Neue Oberstufe, Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung. Auswirkungen auf den Projektunterricht im Informatikunterricht


Diplomarbeit, 2018

185 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Auswirkungen auf den Informatikunterricht
Einleitung
Geänderte Rahmenbedingungen
Bildungsreform und Schulautonomiepaket
Digitale Grundbildung
Neue Oberstufe (NOST)
Gegenüberstellung Lehrplan 1989, 2004, 2017 (semestrierte Lehrpläne) und digi.komp12
Die große Verwirrung
9. Schulstufe/5. Klasse
Wahlpflichtfach
digi.komp
Musterkonzept/Semesterplanung
Ergebnisse
Ist Projektunterricht in diesem Modul machbar?
Zusammenfassung und Ausblick

Projektunterricht und rechtliche Rahmenbedingungen
Einleitung
Leistungsbeurteilungsverordnung - Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung
Schulunterrichtsgesetz
Schulveranstaltungenverordnung
Aufsichtserlass - Aufsichtspflicht und Beaufsichtigung
Grundsatzerlass zum Projektunterricht

Überblick über die Leitfäden

Leitfaden - Leistungsfeststellung und -beurteilung
Zusammenfassung der rechtlichen Rahmenbedingungen
Leistungsbeurteilungsverordnung
Schulunterrichtsgesetz
Schulveranstaltungenverordnung
Aufsichtserlass
Grundsatzerlass zum Projektunterricht
Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung in der Praxis
Beispiele
Bewertung von Präsentation
Bewertung von schriftlichen Arbeiten
Bewertung von Fachgesprächen
Weitere Beispiele

Leitfaden - Projektmanagement
Einführung in das Thema
Die zwei Ebenen des Projektmanagements in der Schule
Eine kurze Einführung ins Projektmanagement
Umfeld und Umfeldanalyse
Das Team
Eine kurze Einführung
META Teamanalyse
Die Lehrperson und ihre Rolle im Projektunterricht
Arbeitsform, Struktur, Teamrollen und Spezialisierung
Teamregeln
Teamreflexion
Einzel- und Gruppenleistung sowie Einzel- und Gruppenentscheidungen
Motivation
Teamentwicklung
Gruppenführung
Kommunikation
Konflikte und Kooperation
Zielsetzung und Ideenfindung
Kritik am Brainstorming und Möglichkeiten für eine bessere Ideenfindung
Screening
Lastenheft/Projektsteckbrief
Ziel(e) und Bewertungsregel(n)
Pufferzeit und kritischer Pfad
Risikoanalyse (RA) und Risikomanagement (RM)
Projektplanung
Die Vorgehensweise und ihre Probleme
Top-Down, Bottom-Up und Work Breakdown Structure (WBS)
Die konkrete Planung
Phasenplan
Arbeitspakete
Projektstrukturplan
Arbeitspaketbeschreibung
Projektablaufplan/Projektplan
Meilensteinplan und Meilenstein-Trendanalyse
Die Durchführung/Ausführung
Projektsteuerung und Projektkontrolle
Projektjournal
Projektstatusbericht
Projekttagebuch
Lernjournal
SWOT-Analyse
Arbeitsprozessbericht
Dokumentation
Projektabschluss
Präsentation
Evaluation
Reflexion

Leitfaden - Softwarebeschaffung
Seite 3 von
Der Einsatz von Software bei Projekten
Produktwissen - Das Problem für die Lehrkraft
Die IT-Infrastruktur der Schule und ihre Besonderheiten
Lizenzmodelle
Trial Programme
Personal Learning Edition
Open Source
Die Vorteile von Open Source
Die Nachteile von Open Source

Anhang
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis

Einleitung

Wachgerüttelt durch diverse Studien, internationale Vergleiche und neue Herausforderungen blieb in der Schule kaum ein Stein auf dem anderen. Die neue Oberstufe wurde ins Leben gerufen und das Schuljahr auf Semesterbetrieb umgestellt, wodurch die bisher bestehenden Lehrpläne geändert werden mussten und dabei zugleich einer inhaltlichen Überarbeitung unterzogen wurden. Statt Wissen und Fähigkeiten liegt der Fokus stärker auf den Kompetenzen und dies führte auch dazu, dass die Reifeprüfung auf eine kompetenzorientierte Reifeprüfung umgestellt wurde und einige Änderungen erfuhr, die sich nicht nur im Detail abspielen.

All dies ändert Strukturen, Vorgaben und Maßstäbe, doch wie wirken sich diese auf die einzelnen Schulen, Unterrichtsgegenstände, den LehrerInnen aus und was ändert sich für die einzelnen Schülerinnen/Schüler? Mehr und genauere Vorgaben schränken in der Regel die Handlungsspielräume der beteiligten Personen ein, doch wie sieht dies bei der neuen Oberstufe, der Bildungsreform, der Leistungsfeststellung und der Leistungsbeurteilung aus?

Viele LehrerInnen sehen bezüglich der Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung im interdisziplinären Projektunterricht ein großes Problem, da schulische Leistungen nicht nur festgehalten, sondern auch beurteilt werden müssen. Die Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung geschieht aber einzeln für jeden Schüler/für jede Schülerin, doch wie kann bei einem Projekt in der Gruppe die Einzelleistung festgehalten und überprüft werden, wenn am Schluss ein gemeinsames Projekt realisiert wird?

Weiters stellt sich ein inhaltliches Problem: der Lehrplan für das Wahlpflichtfach Informatik war bisher auf 3 Jahre ausgelegt und inkludierte lediglich 11 Themen. Somit hatte die Lehrperson einen sehr großen Spielraum bezüglich Vertiefung, weitere Themen die durchgenommen werden, und konnte auch eigene Interessen oder jener der SchülerInnen in den Unterricht einbringen. Ab 1. September 2017 treten die neuen semestrierten kompetenzorientierten Lehrpläne in Kraft, die auf den ersten Blick große Einschränkungen und viele Vorgaben mit sich bringen. Wie weit können sich dann LehrerInnen sowie SchülerInnen noch in die Unterrichtsinhalte einbringen? Bisher war z.B. in allen Lehrplänen der Projektunterricht zu finden und der Wunsch, dass LehrerInnen mit den SchülerInnen Projekte realisieren, doch wird dies auch weiterhin inhaltlich und zeitlich möglich sein?

Daraus ergeben sich folgende Forschungsfragen für die Diplomarbeit:

1. Welche Auswirkungen haben die neue Oberstufe (NOST) und die Bildungsreform auf den interdisziplinären Projektunterricht im Informatikunterricht?
2. Was ist bezüglich der Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung beim interdisziplinären Projektunterricht zu beachten und welche Herausforderungen, Probleme und möglichen Lösungen gibt es?
3. Wie kann das Thema Projektmanagement im Unterricht thematisiert werden und welcher Mehrwert ergibt sich hierdurch für andere Unterrichtsgegenstände?
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Um die Forschungsfragen zu beantworten werden folgende Methoden verwendet:

- Gegenüberstellung verschiedener Lehrpläne (Forschungsfrage 1).
- Erstellung eines Musterkonzepts (ͣJahresplanung“) für ein Semester (Forschungsfrage 1).
- Evaluierung des Musterkonzepts durch FachlehrerInnen (Forschungsfrage 1).
- Musterkonzept wird in einem Feldexperiment untersucht (Forschungsfrage 1).
- Abgrenzung des inhaltlichen Rahmens und der Begriffe (Forschungsfrage 1 und 2).
- Analyse von Gesetzen, Erlässen, Lehrplänen und Studien (Forschungsfrage 1 bis 3).
- Literatur (Forschungsfrage 1 bis 3).

Im ersten Kapitel (Auswirkungen auf den Informatikunterricht) werden die geänderten Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen analysiert, beispielsweise werden die Bildungsreform, die Digitale Grundbildung, das Schulautonomiepaket sowie die neue Oberstufe erläutert. Anschließend werden die wichtigsten Lehrpläne der letzten Jahrzehnte analysiert und gegenübergestellt. Dafür werden die Lehrpläne für Informatik aus dem Jahr 1989, der derzeit aktuelle Lehrplan aus dem Jahr 2004, der semestrierte Lehrplan aus dem Jahr 2017 sowie digi.komp herangezogen. Anschließend wird auf ein von mir erstelltes Musterkonzept einer Semesterplanung eingegangen, welches in der Praxis erprobt wurde sowie dabei gesammelte Erfahrungen, Probleme und Lösungen aufgezeigt. Am Schluss wird auf die Machbarkeit von Projektunterricht eingegangen.

Das zweite Kapitel (Projektunterricht und rechtliche Rahmenbedingungen) geht auf die rechtlichen Rahmenbedingungen ein. Dabei werden alle für den Projektunterricht relevanten Gesetze, Verordnungen und Erlässe angeführt, analysiert sowie diskutiert. Der Hauptfokus liegt bei der Forschungsfrage ͣWas ist bezüglich der Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung beim interdisziplinären Projektunterricht zu beachten und welche Herausforderungen, Probleme und möglichen Lösungen gibt es?“. Um die Forschungsfrage zu klären werden die Leistungsbeurteilungsverordnung, das Schulunterrichtsgesetz, die Schulveranstaltungsverordnung, der Aufsichtserlass, die Aufsichtspflicht sowie der Grundsatzerlass zum Projektunterricht herangezogen.

Für das dritte Kapitel wurden drei Leitfäden erstellt. Der Schwerpunkt des Kapitels liegt beim Thema Projektmanagement. Da für Lehrpersonen, die Projektunterricht im Informatikunterricht durchführen, auch benachbarte Themen sehr wichtig sind und zum Thema Projektmanagement im weiteren Sinne gehören, wurden diese ebenso in eigenen Leitfäden behandelt. Zu folgenden drei Themen wurden Leitfäden erstellt:

1. Leistungsfeststellung und -beurteilung
2. Projektmanagement
3. Softwarebeschaffung

Auswirkungen auf den Informatikunterricht

Einleitung

In diesem Kapitel wird auf die zahlreich geänderten Rahmenbedingungen eingegangen. Die neue Oberstufe wurde ins Leben gerufen und das Schuljahr auf Semesterbetrieb umgestellt, wodurch die bisher bestehenden Lehrpläne geändert werden mussten und dabei zugleich einer inhaltlichen Überarbeitung unterzogen wurden. Durch die Bildungsreform gibt es viele neue Möglichkeiten, um die Unterrichtsorganisation flexibler gestalten zu können. Vieles davon war schon zuvor möglich, nun ist dies unbürokratischer und flexibler durchführbar. Bei der Umsetzung der neuen Oberstufe sowie der Bildungsreform ist viel zu beachten. Unter anderem muss vorab viel überlegt, geplant und organisiert werden, um eine möglichst reibungslose Umsetzung zu gewährleisten. Ferner gibt es viele offene Fragen, gesetzliche Baustellen und Probleme, die es für alle Beteiligten zu lösen gilt. Mit der Schulreform wurde auch die verbindliche Übung ͣDigitale Grundbildung“ eingeführt, die in ihrer jetzigen Form viele Probleme mit sich bringt. Die neue Oberstufe, die Bildungsreform und die verbindliche Übung ͣDigitale Grundbildung“ sind nicht nur in diesem Kapitel ein großes Thema, sondern werden vermutlich auch die nächsten Jahre LehrerInnen, SchulleiterInnen, Politik, Bildungsexperten und Bildungsexpertinnen sowie Medien beschäftigen.

