Ist der Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee gefährlich und muss er abgestellt werden?

Kompetenzentwicklungen auf geographischen Exkursionen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2013

58 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Planung der Exkursion
2.2 Durchführung der Exkursion
2.2.1 Theorie: Exkursionskonzepte und Exkursionsmethoden
2.2.2 Praxis: Durchführung der Exkursion im HZB
2.2.3 Praktische Umsetzung im Schulbetrieb
2.3 Reflexion der Exkursion

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

5. Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: “From the basic idea to the actual fieldwork” (Quelle: „Carrying out an individual project“, in: Geography Review, vol.4, no.3, January 1991 )

Abbildung 2: Wertequadrat der Rollenperspektiven

Abbildung 3: Raumkonzepte und Exkursionsmethoden (Quelle: Budke & Wienecke, 2009, S.16)

Abbildung 4: ”Questions afforded by each organising concept.” (Quelle: Taylor, 2008, S.52)

Abbildung 5: Globale Identitäten (Quelle: Uhlenwinkel, 2013, S.5)

Abbildung 6: Beispielvernetzung von „Ist der Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee gefährlich und muss er abgestellt werden?“

Abbildung 7: Konzeption von Rollenexkursionen (Quelle: Böing & Sachs, 2009, S. 33)

Abbildung 8: Das Hamburger Modell nach Wolfgang Schulz (Quelle: http://e-ducation.net/scientists/image0001.gif; Stand: 03.05.2013; 10:31)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Kompetenzentwicklung durch geographische Exkursionen

Tabelle 2: Auswertung der „Individualfeedbackmethode-Zielscheibe“ (n= 10)

1. Einleitung

Die deutsche Atompolitik ist in der Bundesregierung vom Dualismus schwarz-gelb und rot-grün geprägt. Legten diese den Ausstieg fest, so hebelten jene ihn wieder aus und beschlossen den „Ausstieg vom Ausstieg“. Der Begriff „Atompolitik“, der durch die Debatte um die atomare Bewaffnung der Bundeswehr in den 50er-Jahren meist anders verwendet und gedeutet wurde, versteht sich gegenwärtig als die Gesamtheit politischer Bestrebungen, sich mit der Kernenergie-Nutzung, sei es die Beendigung, die friedliche Nutzung oder die Begrenzung der Verbreitung (u.a. Atomwaffen), auseinanderzusetzen[1]. Der langfristige Ausstieg aus der nuklearen Energieversorgung („Atomausstieg“) wurde ein zentraler Aspekt in der Politik, bis heute. In den Jahren 2000 und 2002 hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung den Atomausstieg beschlossen. Es wurden Reststrommengen für jedes der 17 in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke festgelegt, so dass sich eine Gesamtlaufzeit von etwa 32 Jahren nach Inbetriebnahme ergab. Im Herbst 2010 erwog die schwarz-gelbe Bundesregierung gegen den heftigen Widerstand der Opposition eine Verlängerung der Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke um bis zu 28 Jahre. Erst in Anlehnung an die am 11.03.2011 eingetretene Nuklearkatastrophe in Nähe des japanischen Ortsteils Fukushima setzte sich die Bundesregierung mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür ein, die „Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung“ einzuberufen. Die Bundesregierung beschloss den schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie und sei überzeugt, dass sich die Energiewende wirksam innerhalb eines Jahrzehntes bewerkstelligen lässt (Ethik-Kommission Sichere Energieversorgung, 2011). Betrachtet man die Schlüsselereignisse in der deutschen Atompolitik, so löste die Nachricht von dem Reaktorunglück 1986 in Tschernobyl in der Öffentlichkeit große Unruhe aus. In Deutschland kannte man plötzlich den Begriff Becquerel, die Einheit, mit der man die Aktivität von Radioaktivität misst. Im Gegensatz zu dem Reaktorunglück 1986 haben bei der Katastrophe 2011 in Fukushima das mobile Internet und die sozialen Medien einen Wandel in der Kommunikation zwischen den Menschen herbeigeführt. Neue Technologien in den Medien ermöglichen es heute, nahezu unabhängig von Ort und Zeit, miteinander zu interagieren. Die Nachrichtenübermittlung der Reaktorunglücke in Japan in Echtzeit (via Livestream[2] ) brachte die Katastrophe direkt ins Wohnzimmer und ließ es, obwohl es topographisch am anderen Ende der Welt passierte, ganz nah erscheinen. Die Diskussionen über die (atomare) Energieversorgung, Aussetzung der Laufzeitverlängerungen von Kernreaktoren, Atommüllzwischenlager, Risiken von Reaktorunglücken und Angst vor Terrorangriffen führten zu einem öffentlichen Diskurs der Atompolitik, an dem sich sowohl in Deutschland als auch international eine Vielzahl verschiedenster Akteure kritisch äußern. Eine Chance für angehende Lehrer/innen, dieses allgegenwärtige Thema jungen Menschen nahe zu bringen. Im Rahmen schulischen Unterrichts könnten die Schülerinnen und Schüler eine offene Diskussion über diesen gesellschaftspolitischen Diskurs führen und sachliche sowie wertbezogene Argumente austauschen (z.B.: „Ist die Aussetzung der Laufzeitverlängerung nur ein wahltaktisches Manöver?“). Im Zuge der universitären Ausbildung für Lehramtsanwärter im Fach Geographie sollen kompetenzfördernde Lehr-/ und Lernprozesse für den Unterricht gestaltet/ entwickelt und Kenntnisse aus der Geographiedidaktik für die Planung eines größeren Unterrichtsprojekts („Exkursion“) effektiv genutzt werden. In Anbetracht der eingangs vorgestellten, gesellschaftspolitischen Thematik soll innerhalb dieser Projektarbeit eine sowohl „schüler- als auch problemorientierte Arbeitsexkursion vorgeschlagen werden, die sich am Ablauf wissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung orientieren soll“ (vgl. Budke & Wienecke, 2009, S. 12). Da der Standpunkt unserer universitären Ausbildung in Potsdam liegt, wurden unter Berücksichtigung der atompolitischen Problemstellung relevante Gegenstandsbereiche der näheren Umgebung untersucht. Dabei weckte das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) mit dem Forschungsreaktor BERII das Interesse unserer „Arbeit im Gelände“. Der Forschungsreaktor BERII ist mit den Atomreaktoren von Tschernobyl und Fukushima bis auf die Leistung (50KW versus 1500MW) vergleichbar, liegt in unmittelbarer Nähe zu Potsdam (in Berlin-Wannsee) und sorgt für mediale Brisanz („Wegen Forschungsreaktor: Gericht kippt Flugroute für Pannen-Airport“[3] ). Überdies ist der Forschungsreaktor BERII sowohl im studentischen Umfeld als auch einem Großteil der Anwohnerschaft Potsdams unbekannt.

