Einsatz von Finanzderivaten zur Absicherung von Risiken. Eine kritische Analyse


Projektarbeit, 2017

29 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Einfluss von Risiken in internationalen Unternehmen
2.1 Risiko und die Auswirkung auf finanzwirtschaftliche Ziele
2.2 Risikofelder und Risikofaktoren in Industrie- und Handelsunternehmen

3 Erläuterung und Systematisierung finanzwirtschaftlicher Risiken
3.1 Marktpreisrisiken
3.2 Gegenparteirisiken
3.3 Liquiditätsrisiken und operationelle Risiken

4 Einsatz von Finanzderivaten zur Absicherung von Marktpreisrisiken
4.1 Begriffsklärung und Möglichkeiten des Handels
4.2 Funktionsweise ausgewählter Finanzderivate
4.3 Chancen und Risiken beim Einsatz ausgewählter Finanzderivate

5 Einsatz von Kreditderivaten bei der Absicherung von Gegenparteirisiken
5.1 Differenzierung von Kreditderivaten und Funktion des Credit Default Swap
5.2 Kritische Betrachtung von Kreditderivaten zur Absicherung des Ausfallrisikos
5.3 Einsatz der CDS-Prämie bei der Bewertung von Gegenparteirisiken und kritische Betrachtung des Aussagegehaltes der CDS-Prämie

6 Ergebnisse

Quellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Dichotome Begriffsdefinition des Risikos

Abb. 2: Kurssicherungspolitik im Unternehmen

Abb. 3 Funktionsweise eines Credit Default Swap

Abb. 4: Wachstum des Kreditderivate Marktes von 1998 bis

Abb. 5: Zusammenhang zwischen Risikoprämie des Credit Default Swap und Bonitätsbewertung durch Ratings von 1988 bis

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Einflussgrößen auf Unternehmen nach PESTEL-Analyse

Tab. 2: Eigenes Beispiel zur Verdeutlichung des komparativen Kostenvorteils

Tab. 3: Systematisierung von Kreditderivaten anhand des abgesicherten Risikos

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Die stetige Expansion von Märkten in Folge der Globalisierung stellt international agierende Unternehmen laufend vor neue Herausforderungen. Die ins Ausland verlagerte Produktion und der Handel in zahlreichen Märkten bringen nicht nur vielfältige Chancen mit sich, sondern sie bedeuten auch ein erhöhtes Verlustpotenzial aufgrund des geringen Informationsstandes und des politischen Risikos.1 Außerdem kommt es bei solchen Unternehmen zu einem steigenden Bedarf an ausländischen Währungen, um tägliche Geschäfte wie Wareneinkauf, Lohn- oder Mietzahlungen abzuschließen, und somit zu einer erhöhten Abhängigkeit von Wechselkursen.

Weitere Aufgaben für Unternehmen ergeben sich aufgrund der Dynamik der Finanzmärkte, der hohen Volatilität von Zinssätzen und Aktienpreisen, und aktuellen Entwicklungen wie der kontinuierlichen Zinssenkung der Notenbanken.2

Um sich weiterhin auf ihr Kerngeschäft und dem Unternehmenszweck dienende Transaktionen zu konzentrieren ist es für die Unternehmen wichtig, nicht von den schwankenden Beschaffungspreisen, Zinssätzen zur Kreditaufnahme und Wechselkursen abhängig zu sein.

Zur Bewältigung dieser sich aus Währungs- und Zinsänderungen ergebenden Risiken gewinnt das Risikomanagement in internationalen Unternehmen immer mehr an Bedeutung, ebenso wie die Frage nach innovativen Finanzderivaten als Sicherungsinstrumente.3

Jedoch sind Derivate mit der Finanzmarktkrise und aufgrund aktueller risikoreicher Spekulationen in Verruf geraten. „Vor allem Kreditderivate, wie Credit Default Swaps, gelten Vielen als die Krisentreiber schlechthin.“4

Das Ziel dieser Arbeit ist es daher zum einen, herauszuarbeiten, welche Risiken den Wert internationaler Unternehmen gefährden, und wie diese systematisiert werden können. Zum anderen wird der immer häufiger werdende Einsatz derivativer Finanzinstrumenten zur Absicherung verschiedener Risiken analysiert und einzelne Instrumente kritisch hinsichtlich ihrer Auswirkung und Sicherheit beleuchtet.

