Enzymatik. Eine Studienreise mit Alkoholexzess (Biologie Klasse 11, Gymnasium)

Möglichkeiten und Problematiken der kompetitiven Enzymhemmung bei einer Methanolvergiftung


Unterrichtsentwurf, 2018

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Angaben zur Lerngruppe

Die ausgewählte Lerngruppe umfasst 22 Schülerinnen und Schüler (15 w, 7 m) der Klasse 11. Ich unterrichte den Kurs seit Beginn des Schulhalbjahres 2017/18 wöchentlich eine Doppelstunde lang. Im Allgemeinen zeigt sich die Lerngruppe freundlich, aufgeschlossen und insbesondere an handlungsorientierten Unterrichteinheiten interessiert.

Wenigen Lernenden fällt der Umgang mit Aufgabensettings, bei denen analytisches Denken erforderlich ist, per se leicht. Sie bereichern den Unterricht durch viele produktive Beiträge. Die meisten Lernenden benötigten gerade beim unmittelbaren Übergang in die Vorstufe im Unterrichtsfach Biologie vermehrt Unterstützung im Umgang mit Fachbegriffen, -texten, - präsentationen sowie praktischen naturwissenschaftlichen Arbeitsweisen. Um jeden der Schülerinnen und Schüler die erfolgreiche Arbeit an den Lerngegenständen zu ermöglichen, wird der Unterricht strukturiert, schüleraktivierend und mit Differenzierungsmöglichkeiten ausgerichtet. Besonders geeignet sind handlungsorientierte, verbindliche Lernszenarien mit einem Lebensweltbezug. Die Schülerinnen und Schüler haben Freude daran, sich zu erproben, arbeiten konzentriert in Teams und können die Unterrichtsinhalte so besser verinnerlichen. Durch eine adäquate Handlungsritualisierung (z.B. wiederkehrendes methodisches Vorgehen mit unterschiedlichen Inhalten) gewinnen die Lernenden zunehmend an Sicherheit. In den letzten Einheiten zeigten die Lernenden bereits einen souveränen Umgang mit den unterschiedlichen naturwissenschaftlichen Kompetenzbereichen, so dass Unterstützungsangebote seitens der Lehrperson reduziert, letztere oftmals als Lernbegleitung fungiert und das Anforderungsniveau insgesamt erhöht werden konnte.

Letztendlich liegt der Fokus des Unterrichtsgeschehens auf einer konstruktiven Lernatmosphäre. Basierend auf diesen Aspekten wird die folgende Hospitationsstunde ausgerichtet.

2. Thema der Unterrichtseinheit und der Stunde

Die aktuelle Unterrichtseinheit befasst sich mit dem Thema Enzymatik. Thema der Unterrichtsstunde ist die problemorientierte Herangehensweise an Eine Studienreise mit Alkoholexzess - Welche Möglichkeiten und Problematiken bestehen in Bezug auf die kompetitive Enzymhemmung am Beispiel der Methanolvergiftung (in Deutschland)?, die auf Grundlage des Fachwissens der Schülerinnen und Schüler in einer quasi-authentischen kommunikativen Situation diskutiert und beurteilt wird.

3. Einbettung der Stunde in die Gesamtplanung

Die Hospitationsstunde ist Bestandteil der Unterrichtseinheit Enzymatik. Im Rahmen dieses Lernvorhabens können die Schülerinnen und Schüler bereits Aufbau und Funktionen von Proteinen und Enzymen beschreiben. Zudem erläutern sie Enzyme als substrat- und wirkungsspezifische Biokatalysatoren und erklären verschiedene Arten von Enzymhemmungen (Kompetenzbereiche Fachwissen und Kommunikation). Basierend auf der thematischen Vorbereitung sollen die Schülerinnen und Schüler in der Hospitationsstunde auf der Grundlage ihres Fachwissens zwei Möglichkeiten der kompetitiven Hemmung am Beispiel der Methanolvergiftung beschreiben und erklären sowie Möglichkeiten und Problematiken bewerten / diskutieren (Kompetenzbereiche Fachwissen, Kommunikation und Bewertung). In den folgenden Unterrichtseinheiten planen die Lernenden Experimente zum Einfluss unterschiedlicher Parameter auf die Enzymaktivität, führen diese durch und analysieren die Resultate (Kompetenzbereich Erkenntnisgewinnung).