2. Hauptteil

Die Absätze im Hauptteil orientieren sich nach einem Schema, das in England unter der Abkürzung „WEED“[4] bekannt ist. Das „W“ steht für „What?“ und beschäftigt sich mit der Herausarbeitung des Themas, der Fragestellung sowie der gesamten Exkursionsplanung. Um den Inhalt der Arbeit fachwissenschaftlich zu dimensionieren, werden im zweiten Teil („E= Evidence“) die Themenschwerpunkte, die in der Disziplin diskutiert werden und für den fachlichen Diskurs notwendig erscheinen, in Theorien, Konzepte, Methoden sowie Modelle eingeordnet. Als dritte Komponente sollen Beispiele angeführt werden („E= Example“), die die bisherigen Aussagen idealerweise unterstützen. Hier bietet es sich an, die Durchführung der eigenen Exkursion zu erläutern. Im letzten Schritt soll vermittelt werden, was aus der Darstellung der vorangegangenen Absätze wichtig ist und welche Implikationen dies für die praktische Umsetzung in der Schule haben kann („D = Do/ So what?“). Dabei werden die Reflexionen der Exkursionsteilnehmer/innen, die zugleich allesamt angehende Lehrer/innen sind, mitberücksichtigt.

2.1 Planung der Exkursion

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: “From the basic idea to the actual fieldwork” (Quelle: „Carrying out an individual project“, in: Geography Review, vol.4, no.3, January 1991 )

Der Grundgedanke eines Projekts/einer Exkursion entsteht in der Regel aus einem Diskurs, der in den Medien (u.a.: Radio, Fernsehen, Zeitung, Internet, diverse Studien, etc.) präsent ist, debattiert wird und für Neugierde bei den Teilnehmern sorgt. Um den Grundgedanken in eine konkrete Feldarbeit zu übertragen, bietet sich das Schema der Abbildung 1 „From the basic idea to the actual fieldwork“ an. Der Grundgedanke („The basic idea“) dieser Exkursion besteht darin, eine medial brisante sowie präsente, geographische Themenstellung zu untersuchen, die man auf lokaler, nationaler (regionaler) und globaler Ebene wiederfindet. Der Fokus dieser Feldarbeit richtete sich zunehmend auf die „Atompolitik“. Auf globaler Ebene sorgte das Ereignis rundum Fukushima (historisch auch der Reaktorunglück 1986 in Tschernobyl) für Schlagzeilen, auf nationaler Ebene sind es die Kernkraftwerke mit dem „Atomausstieg“ und auf lokaler Ebene ist es das Flugverbot im Umkreis des Forschungsreaktors in Berlin-Wannsee. Da den meisten Teilnehmer/innen dieser Forschungsreaktor zwischen den Städten Potsdam und Berlin unbekannt ist, war es das Ziel („The aim“), diesen Reaktor innerhalb einer Exkursion zu begutachten und zu erforschen. Dabei ergibt sich die generelle Frage („The general question“), was diesen Reaktor von anderen Kernkraftwerken unterscheidet, ob die Menschen in der Nähe des Forschungsreaktors Angst haben (müssen) und welche Auswirkungen diese Forschungsstation auf das Umfeld hat? Aus dieser Fragestellung heraus resultiert die Kernfrage („Key question“) sowie der Titel der Exkursion („Project title“): „Ist der Forschungsreaktor in Berlin Wannsee gefährlich und muss er abgestellt werden?“. Das „Anti-Atom-Bündnis in Berlin und Potsdam“ stellt sogar die These („Hypothesis testing“) auf: „Deutschlands gefährlichster Atomreaktor steht in Berlin“[5] (hier gemeint: der Forschungsreaktor BERII in Berlin-Wannsee). Zudem hat der Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee seit den Ereignissen des 11.03.2011 im japanischen Ortsteil Fukushima mehr und mehr das mediale Interesse der Bürgerinnen und Bürger in Potsdam und Umgebung geweckt. Unter Berücksichtigung dieser Kenntnisse sowie weiterer publizierter Berichterstattungen[6] stellen sich neben der Leitfrage noch weitere Fragen: Gibt es einen Schutz vor Flugangriffen? Was passiert im Falle eines Super-GAU[7] ? Wie groß wäre das zu evakuierende Gebiet und wie kann man sich schützen?