Im Zuge der Einführung der neuen Oberstufe wurden auch neue Lehrpläne eingeführt, die an einigen Stellen viel Altbekanntes bieten, aber auch neue Aspekte in das Unterrichtsfach Informatik, vor allem ins Wahlpflichtfach, bringen. Daher zahlt sich ein genauer Blick in die Lehrpläne aus. Der alte Lehrplan für das Wahlpflichtfach Informatik deckte alle drei Jahre gemeinsam ab, der neue Lehrplan ist semestriert und gibt dadurch viel enger sowie strenger den zeitlichen Ablauf vor. Die Themenanzahl wurde deutlich erhöht, sodass es zu einer noch angespannteren Situation kommt, die vom Lehrplan geforderten Punkte umzusetzen. Unter anderem ist deswegen die Gefahr sehr groß, dass es kaum noch Zeit für Puffer, Wiederholungen, Vertiefungen und Vernetzungen sowie das Eingehen auf individuelle Interessen gibt.

Um das zeitliche Problem der neuen semestrierten Lehrpläne besser abschätzen zu können, wurde ein Musterkonzept für ein Semester/Modul erarbeitet und dieses in einem Feldexperiment getestet. Bereits in der Planungsphase tauchten zahlreiche Probleme auf, beispielsweise wie es zeitlich überhaupt möglich sein soll, die im Lehrplan verlangten Punkte in einem Schuljahr, geschweige in einem Semester/Modul, umzusetzen. Ferner wurden in der Praxis weitere große Probleme gefunden, die teilweise gelöst werden können, wofür aber unter anderem eine gute Planung notwendig ist sowie diverse Änderungen vor Ort Voraussetzungen sind.

Die zahlreichen Änderungen, die durch die einzelnen Neuerungen eingeführt wurden, sei es die neue Oberstufe, die Bildungsreform, die ͣDigitale Grundbildung“ oder die neuen Lehrpläne, bringen viele Vor- und Nachteile mit sich. Sie sind kein Garant dafür, dass es zu einer Verbesserung der Schulqualität kommt. So kann es durch nun mögliche Anpassungen auch zu einer Verschlechterung der Unterrichtsqualität kommen, da beispielsweise der Unterricht ͣverschlimmbessert“ wird oder eigene Wünsche, Präferenzen und Interessen auf Kosten der Schul- und Unterrichtsqualität umgesetzt werden. Daher sehen wir uns jetzt das Beispiel Bildungsreform konkret an, bevor anschließend die anderen Neuerungen unter die Lupe genommen werden.

Geänderte Rahmenbedingungen

Bildungsreform und Schulautonomiepaket

Die Schulautonomie ist nichts Neues, sondern es gibt sie bereits seit Jahrzehnten (vgl. Feigl, 2000). Am 06.07.2017 wurde im Bundesrat das Bildungsreformgesetz 2017 (BGBl. I Nr. 138/2017) beschlossen und mit der Bildungsreform die Erweiterung der Schulautonomie. Darüber hinaus kam es aber auch an anderen Stellen zu großen Veränderungen (vgl. Parlament, 2017). In Summe wurden mehr als 190 Seiten an gesetzlichen Änderungen vorgenommen und dabei 36 einfache Bundesgesetze (grob 500 Novellierungsanordnungen) geändert (vgl. BMBWF, 2017b S. 2). Mit der Bildungsreform wurde nicht nur das Autonomiepaket beschlossen, sondern auch Schulcluster, die Ressourcenzuteilung und Ressourcensicherheit geändert, Änderungen bezüglich der Schulpartnerschaft durchgeführt, die Möglichkeit der Schulversuche neu geregelt, Behörden und Bildungsdirektion neu geordnet, die Einführung der verbindlichen Übung ͣDigitale Grundbildung“ beschlossen sowie viele weitere Änderungen vorgenommen (vgl. BMBWF, 2017b) (vgl. BMBWF, 2018d). Die Hauptziele des Bildungsreformpakets sind laut Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung:

„- Erweiterung der Schulautonomie
- Möglichkeit zur Bildung von Schulclustern - Personalauswahl am Standort
- Verbesserung des Qualitätsmanagements
- Transparenz durch Neuordnung einer gemeinsamen, einheitlichen Bildungsbehörde
- Einrichtung von Modellregionen für die gemeinsame Schule der 10-14 Jährigen“ (BMBWF, 2017b S. 2)

Unter den Punkt Schulautonomie fällt z.B. die flexiblere Unterrichtsorganisation. Beispielsweise können Gruppen- sowie Klassengrößen flexibel variiert werden (vgl. BMBWF, 2017b S. 2) (vgl. BMBWF, 2018e S. 15). Die Dauer der Unterrichtseinheiten kann auch flexibel gewählt werden, ebenso die Öffnungszeiten der Schule (vgl. BMBWF, 2017b S. 3f) (vgl. BMBWF, 2018e S. 14). Bei Änderungen bezüglich der Dauer von Unterrichtseinheiten ist zu beachten, dass ͣGründe der pädagogischen Zweckmäßigkeit oder organisatorische Gründe“ vorliegen und die ͣlehrplanmäßig vorgesehenen Wochenstundenzahl in den einzelnen Unterrichtsgegenständen“ beachtet werden müssen (BMBWF, 2018e S. 14). ͣAls Berechnungsgröße für die Personalbewirtschaftung und die Ressourcenzuteilung wird sie [sic] die 50-Minuten-Stunde jedoch nach wie vor herangezogen“ (BMBWF, 2018a).

Bei der Personalauswahl wurde den SchulleiterInnen mehr Mitsprache zugesichert und vieles bezüglich der Bestellung von SchulleiterInnen geändert (vgl. BMBWF, 2017b S. 4). Bezüglich der Ressourcenzuteilung gab es sehr viele und grundlegende Änderungen, die weitreichende Folgen haben könnten (vgl. BMBWF, 2017b S. 11f) (vgl. BMBWF, 2018d S. 2-5). Die wichtigsten Punkte sind folgende:

„- Eröffnungs- und Teilungszahlen werden nicht mehr zentral vorgegeben, sondern in die Schulautonomie übertragen. Die Klasse bleibt als sozialer Bezugsrahmen für Schülerinnen und Schüler erhalten. Die Schule bzw. der Schulcluster kann jedoch autonom festlegen, welche Fächer in welcher Art der Gruppenbildung durchgeführt werden. Die Gruppenbildung kann auch die zeitweise Bildung von (klassenübergreifenden) Arbeitsgruppen für projektorientierte Unterrichtsphasen beinhalten. Für einen stärkeren verschränkten Unterricht können Lehrinhalte fächerübergreifend in Gegenstandsgruppen zusammengefasst werden.

- Die aus der Flexibilisierung frei werdenden Ressourcen können für pädagogisch differenzierte Maßnahmen am Standort eingesetzt werden, wie zB für fächerübergreifende Projekte, Teamteaching, Förderangebote usw. Auch jahrgangübergreifende Unterrichtsformen sollen vermehrt Platz finden.

- Die Flexibilisierung wird auch in der Unterrichtszeit sichtbar: Die 50-Minuten-Stunde soll pädagogisch geöffnet werden und nur mehr als Berechnungsgröße für die Personalbewirtschaftung und Ressourcenzuteilung herangezogen werden. Schulen können autonom entscheiden, wie Unterrichtseinheiten zeitlich zusammengefasst werden.

- Auch die Öffnungszeiten können liberaler festgelegt werden: So kann etwa von 7 bis 8 Uhr in der Früh eine Betreuung durch geeignete Personen angeboten werden.“ (BMBWF, 2018d S. 3)

Durch die Lehrplanautonomie können ͣLehrplanbestimmungen nach den örtlichen Erfordernissen sowie im Rahmen von Schulkooperationen“ sowie ͣzeitlich befristete Übergangslehrpläne/Lehrplanabweichungen“ erlassen werden (BMBWF, 2018e S. 16). Weiters erstellen die Bildungsdirektionen Schulqualitätsberichte, die alle drei Jahre dem Nationalrat vorzulegen sind, Teil des Nationalen Bildungsberichts sind und auf den Bildungscontrolling-Berichten basieren (vgl. BMBWF, 2017b S. 19).

Die Änderungen erfolgen in einem Stufenprozess, sodass einige Maßnahmen im Schuljahr 2017/2018, andere 2018/2019 oder danach umgesetzt werden (vgl. BMBWF, 2018c S. 5) (vgl. BMBWF, 2018b). Beispielsweise werden im Schuljahr 2017/2018 ͣLeuchtturmschulen“ erste Schritte umsetzen. Ab dem Schuljahr 2018/2019 gelten die schulautonomen Klassen- und Gruppengrößen (vgl. BMBWF, 2017a S.

1) für alle Schulen. Ab 2020 gibt es Modellregionen und am 31.08.2025 laufen die Übergangsbestimmungen für Schulversuche aus.

„Bis zu diesem Zeitpunkt wird auf der Grundlage einer Evaluation des Schulversuchs zu entscheiden sein, ob und in welchem Ausmaß er in das Regelschulwesen übergeführt wird oder ob er ohne hberführung in das Regelschulwesen endet.“ (BMBWF, 2018a)

Was nach 2025 passiert steht weder im Gesetz, noch konnte ich etwas in der Literatur dazu finden (vgl. Bundeskanzleramt, 2017a S. § 7).

Durch das Bildungsreformgesetz ergeben sich für LehrerInnen und SchulleiterInnen mehr Spielräume. Klassenübergreifende Arbeitsgruppen, Projektunterricht, verschränkter Unterricht sowie fächerübergreifender Unterricht soll so einfacher realisierbar werden (vgl. BMBWF, 2018a). So soll es beispielsweise leichter möglich sein für ein Projekt 120 Minuten Zeit zu finden oder die Klassengröße zu variieren. Dies war auch, wie wir später bei den Gesetzen sehen werden, bisher möglich, aber nicht so einfach wie jetzt. Folglich gibt es die Hoffnung seitens des Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, dass es vermehrt zu gemeinsamen Projekten ͣzwischen Schulstandorten und der schulischen ußenwelt“ kommt (BMBWF, 2017c S. 7).

Dadurch kann es nun aber an anderen Stellen zu Problemen kommen. Bisher gab es eine fixe zeitliche Taktung für SchülerInnen, LehrerInnen, Räume sowie Pausen, doch diese Taktung wird nun aufgelöst. Der Vorteil besteht unter anderem darin, dass beispielsweise der Informatikunterricht einer Klasse, nicht wie bisher in der AHS-Oberstufe, fix zwei Schulstunden mit je 50 Minuten dauert, sondern:

- die Lehrperson die Dauer der Schulstunde variieren kann, beispielsweise dauert sie jeweils 40 Minuten, oder jeweils 60 Minuten, oder die erste Schulstunde dauert 60 Minuten und die anschließend Schulstunde 40 Minuten (vgl. BMBWF, 2018a).
- die Klasse klassenübergreifend mit einer anderen Klasse unterrichtet wird.
- es eine Blockung der Unterrichtsstunden gibt, beispielsweise werden für ein Projekt 4 Stunden an einem Tag benötigt, daher werden die Unterrichtsstunden von zwei Wochen dafür zusammengelegt.
- das Fach mit anderen Fächern zusammengelegt werden kann, was verschiedene Vor- und Nachteile mit sich bringt, dazu später mehr (vgl. BMBWF, 2017c S. 10).
- die Klasse auf Kleingruppen aufgeteilt werden kann.

