Das Theater des Carlo Goldoni


Seminararbeit, 2005

16 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Ziel dieser Arbeit

2. Das venezianische Theater im 18. Jahrhundert

3. Eine Kurzbiographie

4. Goldonis Theaterreform

5. Regie und Schauspiel in Goldonis Werken

6. Schlußbetrachtung

Anhang | Ausgewählte Zitate aus Goldonis Memoiren

Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Opernaufführung im Venedig des 18. Jahrhunderts

Abbildung 2: Stegreifspiel im Venedig des 18. Jahrhunderts

Abbildung 3: Bühnenillustrationen der Edition Zatta, Venedig (1788-1795)

Abbildung 4: Bühnenillustration der Edition Zatta, Venedig (1788-1795).

1. Ziel dieser Arbeit

Die vorliegende Arbeit möchte sich weniger mit dem ideologischen Gehalt in Carlo Go ldonis Werken beschäftigen, sondern verfolgt das Ziel, einen Überblick hinsichtlich der damaligen Theatersituation zu geben. Bezugsort der Untersuchung ist Goldonis Heimatstadt Venedig, auch wenn die zu behandelnden Theatergepflogenheiten zum großen Teil in ganz Norditalien und über dessen Grenzen hinaus ihre Anwendung erfuhren. Weiters nimmt in dieser Arbeit Goldonis Theaterreform und deren Auswirkungen auf Regie und Schauspiel in seinen Werken einen hohen Stellenwert ein.

Als Quellen zu dieser Untersuchung dienten Goldonis im Jahr 1787 vollendete Memoiren ebenso wie ausgewählte Werke und diverse Aufsätze von Theaterwissenschaftlern.

2. Das venezianische Theater im 18. Jahrhundert

Venedig war zu Lebzeiten Goldonis ebenso wie heute eine Touristenattraktion . Besucher kamen damals vor allem wegen der Vergnügungen, für welche die Hauptstadt der gleichnamigen unabhängigen Republik bekannt war. Vor allem während des Karnevals war Venedig eine kulturelle Metropole. Goldoni schreibt in seinen Memoiren von sieben Theaterhäusern, von denen sich vier dem Musiktheater und drei dem Sprechtheater verschrieben hatten.1 Die Zuschauerräume waren zumeist einfach gestaltet. Die Ränge wanden sich hufeisen- bzw. U-förmig um das Parkett und bestanden zur Gänze aus Logen. In manchen Theatern hatten die Logen Türen zur Bühne hin, um selbst während der Vorstellung gänzlich ungestört sein zu können (siehe Abb. 1). Im Parkett gab es keine Sitzplätze.

Johann Caspar Goethe (Vater von Johann Wolfgang) hinterließ uns folgende Schilderung seiner im Jahr 1740 unternommenen Italienreise:

Ich schwöre Ihnen, daß ich ganz starr vor Staunen war, denn die Musik, die Ausstattung, die Kulissen, die Größe des Theaters, die Aufführung, das Orchester mit 40 bis 50 guten Musikern, die Kostüme der Hauptpersonen, alles war herrlich. Besonders prachtvoll war die wohldurchdachte Theatermaschinerie, mit der nach jedem Akt 14 Tänzer und Tänzerinnen auf die Bühne herabgelassen wurden. […] Im Parkett der Theater findet man nur wenige Leute, weil man dort vor Speichel und anderem Unrat, der aus den Logen herunterfällt, nie sicher ist2

Opernaufführungen hatten in Venedig bereits lange Tradition, war diese Stadt doch bereits 1637 Schauplatz der ersten öffentlichen Opernvorstellung in der Geschichte des Theaters.3 Prunkvolle Kostüme und aufwendige Bühnentechnik waren den Venezianern im 18. Jahrhundert also seit langem bekannt. Neben Theateraufführungen fanden auf den Plätzen und in den Straßen der Stadt während des Karnevals auch Stegreifspiele in der Tradition der Commedia dell’arte statt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungen 1 und 2:

Opernaufführung und Stegreifspiel im Venedig des 18. Jahrhunderts4

Die Theatersaison beschränkte sich auf die Zeit des Karnevals im Herbst und im Winter. Dies zwang die Schauspielertruppen, den Frühling und den Sommer in anderen Städten bzw. Staaten zu verbringen, in denen das Spiel in dieser Zeit erlaubt war. Wandertruppen bestanden zumeist aus Schauspielern, welche die jeweiligen Figuren der Commedia dell’arte verkörperten, sowie aus Soubretten (Sopran-Sängerinnen), Musikern und Tieren.

Als Begleitung und somit ebenfalls Teil der Truppen sind diverse Familienmitglieder der Schauspieler zu nennen. An der Spitze stand zumeist ein Direktor, der gleichsam als Prinzipal für das Wohlergehen der Truppe Sorge zu tragen hatte.

3. Eine Kurzbiographie

Carlo Goldoni wurde 1707 im venezianischen Palazzo Cent’ani, das heute ein kleines Goldoni-Museum beherbergt, geboren. Schon früh kam er auf dem Anwesen seines Großvaters mit dem Theater in Kontakt. Nach einer we itgehend unbekümmerten Kindheit wählte er Jus als sein Studium. Neben diversen Anstellungen als Jurist und Diplomat in mehreren norditalienischen Städten verfaßte er anfangs Tragikomödien und später Szenarien und dialogisierte Komödien, die durch unterschiedliche Truppen zur Aufführung gelangten. In Genua machte er Bekanntschaft mit der Tochter eines Notars, die er 1736 heiratete.