Man könnte auf Grundlage der Kernfrage „Ist der Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee gefährlich und muss er abgestellt werden?“ noch viele weitere Fragestellungen aufgreifen, dennoch erscheint diese Leitfrage als prädestiniert für die Untersuchung dieses Forschungsfeldes und für den Exkursionstitel („Proposal form“ & „Get on with it!“). Da die Idee der Exkursion im Zusammenspiel von Projekt, Wissenschaft und Lehramtsstudium entstand, ist es wichtig, dieses Themenfeld didaktisch einzubetten. Zur Orientierung in der didaktischen Planung liegt das Berliner Modell nach Paul Heimann nahe, da dieses „Entscheidungsmodell“ eine für Exkursionen sinnvolle Unterteilung in Entscheidungs- und Bedingungsfelder hat (1979). Zu den Entscheidungsfeldern gehören:

- Intentionaliät

Das Ziel dieser Exkursion ist es, auf Grundlage einer zu erforschenden, geographischen Fragestellung eine handlungsorientierte, ganzheitliche, schülerzentrierte sowie integrative Lehr-und Lernformen zu konstruieren. Eine zentrale Rolle spielt dabei die problem- sowie schülerorientierte Fragestellung der Exkursion, die sich am Ablauf wissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung orientieren soll. Ausgehend von der Forschungsfrage „Ist der Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee gefährlich und muss er abgestellt werden?“ sollen die Schülerinnen und Schüler in einer kurzen Vorbereitungsphase Hypothesen aufstellen, Erkenntniswege protokollieren und Informationen sammeln. In der Nachbereitungsphase werden die gesammelten Daten ausgewertet, der Exkursionsgruppe vorgestellt und unter Anwendung eines Rollenspiels auf die Ausgangsfrage zurückgeführt (Budke & Wienecke, 2009).

- Inhaltlichkeit

Im Rahmen des Seminars „Exkursionsdidaktik“ wurden mehrere mögliche Themen besprochen, doch die Unbekanntheit des Forschungsreaktors in Berlin-Wannsee weckte das Interesse der Exkursionsgruppe. Daraus entwickelte sich die wissenschaftlich-geographische Fragestellung: „Ist der Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee gefährlich und muss er abgestellt werden?“. Bezüglich des Exkursionsgebietes mussten zunächst Fachinformationen zum Forschungsreaktor BERII sowie zur Einrichtung des Helmholtz-Zentrums Berlin (HZB), auf dem der Forschungsreaktor steht, gesammelt werden[8]. Diese Fachinformationen wurden durch publizierte Berichterstattungen der regionalen sowie lokalen Presse, durch Tatsachenberichte und atompolitische Entscheidungen komplettiert.

- Methodenorganisation

Nach der anfänglichen Sammlung möglicher Exkursionsmethoden (Field Sketching[9], Spurensuche, Tracking, Kartierung, Experteninterview, Blinde Exkursion etc.) wurde abgewogen, welche Methode man im Rahmen dieser Exkursion durchführen könnte und welche nicht. Unter Berücksichtigung der Fragestellung legte man sich auf das Fiel Sketches (mit Blick von einer Anhöhe auf den Reaktor; Anfertigung einer Kartierung), die Befragung (Experte; Anwohner) und das Rollenspiel (in Form eines inszenierten „Krisengipfels“) fest. Die Intention des Methodeneinsatzes dieser Exkursion sind die Förderungen von Teilnehmerzentrierung, Mehrperspektivität und Kommunikation einer problemorientierten Fragestellung. Das Format Rollenexkursion impliziert diese pädagogischen Ziele, legt zudem den Fokus auf den Menschen als Akteur im Raum und bietet den Schülerinnen und Schülern zugleich zahlreiche Handlungsoptionen. Die Exkursionsteilnehmer/innen sollen in ihrer Rolle die Exkursionsstandorte nicht als Schüler/innen erleben, sondern von Beginn an aus einer fiktiven Perspektive eines Akteurs, dessen Handeln durch den Forschungsreaktor beeinflusst wird (Böing & Sachs, 2009). Dabei erleben und filtern die Teilnehmer die dort vorgetragenen und erarbeiteten Informationen aus ihrer im Vorfeld zugeteilten Rollenperspektive. Nach Böing und Sachs lassen sich dem Format Rollenexkursion folgende Prinzipien und Leitbilder herausstellen:

I. Mehrperspektivität/ Perspektivenwechsel/ Mehrdimensionalität

II. Spiel im Sinne der imaginativen Geographie/ des szenischen Spiels

III. Konstruktion durch Sprache: in Diskursen/ im Dialog

Nach einem Abwägungsprozess der Faktoren Seminargröße (fiktive Schülergruppe), hohe Methodenvielfalt, breites Meinungsspektrum sowie Durchführbarkeit vor Ort legte man sich im Rahmen dieser Exkursion auf vier Rollen fest.

