Vergleich der politischen Partizipation von Frauen in Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

19 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Die Integration von Frauen in den Parteien
2.1 Frauen als Parteimitglieder
2.2 Frauen in parteiinternen Führungspositionen
2.3 Parteiinterne Frauenorganisationen
2.4 Innerparteiliche Frauenförderung
2.4.1 Rhetorische Strategie und Strategie der positiven bzw. unterstützenden Aktion
2.4.2 Positive Diskriminierung

3. Frauen als Volksvertreterinnen
3.1 Frauen in lokalen und regionalen Parlamenten
3.2.1 Frauen im nationalen Parlament
3.2.2 Wahlverhalten von Männern und Frauen
3.2.3 Frauen in den Parteifraktionen
3.3 Frauen im Europäischen Parlament
3.4 Frauen in der Regierung
3.5 Frauen in Parlamentsausschüssen

4. Einfluss des Wahlsystems auf die Repräsentation von Frauen

5. Einflussfaktoren der parlamentarischen Repräsentation von Frauen

6.1 Die Marginalisierungsthese
6.2 Die Timelag-Hypothese

7. Das nordische Modell

8. Fazit

9. Literaturverzeichnis

10. Tabellarischer Anhang

1. Einleitung

Die Frauen in Skandinavien[1] werden von deutschen und anderen europäischen Frauen oft um ihren angeblich enormen Einfluss auf das politische System und die Gesamtgesellschaft als solches beneidet. Viele betrachten Skandinavien als das Eldorado der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen. Viele Rekorde sprechen dafür: In Dänemark gibt es seit 1885 eine unabhängige Frauengewerkschaft. Die Finninnen bekommen bereits 1906 als erste Frauen in Europa das passive und weltweit als erste das aktive Wahlrecht, gleichzeitig mit ihren männlichen Mitmenschen. 1907 schicken sie die erste Frau ins Parlament. Die Dänen sind es, die 1924 die erste Ministerin ins Kabinett berufen, die Isländer, die 1980 eine Frau zur Präsidentin wählen und die Norweger, die 1981 eine Frau zur ersten Premier-Ministerin machen[2].

Ausgehend vom Seminarthema „Parteiensystem und politische Kultur in Skandinavien und Finnland“ soll in der folgenden Hausarbeit untersucht werden, wie groß im 20. Jahrhundert der Einfluss der Frauen in den sogenannten Wohlfahrtsstaaten des Nordens innerhalb der Parteiensysteme wirklich war.

Parteien, mit ihrer wichtigen Aufgabe der Kandidatenrekrutierung für politische Ämter und Mandate, spielen auch heute noch eine wichtige Rolle. Sie sind die meist entscheidende Zwischenstation zwischen Privatleben und dem Schritt in die politische Öffentlichkeit. Es stellt sich die Frage, ob Frauen mittlerweile den gleichen Zugang zu den politischen Parteien gefunden haben oder ob sie nach wie vor nach Mitgliederzahl und Einflussbereich unterrepräsentiert sind. Wie viele Frauen werden in den nordischen Parteien für wichtige Ämter nominiert? Wie viele Frauen schicken die Parteien ins Rennen, wenn es um die wichtigen Parlamentssitze auf kommunaler, regionaler, nationaler und europäischer Ebene geht? Wie hoch ist ihr Anteil dann tatsächlich in den Parlamentsfraktionen? Wie oft gelangen Frauen in die prestigeträchtigen Kabinette, Ausschüsse und Parlamentsämter? Welche Rolle spielt das Wahlsystem hinsichtlich der Repräsentation von Frauen? Haben parteiinterne Frauenorganisationen, Strategien der positiven Diskriminierung und die neuen sozialen Bewegungen den Frauen auf dem Weg zur paritätischen Machtausübung geholfen?

Die Hausarbeit soll helfen zu klären, ob sich ein Blick gen Norden hinsichtlich Geschlechtergleichheit auch weiterhin lohnt und wenn ja, welche Elemente und Entwicklungen möglicherweise auch für Deutschland hilfreich sein könnten. Dazu werden auch Daten zur politischen Partizipation von deutschen Frauen herangezogen und mit skandinavischen verglichen.

2. Die Integration von Frauen in den Parteien

2.1 Frauen als Parteimitglieder

Alle nordischen Parteiensysteme haben gemeinsam, dass die Zahl der Parteimitglieder von der Jahrhundertwende bis Anfang der 60er Jahre ständig angewachsen und danach gefallen ist.