Wird die Taktung aufgelöst, ergeben sich dadurch aber auch viele Nachteile. Beispielsweise können viele Hohlstunden in Fachräumen entstehen, da beispielsweise eine Lehrperson von 9 bis 9.40 den Raum benötigt, eine andere Person ihren Unterricht von 10.15 bis 11.05 hält und eine andere von 11.30 bis 12.30. Auch können persönliche Präferenzen für die Dauer einer Schulstunde zu großen Problemen führen, da SchülerInnen dann beispielsweise eine Pause von 20 oder 30 Minuten haben, was wiederum unter anderem Probleme mit der Beaufsichtigung verursacht, wie wir später bei den Gesetzen noch sehen werden.

Auch die anderen Vorteile bringen eine immense organisatorische Herausforderung mit sich (vgl. Vormayr, 2018). Es ist bereits mit einer fixen Taktung an vielen Schulen sehr schwer einen für alle Beteiligten machbaren Stundenplan zu erstellen, nun wird dies erneut schwieriger.

In der Literatur und in vielen persönlichen Gesprächen mit beteiligten Personen suchte ich nach möglichen Lösungen für die Probleme und kam auf folgende 3 Möglichkeiten, wobei diese auch gemischt werden können, der besseren Erkenn- und Unterscheidbarkeit aber hier überspitzt dargestellt werden:

1. Domänenunterricht (vgl. BMBWF, 2017c S. 10).
2. Kombinierter Vorlesungsbetrieb und Labor-/Übungsbetrieb (vgl. Vormayr, 2018).
3. Alles bleibt beim Alten. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit kleiner Veränderungen.

Die Grundidee von Domänenunterricht ist, dass mehrere Fächer zusammengefasst werden, beispielsweise könnten Chemie, Physik und Biologie zu ͣWissenschaft 1“ zusammengefasst werden (vgl. BMBWF, 2017c S. 10). Jedes Fach hätte beispielsweise am Montag jeweils eine Unterrichtsstunde, somit ergeben sich in Summe drei Unterrichtsstunden und der Unterricht für ͣWissenschaft 1“ ergibt somit drei Stunden. Benötigt in einer Woche Chemie am Montag für ein Projekt drei Unterrichtsstunden, so findet ͣWissenschaft 1“ mit der Chemie-Lehrperson statt und dauert drei Stunden. Die Woche danach könnte dies mit Biologie und die Woche darauf mit Physik gemacht werden. Nach den drei Wochen haben alle Lehrpersonen ihre vorgeschriebenen Unterrichtsstunden gehalten und die Klasse die korrekte Anzahl an Fachstunden gehabt. Auch könnte beispielsweise in einer Woche Biologie mit einer Unterrichtsstunde stattfinden und Physik mit zwei, Chemie findet in dieser Woche nicht statt. Die Woche darauf findet dafür Chemie mit zwei Unterrichtsstunde statt, Biologie erneut mit einer und dafür findet Physik nicht statt. Nach den beiden Wochen findet sich in Summe für alle Lehrpersonen und Fächer eine ausgeglichene Situation vor. Auch wäre es möglich ein fächerübergreifendes Projekt durchzuführen oder einen themenzentrierten Unterricht zu praktizieren, bei dem die einzelnen Unterrichtsgegenstände ihren Beitrag leisten.

Der Domänenunterricht weist den Vorteil auf, dass die Planung des Stundenplans nicht viel aufwändiger wäre, die Kommunikation nur unter wenigen LehrerInnen erfolgen muss und somit der Organisationsaufwand im Rahmen bleibt. Probleme ergeben sich unter anderem durch Fachräume, da diese für Physik, Biologie und Chemie verschieden sind und jeweils null bis drei Stunden benötigt werden. Auch gibt es eine Taktung, in dem Fall von 3 Schulstunden, somit fällt die zeitliche Flexibilität geringer aus, als wenn die Dauer einer Schulstunde komplett frei wählbar ist.

Die zweite Variante die Bildungsreform umzusetzen besteht darin, die Stunden teilweise klassenübergreifend zu verwenden, um somit Stunden zu ͣsparen“. Mit den damit ͣgewonnen“ Stunden können wiederum mehr Kleingruppen abgehalten werden (vgl. Vormayr, 2018). Ein Beispiel:

„Für diese „Einführungsstunden“ können zwei Klassen zusammengefasst werden, vorausgesetzt ein entsprechend großer Raum steht zur Verfügung. Jene Lehrkräfte, die für diesen Themenbereich „brennen“, übernehmen die Wissensvermittlung. Die so „eingesparten“ Stunden-

es übernimmt nur eine Lehrkraft von zweien die Vortragstätigkeit- stehen für die Gruppenteilung in den Experimentierphasen bereit.“ (Vormayr, 2018)

Beispielsweise könnte in Informatik eine gemeinsame ͣVorlesung“ für zwei Klassen stattfinden, bei der lediglich Theorie vermittelt wird, ähnlich einer Vorlesung an der Universität. Dadurch, dass zwei Klassen gemeinsam die Vorlesung besuchen, aber nur eine Lehrperson benötigt wird, werden Arbeitsstunden eingespart. In dem von mir gewählten Beispiel gibt es zwei Lehrpersonen (LP), zwei Klassen (K) und der Unterrichtsgegenstand hat zwei Wochenstunden, beispielsweise Informatik. Nach einer Vorlesung mit der Dauer von zwei Stunden ergibt sich folgendes Bild:

K1 (G1 und G2) K2 (G1 und G2) Stundenkonto LP

LP1 2 2 2

LP2 0 0 0

In der Woche darauf findet in Kleingruppen eine Übung statt, wo die Theorie der Vorlesung praktisch aufgearbeitet wird. Dazu wird jede Klasse (K) in zwei Gruppen (G) aufgeteilt, somit ergeben sich in Summe vier Gruppen. Bei jeder Gruppe wird die Übung mit je 1,5 Stunden durchgeführt. Für die Woche ergeben sich folgende Unterrichtsstunden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nach den zwei Wochen sind folgende Stundensummen gegeben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für die einzelnen Lehrpersonen passt das Stundenausmaß mit vier Stunden, die Gruppen kommen jeweils auf 3,5 Stunden. Das ist zugleich auch ein Nachteil der Variante, da das Stundenausmaß für LehrerInnen oder Klassen stimmt, aber nicht immer für beide. Ein anderer Nachteil ist, dass die Zeit für die Vor- und/oder Nachbereitung bei der Vorlesung und Übung unterschiedlich ausfallen kann, sodass beispielsweise bei einer Unterrichtseinheit oder einem Unterrichtsfach eine zweistündige Vorlesung nur eine einstündige Vorbereitungszeit benötigt, die zweistündige Arbeit in der Kleingruppe aber eine zweistündige Vorbereitungszeit und zusätzlich einer zweistündigen Nachbearbeitungszeit bedarf, wodurch ein Mehraufwand gegenüber der Vorlesung entsteht. Ist die Vorbereitungszeit aber einmalig und die Lehrperson hat acht Kleingruppen, so verteilt sich der Mehraufwand auf die acht Kleingruppen und in Summe könnte der zeitliche Aufwand gegenüber einer Vorlesung geringer ausfallen. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass es möglicherweise jede Woche zu unterschiedlichen Arbeitsbelastungen kommen kann, sodass erst nach Wochen oder Monaten alle Lehrpersonen dasselbe Arbeitsausmaß erreichen, möglicherweise nie, was wiederum unfair ist und zu Spannungen im Team führen kann.

Es ergeben sich aber auch weitere Vorteile, die nicht außer Acht zu lassen sind. LehrerInnen können sich spezialisieren sowie besser ihre Vorteile und Stärken ausspielen (vgl. Vormayr, 2018). Hat eine Lehrperson sehr viel theoretisches Wissen und sucht weniger die Interaktion mit SchülerInnen, so könnte eine Vorlesung für ihn einen Gewinn darstellen. Umgekehrt könnte für andere Lehrpersonen das Arbeiten in Kleingruppen eine Arbeitsverbesserung darstellen. Ein anderer Vorteil besteht in der Möglichkeit Arbeitsbelastungen zu verschieben. Beispielsweise weiß eine Lehrperson, dass sie Anfang Dezember sehr viele Schularbeiten haben wird und dafür mehr Zeit benötigt. Folglich könnte die Lehrperson in dieser Zeit weniger unterrichten und andere LehrerInnen dafür umso mehr. Im Jänner hat die Lehrperson durch die dann abgeschlossenen Schularbeiten wieder mehr Zeit und übernimmt im Ausgleich mehr Stunden, entlastet dadurch die anderen Lehrpersonen, die möglicherweise zu diesem Zeitpunkt eine Entlastung benötigen.

In Summe ergeben sich bei beiden Varianten, dem Domänenunterricht und der Stundenaufteilung, große organisatorische Herausforderungen, siehe z.B. folgendes Zitat:

„Es liegt in der Natur der Sache, dass die Erstgestaltung des dafür notwendigen Plans kompliziert und aufwändig sein wird.“ (Vormayr, 2018) Bei der dritten Variante gibt es das organisatorische Problem nicht in dem großen Ausmaß, da alles beim Alten bleibt und die Möglichkeiten der Bildungsreform nicht großflächig auf der Ebene der ganzen Schule geplant werden. Einzelne LehrerInnen finden gemeinsame Lösungen, beispielsweise um ein Projekt zu realisieren oder einen themenzentrierten Unterricht zu gestalten, andere LehrerInnen übernehmen Stunden von anderen KollegInnen und diese übernehmen wiederum Stunden ͣzurück“. Es gibt keinen großen Plan für die ganze Schule, sondern LehrerInnen schmieden untereinander Pläne, wie sie es für sinnvoll erachten. Dies kann dazu führen, dass sich beispielsweise manche LehrerInnen für einen Domänenunterricht in einer Klasse, Jahrgangsstufe oder für alle Klassen einsetzen möchte, fast alle anderen LehrerInnen aber beim ͣalten“ Unterricht bleiben. Viele Vorteile der Bildungsreform werden somit nicht ausgespielt, stellen aber eine Option dar.

Ob es aber bei einer möglichen Option bleibt, oder zu einer direkten oder indirekten Pflicht wird die Bildungsreform tiefgehend umzusetzen, wird sich zeigen. Ebenso wird sich zeigen, wie die Qualität der Umsetzung sowie des Unterrichts sichergestellt wird.

„Freiräume am Standort brauchen im Hintergrund eine sorgfältige Qualitätskontrolle, um die beste Bildung für Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten. Diese soll durch ein systematisches Bildungsmonitoring und externe Evaluation der Schulen auf Basis eines einheitlichen Qualitätsrahmens sichergestellt werden.“ (BMBWF, 2018b) Wie dies genau geschieht wird an vielen Stellen nur vage angedeutet. Auch dürfen die oft angegebenen Evaluierungstools entweder aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht ausgewertet werden oder dürfen aus diversen Gründen nicht für die Leistungsfeststellung verwendet werden, sollen aber als Evaluierungswerkzeug gültig sein. Beispielsweise steht unter dem Titel ͣDie Verantwortung der autonomen Schule“ folgendes:

„Die autonome Schule wird an dem Erfolg beurteilt, den sie unter Nutzung der Freiräume erzielt. Der Erfolg wird an dem Bildungserfolg ihrer SchülerInnen (z.B.: Bildungsstandards, standardisierte Reife- und Diplomprüfung) gemessen.“ (BMBWF, 2018e S. 6)

Es ist zu hinterfragen was genau die Evaluierungstools messen, wofür sie ausgelegt sind und was das übergeordnete Ziel genau ist, da es hier viele Widersprüche gibt:

„Maximale pädagogische Gestaltungsfreiheit am einzelnen Schulstandort zur Erstellung innovativer Bildungsangebote bei gleichzeitiger Planungs- und Ressourcensicherheit

Ermöglichung regionaler Bildungskonzepte, in denen Schulprofile sinnvoll aufeinander abgestimmt und Übergänge für SchülerInnen optimal gestaltet werden

Bessere Qualifizierung von SchulleiterInnen und bedarfsgerechte, autonom am Schulstandort ausgerichtete Fort- und Weiterbildung für Lehrer/innen

Erhöhung der Transparenz und verbesserte Steuerung des Schulsystems durch eine gemeinsame einheitliche Bund-Länder-Bildungsbehörde

Gezielte Qualitätsentwicklung durch besseres Qualitätsmanagement und einheitliches Bildungscontrolling“ (BMBWF, 2018b)

Eine weitere Auflistung:

„Die autonome Schule nutzt die neuen Freiräume, um die in den Bildungsstandards und der standardisierten Reife- und Diplomprüfung definierten Zielvorgaben bestmöglich zu erreichen und verwendet Instrumente des Qualitätsmanagements zur Zielerreichung.