I. Wissenschaftler des HZB

II. Anwohner

III. Umweltaktivisten

IV. Raumplaner

Der Forschungsreaktor BERII soll bei der Spurensuche nicht als physisch-materielle Gegebenheit untersucht, sondern als Artefakt gesehen werden, dem eine soziale Bedeutung zukommt. Es geht um seine „(soziale) Bedeutung, sei es für diejenigen, die sie absichtlich hergestellt haben, sei es für die, die sie später nutzten oder umnutzten, überarbeiteten oder wegarbeiteten“ (vgl. Hard, 1989, S.4). Um dieser sozialen Bedeutung nachzugehen, wird in Anlehnung der jeweiligen Rollenperspektive eine passende „Untermethode“ gewählt. Dass die verschiedenen Rollen je nach Perspektive zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können, soll das „Wertequadrat der Rollenperspektiven“ (siehe Abb. 2) verdeutlichen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Wertequadrat der Rollenperspektiven

Die Wissenschaftler als Experten und Mitarbeiter sollen proagierend für den Forschungsreaktor argumentieren. Hierbei bietet sich das Experteninterview mit einem Mitwirkenden des HZB an. Für den Sachbereich „Soziales“ sollen die Anwohner des Forschungsreaktors befragt werden und sich entgegen den Wissenschaftlern aussprechen. Die Anwohner werden von den Umweltaktivisten/ Atomgegnern unterstützt, welche ihre Informationen aus den Medien (Internet, Zeitung etc.) beziehen sollen und mit Hilfe von Plakaten gegen das HZB debattieren. Als vierte Komponente der Rollenperspektiven komplettieren die Raumplaner aus dem Sachbereich Politik das Feld, welche anhand des Field Sketching eine Kartierung vornehmen sollen. Dabei soll untersucht werden, inwiefern der Standort den (wahrgenommenen) Fokus der Anwohner bzw. der Wissenschaftler rechtfertigt. Im Hinblick auf die Beantwortung der problemorientierten Fragestellung „Ist der Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee gefährlich und muss er abgestellt werden?“ dient ein inszenierter Krisengipfel („Tschernobyl, Fukushima, Wannsee- Muss der Forschungsreaktor stillgelegt werden?“) der Ergebnissicherung. Auf dem Krisengipfel sollen alle Parteien ihre Sachargumente rollenspezifisch einbringen, sei es durch Transparente/Banner (Umweltaktivisten), Augenzeugenberichte (Anwohner), Kartierungen (Raumplaner) oder wissenschaftliche Studien (Experten). Hierbei ist es sinnvoll einen Moderator einzusetzen, der die Thematik sowie die jeweiligen Parteien vorstellt, Kernfragen formuliert und jede Rollenperspektive in den Diskurs involviert.

- Medienabhängigkeit

Der mediale Diskurs (Zeitung, Radio, Fernsehen, Internet, etc.) der problemorientierten Fragestellung ist immens wichtig, da er der Anlass für die Wissenschaftstheorie dieser Exkursionsdidaktik darstellt. Dabei müssen sich die Raumplaner und Wissenschaftler, insbesondere letztere, diesem kritisch geführten Diskurs stellen. Zum anderen bieten die publizierten Berichterstattungen „Nährfutter“ für die Umweltaktivisten und offerieren bei den Anwohnern in Verbindung mit den Ereignissen rundum Fukushima für Unsicherheiten. Im Rahmen dieser Exkursion soll überdies beurteilt werden, inwiefern Publikationen Informationen wahrheitsgemäß oder verzerrt darstellen.

Zu den Bedingungsfeldern gehören:

- Anthropogene Voraussetzungen

In diesem Abschnitt geht es um die Vorgeprägtheit jedes am Unterricht, in diesem Fall an der Exkursion, teilnehmenden Individuums. Die problemorientierte Fragestellung „Ist der Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee gefährlich und muss er abgestellt werden?“ bietet sich vor allem in der gymnasialen Oberstufe an, da für das Diskutieren in der Thematik fachliche Anlagen ausgeprägt sein sollten und für die Anwendung der Methoden kommunikative Erfahrungen von Vorteil sind. Im Rahmen des schulischen Unterrichts könne man die Thematik in jeder gymnasialen Klassenstufe aufbereiten und themenspezifisch diskutieren. Durch die Komplexität in den Entscheidungsfeldern ist die Exkursion vorrangig für das Mitwirken der Schülerinnen und Schüler der gymnasialen Oberstufe bestimmt. Zumal nur volljährigen Teilnehmern der Zutritt in den Forschungsreaktor BERII gestattet ist.