1.2 Gang der Untersuchung

In den Kapiteln und 2.1. und 2.2 erfolgt zu Beginn eine grundlegende Klärung der Begriffe Risiko und Sicherheit, wobei einzelne Risikofelder und Risikofaktoren vorgestellt werden. Anschließend wird im Abschnitt 3. auf die finanzwirtschaftlichen Risiken eingegangen, wobei ein besonderer Fokus auf Gegenparteirisiken und Marktpreisrisiken liegt.

Kapitel 4. dient der grundlegenden Einführung in die Thematik der Finanzderivate und Möglichkeiten des Handels. Darauf folgend werden die wichtigsten Grundformen Futures, Forwards und Swaps und ihre Funktionsweise vorgestellt. Im Anschluss erfolgt die kritische Betrachtung der Chancen und Risiken ausgewählter Finanzderivate.

Das den Theorieteil schließende Kapitel 5. handelt von den Kreditderivaten. Hierbei wird besonders auf den „Credit Default Swap“ zur Absicherung des Ausfallrisikos eingegangen.

Abschließend folgt ein Fazit zum Einsatz der Instrumente, sowie ein kurzer Ausblick bezüglich der weiteren Entwicklung des Marktes für Finanzderivate.

2 Einfluss von Risiken in internationalen Unternehmen

2.1 Risiko und die Auswirkung auf finanzwirtschaftliche Ziele

„In der Mehrzahl der Unternehmen haben die finanzwirtschaftlichen Ziele […] den ausschlaggebenden Einfluss auf die gesamte Unternehmenspolitik.“5 Zu den wichtigsten finanzwirtschaftlichen Zielen gehört neben Ertrag, gemessen an z.B. Gewinn oder Cash-Flow, und Liquidität bzw. Zahlungsbereitschaft auch das Ziel Sicherheit. Unter Sicherheit versteht man in diesem Zusammenhang die Begrenzung von finanziellen Risiken.6

Ein Risiko im engeren Sinne wird definiert als Gefahr des Verlustes, die sich aus einer negativen Abweichung des tatsächlichen Wertes vom Zielwert bzw. von der gewünschten Entwicklung ergeben kann.7 Beispielsweise kann sich eine solche Abweichung ergeben, wenn Änderungen von Wechselkursen, Zinsen oder Rohstoffpreisen in der Zeit zwischen dem Entstehen einer Forderung oder Verbindlichkeit und dem Zahlungszeitpunkt erwartet werden.8

Dabei betrifft ein Risiko immer einen zukünftigen Zeitraum. Je weiter der betrachtete Zeitraum vom aktuellen Zeitpunkt entfernt liegt, desto weniger sicher und präzise können Aussagen über die Entwicklung und die Situation in der Zukunft gemacht werden. Somit steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Abweichung von geplanten Werten (vgl. Abb. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Dichotome Begriffsdefinition des Risikos9

Risiken können in vielerlei Hinsicht den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens beeinträchtigen, unter anderem durch höhere Kosten oder niedrigere Umsatzerlöse.10 Die genauen Auswirkungen unterscheiden sich jedoch mit den einzelnen Risikogruppen.

Ein Unternehmen kann bewusst ein Risiko eingehen, wenn es sich durch dieses eine hohe Gewinnchance (also eine hohe positive Abweichung) erhofft, jedoch muss dabei auch dessen Auswirkung auf Ertrag und Liquidität ausreichend berücksichtigt werden, sodass der Fortbestand des Unternehmens gewährleistet ist.11

Zwischen diesen drei finanzwirtschaftlichen Zielen Sicherheit, Ertrag und Liquidität besteht ein Spannungsfeld, was bedeutet, dass für das Erreichen eines Ziels üblicherweise ein Verzicht bei einem anderen Ziel notwendig ist. Eine erhöhte Ertragschance, z.B. bei einer Anleihe, ist in der Regel mit einem Verzicht auf Sicherheit und einer vergleichsweise geringeren Liquidität, hier durch ein höheres Investment, verbunden.12 Aus diesem Spannungsfeld ergeben sich besondere Anforderungen an das Risikomanagement.

