EU-Beihilfeaufsicht über Flughäfen. Problem der Ersatzstrukturpolitik der Kommission


Seminararbeit, 2017

25 Seiten, Note: 16 Punkte


Leseprobe


Gliederung

Literaturverzeichnis

A. Einleitung

B. Beihilfebegriff des Art. 107 I AEUV im Luftverkehrsrecht
I. Gewährung einer Begünstigung
1. Differenzierung nach Art der Unterstützung
2. Anwendung des Private Investor Tests (PIT)
II. Selektivität
1. Unternehmensbegriff - Ebene der Betreiber
2. Bestimmtheit - Ebene der Nutzer
III. Wettbewerbsverfälschung und Handelsbeeinträchtigung

C. Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse

D. Freistellung der Beihilfe über AGVO

E. Rechtfertigung der Beihilfe nach Art. 107 AEUV
I. Beihilfen für Flughafenbetreiber
II. Anlaufbeihilfen für Fluggesellschaften

F. Fazit

Literaturverzeichnis

Birnstiel, Alexander/ Europäisches Beihilfenrecht - Nomoskommentar, Baden-Baden Bungenberg, Marc/ 2013.

Heinrich, Helge (Hrsg.) (zitiert als: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich/Bearbeiter, Kap., Rn.)

Calliess, Christian/ EUV/AEUV - Das Verfassungsrecht der Europäischen Union mit Ruffert, Matthias Europäischer Grundrechtecharta: Kommentar, 5. Aufl., München (Hrsg.) 2016.

(zitiert als: Calliess/Ruffert/Bearbeiter, Art., Rn.)

Classen, Kai-Dieter/ Infrastruktur im Visier beihilferechtlicher Kontrolle - das Mellwig, Wibke unaufhaltsame Ende autonomer mitgliedstaatlicher Standortpolitik?, in: DVBl 2014, S. 1229-1235.

(zitiert als: Classen/Mellwig, DVBl 2014, 1229, S.)

Frenz, Walter Handbuch Europarecht, Band 3: Beihilfe- und Vergaberecht, Berlin u.a. 2007.

(zitiert als: Frenz, Handbuch Europarecht, Band 3, Rn.)

Giesberts, Ludger/ Die Anwendbarkeit des EU-Beihilfenrechts auf Finanzierungen Kleve, Guido von Infrastrukturanlagen, in: ZLW 62 (2013), S. 62-74.

(zitiert als: Giesberts/Kleve, ZLW 60 (2013), 62, S.)

Hobe, Stephan/ Kölner Kompendium des Luftrechts - Werk in drei Bänden Von Ruckteschell, Band 3: Wirtschaftsrechtliche Aspekte des Luftverkehrs, Köln Nicolai (Hrsg.) 2010.

(zitiert als: Hobe/von Ruckteschell/Bearbeiter, Kompendium Band 3, Teil, Rn.)

Hösch, Ulrich Regionalflughäfen und europäisches Beihilferecht, in: UPR 2016, S. 100-109.

(zitiert als Hösch, UPR 2016, 100, S.)

Immenga, Ulrich/ Wettbewerbsrecht - Kommentar zum Europäischen Kartellrecht Mestmäcker, Ernst- Band 3: Beihilfenrecht/Sonderbereiche, 5. Aufl., München 2016.

Joachim (Hrsg.) (zitiert als: Immenga/Mestmäcker/Bearbeiter, Art., Rn.)

Kallmayer, Axel Flughäfen auf dem Brüsseler Radarschirm, in: EuZW 2007, S. 585.

(zitiert als: Kallmayer, EuZW 2007, 585)

Linke, Benjamin Die Leitlinien der Kommission zu staatlichen Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften, in: NVwZ 2014, S. 1541-1548.

(zitiert als Linke, NVwZ 2014, 1541, S.)

Montag, Frank/ Münchener Kommentar zum Europäischen und Deutschen Säcker, Franz-Jürgen Wettbewerbsrecht (Kartellrecht) (Hrsg.) Band 3: Beihilfen- und Vergaberecht, München 2011.