- Sozialkulturelle Voraussetzungen

Laut dem Rahmenlehrplan Brandenburg bieten Exkursionen als „fester Bestandteil des Unterrichts die Möglichkeit, die außerschulische Wirklichkeit aufzusuchen, das dort Erfahrene zu verarbeiten und eigene Handlungserfahrungen zu machen“ (Ministerium für Jugend, Bildung und Sport, 2011, S. 10). Zudem sollen sich Schülerinnen und Schüler mit globalen und regionalen Strukturen, „aber auch mit aktuellen Entwicklungen im Heimatraum problemorientiert und systematisch auseinandersetzen können“ (ebd., S.9). Im Themenfeld „Europa- Raumstrukturen im Wandel“ wird als Beispiel die Energie- und Umweltpolitik angeführt. Entsprechend den Anforderungen des Rahmenlehrplans Brandenburg für die gymnasiale Oberstufe im Fach Geographie lässt sich diese Exkursion fachlich problemlos einordnen.

In der didaktischen Umsetzung (Durchführung der Exkursion) soll das Hamburger Modell nach Wolfgang Schulz (vgl. 1997) mitberücksichtigt werden. Es stellt eine Weiterentwicklung des Berliner Modells dar und erfährt im Gegensatz zu letzterem einen Austausch des Begriffes „Entscheidung“ durch „Handlung“. Dabei werden die klassischen Rollen von Lehrer/in und Schüler/in aufgehoben und es kommt zu einer unterrichtsbezogenen Planung, in der alle Beteiligten den Unterricht, in diesem Fall die Exkursion, gemeinsam gestalten. Dieser Grad an Öffnung des Unterrichts zu einem ganzheitlichen und schüleraktiven Unterricht fördert die Lerner-Autonomie (Selbstorganisation, Selbstverantwortung) sowie das Teamwork und scheint angemessen für die Lehr- und Lernform des Projektunterrichts zu sein.

„Die Arbeit im Gelände bildet das Herz geographischen Arbeitens“ (Meyer, 2006, S.134), doch vorab müssen noch wichtige organisatorische Fragen geklärt werden.

- Ist es überhaupt möglich als Exkursionsgruppe auf das Gelände des Helmholz-Zentrums zukommen? Welche Einrichtungen darf man besichtigen und welche Voraussetzungen müssen die Teilnehmer erfüllen?

In Absprache mit dem Besucherservice muss vorab eine Gruppenbesucherliste vorgelegt werden (siehe Anlage 1). Im Falle ausländischer Teilnehmer muss dieser vorweg einen Sicherheitstest absolvieren, so die Bestimmungen des HZB. Minderjährige Teilnehmer dürfen das Gelände des HZB, nicht aber den Forschungsreaktor BERII besichtigen. Demzufolge ist eine Exkursion mit volljährigen Schülerinnen und Schülern zweckmäßiger. Minderjährige Schülerinnen und Schüler haben aber im Gegenzug die Möglichkeit, das Schülerlabor des HZB[10] zu besuchen und dort Experimente, die zum fachlichen Diskurs passen (Magnetismus, Supraleitung, Solarenergieforschung, Interferenz, Materialforschung etc.), durchzuführen.

- Wie viel Zeit haben wir im Rahmen der universitären Seminarausbildung „Exkursionsdidaktik“ für die „Arbeit im Gelände“?

In Absprache mit den Kursteilnehmern und dem Kursleiter wog man ab, wann die meisten Mitglieder des Kurses für die Ausflüge anwesend sein können, wo die Feldarbeiten durchgeführt werden sollen und wie man alle Exkursionen angemessen miteinander verbinden kann. Man einigte sich letztendlich auf den Zeitraum vom 10.02.2013-12.02.2013. Aufgrund der räumlichen Distanzen der verschiedenen Exkursionen standen jeder Gruppe drei Stunden zur Verfügung. In Anbetracht der Komplexität unserer Thematik sowie der umfassenden Durchführung der Exkursion ist eine zeitlich sehr strukturierte Feldarbeit notwendig, um anzudeuten, welche Potenziale diese „Arbeit im Gelände“ für die Schule hat. Aufgrund der knappen Zeitspanne ist je Exkursionsteilnehmer/in die Durchführbarkeit lediglich einer Rollenperspektive im Bereich des Möglichen. Im Rahmen schulischer Exkursionen könnte man beispielsweise noch Führungen über das HZB einplanen, die Zeitfenster in den Teilabschnitten vergrößern sowie die Rollenperspektiven tauschen.

o Welche Materialien und Instrumente könnte man zusätzlich gebrauchen?

Innerhalb der Kursgruppe kam der Gedanke auf, selbstständig Messungen auf dem Gelände des HZB durchzuführen. Man könnte beispielsweise die Radioaktivität mit Hilfe eines Geiger-Müller-Zählrohrs messen und somit vergleichen, ob erhöhte Strahlungswerte in unmittelbarer Nähe des Forschungsreaktors zu verzeichnen sind. Da der Universität Potsdam kein solches Gerät in mobiler Variante zur Verfügung steht und dies zudem den zeitlichen Rahmen strapazieren würde, könnte man diese Forschungsmethode im Zuge einer schulischen Exkursion durchführen.

o Welcher räumliche Exkursionsradius macht angesichts der knappen Zeitressource Sinn?

