Techno-Anfänge einer Jugendkultur. Die Techno-Jugendbewegung in Berlin


Hausarbeit, 2016

14 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1.Was genau ist Jugendkultur?

2. Definition und Entstehung

3. Entwicklung der Techno Szene in Europa
3.1 Die Erfindung des Raves in Großbritannien
3.2 Entstehung der deutschen Techno-Szene

4. Techno in Berlin
4.1 Berlin nach der Wende
4.2 Der Techno-Underground
4.3 Durchbruch des Techno

5. Aspekte der Jugendkultur

6. Kommerzialisierung

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

Einleitung

Techno wird heute als einer, der wichtigsten jugendkulturelle Bewegung der letzten zehn Jahre betrachtet, darüber besteht weitgehend Konsens. Mehrere Millionen Jugendliche und junge Erwachsene fühlen sich der Techno Szene angehörig und nehmen regelmäßig an Events teil. Hinzu kommt mindestens dieselbe Menge, die nur gelegentlich diese Musik hört, oder sporadisch an Veranstaltungen partizipiert. Techno ist Ausdruck für eine kollektiv geteilte Attitüde, verbunden mit einem bestimmten Lebensstil. Diese Jugendkultur verdient unsere besondere Aufmerksamkeit, denn die Zahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich mit der Szene assoziieren, ist seit den 90er Jahren förmlich explodiert. Die Techno-Szene in Deutschland gilt heute als einer der interessantesten und buntesten der ganzen Welt. In der folgenden Arbeit soll ein Einblick in die Anfänge der Jugendkultur Techno gegeben werden um zu verstehen wie sich diese Szene so rasch ausbreiten konnte und Techno mehr als nur eine Musikrichtung geworden ist. Als erstes wird der Begriff „Jugendkultur“ kurz erläutert, um eine Wissensgrundlage zu schaffen, damit das Phänomen Jugendkultur Techno besser verstanden werden kann. Anschließend soll die Jugendbewegung Techno anhand der Wende in Berlin spezifiziert werden.

1.Was genau ist Jugendkultur?

Da Techno immer auch als Jugendkultur beschrieben wird, ist es unumgänglich diesen Begriff näher zu erläutern. Die Jugend ist eine, immer prekärer werdende Lebensphase. Sie hat ihren Charakter als Warte-, Übergangs- oder Reifezeit in das Erwachsenenalter weitgehend verloren. Die heutige Jugendphase ist länger, das Eintrittsdatum ist niedriger und die Verweildauer ist länger. Früher vorhandene ritualisierende Übergänge von Jugend zum Erwachsenenalter, wie beispielsweise die Beendigung der Schulzeit, sind heutzutage kaum noch existent (vgl. Albert 2009: S.3 f.). Die Zeit in der sich die Jugendlichen in Bildungssystem befinden, hat sich immer weiter ausgedehnt, die Ausreifung des Jugendlichen zum Erwachsenen durch gesellschaftlich vorgegebene Phasen ist in der heutigen Gesellschaft kaum noch wiederzufinden. Durch diese Umstrukturierung des Übergangs ist der heutige Jugendliche selbstreflexiver als seine Eltern oder Großeltern, er führt ein selbstbestimmendes Leben und passt sich schneller an die ständig wechselnden Gesellschaftsbedingungen an. (vgl. Hitzler und Pfadenhauer 2001: S. 121 ff.) Dieser strukturelle Wandel bedingt das es Jugendliche als zunehmend schwerer betrachten sich in der Gesellschaft einzurichten. Jugendliche definieren sich daher als Akteure in Jugendkulturen, in denen sie sich Identität und Gewohnheiten schaffen. Sie identifizieren und sozialisieren sich durch Gruppensymbole wie Musik oder Kleidung und artikulieren in einer bestimmten Jugendsprache, sprich sie schaffen sich eigene kulturelle Werte. (vgl. ebd. S.5) Jugendkultur wird oft teil der Konsumgesellschaft, da nur äußerliche Merkmale von der breiten Masse aufgenommen werden, immaterielle Werte gehen hierbei oft verloren. Jugendkultur ist folglich eine selbstentwickelte Alternativ- und Alltagswelt in die sich der Jugendliche flüchtet um dort zu agieren. Sie ist wichtiger Bestandteil in einer sich permanent verändernden Kultur.