Die Standorte wählen selbstverantwortlich und eigenständig - auf dem Stand der neuesten Wissenschaft - pädagogische Konzepte und Organisationsformen, um

- den Bedürfnissen der SchülerInnen,
- der Ausbildung und den Stärken der Pädagoginnen und Pädagogen und - den Besonderheiten der Standorte und der Region

gerecht zu werden.“ (BMBWF, 2018f)

Ein Beispiel für die Widersprüche: einerseits gibt es Bildungsstandard und standardisierte Tests/Prüfungen, an denen alle SchülerInnen, LehrerInnen und Schulen gemessen werden, anderseits soll es regionale Bildungskonzepte, Schulprofile und Individualität geben. Auch können Lehrpläne angepasst und für die einzelnen Schulen adaptiert werden, doch wenn eine Schule beispielsweise Lehrplanthemen streicht und durch für sie sinnvollere ersetzt, die gestrichenen Themen dann aber bei standardisierten Tests verlangt und abgeprüft werden, kommt es zu schlechteren Ergebnissen, da die gestrichenen Themen nicht gekonnt werden und die stattdessen durchgenommenen Themen nicht von den Evaluierungswerkzeugen berücksichtigt werden. Dies könnte zur Folge haben, dass LehrerInnen sich einerseits auf das Erfüllen der zu testenden Themen konzentrieren, anderseits verstärkt auf ͣteaching to the test“ setzen, wie es bereits in vielen Ländern seit vielen Jahren praktiziert wird und in Österreich verhältnismäßig neu ist (vgl. Bosse, et al., 2013 S. 47f).

Ferner gibt es zahlreiche Kompetenzen, die laut diversen Lehrplänen von den SchülerInnen zu erwerben, üben und vertiefen sind, aber bis heute kaum in die Leistungsbewertung einfließen, ebenso selten von standardisierten Tests erfasst werden, da diese Kompetenzen bis heute kaum standardisiert messbar sind (vgl. Souvignier, et al., 2006 S. 151):

„Auf der Strecke bleiben jedoch jene Lernleistungen, die erst in den letzten Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen haben, etwa Teamkooperation, eigenständige Themenbearbeitung und Recherchen, kritisches Abwägen von Informationen, Argumentieren, Begründen und Problemlösen. Lernleistungen nicht in die Bewertung einfließen zu lassen, wertet diese jedoch ab. Was sollen Schüler/innen davon halten, wenn Teamfähigkeit oder fächerübergreifendes Verständnis zwar als wichtige Lernziele deklariert werden, bei der Leistungsbewertung aber nur fachbezogene Einzelarbeiten zählen? Andererseits stellt sich die Frage, wie Eigenständigkeit, Gruppen arbeiten, Projekte usw. überhaupt zu bewerten sind?“ (Stern, 2008 S. 15)

Im Schulwesen gibt es seit Anbeginn Spannungsfelder/Antinomien, die auch Kant in seiner Pädagogikvorlesung vor über 200 Jahren thematisierte (vgl. Giesinger, 2011).

„Wohl die grundlegendste Antinomie pädagogischen Handelns ist - wie Kant formulierte - die Spannung zwischen der ‘Unterwerfung unter den gesetzlichen Zwang‘ und der Fähigkeit, sich ‘seiner Freiheit zu bedienen […] Wie kultiviere ich die Freiheit bei dem Zwange?‘“ (Krüger, et al., 2006 S. 19)

Seitdem wurden Kants Überlegungen vielfach in verschiedenen Wissenschaften diskutiert, beispielsweise in der Erziehungswissenschaft, in der Pädagogik, in der Bildungswissenschaft sowie in der Philosophie. Die Spannungsfelder sind aber bis heute vorhanden, beispielsweise jene Spannung, die zwischen Interaktion und Organisation ist:

„Die Institutionalisierung pädagogischen Handelns führt dazu, dass es den Prinzipien formaler Organisationen unterliegt. […] hber gesetzliche Regeln, Lehrpläne, eine staatliche Lehrerausbildung, die Ausgestaltung von Schulformen und schulischen Abschlüssen wird eine formale Strukturierung der schule sichergestellt, die sie unabhängig von konkreten Personen und regionallebensweltlichen Besonderheiten generalisiert und homogenisiert. […] Die formale Organisation der Lernprozesse mit vorgegebenen Stundentafel, formalen Zeittakten, einer von konkreten Lebensbezügen abstrahierenden Lernorganisation und gleichförmigen Leistungsprozeduren tendiert dazu, die interaktiven pädagogischen Prozesse ‘bürokratisch‘ zu überformen oder zumindest durch abstrakte Regulierungen zu gefährden“ (Krüger, et al., 2006 S. 20)

Fraglich ist, ob durch die Bildungsreform die Spannungsfelder vergrößert oder verkleinert werden. Laut Zitat müsste das Spannungsfeld zwischen Interaktion und Organisation verkleinert, in einem anderen Bereich aber vergrößert werden, da nun die einzelnen Schulstandorte, SchulleiterInnen und LehrerInnen mehr Verantwortung für den gemessenen Lernerfolg haben, was wiederum auf dieser Ebene zu Spannungen führt, beispielsweise, ob LehrerInnen die SchülerInnen verstärkt auf Test und Prüfungssituationen vorbereiten sollen, dadurch aber weniger Zeit für die Vermittlung fachliches Wissen haben. Weiters gibt es eine vergrößerte Spannung zwischen messbaren Wissen sowie Kompetenzen und jenen Kompetenzen, die (bis jetzt) nicht messbar sind oder nicht abgeprüft werden, sodass LehrerInnen sich auf einige Kompetenzen konzentrieren und andere komplett auslassen, um dadurch mehr Zeit für jene Kompetenzen zu haben, die erhoben werden.

Auch birgt die Autonomie noch andere Gefahren in sich. Die nun folgende Kritik bezieht sich konkret auf das Weißbuch. Viele der damals dort angedachten Überlegungen, wie das standardisierte Messen der von den SchülerInnen erbrachten Leistungen, die legitime, wissenschaftliche, standardisierte und gemessene Selektion von SchülerInnen, die Output- statt Inputsteuerung des Bildungssystems und so weiter, sind mittlerweile Realität geworden (vgl. BMB, 2015).

„Man wollte von der alten Systemsteuerung, einer Input-Steuerung, d.i. die Steuerung des Systems über Erlässe und Verordnungen, übergehen zu einer neuen, der sogenannten Output-Steuerung. Indirekt ist damit zugegeben, dass der alte Steuerungsmechanismus nicht mehr funktioniert bzw. schon seit längerem nicht mehr funktioniert. Dieser alte Mechanismus - als InputSteuerung - lebte nämlich von der autoritativen Kraft der einzelnen hierarchisch organisierten Instanzen, über welche sich der politische Wille auf die Ebene der pädagogischen Praxis übertrug. Diese autoritative Kraft scheint heute nicht mehr gegeben. Die traditionellen Autoritäten haben - als Autoritäten - ausgedient. Der neue Steuerungsmodus stattet diese Funktionen daher mit deutlich neuen Machtinstrumenten aus, welche den Vorteil haben, als solche nicht sichtbar zu sein. Diese neuen Instrumente der Macht verbergen ihren Machtcharakter einerseits hinter der Sprache der Wissenschaft (der pädagogischen Evaluationsforschung), anderseits entstammen sie der Verfahrensrationalität moderner Unternehmensführung: dem Management.“ (Schirlbauer, 2005 S. 37)

„Die hberprüfung […] wird zunächst selbstevaluierend vorgenommen, denn die Selbstevaluation sei ‘eine nötige Konsequenz der größeren Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Schule im Zuge ihrer Autonomisierung‘. Die laufenden Verbesserungen der eigenen Arbeit werde ‘so zum ureigenen Anliegen der Schule selbst und nicht zum bloßen Wunsch oder Diktat der Aufsichtsbehörde‘. […] Die Steuerungsarbeit wird damit zumindest teilweise vom Steuermann an die Ruderer abgegeben, die im Zuge der Autonomisierung jetzt nicht mehr nur rudern, sondern auch steuern dürfen. Selbstredend nur, wenn diese Selbststeuerung in der Sinnrichtung des Kapitäns erfolgt.“ (Schirlbauer, 2005 S. 38)

Die Gefahr besteht unter anderem darin, dass nicht nur die Verantwortung von oben in der Hierarchie nach unten zu den SchulleiterInnen und LehrerInnen weitergegeben wird, sondern auch die Ursache für ein Problem dort verortet wird, da es erst auf dieser Ebene sichtbar wird. Somit könnte es sein, dass jene Menschen, die für die Rahmenbedingungen zuständig und dafür verantwortlich sind, sich von auftauchenden Problemen entlasten, die einzelnen Schulstandorte dafür verantwortlich machen und zur Verantwortung ziehen, obwohl diese das Konzept nicht umsetzen können, nicht die notwendigen Rahmenbedingungen vorfinden oder die vorgegebenen Rahmenbedingungen selbst das Problem sind. Anders gesagt: durch das Bildungspaket wird die Steuerungsarbeit vom Steuerer/Kapitän an die Ruderer abgegeben, die nun das Schiff selbst steuern sollen, aber nur solange, wie es dem Kapitän/der Rederei gefällt und auch nur in die Richtung, wie es von Oben in der der Hierarchie erwünscht ist, da ansonsten die Ruderer zur Verantwortung gezogen werden und Schuld sind, dass das Schiff vom Kurs abkam, der aber eben nicht autonom von den Ruderern, sondern vom Kapitän/von der Rederei festgelegt wurde. Auch müssen Rahmenbedingungen eingehalten werden, die möglicherweise nicht machbar oder sinnvoll sind, wiederum wird der Fehler dort gefunden, wo er auftaucht und dort als Ursache verortet statt dort, wo er tatsächlich verursacht wurde, beispielsweise in der Politik.

Digitale Grundbildung

Ein konkretes Beispiel für meine Kritik ist die mit der Bildungsreform eingeführte ͣDigitale Grundbildung“ (vgl. Bundeskanzleramt, 2017b) (vgl. Bundeskanzleramt, 2017c).

