildert.

2. Zeitungsmarkt in der Krise

Das die Zeitungsbranche in einer Krise steckt, wird inzwischen nicht mehr bestritten. Die Werbeeinnahmen der Verlage im Tagespressegeschäft gehen seit Anfang des neuen Jahrtausends kontinuierlich zurück. Im Rekordjahr 2000 nahmen die Verlage allein durch Anzeigen über 6,5 Milliarden Euro ein.[2] Drei Jahre später waren es zwei Milliarden Euro weniger. Neben dem Anzeigenmarkt haben die Tageszeitungen auch auf dem Lesermarkt Probleme. Die Auflage der Tagszeitungen sink, wenngleich auch nur langsam, oder stagniert. (Monopolkommission 2004, 76)

Tagespresse: Netto-Umsätze und Auflage

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Media Perspektiven Basisdaten nach BDZV-Jahrbücher

Deutlicher als die Bilanzen spiegeln die Einstellung von Themenseiten, Beilagen oder ganzen Lokalausgaben, sowie wiederkehrende Entlassungswellen die finanziellen Probleme der Verlage wieder. Selbst renommierte Titel mussten erhebliche Einsparungen vornehmen. (Röper 2004 b, 7) Es ist jedoch nicht vollständig ersichtlich, ob es sich bei den Verlusten um ein vorrübergehendes, konjunkturelles Problem oder eine strukturelle Krise handelt. Einerseits reagiert der Anzeigenmarkt überproportional stark auf Konjunkturschwankungen, andererseits kann ein verändertes Mediennutzungsverhalten, vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, beobachtet werden. (Monopolkommission 2004, 76)

Gravierende Veränderungen auf dem Zeitungsmarkt waren die Verlage hierzulande nicht gewöhnt. Seit der dritten Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) im Jahr 1976 und der damit verbundenen Einführung der Pressefusionskontrolle war der Zeitungsmarkt, anders als andere Medien, von Konstanz und nicht von Veränderungen geprägt. Die andauernde Krise lässt Medienunternehmen nervös werden. Um die restliche publizistische Vielfalt auf dem Zeitungsmarkt zu sichern, müssen nach Ansicht der Großverlage wirtschaftlich starke Unternehmen gebildet werden. Sie fordern mehr Freiraum für Fusionen durch eine Novellierung des Kartellrechtes. (Röper 2004 b, 7) Kritiker befürchten dagegen, dass mit der Novellierung des GWB ein Anstieg der Konzentration auf dem deutschen Zeitungsmarkt einhergeht.

3. Konzentration auf dem Zeitungsmarkt in Deutschland

3.1. Messen von Konzentration

Um Aussagen über die Konzentration im Tageszeitungsbereich treffen zu können, bedarf es einer Definition des Marktes. Dazu muss geprüft werden ob und welche Güter auf diesem Markt miteinander im Wettbewerb stehen. Besteht zwischen Gütern oder Dienstleistungen ein Wettbewerbsverhältnis, so bilden sie einen relevanten Markt. (Spieler 1988, 44) Diesen zu erfassen, stellt ein schwieriges theoretisches und empirisches Problem in den Wissenschaften aber auch im Wettbewerbsrecht dar. Nicht alle Güter stehen miteinander im Wettbewerb. Durch die Rechtssprechung hat sich inzwischen eine Grundsatzmethode zur Bestimmung relevanter Märkte herausgebildet, die eine funktionelle Austauschbarkeit aus Sicht des Abnehmers voraussetzt. Diese ist dann anzunehmen, „wenn Waren oder Dienstleistungen im wesentlichen in gleicher Weise geeignet sind, einem bestimmten Verwendungszweck oder Bedürfnis zu dienen.“ (Klaue 1980, 100) So bilden beispielsweise die Ruhr Nachrichten, eine Dortmunder Regionalzeitung und die Ostseezeitung in Rostock keinen relevanten Markt, da die Bedürfnisse eines Ostseezeitungsabonnenten nicht mit den Ruhr Nachrichten befriedigt werden könnten. Dagegen stehen die Dortmunder Ausgaben der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), der Westfälischen Rundschau (WR) und der Ruhr Nachrichten miteinander im Wettbewerb und bilden einen relevanten Markt, auch wenn sie inhaltlich nicht vollständig identisch sind. Zu beachten ist, dass es sich bei der funktionellen Austauschbarkeit nicht um eine 100%ige Bedürfnisbefriedung handeln muss.