2.2 Risikofelder und Risikofaktoren in Industrie- und Handelsunternehmen

Das Risikomanagement eines jeden Unternehmens ist ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensstrategie und entscheidend für das Erreichen monetärer, als auch nichtmonetärer, Unternehmensziele. Hauptaufgaben sind die Schaffung von Transparenz über Risiken durch Analyse aktueller Risikofelder und Risikofaktoren, Klassifizierung der Risiken entsprechend ihrer Wichtigkeit bzw. Auswirkung auf das Unternehmensgeschäft, systematische Steuerung und Bewältigung der Risiken und die kontinuierliche Kontrolle ergriffener Maßnahmen.13

Für einen erfolgreichen Risikomanagementprozess bedarf es einer ständigen Anpassung aufgrund der sich verändernden Rahmenbedingungen und neuen Risikofeldern. Zu diesen gehören, bezugnehmend auf Tabelle 1, sowohl interne als auch externe Einflussgrößen. Außerhalb des Unternehmens sind ökonomische, politische, rechtliche, soziale, kulturelle, ökologische und technologische Entwicklungen die größten Risikofelder. Interne Risikofaktoren betreffen besonders Bereiche wie Produkte, Finanzen, Personal und Technik durch z.B. Kreditausfälle, Personalfluktuation, Datensicherheit und Aktienkursentwicklungen.

Für die vorliegende Arbeit sind die finanzwirtschaftlichen Risiken von besonderer Bedeutung, da sie sich direkt auf die Liquidität und die Rentabilität eines Unternehmens auswirken und eine entsprechende Absicherung hier somit essentiell ist. Zu den finanzwirtschaftlichen Risiken zählen Gegenpartei-, Marktpreis- und Liquiditätsrisiko sowie operationelle Risiken.14

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenTabelle 1: Einflussgrößen auf Unternehmen nach PESTEL-Analyse15

3 Erläuterung und Systematisierung finanzwirtschaftlicher Risiken

3.1 Marktpreisrisiken

Marktpreisrisiken sind Gefahren, welche sich aus einer negativen Entwicklung des Finanzmarktes ergeben. Sie werden auch als allgemeine oder systematische Risiken bezeichnet, da sie nicht aus der individuellen Bonitätsveränderung z.B. eines Unternehmens resultieren.16

Zu den Marktpreisrisiken gehören unter anderem Aktienkurs- und Zinsänderungsrisiken, da sich Marktschwankungen und schwankende Marktzinsen direkt auf Aktien- und Anleihekurse auswirken und mögliche Verluste für Anleger zur Folge haben. Beispielweise bewirkt eine Zinserhöhung für festverzinsliche Wertpapiere durch die EZB Kursverluste für den Obligationär einer Anleihe, da Anleger am Markt höhere Zinsen erhalten und die Nachfrage und somit der Preis der Anleihe sinken.17

Außerdem zählt zu den Marktpreisrisiken das Währungsrisiko. Dieses ergibt sich aus Fremdwährungspositionen eines Unternehmens, welche bei veränderten Wechselkursen eine Wertveränderung erfahren. Dabei ist zwischen einem Transaktionsrisiko und dem Translationsrisiko zu unterscheiden. Erstes meint, dass aufgrund der Wechselkursschwankungen künftige Einzahlungen niedriger oder Auszahlungen höher ausfallen.18 Beim Translationsrisiko sind Aktiva und Passiva in der Bilanz betroffen. Aufgrund der Umrechnung zum jährlichen Stichtagswechselkurs können Aktiva an Wert verlieren bzw. die Passiva an Wert gewinnen.19

Als letztes Marktpreisrisiko gilt das Rohstoffrisiko. Hier besteht die Gefahr einer Ergebnisverminderung, welche aufgrund einer negativen Rohstoffpreisveränderungen auftreten kann.