So gehörten in Schweden 1962 ca. 1,3 Millionen Bürger einer Partei an, 1992 nur noch 684.700. 1986 waren 17,5 % aller Männer zwischen 16 und 74 Jahren Mitglied einer Partei und 14 % der Frauen.[3]

In Dänemark kam es zu einem besonders starken Rückgang von einem relativ hohen Niveau (1966 hatten 22% der Dänen ein Parteibuch) zu einem niedrigen (1988 hatten nur noch 7% ein Parteibuch) (Christensen/ Knopp Damkjoer 1998: 44). In den 60ern Jahren gab es von elf westeuropäischen untersuchten Staaten nur in Schweden und Österreich eine höhere Anzahl an wahlberechtigten Bürgern, die in einer Partei waren als in Dänemark, nämlich 22% in Schweden und 26,2% in Österreich. Über die Mitgliedschaft von Frauen können nur begrenzt Aussagen gemacht werden, da einige Parteien kein Buch über das Geschlecht ihrer Mitglieder führten. In Dänemark lässt sich jedoch sagen, dass 1971 13% der wahlberechtigten Frauen in einer Partei waren, 1990 jedoch nur noch 4% und sie damit konstant zwischen acht und vier Prozentpunkten unter den Mitgliedszahlen von Männern lagen. Der Prozentsatz an weiblichen Mitgliedern blieb jedoch – wie etwa in Norwegen[4] - konstant bei ca. 38%[5], woraus geschlussfolgert werden kann, dass „die wachsende Partizipation und Aktivität der Frauen in diesem Zeitraum außerhalb der Parteien stattgefunden haben muß“ (Christensen/ Knopp Damkjoer 1998: 45).

In Finnland nahm der Anteil der Frauen in den Parteien von 1974 bis 1992 zu: von durchschnittlich 35,8 auf 43,4%[6], im Gegensatz zu Deutschland, wo die Frauen zwar ihren Anteil von weit unter 20% (Ende der 60er) auf heute ca. ein Viertel (ca. 27%) gesteigert haben[7], aber damit weit unter den Durchschnittswerten ihrer nordischen Geschlechtsgenossinnen sind.

2.2 Frauen in parteiinternen Führungspositionen

In den 60er und 70er Jahren saßen in Schweden nur wenige Frauen in den Vorständen der Parteien. Wie in Finnland und Deutschland (Hoecker 1998b: 68) entsprach ihr Anteil nicht dem Prozentsatz weiblicher Parteimitglieder, wo Mitte der 70er in den Präsidien zwischen acht und 18% Frauen waren. Ende der 80er war der Anteil in Finnland schon erheblich gestiegen auf die Werte zwischen 13 und 32%, was am Beispiel der Sozialdemokraten deutlich wird, die ihren Frauenanteil erheblich von acht auf 23% steigern konnten.

Eine Ausnahme war in Schweden die Moderate Sammlungspartei, die bereits bis 1964 empfahl, mindestens drei Frauen ins Präsidium aufzunehmen. Heute sind sie eine der Parteien, die „am unwilligsten“ (Bergqvist 1998: 317) sind, wenn es um Frauenquoten oder andere Mittel zur Geschlechtergleichstellung geht. Ein Durchbruch wurde in Schweden erst in den 70er und 80er Jahren erzielt: So waren z.B. 1995 56% der Vorstandmitglieder der Zentrumspartei Frauen, 46% der Liberalen Partei, 51% der Sozialdemokratischen Partei, 39% der Moderaten Sammlungspartei und 52% der Linken Partei (Bergqvist 1998: 318). Die Grünen Parteien haben in allen skandinavischen Ländern eine geschlechterparitätische Ämterteilung eingeführt, was auch in Deutschland bei Bündnis 90/Die Grünen praktiziert wird.

2.3 Parteiinterne Frauenorganisationen

In Schweden entstanden bereits zwischen 1920 und 1935 –außer bei den Kommunisten- bei den Sozialdemokraten, Konservativen, Liberalen und in der Bauerpartei parteiinterne Frauenorganisationen.

Im Gegensatz zu den anderen nordischen und manchen europäischen Ländern gibt es in Dänemark „keine Tradition innerparteilicher Frauenorganisationen“ (Christensen/ Knopp Damkjoer 1998: 43), obwohl schon seit 1985 eine unabhängige Frauengewerkschaft bestand. Stattdessen gründeten die Sozialdemokraten Frauenkomitees, die von 1929-1969 weder eigenständig waren noch eigene Mitglieder führten oder ein eigenes Programm hatten. Mit ihnen kam es jedoch einige Male zu Konflikten, wenn die Frauen die Stellung dieser Komitees verbessern oder die Politik der Parteiführung nicht kritiklos annehmen wollten (Christensen/ Knopp Damkjoer 1998: 43).

In Deutschland haben die großen Volksparteien CDU/CSU und SPD Frauenorganisationen, in die alle weiblichen Parteimitglieder qua Geschlecht über eine förmliche Mitgliedschaft kommen. Diese waren jedoch bis Mitte der 80er Jahre nicht sehr einflussreich, haben aber bis heute an Bedeutung zugenommen. Beate Hoecker ist jedoch der Meinung, dass die „gesonderte Organisation von Frauen ihre inhaltliche Integration in den Parteien“ verhindere, weil den Frauen das frauenpolitische Feld überlassen werde und sich die Männer darum dann nicht mehr zu kümmern bräuchten (Hoecker 1998b: 69). Dies sei mal als Diskussionspunkt dahingestellt.