Neben den vier oben genannten Rollenperspektiven wurden auch andere Personengruppen durchdacht. Beispielsweise die Befragung von Pendlern sowie Touristen (an der S-Bahn-Station Berlin-Wannsee) nach dem Forschungsreaktor BERII, da er unserer Ansicht nach den meisten Menschen unbekannt war und ist. Zudem sollte ein sich in der Nähe des HZB befindender Golfplatz und dessen Golfplatzinhaber interviewt werden, ob der Forschungsreaktor BERII Auswirkungen auf sein Gewerbe hat. Doch die Aufteilung der Gruppen an jene ausgewählten Orte und die Frage, wann sie am richtigen Ort seien, brachte zeitlich schwer koordinierbare Vorkehrungen mit sich. Daher einigte man sich innerhalb der Gruppe auf die Reichweite in unmittelbarerer Nähe zum HZB. Ein weiterer Aspekt war die Durchführung der Kartierung sowie der Field Sketching, für die eine Anhöhe mit Blick auf den Forschungsreaktor von Vorteil ist. Da der Funkturm am Schäferberg für uns nicht zugänglich war, vollzog sich für uns die Alternative einer Erhebung in direkter Nähe (Gelände des GC Potsdam) zum Helmholz-Zentrum.

2.2 Durchführung der Exkursion

Wie schon im Gliederungspunkt 2 verwiesen wurde, wird nun der Inhalt der Arbeit wissenschaftlich dimensioniert („E= Evidence“). Dabei werden bewährte und für die Schule zu empfehlende Theorien und Konzepte in Betracht gezogen sowie am Fallbeispiel der „Ist der Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee gefährlich und muss er abgestellt werden?“ bewertet. Im Anschluss an die theoretischen Vorarbeiten der Exkursionskonzepte und -methoden soll die Durchführung („E=Example“) der Exkursion, insbesondere das didaktische Format der Rollenexkursion, konkret vorgestellt werden. Anknüpfend an die Theorie („Evidence“) und Durchführung („Example“) soll diskutiert werden, inwiefern diese Exkursion für eine praktische Umsetzung im Schulbetrieb („D= DO/ So what?“) realisierbar ist, das Interesse der Schülerinnen und Schüler weckt und sich mit den Richtlinien des Rahmenlehrplans in Berlin Brandenburg für das Fach Geographie deckt. Weiterhin sollen die Reflexionen der Exkursionsteilnehmer mitberücksichtigt werden. Anhand einer angemessenen Feedbackmethode soll dabei dokumentiert werden, wie die unterschiedlichen Akteure den „Raum der Exkursion“ wahrgenommen haben, welche didaktisch-methodischen Verbesserungen sie vorschlagen würden und wie sie die Strukturierung der Feldarbeit empfunden haben.

2.2.1 Theorie: Exkursionskonzepte und Exkursionsmethoden

Wie bereits in Punkt 2.1 angedeutet, bildet die „Arbeit im Gelände das Herz geographischen Arbeitens“ (Meyer, 2006, S.134). Die traditionellen Überblicksexkursionen fassten die Erkundungsgebiete als Realräume auf, die unabhängig von menschlichen Akteuren existieren (Wardenga, 2002). Dies ist für die heutige, fachwissenschaftliche Entwicklung von Exkursionsdidaktik weitestgehend hinfällig. Vielmehr richtet sich die gegenwärtige Arbeitsexkursion nach schülerorientierten Problemstellungen, die sich an der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung orientieren (Haberlag, 1998). Um einen „Raum“ für die Exkursionsteilnehmer erfahrbar zu machen, bieten sich unterschiedliche Raumkonzepte an (vgl. Abb. 3). Vor allem das „Containerraumkonzept“, der „Wahrnehmungsraum“ oder der „Raum als soziale Konstruktion“ haben sich bei der Konzeption geographischer Exkursionen durchgesetzt. Wie schon beim didaktischen Ansatz des Hamburger Model geht es bei den erwähnten Raumkonzepten um den Anspruch, die Schülerinnen und Schüler bzw. die Exkursionsteilnehmer/innen im Gegensatz zu den traditionellen Überblicksexkursionen stärker zu aktivieren. Nach einem Abwägungsprozess didaktischer Zielsetzungen, theoretischer Grundlegungen, Teilnehmerfeld, situativen Bedingungen im Forschungsgelände sowie Realisierungen von Erhebungsmethoden wurden unterschiedliche Wahrnehmungen des Raumes „Forschungsreaktor BERII“ unter der Fragestellung, ob er denn gefährlich sei und abgestellt werden müsse, berücksichtigt. Zum einen hat die Exkursion das Ziel, bestimmte Lagerelationen des Untersuchungsgebietes in Bezug auf die Anwohner und das städtische Umland zu erheben und in Beziehung zueinander zu setzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Raumkonzepte und Exkursionsmethoden (Quelle: Budke & Wienecke, 2009, S.16)