„Digitale Kompetenzen für die 5. bis 8. Schulstufe sind derzeit in den Lehrplänen von NMS und AHS-Unterstufe unzureichend verankert und umfassen die definierten Kompetenzframeworks der EU-Kommission Digcomp 2.0 sowie das in Österreich entwickelte digi.komp 8 nur in Ansätzen.“ (Bundeskanzleramt, 2017c)

„Medienkompetenzen wären zwar im Unterrichtsprinzip Medienerziehung und in den allgemeinen Teilen der Lehrpläne in NMS und AHS vorgegeben, eine verbindliche und damit nachhaltige Vermittlung digitaler Grundkompetenzen in den Bereichen informatische Kompetenzen, Medienkompetenzen einschließlich politischer Kompetenzen sowie digitalen Anwendungskompetenzen wäre nicht gegeben. Die Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II könnten nicht entsprechend auf eine Nutzung digitaler Technologien vorbereitet werden.“ (Bundeskanzleramt, 2017d)

Daher wurde folgendes beschlossen:

„- In den Lehrplänen der Sekundarstufe I (NMS, AHS-Unterstufe) sollen digitale, informatische und medienbezogene Kompetenzen künftig stärker verankert sein, um den technischen Entwicklungen und dem NutzerInnenverhalten der SchülerInnen stärker Rechnung zu tragen. - Dazu soll in der Sekundarstufe I von der 5.-8. Schulstufe eine verbindliche hbung ‘Digitale Grundbildung‘ mit eigenem Lehrplan im Ausmaß von 2 bis 4 Wochenstunden eingeführt werden. - Die Umsetzung am Schulstandort erfolgt schulautonom entweder zur Gänze integrativ oder zum Teil integrativ und zum Teil mit definierten Stunden, die durch schulautonome Entscheidung vorzusehen sind. Die Anzahl der 120 Gesamtwochenstunden bleibt unverändert.“ (BMBWF, 2018d S. 2)

Die verbindliche Übung ͣDigitale Grundbildung“ findet nicht zusätzlich, sondern im Rahmen der einzelnen Unterrichtsgegenstände statt. Bevor wir uns den wichtigsten Problemen im Detail widmen, befassen wir uns zunächst mit dem Lehrplan, da dieser den inhaltlichen Rahmen der verbindlichen Übung vorgibt und viele Probleme bereits durch die Lehrplanvorgaben offensichtlich sind. Folgende Themen inkludiert die verbindliche Übung ͣDigitale Grundbildung“ (die ufzählungspunkte und Abstände wurden von mir eingefügt, damit die Darstellung übersichtlicher ist):

„Gesellschaftliche Aspekte von Medienwandel und Digitalisierung
Digitalisierung im Alltag […]
- Chancen und Grenzen der Digitalisierung […]
Geschichtliche Entwicklung […]
- Gesundheit und Wohlbefinden […]

Informations-, Daten- und Medienkompetenz
Suchen und finden […]
- Vergleichen und bewerten […]
Organisieren […]
- Teilen […]

Betriebssysteme und Standard-Anwendungen
Grundlagen des Betriebssystems […]
Textverarbeitung […]
- Präsentationssoftware […]
Tabellenkalkulation […]

Mediengestaltung
- Digitale Medien rezipieren […]
Digitale Medien produzieren […]
Inhalte weiterentwickeln […]

Digitale Kommunikation und Social Media
Interagieren und kommunizieren […]
An der Gesellschaft teilhaben […]
Digitale Identitäten gestalten […]
Zusammenarbeiten […]
Sicherheit
- Geräte und Inhalte schützen […]
- Persönliche Daten und Privatsphäre schützen […]

Technische Problemlösung
- Technische Bedürfnisse und entsprechende Möglichkeiten identifizieren […]
Digitale Geräte nutzen […]
- Technische Probleme lösen […]

Computational Thinking

- Mit Algorithmen arbeiten […]
- Einfache Programme erstellen […]
- Kreative Nutzung von Programmiersprachen […]“ (BMB, 2017b)

Ich besuchte auf der Pädagogischen Hochschule in Wien ein Seminar zum Thema ͣDigitale Grundbildung“, wo auch viele Schulen vertreten waren, die im Rahmen einer Pilotierung bereits dieses Jahr die ͣDigitale Grundbildung“ umsetzen (vgl. Baldauf, 2017). Ihr Feedback wird auf den nun folgenden Seiten bei den entsprechenden Problemen eingebunden.

Die einzelnen Themen im Lehrplan beinhalten zwischen 2 bis 7 Unterthemen und der gesamte Lehrplan ist 8 Seiten lang. Mit Stand 09.03.2018 gibt es keinen fixen Lehrplan, sondern lediglich Entwürfe. Beim Lehrplanentwurf ist zu beachten, dass die Themen ͣentweder zur Gänze integrativ oder zum Teil integrativ“ in anderen Unterrichtsfächern als Informatik durchgenommen werden (BMBWF, 2018d S. 2). Weiters muss die Umsetzung der verbindlichen Übung kostenneutral erfolgen:

„Die Umsetzung des Lehrplans in den Schulen der Sekundarstufe I ist kostenneutral und erfolgt auf Basis vorhandener Ressourcen sowie dort vorhandener bzw. verfügbarer IT-Infrastruktur, wie z.B. PC-Saal mit Internetanbindung.“ (Bundeskanzleramt, 2017c)

„Finanzielle Auswirkungen sind mit dem Lehrplanvorhaben nicht verbunden, da die definierten Inhalte in den bestehenden Unterrichtsbetrieb integriert werden und so keine Zusatzressourcen erforderlich werden. Aus der gegenständlichen Maßnahme ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen auf den Bund, die Länder, die Gemeinden oder auf die Sozialversicherungsträger“ (Bundeskanzleramt, 2017d)

Da es für das Lehrpersonal keine zusätzlichen Werteinheiten gibt, erfolgte in vielen Pilotschulen der Unterricht zur Gänze in anderen Unterrichtsfächern als Informatik, doch einige der Themen sind schwer bis gar nicht in andere Unterrichtsfächer integrierbar bzw. liegen nicht im Kompetenz- und Wissensbereich der Lehrperson, beispielsweise die Themenbereiche ͣComputational Thinking“ und ͣTechnische Problemlösung“.

Andere Themenbereiche wirken auf den ersten Blick harmlos, bei genauer Betrachtung der einzelnen Unterthemen problematisch, da sie inhaltlich sehr ins Detail gehen und vermutlich auch viele Informatik-LehrerInnen vor Probleme stellen würde, beispielsweise ethische, ökonomische sowie geschlechtsspezifische Aspekte und Fragestellungen, die Auswirkungen von IT auf die Umwelt (Schaden und Schutz der Umwelt), bei ͣGeschichtliche Entwicklung“ müssen auch menschenrechtliche und ethische Fragestellungen thematisiert werden, bei ͣGesundheit und Wohlbefinden“ auf Inklusion eingegangen werden, Urheberrecht und Lizenzierung, Lizenzmodelle, Grundregeln der Mediengestaltung, SchülerInnen ͣkönnen Informationen und Inhalte aktualisieren, verbessern sowie zielgruppen-, medienformat- und anwendungsgerecht aufarbeiten“, ͣadaptieren Kommunikationsstrategien für spezifische Zielgruppen“, ͣschätzen Manipulationsmöglichkeiten durch digitale Identitäten ab“, ͣverwenden Software zur Verschlüsselung von Daten“, um nur einige Themen zu nennen (BMB, 2017b).

Bei einigen Lehrplanpunkten muss zwischen den Zeilen gelesen werden, beispielsweise bei ͣgeben Texte zügig ein“ (BMB, 2017b). Damit ist gemeint, dass die SchülerInnen das 10-Finger-System beherrschen (vgl. Baldauf, 2017). In der AHS gehört dies nicht zum Lehrplan und ist in der BHS an einigen Schulen vorgeschrieben, meist in einem eigenen Fach. Bei der ͣDigitalen Grundbildung“ ist dies nun verpflichtend vorgeschrieben, doch benötigt das Lernen des 10-Finger-Systems einiges an Zeit, die dann für fachliche Inhalte in den jeweiligen Unterrichtsgegenständen fehlt.

Vor allem der letzte Punkt im Lehrplan, ͣsetzen FabLab-Projekte, Educational Robotics bzw. 3D-Druck kreativ ein“, verursachte bei vielen Schulen große Probleme. Einige Schulen aus Wien lösten das Problem, indem sie in Wien erst vor kurzem entstandene Workshops und Einrichtungen aufsuchten, die meist kostenpflichtig sind. Die meisten Lehrerinnen kritisierten, dass sie weder das Wissen haben, um Roboter zu programmieren, noch um 3D-Drucker verwenden zu können. Auch haben fast alle Schulen weder programmierbare Roboter, noch 3D-Drucker, insbesondere in dem notwendigen Ausmaß, da alle SchülerInnen die ͣDigitale Grundbildung“ absolvieren müssen. uch wurde angemerkt, dass die meist erst vor kurzer Zeit entstandenen Möglichkeiten in Wien für Wiener Schulen eine im Moment machbare Möglichkeit darstellen, die fast immer mit Kosten und Fahrzeiten verbunden sind, die Fahrzeiten summieren sich aber schnell und dadurch geht viel Unterrichtszeit für das eigentliche Unterrichtsfach verloren. Außerdem sind im Moment nur verhältnismäßig wenige Schulen an dem Angebot der Einrichtungen interessiert, wenn aber alle Schulen 3D-Drucker und Roboter benötigen, steigt die Nachfrage deutlich an, das Angebot wächst aber kaum mit der Nachfrage mit, wodurch Engpässe vermutet werden. Weiters wurde von Schulen außerhalb Wiens angemerkt, dass die Angebote für Schulen außerhalb Wiens auf Grund der langen Anfahrtszeiten kaum nutzbar sind und es in den einzelnen Bundesländern fast keine Möglichkeiten gibt außerhalb der Schule Roboter oder 3D-Drucker zur Verfügung zu haben.

Das Grundproblem liegt darin, dass Schulen für die ͣDigitale Grundbildung“ keine zusätzlichen Ressourcen bekommen, weder in Form von kostenlosen Unterrichtsmaterialien, Werteinheiten für Lehrpersonal oder Budget für Neuanschaffungen, beispielsweise für 3D-Drucker und Roboter (vgl. Bundeskanzleramt, 2017c) (vgl. Bundeskanzleramt, 2017d). Das finanzielle Problem wurde an Schulen verschieden gelöst: in Wien besuchten einige Schulen das ͣMaker Space Vienna“, andere Schulen sparten an diversen Stellen Geld ein, um einige Roboter anzuschaffen, an einigen Schulen zahlten LehrerInnen die Ausrüstung selbst, da andere Varianten an ihrer Schule nicht umsetzbar waren. Ein weiteres Problem besteht darin, dass es keine zusätzlichen Werteinheiten gibt, sodass der organisatorische Aufwand nicht finanziell abgegolten wird.

Zusammengefasst ergeben sich im Moment unter anderem folgende Probleme:

- Die meisten LehrerInnen verfügen nicht über die notwendige Ausbildung, um die im Lehrplan vorgegebenen Themen umzusetzen.

- In den einzelnen Unterrichtsgegenständen ist weniger Zeit für die dort in den Lehrplänen vorgeschriebenen Inhalte, da diese im Gegenzug nicht reduziert wurden.

- Die Umsetzung muss kostenneutral erfolgen, doch die Anschaffung von 3D-Druckern und Robotern kostet Geld. Ebenso haben die meisten Schulen nur 2 EDV-Räume und diese sind oft auch nicht groß genug, sodass eine komplette Schulklasse mit 35 SchülerInnen sinnvoll Platz hat, um beispielsweise Roboter programmieren und nutzen zu können (vgl. Baldauf, 2017).
Es muss ein großer organisatorischer und kommunikativer Aufwand betrieben werden, der nicht finanziell abgegolten wird.