3.2 Gegenparteirisiken

Gegenparteirisiken sind von einem einzelnen Adressaten z.B. von einem Kunden, Lieferanten oder Kapitalnehmer und dessen Bonität abhängig und werden daher auch als unsystematische oder spezifische Risiken bezeichnet.20 Die Bonität beschreibt die Solvenz eines Kunden oder Geschäftspartners und somit seine Fähigkeit und Willigkeit, Zins- und Tilgungszahlungen vollständig und termingerecht zu leisten.21

Dabei kann das Risiko aufgrund der individuellen Verhältnisse entstehen oder es ergibt sich aus einem Länderrisiko, welches insbesondere bei internationalen Geschäften von hoher Bedeutung ist. Das Länderrisiko gibt an, ob ein Staat z.B. aus politischen Gründen Transferleistungen eines Geschäftspartners verhindert, obwohl dieser individuell seinen Verpflichtungen nachkommen könnte.22

Zu den Gegenparteirisiken zählen Kreditrisiken, welche separat in Kapitel 2.4.1. behandelt werden, Aktienkursrisiken und Zinsänderungsrisiken. Das Aktienkursrisiko ergibt sich aus Kursschwankungen durch Ausfall oder Bonitätsverschlechterung der ausgebenden Aktiengesellschaft.

Beim Zinsänderungsrisiko hat eine Verschlechterung der Bonität des Emittenten Kursverluste der Anleihe mit gleichzeitiger Erhöhung der Rendite zur Folge.23

3.3 Liquiditätsrisiken und operationelle Risiken

Unter Liquiditätsrisiken versteht man die Gefahr, dass Ein- oder Auszahlungen nicht in der vorgesehenen Höhe zur geplanten Zeit erfolgen, um eine optimale Liquidität sicherzustellen Das Liquiditätsanspannungsrisiko tritt auf, wenn der Grundsatz der Fristenkongruenz nicht eingehalten wird und beispielsweise langfristige Investitionen durch kurzfristige Kredite finanziert werden, was nach Ende der Kreditlaufzeit zu einer fehlenden Anschlussfinanzierung führen kann.24

Beim Abrufrisiko hingegen verringert sich die Liquidität eines Unternehmens plötzlich durch unerwarteten Abruf von Geldleistungen oder Forderungen nach Rückzahlung von Einlagen durch einen Kapitalgeber. Als letztes Liquiditätsrisiko gibt es das Terminrisiko, welches die Gefahr von nicht fristgerecht eingehenden Zahlungen meint.25

Das operationelle Risiko gehört nicht zu den finanzwirtschaftlichen Risiken im engeren Sinne und bezieht sich auf den potenziellen Verlust durch interne oder externe Risikofaktoren. Interne Faktoren sind beispielsweise der Ausfall von Datenverarbeitungssystemen, fehlerhafte Arbeitsabläufe, lückenhafte Verträge, inadäquate Kontrollen und menschliches Versagen. Zu den externen Einflussfaktoren gehören rechtliche Änderungen, Bußgelder, Undurchsetzbarkeit von Verträgen, kriminelle Handlungen und Naturkatastrophen.26

4 Einsatz von Finanzderivaten zur Absicherung von Marktpreisrisiken

4.1 Begriffsklärung und Möglichkeiten des Handels

„Derivative Instrumente zählen zu den wichtigsten Produkten, die sich in den vergangenen Jahrzehnten auf den Finanzmärkten weltweit durchgesetzt haben.“27

Derivativ bedeutet abgeleitet. Bei Derivaten, auch als derivative Finanzinstrumente bezeichnet, handelt es sich demnach um Finanzprodukte, deren Preis und Preisentwicklung von einem sogenannten Basiswert, einem Underlaying, abgeleitet ist, also abhängig ist.28

Basiswerte können andere Finanzinstrumente, aber auch Rohstoffe oder Immobilien sein. Je nach Basiswert können Finanzderivate unterschieden werden in Aktien-, Index-, Zins-, Kredit- und Währungsderivate.

Derivative Finanzinstrumente sind Termingeschäfte. Das bedeutet, dass Vertragsabschluss und Erfüllungszeitpunkt zeitlich auseinander fallen.29 Dabei werden zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über den Erwerb eines Derivats zwischen zwei Parteien alle relevanten Konditionen und Preise (beispielsweise Wechselkurse, Preise von Rohstoffen, Aktien– oder Anleihepreise) festgelegt. Diese sind dann für den späteren tatsächlichen Abschluss eines Geschäfts (Kauf/Verkauf von Währungen, Aktien, Rostoffen) gesichert. Termingeschäfte dienen demnach dazu, „zukünftige Geschäfte zu fixieren, ohne das Geschäft selber bereits abzuschließen“.30

Aus dieser Tatsache ergeben sich die zwei Grundfunktionen von Derivaten beim Einsatz in Unternehmen - Hedging und Spekulation.