2. Definition und Entstehung

Techno basiert verallgemeinert auf eine konzentrierte Tanzmusik rhythmischer Elemente. Sie wird mit Hilfe elektronischer Geräte wie dem Synthesizer, Sampler, oder Sequenzer produziert. (vgl. Meyer 2000: S.37 f.) In der Regel fehlt die klassische Liedstruktur,

- das sich beliebig wiederholende Schema Auf-Strophe-folgt-Refrain wird aufgebrochen. Harmonien und (Sprech-)Gesang sind bis zur Unendlichkeit reduziert oder vollkommen abgeschafft “. (Fuchs 2007: S. 69)

In der Techno-Musik heißen die einzelnen Stücke Tracks und nicht mehr Songs. Der DJ überarbeitet sie und spielt sie ineinander um dem Eindruck der Unendlichkeit zu vermitteln. (vgl. Hitzler und Pfadenhauer 2001: S. 13) Bei der Ausarbeitung der Tracks werden mit Hilfe der oben aufgeführten Geräte disparate Klangformen an Computern durch Ausprobieren zusammengemischt. In der Literatur werden die Anfänge des Technos bis zum 20. Jahrhundert zurückverfolgt, als die ersten Möglichkeiten der elektronischen Erzeugung und Aufzeichnungen von Tönen entwickelt wurden, doch ist es fast unmöglich einen genauen Zeitpunkt für die Entstehung des Technos auszumachen. (vgl. Meyer 2000: S. 36) Techno basiert vielmehr auf eine Verknüpfung verschiedener vorhergegangener musikalischer Entwicklungen. In den 70er und 80er Jahre entwickelte sich in Chicago die House-Musik mit ihren positiven Vibes. Dort wurde das Fundament der elektronischen Musik gebildet und weiterentwickelt. Daraufhin nahm Techno dann in Detroit um 1985 seinen Anfang. Hier erarbeiteten eine Gruppe Afroamerikaner, aus ärmlich stammenden Verhältnissen, einen neuen Stil, die ihre Welt und ihre Sicht der Dinge auf die Welt und die damit verbundene Leere wiederspiegeln sollte. (vgl. Fuchs 2007: S. 65) Bei der Entstehung des Technos spielt auch der Einfluss der Stadt Detroit selbst eine signifikante Rolle.

„Die Stadt war einst die US-amerikanische Arbeiterhochburg überhaupt, in der die Automobilindustrie angesiedelt war. Seit den 70er Jahre ging es mir der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt ständig bergab, in den Autofirmen kam es zu Massenentlassungen; nur Verwaltung, Forschung und Hochtechnologie verhießen neue Arbeitsplätze.“ (ebd.: S. 65-66)

Die Deindustrialisierung der Stadt bot viel Platz um ohne großen logistischen Aufwand in den vielen leerstehenden Gebäuden zu feiern. Statt wie in Chicago die alltägliche Welt in Clubs zu vergessen, steht hinter dem Begriff des Technos die Philosophie der Individualität. Die Schwarzen prägten ihre Musik mit gravierend ernster Stimmung. Die Stücke waren „innovativ, ein Ausdruck ihrer Zeit und Umwelt, aber sie sollten die Leute auch unterhalten und zum Tanzen bringen“ (ebd.: S.66) Der maschinenartige Sound dieser Musik stellte für die schwarzen Jugendlichen das geeignete Medium dar, ihrem Gefühl der Leere Ausdruck zu verleihen. Die Zerrissenheit der morbiden Stadt floss in die Musik mit ein. Die Clubszenen die sich um Detroit und Chicago aufgebaut hatten, waren allerdings keine jugendkulturellen Szenen, sondern damalige soziale Randgruppen der USA, denen auch die Afroamerikaner und Homosexuellen zugeordnet werden konnten. Diese fanden in der Diskothek die Gelegenheiten ihre Empfindungen adäquat auszudrücken und ihren Neigungen nachzugehen. (vgl. ebd.: S 66f.)