Eine fachliche Skurrilität am Rande: im Lehrplan steht unter Programmiersprachen ͣSchülerinnen und Schüler gestalten Websites mit HTML“, wobei HTML keine Programmier-, sondern eine Seitenbeschreibungssprache ist (BMB, 2017b) (vgl. Baldauf, 2017). Weiters fällt das kreative Nutzen von 3D-Druckern nicht unter die im Lehrplan angeführte ͣkreative Nutzung von Programmiersprachen“ (BMB, 2017b) (vgl. Baldauf, 2017).

Zusätzlich könnte für Privatschulen ein großes Problem entstehen, da diese einen Nachweis von geeigneten Unterrichtsmitteln erbringen müssen:

„Privatschulen müssen in Zukunft nachweisen, dass sie die zur Durchführung des Lehrplanes notwendigen Lehrmittel und sonstigen Ausstattungen und Einrichtungen aufweisen und über die geeigneten Unterrichtsmittel verfügen, um die Aufgaben der österreichischen Schule erfüllen zu können.“ (BMBWF, 2018d S. 6)

Fraglich ist, ob Privatschulen eigene 3D-Drucker und Roboter besitzen müssen, da ihnen ansonsten beispielsweise das Öffentlichkeitsrecht entzogen wird.

Eine Evaluierung der ͣDigitalen Grundbildung“ soll erst 2022 erfolgen (vgl. Bundeskanzleramt, 2017d). Fraglich ist, wer die Verantwortung und die Konsequenzen übernimmt, wenn diese Evaluierung bescheiden/ernüchtern ausfällt. Einerseits haben die einzelnen Schulen den Auftrag die ͣDigitale Grundbildung“ umzusetzen und bekommen unter anderem für die Realisierung mehr Autonomie, anderseits werden den Schulen die dafür notwendigen Ressourcen nicht zur Verfügung gestellt. Viele LehrerInnen und SchulleiterInnen befürchten, dass die dann an den Schulen auftretenden Problemen den LehrerInnen und SchulleiterInnen in die Schuhe geschoben werden oder diese die Probleme unter den Tisch kehren ͣmüssen“, um beim (durch die Bildungsreform vergrößerten) Wettkampf unter den Schulen (aufgrund der autonomen Möglichkeiten) wettbewerbsfähig zu bleiben (vgl. Baldauf, 2017).

Neue Oberstufe (NOST)

Die neue Oberstufe hat viele Namen, Facetten und usprägungen. Der Begriff ͣNeue Oberstufe“ ist nichts Neues und wurde in Österreich sowie Deutschland bereits vor vielen Jahrzenten verwendet (vgl. Gotsmy, 1989) (vgl. Feigl, 1988) (vgl. StMUK, 1952). Auch die vorletzte Bildungsreform samt neuen Lehrplänen (am 8.7.2004 kundgemacht) lief unter dem Titel ͣOberstufe neu“, was beispielsweise in den Lehrplänen im PDF-Format am Dateiname ͣlp_neu_ahs“ und in den Dokumenteneigenschaften mit ͣ HS-Lehrpläne Oberstufe neu“ ersichtlich ist (vgl. BMBWF, 2017d) (BMBWF, 2004). Aber auch die neue, aktuelle Bildungsreform wird auf vielen offiziellen, staatlichen Seiten als ͣOberstufe neu“ bezeichnet, sodass leicht eine Verwechslung entstehen kann (vgl. Bundeskanzleramt, 2018g) (vgl. FSG(BMHS), 2018).

In den letzten Jahren wurde in verschiedenen Schulversuchen die neue Oberstufe an diversen Schulen eingeführt, 2012 waren es bereits 42 Schulen und aktuell sind es mehr als 200 (vgl. Steinhuber, 2015 S. 1) (vgl. BMBWF, 2018g). Die zugrundeliegende Idee wurde an den Schulen sehr unterschiedlich umgesetzt, unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt, den individuellen Gegebenheiten vor Ort angepasst und über die Jahre weiterentwickelt (vgl. Sachernegg, 2012 S. 70). Somit kam es auch zu unterschiedlichen Begriffen und Bezeichnungen der einzelnen Ausprägungen, beispielsweise neue Oberstufe (NOST), modulare Oberstufe (MOST), Modulsystem, Modularisierung, Neue Oberstufe mit verstärkter Individualisierung (NOVI), Kurssystem und Kursangebot, um nur einige zu nennen.

Leider gibt es zur neuen Oberstufe bis dato keine großangelegte in Österreich durchgeführte Studie, lediglich einige Diplomarbeiten, Zeitungsartikel sowie schulinterne Evaluationsberichte im Bereich der Schulentwicklung/des Qualitätsmanagements wurden verfasst. Diese deuten unter anderem darauf hin, dass es zu einer Minimierung von Klassenwiederholungen und einer Minimierung der Drop-outQuote kommt (vgl. Steinhuber, 2015 S. 15-18). Darüber hinaus können die Interessen der SchülerInnen besser gefördert werden, sie bleiben länger im Klassenverband und sehen die Möglichkeiten von Lerncoaching sowie anderen Nachhol- oder Vertiefungsmöglichkeiten positiv. Weiters konnte auch ͣdie Entwicklung der Eigenständigkeit, Selbstverantwortung und ein Gefühl für Zeitmanagement“ bei den SchülerInnen festgestellt werden (Steinhuber, 2015 S. 18). Aber auch negative Folgen sind erkennbar, beispielsweise ist das Kurssystem nicht für alle SchülerInnen geeignet, ein hohes Maß an Eigenständigkeit und Selbstverantwortung wird verlangt, der Lehrstoff muss effektiver sowie schneller behandelt ͣund dadurch ohne größere Übungs- beziehungsweise Vertiefungsphasen verstanden werden“ (vgl. Steinhuber, 2015 S. 21f) (Steinhuber, 2015 S. 125). Ferner wird auf die fehlenden finanziellen Ressourcen hingewiesen, dem Zeitdruck sowie den erhöhte Arbeitsaufwand der LehrerInnen, der nicht finanziell oder auf ein andere Art und Weise abgegolten wird (vgl. Steinhuber, 2015 S. 135f) (vgl. Schwarz, 2006 S. 1f). Weiters stellt die Komplexität und Organisation ein großes Problem dar ,ebenso können Module überbucht sein oder durch Überschneidungen nicht besucht werden (vgl. Schwarz, 2006 S. 2) (vgl. Sachernegg, 2012 S. 72f) Zu beachten ist, dass die neue Oberstufe in einer geänderten Form eingeführt wurde und dadurch möglicherweise nicht alle Ergebnisse der Diplomarbeiten und Evaluationsberichte 1:1 übertragbar sind (vgl. Neuhauser, 2016).

In Deutschland gibt es in der Oberstufe bereits seit dem Jahr 1972 ein Kurssystem (vgl. Trautwein, et al., 2010 S. 11) (vgl. Bosse, et al., 2013 S. 71). In dem Zusammenhang wird oft von der reformierten Oberstufe gesprochen, wobei es seit damals mehrmalige Reformen, Rückreformen und Reformen der Reform gab (vgl. Trautwein, et al., 2010 S. 37-90). An Deutschland ist auch interessant, dass im Land Sachsen-Anhalt die Durchführung von Projektunterricht verpflichtend ist und vier vorgeschriebene Pflichtprojekte samt Themen durchgeführt werden müssen (vgl. Kastner, 2008 S. 231, 234). In Deutschland gehen die derzeitigen Reformen aber in die andere Richtung als jene aus Österreich, da dort das zuvor sehr offene Kurssystem immer mehr eingeschränkt wurde und wird (vgl. Nagengast, et al., 2015 S. 8f). Da das Kurssystem in Deutschland - weder das alte, noch das neue - mit der neuen Oberstufe in Österreich vergleichbar ist, kann kein seriöser Vergleich bzw. Übernahme der Ergebnisse deutscher Studien auf das österreichische Schulsystem erfolgen (vgl. Neumann, et al., 2012). Daher können im Moment die Auswirkungen der neuen Oberstufe auf den interdisziplinären Projektunterricht im Informatikunterricht nur sehr grob skizziert und nicht aus Studien abgeleitet werden.

2011 wurde die neue Oberstufe (NOST) beschlossen und Anfang 2012 die dafür notwendigen Gesetze im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (vgl. Quin, 2016 S. 4) (vgl. WienerZeitung, 2011). Doch ging der modulare Charakter der zuvor in Schulversuchen erprobten modularen Oberstufe verloren, sodass es zu einer Umbenennung der nun abgespeckten modularen Oberstufe in neuen Oberstufe kam (vgl. Kurier, 2016). Die Einführung der NOST war bereits für das Schuljahr 2017/2018 vorgesehen, wurde dann aber aus diversen Gründen nicht verpflichtend eingeführt, sondern kann bis 2019/2020 verschoben werden.

„Die flächendeckende Umsetzung der neuen Oberstufe erfolgt an mindestens 3-jährigen Oberstufenformen ab der 10. Schulstufe […] mit dem Schuljahr 2017/18.Durch das Schulrechtsänderungsgesetz 2016 (BGBl. I Nr. 56/2016) besteht die Möglichkeit, dass die Schulleitung - nach Anhörung des SGA - durch Verordnung den Start schulautonom auf das Schuljahr 2018/19 bzw. 2019/20 zu verlegt (Opt-out Modell). Diese einmalige Entscheidung über einen späteren Start muss bis spätestens 1. Dezember 2016 erfolgen.“ (BMBWF, 2018g)

Die flächendeckende Umsetzung war ursprünglich bereits für 2016 geplant, aktuell wird von der Möglichkeit einer Verschiebung bis 2021 gesprochen (vgl. WienerZeitung, 2011) (vgl. Bundeskanzleramt, 2018e).

„Im Hinblick auf die doch nicht unbeachtliche Neuorganisation und die erforderliche Lehrplanumstellung wurde mit dem Schulrechtsänderungsgesetz 2016, BGBl. I Nr. 56/2016, für jede einzelne Schule die Möglichkeit geschaffen, das Inkrafttreten und damit die Anwendung der die neue Oberstufe betreffenden Bestimmungen um ein Jahr oder um zwei Jahre (somit ab 1.9.2018 oder 1.9.2019 aufsteigend ab der 10. Schulstufe) hinauszuschieben.

Von dieser Möglichkeit haben sowohl im allgemein bildenden als auch im berufsbildenden Bereich viele Schulen Gebrauch gemacht. Dieser Umstand sowie Rückmeldungen von Schulen, die die neuen Bestimmungen betreffend die neue Oberstufe bereits anwenden, lassen auf Verbesserungsmöglichkeiten schließen, die geprüft werden sollen. Es soll daher gesetzlich eine Evaluation der die neue Oberstufe betreffenden Bestimmungen angeordnet werden und gleichzeitig den Schulen, die bereits „hinausoptiert“ haben, die Möglichkeit gegeben werden, die Anwendung dieser Bestimmungen ein weiteres mal bis 1.9.2021 hinauszuschieben.“ (Bundeskanzleramt, 2018e)

Die neue Oberstufe wurde für alle Schulen eingeführt, was unter anderem zur Folge hatte, dass die ͣgenehmigten Schulversuche zur neuen Oberstufe mit 1. September 2017 in die Regelform überführt“ wurde und es für die Schulen mit bisherigem Schulversuch zu geänderten Rahmenbedingungen kam (BMB, 2017c S. 1) (vgl. BMB, 2017c S. 1f).