4. Schwerpunktlernziele der Doppelstunde

Kompetenzbereich Fachwissen (Anforderungsbereich II)

- Die Schülerinnen und Schüler können die Gabe von Ethanol / Fomepizol bei einer Methanolvergiftung der kompetitiven Enzymhemmung begründet zuordnen, indem sie die Abbildungen / die Informationen der Wirkungsweise auswerten.

Kompetenzbereich Kommunikation (Anforderungsbereich II/III)

- Die Schülerinnen und Schüler präsentieren und tauschen ihre zuvor herausgearbeiteten Argumente in der Diskussion aus.

Kompetenzbereich Bewertung (Anforderungsbereich III)

- Die Schülerinnen und Schüler diskutieren und beurteilen Möglichkeiten und Problematiken in Bezug auf die kompetitive Enzymhemmung am Beispiel der Methanolvergiftung.

5. Begründung der didaktischen Entscheidungen

5.1 Sachanalytische Hinweise

Im Bereich der Stoffwechselregulation werden zwei Arten der reversiblen Hemmung differenziert: Die allosterische sowie die kompetitive Enzymhemmung. Letztere steht im Fokus der Hospitationsstunde. Bei dieser Form ähnelt der Inhibitor (Hemmstoff) dem eigentlichen Substrat und konkurriert mit diesem um das aktive Zentrum des Enzyms. Ist ein Inhibitor mit einer höheren Konzentration als das natürliche Substrat am aktiven Zentrum gebunden, kann kein Produkt entstehen beziehungsweise das Substrat nicht umgesetzt werden.

Ein Lebensweltbezug zur kompetitiven Hemmung kann beispielsweise mit einer Methanolvergiftung hergestellt werden: Deutsche Schülerinnen und Schüler erlitten auf Studienreisen ins Ausland in den vergangenen Jahren bei Alkoholexzessen zum Teil Vergiftungserscheinungen mit Todesfolgen. Bei einer Methanolvergiftung können unter anderem Ethanol oder Fomepizol als kompetitive Hemmstoffe der Alkoholdehydrogenase (ADH) intravenös verabreicht werden. Bei Gabe von Ethanol muss der Wert bei 0,5 bis ungefähr einer Promille gehalten sowie engmaschig überwacht werden, um beispielsweise Leberschäden zu vermeiden. Die Affinität von Fomepizol zur ADH ist in vitro rund 8000 Mal und in vivo 500 bis 1000 Mal höher im Vergleich zu Ethanol. Deshalb kann hier die kompetitive Hemmung bei erheblich niedrigeren Konzentrationen erfolgen. Dieses Vorgehen wird in den USA präferiert. In Deutschland dagegen ist Fomepizol formal bislang nur zur Behandlung einer Ethylenglycol-Intoxikation zugelassen.1

Ausgehend von dem Vorwissen der Lernenden werden diese die gewählte Leitfrage diskutieren und die gegebene Problematik beurteilen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten innerhalb der Kleingruppen eine Rollenzuweisung und lernen so in einer quasi-authentischen Kommunikation sich in andere Personen hineinzuversetzen sowie zum Abschluss eine eigene Meinungsbildung vorzunehmen. Innerhalb der unterschiedlichen Arbeitsschritte aktivieren, erweitern und überdenken die Lernenden ihr Wissen.