2.4 Innerparteiliche Frauenförderung

Die positive Diskriminierung ist nur eine von mehreren Strategien, wie man Frauen im politischen System fördern kann. Andere Strategien sind die rhetorische Strategie, mit welcher verbal betont wird, dass Frauen zu berücksichtigen und zu fördern seien, sowie die Strategie der positiven bzw. unterstützenden Aktion, welche Programme zur Motivierung sowie Schulung von Frauen vorsieht und allgemein gehaltene Zielvorgaben für parteiinterne Ämter wie auch Kandidaturen angibt (Hoecker 1998b: 83).

2.4.1 Rhetorische Strategie und Strategie der positiven bzw. unterstützenden Aktion

In Finnland kam es bislang kaum zur Einführung von parteiinternen Geschlechterquoten. Die weiblichen Parteimitglieder haben immer verlangt, ihrem Anteil an der Partei entsprechend in den Entscheidungsgremien vertreten zu sein, was teilweise „als offizielle Parteiempfehlung oder als parteipolitisches Ziel formuliert“ (Bergman 1998: 100-101) wurde. Finnland hat mit diesem Kurs gezeigt, dass „eine hohe politische Partizipation von Frauen auch ohne starre Quoten erreicht werden kann“ (Bergman 1998: 101).

Die schwedischen Parteien haben ebenfalls bis in die 90er Jahre hinein „keine positiv diskriminierenden Maßnahmen eingesetzt“ (Bergqvist 1998: 329), sondern durch Empfehlungen und Ermunterungen versucht, mehr Frauen auf den Wahl- und Kandidatenlisten zu integrieren.

Deutschland hat bis Mitte der 80er Jahre nur Erfahrungen mit solchen Strategien gesammelt, da die großen Volksparteien und die FDP die meiste Zeit nicht viel von Quoten hielten. Die CSU und die FDP haben bislang nur allgemeine Empfehlungen abgegeben.

[...]


[1] Der Begriff soll im Folgenden die Länder Norwegen, Dänemark, Schweden und Finnland umfassen. Island wird -u.a. wegen seiner geringen Bevölkerungsdichte- in der Analyse nicht berücksichtigt.

[2] Eine Übersicht gibt Tabelle 1 in: Bergqvist, Christina u. a. (Hg.): Equal democracies? Gender and politics in the Nordic Countries. Oslo 1999. S. 296, s. Anhang

[3] Bergqvist, Christina: Frauen, Männer und die politische Repräsentation in Schweden. In: Hoecker, Beate (Hg.): Handbuch Politische Partizipation von Frauen in Europa. Opladen 1998, S. 317, im Folgenden abgekürzt mit (Bergqvist 1998: xx)

1992 wurde in Schweden die individuelle Mitgliedschaft eingeführt; Mitglieder der Arbeitergewerkschaften waren nicht mehr automatisch Mitglieder der sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SAP), was zu starkem Mitgliederschwund führte.

[4] s. S. 357 (Tabelle 1) in Rubart, Frauke: Politische Partizipation von Frauen in Norwegen. In: Hoecker, Beate (Hg.): Handbuch Politische Partizipation von Frauen in Europa. Opladen 1998, im Folgenden abgekürzt mit (Rubart: xx)

[5] Der Anteil aktiver Parteimitglieder liegt jedoch bei den Männern weit unter 10%, bei den Frauen sogar bei nur 4%, was besonders das weibliche Rekrutierungspotential einschränkt. s. S. 45 in: Christensen, Ann-Dorte und Knopp Damkjoer, Poul: Frauen und politische Repräsentation in Dänemark. In: Hoecker, Beate (Hg.): Handbuch Politische Partizipation von Frauen in Europa. Opladen 1998, im Folgenden abgekürzt mit (Christensen/ Knopp Damkjoer: xx)

[6] Bergman, Solveig: Frauen in der finnischen Politik: Auf dem Weg zur Hälfte der Macht? In: Hoecker, Beate (Hg.): Handbuch Politische Partizipation von Frauen in Europa. Opladen 1998, S. 100, im Folgenden abgekürzt mit (Bergman 1998: xx)

[7] Hoecker, Beate: Politische Partizipation von Frauen in Deutschland. In: Hoecker, Beate (Hg.): Handbuch Politische Partizipation von Frauen in Europa. Opladen 1998, S. 66 f., im Folgenden abgekürzt mit (Hoecker 1998b: xx)

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Vergleich der politischen Partizipation von Frauen in Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen
Hochschule
Universität Bremen
Veranstaltung
Politisches System Skandinaviens
Note
1
Autor
Jahr
2001
Seiten
19
Katalognummer
V4173
ISBN (eBook)
9783638125932
ISBN (Buch)
9783638770835
Dateigröße
566 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Untertitel der Arbeit: Eine weitgehend empirische Analyse. Untersucht worden sind, wieviele Frauen in den skandinavischen Ländern am politischen Leben partizipieren, über ein Jahrhundert hinweg. Es wurden Unterschiede zwischen den Ländern, den Parteien und den Zeiträumen herausgearbeitet.
Schlagworte
Vergleich, Partizipation, Frauen, Dänemark, Schweden, Finnland, Norwegen, Politisches, System, Skandinaviens
Arbeit zitieren
Tanja Prinz (Autor:in), 2001, Vergleich der politischen Partizipation von Frauen in Dänemark, Schweden, Finnland und Norwegen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4173

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