Doch was ändert sich nun durch die neue Oberstufe, sodass es zu scheinbar großen Problemen und erneuten Verschiebungen kommt? Ein kurzer Überblick über die wichtigsten Punkte:

„- Das Schuljahr wird in Winter- und Sommersemester eingeteilt. - Jedes Semester muss positiv abgeschlossen werden. - Der Beurteilungszeitraum ändert sich auf ein Semester.
- Negativ oder nicht beurteilte Leistungen werden in einem Beiblatt zum Semesterzeugnis gesondert ausgewiesen.
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- Klar definierte und überschaubare Lernpakete werden in kompetenz- und semesterorientierten Lehrplänen dargestellt.
- Das erweiterte Frühwarnsystem ermöglicht zusätzliche Förderangebote“ (BMB, 2016c S. 2)

Indem die Lernaktivitäten verdichtet werden, von den SchülerInnen mehr Eigenverantwortung abverlangt wird und eine Semestergliederung erfolgte, sollen die SchülerInnen besser auf die Hochschulen vorbereitet werden (vgl. Dorninger, et al., 2016 S. 4). Durch die Semestrierung in Winter- und Sommersemester kommt es zu einem kürzeren Lern- und Beurteilungszeiträum (vgl. BMB, 2016b S. 2). Aufgrund der Semestrierung mussten aber die Lehrpläne geändert werden, beispielsweise wurde der dreijährige Lehrplan für das Wahlpflichtfach Informatik gegen sechs semestrierte Lehrpläne ausgetauscht (Bundeskanzleramt, 2017e).

„In neuen, kompetenzbasierten Lehrplänen wurden die Bildungs- und Lehraufgaben sowie die Lehrstoffe semesterweise gegliedert. Die Beurteilung erfolgt nach den neuen Regelungen der NOSt semesterweise […]“ (Bundeskanzleramt, 2018e) Grob 30 000 SchülerInnen pro Schuljahr müssen in Österreich die Schulstufe wiederholen, wobei Österreich eines der letzten Länder in Europa ist, in dem es das ͣSitzenbleiben“ noch gibt (vgl. Linsinger, 2010). Als die Einführung der neuen Oberstufe in den Medien thematisiert wurde, war schnell von der bschaffung des ͣSitzenbleibens“/ͣDurchfallens“ die Rede, was aber nicht der Fall ist (vgl. Schwarz, 2006 S. 2). Durch die neue Oberstufe sollen aber die Schulstufenwiederholungen reduziert werden und somit Kosten eingespart werden (vgl. BMBWF, 2016d) (vgl. Neuhauser, 2016). Jeder Pflichtgegenstand muss positiv abgeschlossen werden (vgl. WienerZeitung, 2011).

„Dafür hat der Schüler allerdings mehr Antritte als bisher (drei bzw. auf Entscheidung der Direktion vier) und kann sich auch von einem anderen als dem Klassenlehrer prüfen zu lassen. Diese Prüfungen können auch erst im kommenden Semester oder Schuljahr stattfinden. Dadurch ist in diesem System auch ein Aufstieg in die nächste Klasse mit bis zu zwei Nicht Genügend möglich“ (WienerZeitung, 2011)

Für die Wiederholungsprüfungen gibt es folgende Regelung:

„hber jeden negativ beurteilten bzw. jeden nicht beurteilten Pflichtgegenstand ist innerhalb von zwei Semestern eine Semesterprüfung abzulegen, die innerhalb dieser Frist grundsätzlich zweimal wiederholt werden kann. Sind nach den beiden Wiederholungsprüfungstagen im September mehr als zwei »Nicht genügend«/»Nicht beurteilt« aus den letzten beiden Semestern (also aus dem letzten Schuljahr) »offen«, so ist die Schülerin/der Schüler grundsätzlich nicht zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe berechtigt.“ (BMB, 2016b S. 2)

Die Aufstiegsklausel von früher gibt es nicht mehr, in einer anderen, neuen und strengeren Form gibt es sie weiterhin:

„Einmal ist ein Aufsteigen mit drei »offenen« Pflichtfächern nach Beschluss der Klassenkonferenz möglich“ (BMB, 2016b S. 2)

Bei einer Schulstufenwiederholung kann es nicht passieren, dass bereits zuvor positiv abgeschlossene Pflichtgegenstände negativ werden, da die positiv erbrachten Leistungen beibehalten werden, sie können aber weiter verbessert werden (vgl. BMB, 2016b S. 3). Am Ende der Schullaufbahn müssen alle Pflichtgegenstände positiv abgeschlossen sein, ansonsten kann nicht zur abschließenden Prüfung (z.B. Reife- bzw. Diplomprüfung) angetreten werden (vgl. BMB, 2016b S. 2f).

„Neben der hberschreitung der Höchstdauer des Schulbesuchs (Regelung wie bisher) kommt es in der neuen Oberstufe insbesondere auch zur Beendigung des Schulbesuchs, wenn nach negativer Beurteilung der zweiten Wiederholung einer Semesterprüfung keine Möglichkeit eines weiteren Antritts besteht. Das ist z.B. dann der Fall, wenn bereits drei unterschiedliche Pflichtgegenstände nach wiederholtem Prüfungsantritt negativ beurteilt wurden und nur mehr in einer Wiederholung unmittelbar vor der abschließenden Prüfung positiv nachgeholt werden können.“ (BMB, 2016b S. 3)

Darin besteht zugleich, vor allem für leistungsschwache SchülerInnen, eine große Gefahr: SchülerInnen nehmen ein ͣNicht genügend“ bis in die letzte Schulstufe mit und schaffen dann nie das Pflichtfach positiv zu absolvieren, was dem Schüler/der Schülerin viel Lebenszeit und dem Bildungssystem Geld kostet (vgl. Neuhauser, 2016).

Um unter anderem dies zu verhindern, gibt es die Möglichkeit einer individuellen Lernbegleitung (ILB).

„- SchülerInnen mit Lerndefiziten werden ganzheitlich gefördert, um ihre gesamte Lernsituation zu verbessern.

- Ein Ziel davon ist die Bewusstmachung der eigenen Stärken. - Die ILB ist gegenstandsunabhängig.“ (BMB, 2016c S. 4)

Bei Vorliegen einer Frühwarnung kann ein individueller Lernbegleiter/eine individuelle Lernbegleiterin den Schüler/die Schülerin unterstützen (vgl. BMB, 2016b S. 2). Die Inanspruchnahme einer ILB ist freiwillig, zeitlich begrenzt und es gibt keinen Rechtsanspruch seitens der SchülerInnen darauf (vgl. BMBWF, 2016e) (vgl. BMBWF, 2017e). Die Dauer wird je nach Bedarf geregelt, siehe § 19a. Abs. 2 SchUG (vgl. BMBWF, 2017e). Pro Klasse und Schuljahr stehen maximal 40 Stunden zu Verfügung. Ziel ist es die gesamte Lernsituation des Schülers/der Schülerin zu verbessern und ͣsoll als Hilfe zur Selbsthilfe verstanden werden“, daher handelt es sich nicht um einen gegenstandsbezogenen Förderunterricht oder eine Nachhilfe (BMBWF, 2016e) (vgl. BMB, 2016b S. 2). Mit der Lernbegleiterin/dem Lernbegleiter werden Lernziele vereinbart und gemeinsam an Lösungs- und Umsetzungsstrategien gearbeitet, beispielsweise werden Lernsequenzen geplant und die Lernorganisation besprochen (vgl. BMBWF, 2016e) (vgl. Steiner, et al., 2011 S. 2).

Ferner wurde das Frühwarnsystem erweitert:

„Dabei werden zwischen Schülern, Eltern und Lehrer Fördermaßnahmen vereinbart, die Schüler können sich dann einen speziell geschulten Lernbegleiter ihres Vertrauens suchen und Förderkurse in Anspruch nehmen.“ (WienerZeitung, 2011)

Seit 2016 können Frühwarnungen ohne zeitlicher Beschränkung ausgesprochen werden, die Empfehlung für Lehrkräfte lautet, dass Frühwarnungen im Wintersemester ab November und im Sommersemester ab April ausgesprochen werden (vgl. BMBWF, 2017e) (vgl. Steiner, et al., 2011 S. 2).

Die Begabungsförderung wurde ebenfalls ausgebaut. Nun können Semesterprüfungen vorgezogen, am Unterricht in einer höheren Schulstufe teilgenommen sowie die Befreiung von Pflichtgegenständen flexibler gestaltet werden (vgl. BMB, 2016c S. 4).

„Einzelne Unterrichtsgegenstände können durch Ablegung von Semesterprüfungen vorgezogen bzw. sodann übersprungen werden. Damit wird auch ein früherer Antritt zur Reife- bzw. Reifeund Diplomprüfung im jeweiligen Pflichtgegenstand ermöglicht.“ (BMB, 2016b S. 3)

„Wenn eine positive Absolvierung einer Semesterprüfung in einem Pflichtgegenstand vorliegt, kann der/die Schüler/in vom Pflichtgegenstand befreit werden. Zeitweises Fernbleiben vom Unterricht ist möglich, um zur Vorbereitung einer Semesterprüfung am Unterricht in einem anderen Semester teilzunehmen.“ (BMBWF, 2017e)

Auch können Teilprüfungen der Reife- bzw. Diplomprüfung vorgezogen werden (vgl. Dorninger, et al., 2016 S. 4, 15).

Die neue Oberstufe soll nun auch evaluiert und die Ergebnisse in die Rechtslage einfließen:

„Spätestens mit Wirksamkeit vom 1.9.2021 sollen allfällige Verbesserungen der Rechtslage, die als Ergebnis der Evaluierung festgestellt werden können, in die Rechtslage einfließen, sodass ab diesem Zeitpunkt alle Schulen der Sekundarstufe II identes Recht anwenden.“ (Bundeskanzleramt, 2018e)

Gegenüberstellung Lehrplan 1989, 2004, 2017 (semestrierte Lehrpläne) und digi.komp12

Die große Verwirrung Im Moment besteht an vielen Schulen eine große Verwirrung darüber, welche Lehrpläne derzeit gültig sind, welche im Schuljahr 2018/2019 sowie ob und an welche Voraussetzungen diese geknüpft sind, beispielsweise die Einführung der NOST. Auf der Webseite vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung ist bezüglich den Lehrplänen der AHS-Oberstufe folgendes zu finden:

„Neue semestrierte Lehrpläne ab 2017/18[:] Ab 1. September 2017 treten die neuen semestrierten kompetenzorientierten Lehrpläne mit der 5. und 6. Klasse aufsteigend in Kraft.“ (BMBWF, 2017d)

Somit wäre die Rechtslage klar, wenn nicht gleich darunter folgendes geschrieben wäre:

„Lehrplan 2004[:] Die derzeit gültigen Oberstufenlehrpläne wurden am 8.7.2004 kundgemacht und traten aufsteigend ab dem Schuljahr 2004/05 in Kraft, sodass mit dem Schuljahr 2007/08 die bisherigen Lehrpläne zur Gänze durch die neuen ersetzt wurden.“ (BMBWF, 2017d)

Unter anderem führten diese Widersprüche zu großen Irritationen. Eine weitere Quelle für Irritationen war die Einführung der neuen Oberstufe. Die im letzten Zitat angesprochenen Lehrpläne von 2004 wurden unter dem Titel ͣOberstufe neu“ veröffentlicht, was namentlich den für 2017 veröffentlichten neuen Oberstufe sehr ähnlich ist. Weiters wurde die Verwirrungen gefördert, indem früher die neuen semestrierten Lehrpläne an die NOST und deren Einführung im Schuljahr 2017/2018 gebunden war. Dadurch wäre die Rechtslage wiederum eindeutiger: wenn die Schule die NOST nicht hat, werden folglich auch nicht die neuen semestrierten Lehrpläne ab 2017/2018 verwendet, sondern die alten Lehrpläne aus dem Jahr 2004.