5.2 Didaktische Entscheidungen

Die Auswahl des Unterrichtsinhalts in der gezeigten Stunde lässt sich zunächst mit den Vorgaben des Hamburger Rahmenplans / Bildungsplans (2014) begründen. Dieser sieht als Inhalte für den Übergang in die Studienstufe strukturierte Basiskonzepte vor. Zu letzteren zählen Eigenschaften des Organismus wie zum Beispiel der Stoffwechsel sowie die „Steuerung und Regelung" (...) und der „Austausch und Verarbeitung von Informationen" (ebd., S. 35).

Die Fachbereiche Kommunikation und Bewertung können nicht „inhaltsleer" gestaltet werden. Hierfür ist eine fachliche, das heißt, inhaltliche Grundlage relevant. Folglich klären die Lernenden bevor sie in die Diskussion übergehen Sachverhalte (hier: die kompetitive Enzymhemmung am Beispiel der Methanolvergiftung) und erkennen eventuelle Problematiken. Des Weiteren üben die Lernenden „die Fähigkeit zum systematischen, zielgerichteten Lernen sowie die Nutzung von Strategien (...) zur Darstellung von Informationen", indem sie die vorgegebenen Materialien für die anschließende Diskussion aufbereiten (ebd., S. 30).

Im Allgemeinen unterliegt Stadtteilschulen die Aufgabe, fachliche und überfachliche Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler entsprechend ihrer jeweiligen Lernvoraussetzungen in einem produktiven Lernmilieu zu fördern.

Im Bereich Selbstkonzept und Motivation umfasst dies unter anderem die Meinungsbildung sowie die Einnahme unterschiedlicher Perspektiven im Rahmen der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Problematiken. Ferner heißt es im Bildungsplan: „Zu dieser Fähigkeit des Perspektivenwechsels gehört auch, sich in die Rolle eines anderen Menschen einzufühlen und Verständnis dafür zu entwickeln, dass jemand anders denkt und sich daher anders entscheidet als man selbst" (ebd.).

Die Idee der Unterrichtseinheit basiert auf einer problemorientierten, quasi­authentischen Kommunikationssituation, die aus Sicht der Lernenden wie folgt skizziert werden kann: Ich bin als Fachvertreter Teil eines Diskurses zum Thema Welche Möglichkeiten und Problematiken bestehen in Bezug auf die kompetitive Enzymhemmung am Beispiel der Methanolvergiftung? Eine Angehörige einer betroffenen Schülerin möchte sich unterschiedliche Expertenmeinungen anhören, um der Behandlung ihrer Tochter begründet zuzustimmen. In meiner Rolle trage ich zur Entscheidungsfindung der Angehörigen bei und kann in Zukunft situativ bedingt und kontextbezogen Informationen herausfiltern sowie bewerten. Infolge der Partizipation in den Rollenzuweisungen innerhalb der Gruppen sollen neben einem Perspektivenwechsel das Toleranzbewusstsein und die eigene Urteilsbildung gestärkt werden.

Die Anforderungshöhe der Stunde ist so variabel, dass die Stundenziele von jedem der Schülerinnen und Schüler entsprechend der individuellen Leistungsniveaus erreicht werden können. Leistungsstärkere Lernende können sich in freierem und differenzierterem Urteilen versuchen, während schwächere Teilnehmende sich an ihre Notizen und die vorab gegebenen Hilfsinformationen anlehnen können. Jeder kann somit nach seinem individuellen Bedarf das Diskussionsthema angehen und reflektieren. Zur didaktischen Reduktion wurde die Lehr-Lernsituation intensiv und verständlich mithilfe der Vorstunden aufbereitet und nicht alle fachlichen (chemischen) Themeninhalte sowie Argumente und Personengruppen, die an einer schlussendlichen Entscheidung der Diskussionsfrage teilhaben könnten, berücksichtigt.

6. Begründung der Methoden- und Medienauswahl

Im Stundenverlauf werden unterschiedliche Sozialformen kombiniert wie beispielsweise die Lehrkraft-Schülerinnen und Schüler-Interaktion, Partnerarbeit und die Diskussion in der Gruppe.