Nach Ansicht der Publizistik ist der Lokalteil einer Zeitung für den Leser am wichtigsten. Nimmt man diese These als richtig an, so grenzen sich die Tageszeitungen in lokale, regionale und überregionale Märkte ab. Dabei kann es zu Überschneidungen zwischen den relevanten Märkten kommen. Neben dem Lesermarkt kann ebendiese Abgrenzung relevanter Märkte auch für den Anzeigenmarkt gelten. (Klaue 1980, 102 f.)

Je nach Ziel der Untersuchung müssen die relevanten Märkte genauer definiert werden. So ist zur Beurteilung eines Verlages unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten die Einzelfallanalyse unumgängliche. Für die Konzentrationsforschung genügt dagegen eine holzschnittartige Abgrenzung der relevanten Märkte, um die Ergebnisse vergleichen zu können. (Klaue 1980, 103)

Sind die Märkte abgegrenzt, muss die Beziehung der beteiligten Unternehmen und Verlage untereinander untersucht werden. Denn die Konzentration in der bundesdeutschen Tagespresse erflogt nur selten durch direkte Zusammenschlüsse. Vielmehr werden die Beteiligungsverhältnisse der Verlagshäuser immer komplizierter. Eine Analyse welcher Verlag hinter welcher Zeitung steht, ist daher unumgänglich. Horst Röper, unabhängiger Medienwissenschaftler von Formatt in Dortmund ermittelt regelmäßig die Marktanteile der Zeitungsunternehmen. Grundlage bilden die Besitz- und Beteiligungsverhältnisse, die von Röper analog zum Kartellrecht erfasst werden. Verlage, die an andern Verlagen mit mindestens 25 Prozent beteiligt sind, bilden eine Verlagsgruppe. (Heinrich 2001, 273) Bei einer Beteiligung in dieser Höhe spricht man auch von der Sperrminorität. Damit lassen sich Gesellschafterbeschlüsse, die eine Satzungsänderung bedeuten würden, verhindern. Darunter fallen sowohl Veränderungen des Grundkapitals als auch Fusionierungen. (Diederichs 1980, 42) Einer Verlagsgruppe werden auch Beteiligungen unter 25 Prozent zugerechnet, sobald eine Sperrminorität vertraglich festgehalten wurde. Hinsichtlich der Verflechtungen von Presseunternehmen unterscheidet man in drei mögliche Konzentrationsrichtungen. Horizontal beschreibt die Zusammenfassung von Unternehmen gleicher Produktionsstufen, vertikal die Ballung mehrerer Produktionsstufen und diagonal die branchenübergreifende Unternehmensbeteiligung. (Pürer 1994, 116)

Diese Methoden dienen zur Messung der ökonomischen Konzentration. Es gilt jedoch ebenso die publizistische Konzentration zu messen, die für die Meinungsvielfalt in der Bundesrepublik von größerer Bedeutung ist. In dem expliziten Schutz der Presse durch Artikel 5 des Grundgesetzes, sieht das Bundesverfassungsgericht die öffentliche Aufgabe der Presse in Staat und Gesellschaft. Sie soll die freie Meinungsbildung der Bürger sichern. (Diekel 1999, 19) Doch obwohl der publizistischen Vielfalt eine große Bedeutung zugemessen wird, begnügen sich Wissenschaftler sowie Politiker damit, die publizistische Vielfalt mit der ökonomischen Vielfalt gleichzusetzen. Der Grundsatz: „Vielfalt ist Garant für Vielfalt.“ (Knoche 1980, 127) Die publizistische Konzentration wird damit an zwei Zahlen festgemacht. Zum einen die Zahl der publizistischen Einheiten, zum anderen die Zahl der redaktionellen Ausgaben. Dabei wird vorausgesetzt, dass eine publizistische Einheit auch inhaltlich gleich publiziert. Um diese Aussage zu überprüfen sind jedoch aufwendige Inhaltsanalysen nötig[3]. Neben der Arbeitsintensität von Inhaltsanalysen birgt die Messung publizistische Konzentration eine weiteres Problem. Inhaltsanalysen würden die Zeitungen automatisch einer inhaltlichen Qualitätskontrolle unterziehen, was mitunter Auswirkungen auf die freie Presse haben könnte. (Knoche 1980, 133) Hierin liegt ein wesentlicher Grund, warum die publizistische Konzentration anhand ökonomischer Einheiten analysiert wird.