Hierbei spielen das Containerraumkonzept („Ist dieser Raum des HZB gefährlich/ radioaktiv verseucht?“) sowie der Raum als System von Lagebeziehungen („Stellt der Forschungsreaktor BERII eine Gefahr für das Potsdamer Umland dar? Ist eine Verlegung des Standpunktes/ der Anwohner nötig?“) eine wichtige Rolle. Deshalb wurde eine Kartierung auf einer Anhöhe in Form des Field Sketching eingesetzt. Die Teilnehmer dieser Erhebungsmethode repräsentieren die Perspektive der Raumplaner (vgl. 2.1). Des Weiteren soll mit dem „Raum als soziale Konstruktion“ sowie dem „Wahrnehmungsraum“ erforscht werden, wie unterschiedliche Akteure räumliche Interessenskonflikte des Exkursionsgebietes wahrnehmen und welche sozialen Wertstellungen sie vertreten. Die zentrale Fragestellung dieser konstruktivistischen Raumkonzepte ist: „Welche raumbezogenen Vorstellungen werden von wem und warum über den Forschungsreaktor BERII verbreitet und welche Auswirkungen hat dies für die jeweiligen Akteure?“. Um verschiedene Akteure mit Interessenskonflikten darzustellen, befragt eine Gruppe der Exkursionsteilnehmer die Anwohner des HZB und repräsentiert deren Perspektive, eine andere Gruppe konsultiert einen wissenschaftlichen Mitarbeiter und nimmt deren Rolle ein. Die vierte Rollenperspektive („Umweltaktivisten“) vertritt das Konzept „Raum als soziale Konstruktion“ und informiert sich in den Medien via Internet über die Wahrnehmung des Forschungsreaktors BERII im öffentlichen Diskurs. Dabei soll als Umweltaktivist/ Atomgegner eine Argumentation Kontra-Forschungsreaktor BERII vorgenommen und auf Demonstrations-Plakaten zur Schau gestellt werden.

Diese Raumkonzepte und Exkursionsmethoden (vgl. Abb. 3) sind Denkakte, mit denen sich gegenwärtig vor allem Schulgeographen und Geographiedidaktiker im Hinblick auf eine Identität des Schulfaches Geographie auseinandersetzen. Geographische „Räume“ sollen in Anbetracht ihrer („sozial determinierten“) Bedeutung erfasst und erfahrbar gemacht werden. Eine andere Art und Weise, „Räume“ mithilfe von geographischen Konzepten zu betrachten, sind die „Key Concepts“ nach Liz Taylor (2008). In der folgenden Darstellung unterteilt die Autorin Kern- und Hilfskonzepte (vgl. Abb. 4). Zu den Kernkonzepten zählen „Place“ (Ort), „Space“ (Raum) und „Time“ (Zeitpunkt), zu den Hilfskonzepten gehören „Diversity“ (Diversität), „Change“ (Wandel), „Interaction“ (Vernetzung) sowie „Perception & Representation“ (Wahrnehmung und Darstellung). Nachfolgend sollen die einzelnen Konzepte ihrer raumstrukturellen Bedeutung nach dimensioniert werden. Als Gegenstand der geographischen Betrachtung wird der Forschungsreaktor BERII in Berlin-Wannsee untersucht.

- „Place“

„In der wissenschaftlichen Diskussion wird place derzeit durch drei Komponenten definiert: die Lage eines Ortes, seine Materialität und seine Bedeutung“ (Uhlenwinkel, 2013, S.4). Die Bedeutung der Lage des Forschungsreaktors BERII hat vor allem angesichts dessen zugenommen, dass sich im Umkreis des HZB, zugleich Speckgürtel der Bundeshauptstadt Berlin, immer mehr Menschen angesiedelt haben. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: ”Questions afforded by each organising concept.” (Quelle: Taylor, 2008, S.52)

Das HZB mit dem Forschungsreaktor BERII befindet sich in Berlin-Wannsee, administrativ der Stadt sowie dem Bundesland Berlin zugehörig. Problematisch ist aber die unmittelbare Nähe zur Landeshauptstadt von Brandenburg, Potsdam. Durch die stetige Migration von Menschen in die östlichen, süd- sowie nordöstlichen Stadtteile Potsdams hat sich die unmittelbare Distanz zum Forschungsreaktor BERII in den letzten 20 Jahren zu einer potenziellen Gefahr für die Anwohner/innen entwickelt. Sollte es zu einem Reaktorunglück des BERII kommen und radioaktive Materialien emittiert werden, so käme es zu einer Evakuierung[11] im Umkreis von bis zu acht Kilometern. Davon betroffen sind neben dem Ortsteil Berlin-Wannsee vor allem Potsdams Stadtteile Babelsberg, die Nördliche Vorstadt, Babelsberg Süd und partiell der Stern. Prekär ist die Situation für die Anwohner des Landes Brandenburgs hinsichtlich der administrativen Zuteilung des HZB, da es dem Land Berlin obliegt und für diese keine etwaige Gefahr darstellt. Die Brisanz der Lage des Helmholtz-Zentrums in Berlin-Wannsee, seine Materialität sowie Bedeutung durch den Menschen sollte hiermit verdeutlicht worden sein.