Zur Öffnung des subjektiven Konzepts erfolgt am Stundenanfang eine individuelle Auseinandersetzung mit einem problemorientierten Rätsel, um jeden der Lernenden zu aktivieren und vor allem für die folgende Arbeitsphase zu motivieren.

Die Schülerinnen und Schüler stellen begründete Überlegungen an, wie Alltags- (hier: Lara liegt im Koma) und biologische Phänomene (hier: Ethanol und Fomepizol -> kompetitive Enzymhemmung) Zusammenhängen und gehen diesen Vermutungen in der Arbeitsphase nach. Der Einsatz des Arbeitsblattes für das Teampuzzle ist relevant, damit die Lernenden die Vorgänge der kompetitiven Hemmung für die anschließende Diskussion erfassen, einem Partner verständlich erklären können und somit letztendlich über eine gemeinsame fachliche Basis verfügen. Bei diesen Arbeitsschritten müssen die relevanten Informationen herausgefiltert und in Beziehung gesetzt werden, was eine intensive Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand erfordert.

Das vorhandene Wissen wird in der Aufbereitung der Rollenkarten vertieft angewandt. Hier steht es den Lernenden je nach Lernpräferenz frei, selbstständig oder in Kleingruppen zu arbeiten. Demzufolge kann jeder die Arbeitsphase basierend auf den individuellen Fähigkeiten oder kooperativ durchlaufen.

Die Sozialform einer Kleingruppenarbeit in der Diskussion bietet sich bei einer Lerngruppe mit einer Größe von 24 Schülerinnen und Schülern an, weil so die Aktivierung der einzelnen Gruppenmitglieder höher ist. Da jeder der Lernenden eine bestimmte Rolle einnimmt, die in dem Diskurs unentbehrlich ist, wird eine hohe Verbindlichkeit geschaffen. Die Schülerinnen und Schüler profitieren im Rahmen des Austausches von ihren jeweiligen Fertigkeiten und Fähigkeiten. Diskussionsregeln und -erwartungen werden zu Beginn der Debatte vorgestellt, damit ein verbindlicher Rahmen und eine Transparenz der Erwartungen bestehen.

Die gewählte Methode fördert nicht nur die Teamkompetenz, sondern erfordert ebenfalls eine handlungsorientierte und intensive Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand. Es ist ein multiperspektivisches problemorientiertes Phänomen mit einem Lebensweltbezug ausgewählt worden. Die zu diskutierende Frage bedarf einer intensiven Bearbeitung und Beantwortung unter Berücksichtigung unterschiedlicher Aspekte. Da nicht alle Gruppen die Diskussion gleichzeitig beenden, wird ein Vertiefungsauftrag in Form von weiterführenden Fragen bereitgestellt. Um außerhalb der Rolleneinnahme ein individuelles Urteil zu ermöglichen, notiert sich jeder der Lernenden drei Argumente, die im Hinblick auf die Möglichkeiten und / oder Problematiken zur kompetitiven Hemmung am Beispiel einer Methanolvergiftung als ausschlaggebend eingestuft wurden. Zuletzt wird die Diskussion im Plenum vertieft, so dass die in den Gruppen gebliebenen Positionen für alle ersichtlich sind, Fragen geklärt und auch der Wert der Aussagen thematisiert werden kann.

[...]


1 Vgl. Brent, J., et al. (2001)

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Enzymatik. Eine Studienreise mit Alkoholexzess (Biologie Klasse 11, Gymnasium)
Untertitel
Möglichkeiten und Problematiken der kompetitiven Enzymhemmung bei einer Methanolvergiftung
Hochschule
Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
25
Katalognummer
V419693
ISBN (eBook)
9783668701922
ISBN (Buch)
9783668701939
Dateigröße
796 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Enzymatik kompetitive Hemmung - Methanolvergiftung - Ethanol - Fomepizol
Arbeit zitieren
Nora Schrader (Autor:in), 2018, Enzymatik. Eine Studienreise mit Alkoholexzess (Biologie Klasse 11, Gymnasium), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/419693

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