Hedging meint die Absicherung bestehender oder zukünftiger Finanzgeschäfte gegenüber Preis- oder Wechselkursschwankungen. Dabei werden am Tag des Vertragsabschlusses bereits Konditionen (Preis, Menge) zum Bezug (oder auch Verkauf) von Währungen oder Rohstoffen, die z.B. für zukünftige Geschäfte gebraucht werden, festgelegt. Negative Veränderungen der Preise oder Wechselkurse haben dadurch keinen Einfluss mehr auf diese Geschäfte.31

Im Gegensatz zur Absicherung erfolgt bei der Spekulation eine Wette auf steigende oder fallende Kurse.32 Betrachtet wird beispielhaft ein US-amerikanischer Spekulant, der an einen steigenden Kurs des britischen Pfunds (GBP) gegenüber dem US-Dollar glaubt. Er hat die Möglichkeit zu aktuellen Konditionen ein (Währungs-)Derivat für den Kauf von britischen Pfund zu erwerben und diese dann später zum festgelegten Preis zu beziehen. Ist in der Zwischenzeit der GBP- Kurs tatsächlich gestiegen, so geht seine Wette auf und er zahlt einen geringeren als den von der Börse verlangten Preis. Allerdings besteht das Risiko, dass bei fallendem Kurs der Spekulant einen höheren Preis als den aktuellen Kurs zahlen muss.

Beim Handel von derivativen Finanzinstrumenten gibt es verschiedene Möglichkeiten. Sie können außerbörslich oder an einer Derivatbörse gehandelt werden. Diese ist ein „[…] Marktplatz, auf dem Marktteilnehmer standardisierte Kontrakte handeln […]“.33 Die erste Derivatbörse wurde bereits 1848 gegründet, um die Getreideangebote von Farmern und Nachfragen von Kaufleuten zusammenzubringen. Dabei bestand die Aufgabe der Börse vorerst nur darin, die Getreidequalität und -quantität zu standardisieren. Später entwickelten sich auf diesem Markt erste derivative Kontrakte.34

Deutlich größer als der Börsenhandel ist jedoch der Markt für OTC- Geschäfte (Over-the-Counter-Geschäfte). Diese werden außerbörslich zwischen den Geschäftspartnern geschlossen, wobei Nominalbetrag, Laufzeit und Basiswert individuell ausgehandelt werden.35 Ein außerbörslicher Handel hat eine vergleichsweise geringere Transparenz durch fehlende Kontrolle des Handels und Veröffentlichung von Börsenpreisen zur Folge.

Es werden drei Grundformen von Finanzderivaten unterschieden, die sich in ihrer Funktionsweise und ihren Einsatzmöglichkeiten voneinander abgrenzen: Swaps, unbedingte Termingeschäfte, zu denen Futures und Forwards gehören, sowie bedingte Termingeschäfte wie Optionen. Letztere werden jedoch aufgrund ihrer geringeren Bedeutung für den praktischen Teil der Arbeit nicht weiter beleuchtet.

4.2 Funktionsweise ausgewählter Finanzderivate

Forwards und Futures sind unbedingte Termingeschäfte und für den Käufer und Verkäufer mit symmetrischen Rechten und Pflichten verbunden.36

Forwards sind nicht standardisierte Derivate, die außerbörslich (OTC) zwischen Käufer und Verkäufer gehandelt werden. Dabei handelt es sich um ein verpflichtendes Geschäft. Bei einem Forward Kontrakt gibt es eine Partei A, welche eine Kaufposition (Long-Position) einnimmt, und eine Partei B mit einer Verkaufsposition (Short-Position). Partei A verpflichtet sich damit, zu einem zukünftigen Zeitpunkt eine bestimmte Menge eines Gutes zu einem festgelegten Preis zu beziehen, während Partei B das Gut zu genau diesem Zeitpunkt verkaufen muss.