3.2. Analyse der Konzentration

Mit der Auswertung der soeben genannten ökonomischen Kenngrößen lassen sich allgemeine Aussagen über die ökonomische Konzentration machen. So ist die Konzentration auf einem relevanten Markt mit mehreren, im gegenseitigen Wettbewerb stehenden Anbietern, gering. Ist jedoch kaum Wettbewerb zu verzeichnen, oder besteht sogar ein Monopol, kann von einer hohen Konzentration gesprochen werden. Ebenso steigt die Konzentration, wenn große Unternehmen ihren Marktanteil auf Kosten der kleineren Verlage erhöhen. Unstreitig ist auch, dass Marktzugang die Pressekonzentration vermindert, während Marktaustritt sie erhöht. Letztlich ist die Konzentration umso größer, desto mehr Verlage fusionieren. Kommt es dagegen zur Entflechtung und Abspaltung, verringert sich der Konzentrationsgrad. (Müller 1980, 49)

Gesetzliche Regelungen sollen die Meinungsvielfalt in der privatwirtschaftlich strukturierten Presse sichern. Dabei können Gesetze nur ökonomische Konzentration kontrollieren. (Forsthoff 1974, 9) 1976 wird mit der dritten Novellierung des GWB die Pressefusionskontrolle erstmals gesetzlich geregelt. Im folgenden soll die Situation der Presse vor und nach der Änderung des GWB dargestellt werden. Es folgt ein Exkurs zur Konzentrationsentwicklung der ostdeutschen Presse nach der Wende. Der aktuelle Konzentrationsgrad auf dem Zeitungsmarkt wird abschließend beschrieben.

[...]


[1] Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf am 12. August 2004 dem Bundestag überstellt. Zuvor hatte der Bundesrat am 9. Juli 2004 darüber beraten und eine Stellungnahme abgegeben. Der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit des deutschen Bundestages lud am 20. September 2004 Sachverständige zu einer öffentlichen Anhörung zum Thema Novellierung des GWB und Pressefusionskontrolle ein.

[2] Tagespresse: Netto-Umsatz inklusive Kaufzeitungen

[3] So zeigte eine Untersuchung aus den 70er Jahren, dass auch da wo Wettbewerb ist, nicht zwangsläufig Vielfalt herrscht. Eine weiter Analyse ergab, dass die Monopolsituation eines Verlage ebenso wenig die publizistische Vielfalt fördert. (Knoche 1980, 129 f.)

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Details

Titel
Die pressespezifischen Regelungen der siebten GWB-Novelle. Auswirkungen auf die Konzentration des Zeitungsmarktes
Untertitel
Ein Geschenk an die Großen
Hochschule
Technische Universität Dortmund  (Institut für Journalistik)
Veranstaltung
Medienökonomie
Note
2,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
31
Katalognummer
V42525
ISBN (eBook)
9783638405362
ISBN (Buch)
9783656455561
Dateigröße
528 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geschenk, Großen, Regelungen, GWB-Novelle, Auswirkungen, Konzentration, Zeitungsmarktes, Medienökonomie
Arbeit zitieren
Benedikt Reichel (Autor:in), 2005, Die pressespezifischen Regelungen der siebten GWB-Novelle. Auswirkungen auf die Konzentration des Zeitungsmarktes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42525

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