Erst 1748 entschied er sich, seine Zeit zur Gänze dem Theater zu widmen und ließ sich in Venedig nieder. Möglich wurde ihm das durch einen festen Vertrag mit der Truppe des Girolamo Medebac, die im Theater Sant’Angelo spielte. Er schrieb nicht nur Komödien, sondern eine Reihe von Opernlibretti, die ebenso wie seine Sprechtheaterwerke großen Erfolg hatten. Nach Meinungsverschiedenheiten mit Medebac begann er 1753, für das konkurrierende Theater San Luca zu arbeiten. Der Erfolg seiner Theaterreform, von der später noch die Rede sein wird, brachte ihm nicht nur Gönner. Heftige Auseinandersetzungen, deren Hintergrund nicht bloß in theaterästhetischen Auffassungsunterschieden zu suchen sind, waren die Folge. Als Personen, die offen gegen Goldoni auftraten, sind vor allem der Aristokrat Carlo Gozzi und Pietro Chiari zu nennen. Beide verfassten Schmähschriften in literarischer und dramatischer Form.

Dies mag einer der Gründe dafür gewesen sein, dass Goldoni 1961 dem Ruf an den französischen Hof folgte, wo er unter anderem als Italienischlehrer tätig war. Er versuchte, das italienische Theater in Paris nach seinen Vorstellungen zu reformi eren, wobei ihm allerdings kein allzu großer Erfolg beschieden war. 1787 vollendete er seine in französischer Sprache verfassten Memoiren, sechs Jahre später starb Goldoni vereinsamt in Paris.

4. Goldonis Theaterreform

Sieht man von frühen Tragikomödien, Szenarien und diversen Opernlibretti ab, so können Goldonis Theaterstücke grundsätzlich in zwei Komödientypen eingeteilt werden. Zum einen finden sich in Goldonis Schaffen Komödien, die noch in der Tradition der venezianischen Commedia dell’arte stehen, zum anderen zeugen Charakterkomödien von seiner Theaterreform, die ihm sowohl Gönner als auch Gegner bescherte. Der Wandel von der Stegreifkomödie zum bürgerlichen Lustspiel erfolgte nicht abrupt, sondern vielmehr allmählich. Der Gründe hierfür waren die Gewohnheiten des Publikum und die Schauspieler, die erst an die neue Art des Spiels herangeführt werden mussten.

Goldoni betrachtete die „ Nachahmung der Natur“5 als wesentliches Merkmal eines gelungenen Lustspiels. Er schrieb in seinen Erinnerungen vom „empf indenden Schauspieler“6, dessen Minenspiel nicht unter den Masken der Commedia dell’arte verborgen werden sollte, denn die „Seele unter der Maske“ sei „wie Feuer unter der Asche“7. Goldoni bemerkte bereits 1734 bei der Aufführung seines „Belisar“, dass sic h das Publikum für die „Echtheit der Empfindungen und die nach dem Leben gezeichneten Figuren“8 interessierte und war daher in den folgenden Jahren bemüht, die Menschheit so darzustellen, „wie wir sie kennen“9.

Es ging Goldoni also gleichsam um Realität auf der Bühne. Diese Realität kann jedoch nicht mit dem Theater der Naturalisten wie Strindberg oder Ibsen verglichen werden, da Charakterkomödien ihrer Natur nach gewisse Unwahrscheinlichkeiten und Überzeichnungen beinhalten. Die erwähnte Realität muss vie lmehr in Relation zu der Tradition der Commedia dell’arte gesetzt werden. Das Spiel der Commedia dell’arte war unter anderem gekennzeichnet durch übertriebene Körpersprache, die wegen dem Fehlen mimischer Ausdrucksmöglichkeiten notwendig war. Goldoni behie lt vorerst die Figuren der Commedia in seinen Werken, ließ die Schauspieler aber allmählich ihre Masken abnehmen. Nach und nach veränderte er dann die Charaktere der in seinen Stücken auftretenden Commedia-Figuren.

[...]


1 Vgl. Goldoni (1926), S. 28.

2 Zitat entnommen aus: Hösle (1993), S. 47.

3 Vgl. Worsthorne (1954), S.28.

4 Quelle: Hösle (1993), Bildteil S. 5 und 16.

5 Goldoni (1926), S. 215.

6 Ebenda, S. 164.

7 Ebenda, S. 261.

8 Ebenda, S. 145.

9 Ebenda, S. 146.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Das Theater des Carlo Goldoni
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft Wien)
Note
1
Autor
Jahr
2005
Seiten
16
Katalognummer
V42132
ISBN (eBook)
9783638402408
ISBN (Buch)
9783656760535
Dateigröße
755 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit möchte sich weniger mit dem ideologischen Gehalt in Carlo Goldonis Werken beschäftigen, sondern verfolgt das Ziel, einen Überblick hinsichtlich der damaligen Theatersituation zu geben. Weiters wird Goldonis Theaterreform behandelt sowie deren Auswirkungen auf Regie und Schauspiel in seinen Werken.
Schlagworte
Theater, Carlo, Goldoni
Arbeit zitieren
Mag. Stephan Burianek (Autor:in), 2005, Das Theater des Carlo Goldoni, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42132

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