3. Entwicklung der Techno Szene in Europa

3.1 Die Erfindung des Raves in Großbritannien

Ende der 80er Jahre entwickelte sich in Großbritannien die amerikanische House- und Techno-Kultur, die sich dort neben dem Punk zur größten Jugendkultur überhaupt etablierte. Hier erreichte die elektronische Tanzmusik erstmals gesellschaftliche Wahrnehmung innerhalb Europas. Über die beliebte Ferieninsel Ibiza gelangte die moderne Musik nach Großbritannien. (vgl. Meyer 2000: S.51) In den britischen Metropolen fand der „Acid Sound“ große Anhängerschaft und so tanzten Tausende Jugendliche tagelang zu elektronischer Musik die aus Lautsprecherboxen von mobilen Stationen gespielt wurde. Das Ganze ereignete sich meist im Freien, oder in kurzerhand besetzten oder angemieteten Hallen. (vgl. ebd.: S. 52 f.) So entstand der Rave als wohl Szenenspezifischster Aspekt der Jugendkultur Techno. Die habituelle Grundstimmung bei einem Rave ist Ausgelassenheit und Sensationslust. Die Tanzveranstaltungen waren anfangs meist illegal und deren Orte wurden kurzfristig von den Organisatoren festgelegt. Über kleine Handzettel (Flyer), bedruckt mit Smiley Logos, verbreiteten sich die bevorstehenden Veranstaltungen sehr schnell, ein kollektives Lebens- und Liebensgefühl unter den Akteuren der Szene blühte auf und auch aufputschende Drogen fanden raschen Zugang zum Mainstream. Geredet wurde vom „ Second Summer of Love “ welche sich auf den von den Hippies gefeierten „ Summer of Love“ 1967 beziehen sollte. (vgl. ebd.) Zur Leistungssteigerung eingenommene synthetisch hergestellte Rauschmittel wie Exstasy1 auch XTC genannt, ermöglichen tagelanges durchtanzen. 1990 wurde dagegen energisch von der Polizei vorgegangen, auch die britische Regierung reagierte konsequent mit Gesetzesveränderungen. Veranstalter von illegalen Raves behandelte man ab nun nach dem Strafgesetzbuch und bestrafte sie wesentlich härter. Zur Folge fanden die meisten Raves nun legal in offiziellen Clubräumen statt. Als auch die Medien plötzlich über die, in Neonshirts tanzenden, Jugendlichen referierten und 1988 D Mobs Song „We call it Acieed “ auf Platz drei der Englischen Charts stürmte, entwickelte sich die Szene fort von seinem eigentlichen Grundgedanken im Underground zu agieren. (vgl. silverblue-music: Stilrichtungen, ACID HOUSE)

3.2 Entstehung der deutschen Techno-Szene

Signifikant maßgeblich für die Entwicklung der deutschen Techno-Szene waren die beiden Städte Berlin und Frankfurt. Die Frankfurter Club-Szene etablierte sich bereits Mitte der 80er Jahren, geprägt von den eher europäischen Wurzeln des Technos in Großbritannien. Einer der berühmtesten Wegbereiter dort war Sven Väth, der mit seiner Diskothek „ Omen“ in der Frankfurter Innenstadt einen Anlaufpunkt von überregionaler Bedeutung etablierte und damit dem Techno endgültig verhilf im Großraum Frankfurt Fuß zu fassen. (vgl. Meyer 2000: S.55) Auf wie ein hier, seit den 80er-Jahren bestehendes, professionelles Netzwerk aus Clubs, Produzenten und Labels konnte Berlin damals nicht zurückblicken, ebenso wenig wie auf eine längerfristige Geschichte der elektronischen Musik. Die deutsche Hauptstadt war damals gegliedert in Ost- und West-Berlin, vorwiegend geprägt durch die Punk-Szene. Bands wie die Einstürzenden Neubauten und Bewegungen wie den Genialen Dilettanten, waren das Leitbild der Musik der Stadt. Eine DJ-Kultur war zur damaligen Zeit in Westberlin kaum existent, lediglich im Club Metropol spielte der DJ Westbam elektronische Musik. In Ostberlin war es prinzipiell gefährlich Teil einer Jugendkultur zu sein. Punk blieb in der DDR durch die massive Verfolgung seines öffentlichen Ausdrucks immer halb erstickt. Als dann 1989 die Mauer fiel, machte eine kleine, aus vorherigen Jahren entstandene DJ-Kultur, Techno zum Soundtrack des Ausnahmezustands nach der Wende. (vgl. Denk und Thülen 2014: S.9 f.)

[...]


1 Exstasy wird chemisch als MDMA deklariert. Der Stoff wurde 1913 ursprünglich als Appetitzügler patentiert, 1986 verboten. Er steigert die Wahrnehmung und produziert Glücksgefühle. Eine Exstasy-Tablette hat eine aufputschende und tranceartige Wirkung, die es möglich macht stundenlang ohne Unterbrechungen durchzutanzen.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Techno-Anfänge einer Jugendkultur. Die Techno-Jugendbewegung in Berlin
Hochschule
Universität zu Köln
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
14
Katalognummer
V419837
ISBN (eBook)
9783668684706
ISBN (Buch)
9783668684713
Dateigröße
517 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Techno, Identität, Jugend, Kulturen Subkulturen
Arbeit zitieren
Sophia Eberl (Autor:in), 2016, Techno-Anfänge einer Jugendkultur. Die Techno-Jugendbewegung in Berlin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/419837

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