(zitiert als: MüKo/Bearbeiter, Band 3, Teil, Kap., Rn.)

Müller-Graff, Peter- Die Erscheinungsformen der Leistungssubventionstatbestände Christian aus wirtschaftsrechtlicher Sicht, in: ZHR 152 (1988), S. 403- 438.

(zitiert als: Müller-Graff, ZHR 152 (1988), 403, S.)

Palandt, Otto (Hrsg.) Bürgerliches Gesetzbuch - Kommentar, 73. Aufl., München 2014.

(zitiert als: Palandt/Bearbeiter, §, Rn.)

Seidenspinner, Angela Flughafeninfrastrukturfinanzierung - Die Leitlinien von 2005 und ihre Schwächen, in: ZLW 60 (2011), S. 569-584.

(zitiert als Seidenspinner, ZLW 60 (2011), 569, S.)

Soltész, Ulrich Das neue europäische Beihilferecht, in: NJW 2014, S. 3128- 3132.

(zitiert als: Soltész, NJW 2014, 3128, S.)

Soltész, Ulrich Regionalflughäfen und „Billigflieger“ aus Sicht des Europäischen Beihilferechts, in: DVBl 2010, S. 277-286. (zitiert als: Soltész, DVBl 2010, 277, S.)

Streinz, Rudolf (Hrsg.) EUV/AEUV - Vertrag über die Europäische Union und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union - Kommentar, 2. Aufl., München 2012.

(zitiert als: Streinz/Bearbeiter, Art. Rn.)

Van der Hout, Robin Von Flughäfen, Freizeitbädern und Fußballstadien - Europäische Beihilfenkontrolle als Ersatzstrukturpolitik?, in:

ZEuS 2015, S. 391-405.

(zitiert als: Van der Hout, ZEuS 2015, 391, S.)

Von der Groeben, Europäisches Unionsrecht - Nomoskommentar, 7. Auflage, Hans/ Baden-Baden 2015.

Schwarze, Jürgen/ (zitiert als Von der Groeben/Schwarze/Hatje/Bearbeiter, Art., Hatje, Armin (Hrsg.) Rn.)

A. Einleitung

Mit der Liberalisierung des europäischen Luftverkehrs ging in diesem Sek- tor ein bemerkenswerter Wandel hin zu Billigfluggesellschaften einher, de- ren Geschäftskonzept darauf basiert, vornehmlich kleine Regionalflughäfen anzufliegen.1 Dieser „Boom der Billigflieger“2 lässt sich vor allem auf die Bereitschaft der Mitgliedstaaten und ihrer Kommunen zurückführen, regio- nale Flughafeninfrastruktur durch staatliche Unterstützung möglichst attrak- tiv für diese Fluggesellschaften zu gestalten. Die aus Verbrauchersicht zu begrüßenden Preissenkungen bei Flugtickets beruhen dabei in erheblichem Maße auf dieser staatlichen Unterstützung.3 Dabei können Flughafenbetrei- ber als Empfänger sowie als Geber dieser Unterstützungen agieren: Zum können sie staatliche Unterstützungen für Bau und Betrieb des Flughafens erhalten, zum anderen gewähren sie selbst einzelnen Fluglinien finanzielle Hilfe in Form von Anschubfinanzierungen oder weiteren Rabatten.4

Hinter dieser staatlichen Förderung steht die Erkenntnis der Mitgliedstaaten über das wirtschaftspolitische Potential des Luftverkehrs: Flughäfen schaf- fen Arbeitsplätze und ziehen bestenfalls Industrie- und Dienstleistungsun- ternehmen in die Region.5 Insofern kann ein gut frequentierter Flughafen geradezu als „Motor“ regionaler Entwicklung fungieren und strukturschwa- chen Regionen zum Auftrieb verhelfen.6 Dafür wird von den Mitgliedstaaten gleichwohl in Kauf genommen, dass ein überwiegender Teil der öffentlichen Flughafenbetreiber dauerhaft defizitär arbeitet.7 Die meisten regionalen Flughäfen sind allein aufgrund der staatlichen Unterstützung in der Lage, den Billigfluggesellschaften Konditionen anbieten zu können, die für einen größeren Verkehrsflughafen untragbar wären.8