„Mit BGBl. II Nr. 219/2016 wurde der Lehrplan der allgemeinbildenden höheren Schulen an die mit der „neuen Oberstufe“ verbundenen Semesterorientierung angepasst. Die Verordnung über den Lehrplan der allgemeinbildenden höheren Schulen, BGBl. Nr. 88/1985, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 219/2016, tritt hinsichtlich der 5. und 6. Klassen (9. und 10. Schulstufe) mit 1. September 2017 und hinsichtlich der weiteren Klassen jeweils mit 1. September der Folgejahre klassenweise aufsteigend in Kraft (reguläres Inkrafttreten). Durch Verordnung der Schulleiterin oder des Schulleiters kann das Inkrafttreten der die neue Oberstufe betreffenden Bestimmungen (einschließlich der kompetenzorientierten Lehrpläne) gemäß § 132a des Schulorganisationsgesetzes, SchOG, BGBl. Nr. 242/1962, hinsichtlich der 10. Schulstufe erst mit 1. September 2018 oder 2019 und hinsichtlich der weiteren Schulstufen jeweils mit 1. September der Folgejahre schulstufenweise aufsteigend festgelegt werden.“ (Bundeskanzleramt, 2017e)

Neue Lehrpläne wurden aus 2 Gründen notwendig: sie waren oft mehr als 10 Jahre alt und nicht mit der NOST kompatibel, da es dort eine Semestrierung gibt. Beispielsweise ist der Lehrplan aus dem Jahr 2004 für das Wahlpflichtfach Informatik auf drei Jahre ausgelegt. Was die Lehrperson wann durchnimmt ist Ermessenssache. Bei der neuen Oberstufe gibt es aber 6 voneinander unabhängige Module, die jeweils einer genauen Lehrstoffbeschreibung bedürfen. Folglich musste der bisherige Lehrplan zumindest insoweit überarbeitet werden, sodass der Lehrstoff der 3 Jahre eindeutig auf die 6 Semester aufgeteilt wurde.

Die Schulbuchverlage adaptierten ihre Schulbücher, sodass diese der NOST und somit auch den neuen semestrierten Lehrplänen entsprachen. Viele Verlage kennzeichneten ihre Schulbücher auch mit eigenen Logos oder Siegeln, beispielsweise dem ͣNOST-Siegel“ (vgl. öbv, 2018). Lehrbücher mit dem Siegel erfüllen folgende Merkmale:

„- Approbiert nach neuem Lehrplan.

- Die Inhalte sind den einzelnen Semestern zugeordnet und dementsprechend gekennzeichnet. - Das jeweils zu Grunde liegende Kompetenzmodell ist ausgewiesen.

- Angebote zur Selbstkontrolle und für die Vorbereitung auf die Semesterprüfungen sind enthalten.“ (öbv, 2018)

Dies Verbindung von NOST und NOST-Lehrplan war ursprünglich so geplant und sinnvoll, doch da die NOST erneut verschoben wurde und eventuell nie oder in einer anderen Form kommen wird, sind einige Lehrpläne bereits jetzt mehr als 10 Jahre alt und eventuell nicht mehr am neuesten Stand. Sollen nun die Lehrpläne ͣmodernisiert“ werden gibt es 2 Möglichkeiten: die ͣNOST-Lehrpläne“ für das Schuljahr 2017/2018 werden ohne der NOST eingeführt, oder es werden neue Lehrpläne erstellt. Die Entscheidung fiel auf die erste Variante, sodass es vermutlich zu einer Loslösung der neuen semestrierten Lehrpläne von der NOST kommen wird. Diese Loslösung muss gesetzlich beschlossen werden und mit Stand 27.02.2018 liegt dieses Gesetz in einem Entwurf vor (vgl. Bundeskanzleramt, 2018e). Dort steht:

„§ 132a. (1) Sofern an allgemein bildenden höheren Schulen […] der kompetenzorientierte Lehrplan der allgemein bildenden höheren Schule […] im Schuljahr 2017/18 nicht in Kraft war, tritt dieser hinsichtlich der 5. Klassen mit 1. September 2018 und hinsichtlich der weiteren Klassen jeweils mit 1. September der Folgejahre klassenweise aufsteigend in Kraft.“ (Bundeskanzleramt, 2018e)

Weiters fällt bei einer Textgegenüberstellung der geltenden Fassung mit der vorgeschlagenen Fassung auf, dass aus ͣÜbergangsrecht betreffend die neue Oberstufe“ nun ͣÜbergangsrecht betreffend die kompetenzorientierten Lehrpläne der allgemein bildenden höheren Schule“ werden soll, sodass ͣneue Oberstufe“ aus der Überschrift entfernt und durch ͣkompetenzorientierten Lehrpläne“ersetzt wird (Bundeskanzleramt, 2018f).

Mit heutigem Stand (27.02.2018) gilt somit folgende Rechtslage: im Moment sind die semestrierten Lehrpläne an die NOST gebunden, diese Verbindung wird vermutlich bald aufgelöst werden (vgl. Bundeskanzleramt, 2017e) (vgl. Bundeskanzleramt, 2018e). Mit dem Schuljahr 2018/2019 werden vermutlich die semestrierten Lehrpläne gültig. Viele Schulbücher werden Logos oder Siegel mit NOST tragen, beispielsweise ͣNEUE OBERSTUFE“, obwohl es an den Schulen möglicherweise keine NOST gibt (vgl. öbv, 2018). Diese Aufdrucke sind als Hinweis zu verstehen, dass das Schulbuch den neuen semestrierten Lehrplänen entspricht und somit auch der NOST entsprechen würde, auch wenn diese an der Schule noch nicht eingeführt wurde.

9. Schulstufe/5. Klasse

Alle aktuellen Lehrpläne der AHS-Oberstufe sind nach demselben Schema aufgebaut:

„- Titel (Gegenstandsbezeichnung): Pflichtgegenstand oder Wahlpflichtgegenstand
- Bildungs- und Lehraufgabe: Selbstverständnis des Gegenstandes; Hauptziele die die Schüler/innen im jeweiligen Fach erreichen sollen
- Didaktische Grundsätze: fachspezifische Hinweise und Grundsätze für den Unterricht der Lehrer/innen, für die eingesetzte Methodik und Didaktik etc.
- „Lehrstoff“ […] geteilt nach Schulstufen […] bzw. nach fachspezifischen Gliederungselementen (Themenfelder, Kapitel, Bereiche ). Hier wird in verbindlichen Vorgaben formuliert, welche Lernziele die Schüler/innen erreichen sollen. Die zeitliche Gewichtung und die konkrete Umsetzung der Vorgaben obliegen den Lehrkräften.“ (BMBWF, 2017d)

Alte Lehrpläne beinhalten diese Punkte ebenso, die Reihenfolge der Punkte kann aber variieren und gelegentlich anders bezeichnet sein (vgl. Bundeskanzleramt, 1989 S. 826f). Bereits im Jahr 1989 gab es einen Lehrplan für Informatik. Dieser beinhaltete folgende Themen:

„Verfahren zur Problemlösung

Hardware
Software
Einführung in ein Betriebssystem [wobei hier auch das Arbeiten mit Anwendersoftware inkludiert ist]
Einsatzmöglichkeiten des Computers [beinhaltet auch Auswirkungen und Wandel durch die Informatik sowie das Thema Datenschutz
Entwicklung der Datenverarbeitung“ (Bundeskanzleramt, 1989 S. 826f)

Der im Moment noch aktuelle Lehrplan aus dem Jahr 2004 beinhaltet folgende Themen:

„- Informationsmanagement und Lernorganisation […]
- Inhalte systematisieren und strukturieren […]
- ein Vernetztes Informationssystem für die individuelle Arbeit aufbauen und nutzen können […] - Umgang mit Standardsoftware [Office]
- Kalkulationsmodelle […] [.] Datenbank benutzen können
- Einblicke in wesentliche Begriffe & Methoden der Informatik […]
- Datensicherheit, Datenschutz, Urheberrecht […], Auswirkungen des Technikeinsatzes […] - Einsatzmöglichkeiten der Informatik in verschiedenen Berufsfeldern […]“ (Bundeskanzleramt, 2004)

In den neuen semestrierten Lehrplänen sind für Informatik folgende Themen angeführt:
„- Bedeutung und Auswirkungen von Informatik […]
- Datensicherheit, Datenschutz und Urheberrecht […] - Entwicklung der Informatik […]
- Informatikberufe und Einsatzmöglichkeiten der Informatik […] - Aufbau von digitalen Endgeräten […]
- Funktionsweise von Informatiksystemen […]
- Grundlagen von Betriebssystemen erklären, eine graphische Oberfläche und Dienstprogramme bedienen können
- Grundlagen der Vernetzung von Computern […] - Standardsoftware […]
- Informationsquellen erschließen, Inhalte systematisieren, strukturieren, bewerten, verarbeiten und unterschiedliche Informationsdarstellungen verwenden können
- Informationsaustausch, […] Unterrichtsorganisation, […] Lernen […]
- Begriffe und Konzepte der Informatik verstehen und Methoden und Arbeitsweisen anwenden können
- Algorithmen erklären, entwerfen, darstellen und in einer Programmiersprache implementieren können
- Grundprinzipien von Automaten, Algorithmen, Datenstrukturen und Programmen erklären können
- Datenbanken benutzen und einfache Datenmodelle entwerfen können“ (Bundeskanzleramt, 2017b)
Die Themen sind in 4 Bereiche eingegliedert, diese sind ͣInformatik, Mensch und Gesellschaft“, ͣInformatiksysteme“, ͣAngewandte Informatik“ und Praktische Informatik (Bundeskanzleramt, 2017b). Der Lehrplan ist nicht, wie jener fürs Wahlpflichtfach, semestriert (vgl. Bundeskanzleramt, 2017b) (vgl. öbv, 2018). Die Semestrierung erfolgt erst ab der 10. Schulstufe.
Folgende Symbole verwende ich für die Gegenüberstellung der Lehrpläne:
Symbol Bedeutung
zur Gänze oder zum überwiegenden Teil erfüllt
anders formuliert oder Interpretationsspielraum gegeben teilweise erfüllt
nicht oder kaum erfüllt
Folgende Bildungs- und Lehraufgaben gibt es in den Lehrplänen (9. Schulstufe) von 1989, 2004 und 2017 (vgl. Bundeskanzleramt, 1989 S. 826f) (vgl. Bundeskanzleramt, 2004) (vgl. Bundeskanzleramt, 2017b):

[...]

Ende der Leseprobe aus 185 Seiten

Details

Titel
Neue Oberstufe, Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung. Auswirkungen auf den Projektunterricht im Informatikunterricht
Hochschule
Technische Universität Wien
Autor
Jahr
2018
Seiten
185
Katalognummer
V418197
ISBN (eBook)
9783668672833
ISBN (Buch)
9783668672840
Dateigröße
3402 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Oberstufe, Schule, Schüler, Leistungen, Kompetenzen, Wissen, Informatik, NOST, modulare Oberstufe, Schulreform, Bildungsreform, Notengebung, Gesetz, Projekte, Projektunterricht, digitale Bildung, digitale Grundbildung
Arbeit zitieren
Magister Bachelor Martin Tintel (Autor:in), 2018, Neue Oberstufe, Leistungsfeststellung und Leistungsbeurteilung. Auswirkungen auf den Projektunterricht im Informatikunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/418197

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