- „Space“

Neben dem Forschungsreaktor BERII in Berlin-Wannsee gibt es national zahlreiche Leistungsreaktoren, deren Ausmaß radioaktiver Strahlung im Falle eines Reaktorunglücks um ein vielfaches höher sein würde. Dies trifft auch auf globaler Ebene zu. Laut Spiegel online[12] gibt es gegenwärtig rund 500 solcher Leistungsreaktoren. Seit den Atomreaktorunglücken in Tschernobyl (1986) und Fukushima Daiichi (2011) nehmen die Menschen eine zunehmend kritische Stellung in der Thematik „Atompolitik“ ein. Diese Ereignisse haben auch starken Einfluss auf die derzeitige Situation rund um den Forschungsreaktor BERII in Berlin Wannsee. „Da all diese Vernetzungen zwischen verschiedenen Places bestehen, ist space ohne place nicht denkbar“ (vgl. Uhlenwinkel, 2013, S. 5). Die vernetzten Places beeinflussen sich gegenseitig, so „dass sich in Place A aufgrund der Vernetzung Elemente der Identität von place B befinden und so place A verändern“ (ebd., S. 5). Place A ist in diesem Fall das HZB mit dem Forschungsreaktor BERII, Place B kann

verschiedene globale Identitäten einnehmen, seien es die Ereignisse in Fukushima sowie Tschernobyl, die deutsche Atompolitik oder auch familiäre Hintergründe (vgl. Abb. 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Globale Identitäten (Quelle: Uhlenwinkel, 2013, S.5)

- „Time“

Berichtet man heutzutage über Probleme in Atomkraftwerken, so fallen schnell die Begrifflichkeiten Fukushima, Tschernobyl oder auch Harrisburg. Doch Probleme in Atomkraftwerken implizieren auch Störfälle sowie meldepflichtige Ereignisse. Seit Inbetriebnahme der deutschen Kernreaktoren zählt das Bundesamt für Strahlenschutz[13] Tausende solcher Ereignisse. Doch in Deutschland kam es bislang zu keinem Ereignis der INES[14] -Kategorie 4 (Unfall) bis 7 (katastrophaler Unfall). Die Idee der „Beherrschbarkeit“ von Atomkraftwerken nahm mit dem katastrophalen Reaktorunfall (INES-Stufe 7) im japanischen Ort Fukushima eine Wende, die alles verändert hat. Anders als beim Reaktorunglück 1986 in Tschernobyl verfolgt die Menschheit die Nachrichtenübermittlung des Unglücks in Echtzeit via Internet, Fernseher, Radio sowie anderen übertragenen Medien. Die Menschen verfolgen die Berichterstattungen zunehmend kritischer und es entstehen mediale Diskurse, die nach der Wahrheit suchen: z.B. Was steckt hinter der Beschwichtigungspolitik der japanischen Regierung (TEPCO, NISA, METI etc) und welche Folgen hat ein möglicher Super-GAU? National hat das Reaktorunglück erhebliche Folgen für die deutsche Atompolitik, die vom Dualismus von schwarz-gelb und rot-grün geprägt ist. Hier werfen Kritiker der deutschen Bundesregierung vor, die Aussetzung der Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken sei ein wahltaktisches Manöver und sie versuche Stimmenverluste zu verhindern. Auch an dieser Stelle lässt sich unter Berücksichtigung von „Time“ die Abbildung „Globale Identitäten“ anwenden, bei der die Vernetzungen zwischen verschiedenen „places“ bestehen (vgl. Uhlenwinkel, 2013).

[...]


[1] http://www.chemie-schule.de/KnowHow/Atompolitik (Stand: 08.04.2013; 10:42)

[2] Beschreibt ein Video-Angebot, dass in Echtzeit über das Medium Internet bereitgestellt werden kann

[3] vgl. http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-dienstleister/wegen-forschungsreaktor-gericht-kippt-flugroute-fuer-pannen-airport/7679162.html (Stand: 08.05.2013; 15:06)

[4] Übersetzt: Unkraut

[5] http://www.atomreaktor-wannsee-dichtmachen.de (Stand: 09.04.2013; 15:01)

[6] http://www.atomreaktor-wannsee-dichtmachen.de/kurz-notiert/94-so-berichtet-die-presse-ueber-den-berliner-reaktor.html (Stand: 09.04.2013; 15:14)

[7] größter anzunehmender Unfall eines Atomreaktors

[8] vgl. www.helmholtz-berlin.de (Stand: 11.04.2013; 11:57)

[9] vgl. Anlage 24

[10] http://www.helmholtz-berlin.de/angebote/arbeiten-lernen/schuelerlabor/index_de.html (Stand: 10.04.2013; 15:13).

[11] vgl.: http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/bilder/popup/12041267/540035/3a63afee/ Wannsee.jpg (Stand: 26.04.2013; 14:52)

[12] vgl.: http://webfragmente.files.wordpress.com/2010/04/akw-welt.jpg (Stand: 26.04.2013; 15:34)

[13] vgl.: http://www.bfs.de/de/kerntechnik/ereignisse/standorte/karte_kw.html (Stand: 30.04.2013; 11:46)

[14] International Nuclear Event Scale

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Ist der Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee gefährlich und muss er abgestellt werden?
Untertitel
Kompetenzentwicklungen auf geographischen Exkursionen
Hochschule
Universität Potsdam
Veranstaltung
Geographiedidaktik Exkursionsdidaktik
Note
1,3
Jahr
2013
Seiten
58
Katalognummer
V419290
ISBN (eBook)
9783668679443
Dateigröße
4097 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kompetenzentwicklung, Forschungsreaktor, Wannsee, Exkursionsdidaktik, Geographie
Arbeit zitieren
Anonym, 2013, Ist der Forschungsreaktor in Berlin-Wannsee gefährlich und muss er abgestellt werden?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/419290

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