Die Konditionen, unter anderem Vertragsgegenstand, Zeitpunkt und Preis, für einen zukünftigen Geschäftsabschluss werden bereits bei Vertragsabschluss festgelegt.37

Die Funktionsweise wird an folgendem Beispiel deutlich: Ein Händler erwartet steigende Weizenpreise und schließt mit einem Landwirt ein Geschäft, bei dem vereinbart wird, dass er in 3 Monaten 1 Tonne Weizen zum Preis von 160€ erhält (Long-Position). Der Landwirt verpflichtet sich damit zur Lieferung des Weizens, unabhängig von der Preisentwicklung (Short-Position). Liegt der Preis nach 3 Monaten über 160€, z.B. bei 170€, so hat der Händler ein Ersparnis von 10€, für den Landwirt ergibt sich ein Verlust, da er die Tonne Weizen am Markt für einen höheren Preis hätte verkaufen können. Bei sinkenden Marktpreisen ergibt sich das umgekehrte Resultat mit Gewinnen für den Landwirt, welcher die Tonne Weizen zu einem höheren als zum aktuellen Marktreis verkaufen kann.

Hauptziel beim Einsatz eines Forwards ist es, durch die gesicherten Konditionen negative Wertveränderungen des Underlayings, durch z.B. Marktpreisänderungen oder Wechselkursschwankungen, weitgehend auszuschalten.

Bei Futures besteht der Unterschied zu Forwards darin, dass es sich um an der Börse gehandelte, standardisierte Derivate handelt. Hierbei fungiert die sogenannte Clearingstelle einer Börse als Schnittstelle zwischen den Vertragsparteien, welche die Erfüllung der Geschäfte sicherstellen soll.38 Die Funktionsweise kann dabei von den zuvor erklärten Forwards übertragen werden.

Ein weiterer Unterschied der Futures liegt darin, dass eventuell anfallende Ausgleichszahlungen nicht erst bei Fälligkeit am Ende der Laufzeit beglichen werden, sondern täglich. Steigt beispielsweise der Futures-Kurs, so wird ein Gewinn für den Käufer realisiert, welcher noch am gleichen Tag seinem sogenannten Margin-Konto gutgeschrieben wird. Diese Verrechnung von Gewinnen oder Verlusten wird als Daily Settlement bezeichnet.39

Ein Swap (aus dem Englischen für Tausch) als dritte wichtige Form der Finanzderivate ist eine Vereinbarung zwischen zwei Parteien zum Austausch von mehreren Zahlungsströmen in der Zukunft.40 Bei Vertragsabschluss müssen die Laufzeit des Swaps, die Methode zur Berechnung der Zahlungsströme und die Zeitpunkte, wann diese Zahlungsströme zwischen den Vertragsparteien ausgetauscht werden sollen, festgelegt werden.41 Während bei einem Forward eine einmalige Zahlung an einem einzigen Zeitpunkt in der Zukunft stattfindet, kommt es bei Swaps zu wiederholten Übertragungen zu mehreren Zeitpunkten. Daher können sie auch als eine Folge von Forward-Geschäften angesehen werden.42

Die zwei grundlegenden Formen eines Swaps sind der Zinsswap und der Währungsswap. Bei einem Zinsswap werden Zinszahlungsströme getauscht, um das Zinsänderungsrisiko abzusichern. Die zugrundeliegenden Kapitalbeträge bleiben dabei unverändert bei der jeweiligen Partei.43 Um sich bei aufgenommenen Darlehen gegen höhere Zinszahlungen, die durch steigende Marktzinsen entstehen, abzusichern, können Kapitalnehmer ihre variablen Zinszahlungen, welche z.B. an den EURIBOR gekoppelt sind, in feste (fixe) Zinszahlungen tauschen.44 Damit haben sie eine zinsimmune Strategie, welche jedoch auch positive Effekte durch fallende Marktzinsen ausschließt. Umgekehrt können dann Kapitalnehmer, die an sinkende Zinsen glauben, ihre feste in eine variable Zinszahlung tauschen.

Ein Währungsswap ähnelt einem Zinsswap und wird eingesetzt, um eine benötigte Währung zu erhalten. Dabei muss zwischen einem Cross-Currency Swap und einem Foreign-Exchange Swap (FX-Swap) unterschieden werden.