Auch wenn die Errichtung und Unterhaltung öffentlicher Infrastruktur zum originären Aufgabenbereich des Staates gehört und damit im politischen Gestaltungsermessen des Mitgliedstaats liegt,9 so betrifft diese Konstella- tion dennoch auch eine europäische, wettbewerbsrechtliche Dimension.

Die Liberalisierung des europäischen Luftverkehrs setzt gerade voraus, dass sich die Beteiligten nach marktwirtschaftlichen Regeln verhalten können. Insofern muss der Preiswettbewerb als wesentliches Element eines funktionierenden Marktes möglich sein.10 Dies sucht die Kommission entsprechend der Unionskompetenz des Art. 3 I lit. b AEUV mittels der Anwendung der Wettbewerbsregeln sicherzustellen.

Der von der Kommission in ihrer Mitteilung von 1994 vertretene Standpunkt, zumindest der Ausbau von Infrastrukturanlagen unterfalle als allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahme nicht der Beihilfenkontrolle,11 ist spätes- tens mit der kartellrechtlichen Entscheidung in der Sache A é roports de Pa- ris, in der der Europ ä ische Gerichtshof das Zurverfügungstellen von Flug- hafeninfrastruktur als wirtschaftliche Tätigkeit qualifizierte,12 überholt. Die zunehmende wirtschaftliche Bedeutung von Flughäfen erfordert, dass die- ser Sektor nicht per se von der Beihilfenkontrolle ausgeklammert wird.13 Da- mit verlagert sich der Schwerpunkt der Beihilfenkontrolle der Kommission größtenteils vom Tatbestand der Beihilfe hin zur deren Genehmigungsfä- higkeit.14 Dies hat zur Folge, dass die Kommission quasi über den Hebel des Beihilfenrechts in die mitgliedstaatliche Strukturpolitik eingreift15 und damit Gefahr läuft, über ihr eigentliches Ziel, die Schaffung und Bewahrung eines unverzerrten Binnenmarktes (vgl. Art. 119 I AEUV), hinauszuschie- ßen. Dieses Problem der Ausweitung der Beihilfenkontrolle äußert sich im Arbeitsablauf der Kommission in einer strukturellen Überbelastung, der die Kommission mit einer Modernisierung des Verfahrens entgegentreten will.16 Inwieweit die geplanten und z.T. bereits durchgeführten Vorhaben der Kom- mission im Flugverkehrssektor auch bewirken, dass sich das grundsätzliche Problem der Ersatzstrukturpolitik der Kommission löst, ist Thema dieser Ar- beit.

B. Beihilfebegriff des Art. 107 I AEUV im Luftverkehrsrecht

Ob eine geplante staatliche Unterstützungsmaßnahme der Beihilfenkon- trolle der Kommission unterfällt, hängt davon ab, ob diese den Beihilfenbe- griff des Art. 107 I AEUV erfüllt. Strukturell ist Art. 107 I AEUV als ein ge- setzliches Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet.17 Sofern eine Maß- nahme die darin festgelegten Kriterien des Beihilfebegriffs kumulativ erfüllt, unterliegt diese Maßnahme der Kommissionkontrolle mit der Folge, dass sie gem. Art. 108 III 1 AEUV bei der Kommission angemeldet werden muss und nach der sog. „Stand-Still-Klausel“ des Art. 108 III 3 AEUV bis zum Abschluss von deren Prüfung nicht durchgeführt werden darf.