Beim Cross-Currency Swap handelt es sich um einen Tausch von Kapitalbeträgen und Zinszahlungen in unterschiedlichen Währungen, wobei die Art der Verzinsung hier identisch ist.45 Dieser kann für komparative Kostenvorteile genutzt werden. Ein Beispiel verdeutlicht die Situation:

Ein amerikanisches Unternehmen A benötigt einen 4-jährigen Kredit in € und ein deutsches Unternehmen B benötigt für seine Investition im Ausland einen Kredit in US-Dollar. Aufgrund unterschiedlicher Bonitäten ergeben sich verschiedene Festzinssätze:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Beispiel zur Verdeutlichung des komparativen Kostenvorteils46

Bei einer Kapitalaufnahme von Unternehmen A in € zu einem Zins von 8% und von B in US-Dollar zum Zins von 6% müssten beide Parteien zusammen jährliche Zinskosten von 14% aufwenden. Mit einem Swap jedoch können beide Unternehmen ihre Zinskosten reduzieren. Nimmt Unternehmen A den Kredit in US-Dollar zu einem jährlichen Zins von 7% auf, und Unternehmen B im Gegenzug dazu in € für 6,5%, so ergeben sich Zinskosten in Höhe von jährlich 13,5%. Trotz des erhöhten Festzinssatzes für Unternehmen B ergibt sich insgesamt eine Ersparnis von 0,5%.

[...]


1 Vgl. Glaum, M (2000), S.9

2 Vgl. ebenda, S.9

3 Vgl. dazu die Studie von Glaum, M. (2000)

4 Schäfer, H. (2011), S.5

5 Becker, H (2015), S.9

6 Vgl. Züger, R. (2008), S.57

7 Vgl. Becker, H (2015), S.19

8 Vgl. Eiteman, D/Stonehill, A (2009) S. 146 f.

9 Diederichs, M. (2013), S.9

10 Vgl. Tscherny,O. 2005, S. 221.

11 Vgl. Becker, H. (2015) S.19

12 Vgl. ebenda, S.20

13 Vgl. Wiederkehr, B. (2010), S.16

14 Vgl. Becker, H. (2015), S.21

15 In Anlehnung an: PESTEL-Analyse

16 Vgl. Becker, H. (2015), S.21

17 Vgl. Arentzen, U./ Winter, E. (2013), S.403

18 Vgl. Seethaler, P. et al. (2007), S. 346

19 Vgl. ebenda, S. 345

20 Vgl. Becker, H. (2015), S.21

21 Vgl. Reif, M (Hrsg.) (2010), S.47

22 Vgl. Becker, H. (2015), S.21

23 Vgl. ebenda, S.22

24 Vgl. Becker, H. (2015), S.24

25 Vgl. ebenda, S.24

26 Vgl. Reif, M (Hrsg.) (2010), S.109

27 Becker, H. (2015), S. 279

28 Vgl. Bieg, H. (2002), S. 429.

29 Vgl. Schierenbeck, H./ Wiedemann, A. (1996), S. 279.

30 Scheffler, J. (1994), S. 38.

31 Vgl. Hull, (2005), S. 1 f.

32 Vgl. Hull, J. (2006), S.35

33 Ebenda, S.25

34 Vgl. Hull, J. (2006), S.25

35 Vgl. Beike, R./ Barckow, A. (2002), S. 8.

36 Vgl. Hull, J. (2005) S. 1f.

37 Vgl. Hull, J. (2006) S. 26, 27

38 Vgl. Hull, J. (2006), S. 55

39 Vgl. Deutsch, H. (2004), S. 59

40 Vgl. Schäfer, H. (1998), S. 340

41 Vgl. Hull, J. (2003), S.125

42 Vgl. Hull, J. (2008), S. 153

43 Vgl. Walmsley (1984), S. 45.

44 Vgl. Schäfer (1998), S. 340.

45 Vgl. Becker, H. (2015), S. 293

46 Vgl. ebenda, S. 294

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Einsatz von Finanzderivaten zur Absicherung von Risiken. Eine kritische Analyse
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart, früher: Berufsakademie Stuttgart
Note
2,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
29
Katalognummer
V424387
ISBN (eBook)
9783668700307
ISBN (Buch)
9783668700314
Dateigröße
728 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
einsatz, finanzderivaten, absicherung, risiken, eine, analyse
Arbeit zitieren
Annika Specht (Autor:in), 2017, Einsatz von Finanzderivaten zur Absicherung von Risiken. Eine kritische Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/424387

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