Für den anmeldenden Mitgliedstaat und das begünstigte Unternehmen be- deutet dies eine nicht unerhebliche Belastung, zumal schon die Dauer eines Notifizierungsverfahrens in der Praxis bis zu zwei Jahre betragen kann.18 In Anbetracht dessen, dass neue Infrastrukturmaßnahmen bereits nach natio- nalem Recht langwierige Genehmigungsprozesse durchlaufen,19 kann eine solche weitere Verzögerung Infrastrukturvorhaben erheblich behindern. Hinzu kommt, dass nach deutschem Recht ein Verstoß gegen das Durch- führungsverbot zur ex-tunc-Nichtigkeit der zugrundeliegenden Verträge nach § 134 BGB führt,20 was für alle Beteiligten eine erhebliche Rechtsun- sicherheit darstellt. Nicht wenige der im Infrastrukturbereich dringlich ge- suchten Investoren und Kreditgeber schreckt ein solches Risiko von einer Beteiligung ab. Verstärkt wird dieses Rechtsrisiko noch dadurch, dass rechtswidrig gewährte Beihilfen grundsätzlich zuzüglich Zinsen zurück zu gewähren sind.21 Gerade, wenn eine Beihilfe an sich genehmigungsfähig gewesen wäre und allein eine Notifizierung nicht erfolgte, kann eine Rück- zahlung der sich über einen längeren Zeitraum angesammelten Zinsen für einen Begünstigten durchaus einschneidend sein.22

Angesichts dieser tiefgreifenden Auswirkungen der Notifizierungspflicht lässt sich der Beihilfebegriff des Art.

[...]


1 Seidenspinner, ZLW 60 (2011), 569.

2 Solt é sz, DVBl 2010, 277.

3 Seidenspinner, ZLW 60 (2011), 569.

4 Solt é sz, DVBl 2010, 277, 278.

5 Birnstiel/Bungenberg/Heinrich/ Hobe/Seidenspinner, Kap. 3, Rn. 255.

6 Seidenspinner, ZLW 60 (2011), 569.

7 Hobe/von Ruckteschell/ Martin-Ehlers, Kompendium Band 3, Teil V, Rn. 849.

8 Seidenspinner, ZLW 60 (2011), 569.

9 Classen/Mellwig, DVBl 2014, 1229, 1230.

10 Kallmayer, EuZW 2007, 585.

11 KOM, Mitteilung - Flughafenleitlinien von 1994, ABl. 1994 C 350/5, Rn. 12.

12 EuGH, Urt. v. 24.10.2002, C-82/01 P (Aéroports de Paris), Slg. 2002, I-9297, Rn. 78.

13 Seidenspinner, ZLW 60 (2011), 569, 572.

14 Vgl. Von der Groeben/Schwarze/Hatje/ Rusche, Nach Art. 107 AEUV, Rn. 449.

15 Van der Hout, ZEuS 2015, 391, 404.

16 Van der Hout, ZEuS 2015, 391, 403.

17 Von der Groeben/Schwarze/Hatje/ Kliemann, Art. 107 AEUV, Rn. 2.

18 Van der Hout, ZEuS 2015, 391, 399.

19 Giesberts/Kleve, ZLW 62 (2013), 62, 71.

20 BGH, Urt. v. 20.1.2004, XI ZR 53/03, EuZW 2004, 252; Palandt/ Ellenberger, § 134 BGB, Rn. 3.

21 EuGH, Urt. v. 12.2.2008, C-199/06 (CELF), Slg. 2008, I-469, Rn. 50-52.

22 Van der Hout, ZEuS 2015, 391, 400.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
EU-Beihilfeaufsicht über Flughäfen. Problem der Ersatzstrukturpolitik der Kommission
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Note
16 Punkte
Autor
Jahr
2017
Seiten
25
Katalognummer
V419839
ISBN (eBook)
9783668714175
ISBN (Buch)
9783668714182
Dateigröße
958 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
eu-beihilfeaufsicht, flughäfen, problem, ersatzstrukturpolitik, kommission
Arbeit zitieren
Giulia Matt (Autor:in), 2017, EU-Beihilfeaufsicht über Flughäfen. Problem der Ersatzstrukturpolitik der Kommission, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/419839

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