Die Reformbedürftigkeit der Krankenversicherung in Deutschland


Seminararbeit, 2005

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1. Einführung

2. Entwicklung der Krankenversicherung und Gründe für Reformbedarf
2.1. Geschichte der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland
2.2. Die Probleme der Krankenversicherung in Deutschland und mögliche Lösungen

3. Mögliche Reformansätze im Vergleich
3.1. Anzustrebende Reformziele
3.2. Das Herzog-Konzept
3.3. Das Rürup-Konzept
3.4. Vergleich und Bewertung der Konzepte

4. Zusammenfassung und Ausblick

5. Anhang

6. Literaturverzeichnis

1. Einführung

Das System der sozialen Marktwirtschaft hat zweifelsohne einen großen Anteil an der positiven wirtschaftlichen Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland in den vergangenen fünfzig Jahren, weil dieses System der Umverteilung allen Bevölkerungsschichten eine verlässliche finanzielle Absicherung gegen die verschiedensten Lebensrisiken wie Krankheit, Alter und Arbeitslosigkeit bot. Weil dieses System den Bürgerinnen und Bürgern der Bundesrepublik Deutschland jedoch nicht nur eine Absicherung, sondern darüber hinaus großen Wohlstand gebracht hat, werden wir von vielen Staaten der Welt darum beneidet[1].

Leider ist dieses System durch später zu ergründende externe Faktoren in eine Schieflage geraten, welcher nun rasch entgegenzusteuern ist, um die Kostenexplosion[2] der sozialen Sicherungssysteme zu verhindern. Da das Themenfeld der sozialen Sicherung mit Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung und Sozialhilfe ein insgesamt viel zu weites Feld ist, welches den Rahmen dieser Arbeit bei weitem sprengen würde, habe ich mich dazu entschlossen den Teilaspekt der Krankenversicherung näher zu betrachten. Diesen Aspekt halte ich für besonders interessant, da hier bereits heute eine Zweiklassenmedizin[3] zu erkennen ist und so der Gleichheitsgrundsatz der sozialen Marktwirtschaft verletzt wird. Es sei jedoch an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass eine Betrachtung von Teilaspekten der sozialen Sicherung schwierig ist, da hohe Interdependenzen zwischen den einzelnen Komponenten bestehen.

Um den Reformbedarf und die Schwierigkeit der Umsetzung einer Reform zu verstehen werden wir im Abschnitt 2.1. zuerst die geschichtliche Entwicklung der Krankenversicherung in Deutschland betrachten und in Abschnitt 2.2. die bereits kurz angesprochenen externen Faktoren, durch die eine Reform notwendig wird, betrachten. Anschließend werden wir im Abschnitt 3.1. anzustrebende Reformziele definieren und daraufhin im Abschnitt 3.2. und 3.3. mit dem „Herzog-Konzept“ und dem „Rürup-Konzept“ die bekanntesten Reformkonzepte vorstellen, welche im Abschnitt 3.4. diskutiert und verglichen werden sollen. Im vierten Abschnitt werden dann die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit diskutiert und einer kritischen Würdigung unterzogen.

2. Entwicklung der Krankenversicherung und Gründe für Reformbedarf

2.1.Geschichte der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland

Bevor die Krankenversicherung als Pflichtversicherung eingeführt wurde, waren schon seit dem 14. Jahrhundert Sicherungssysteme im Rahmen von Zünften oder Brüderschaften vorhanden, die sich gegenseitig in Notlagen aushalfen.[4] Durch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde jedoch ein staatlicher Eingriff notwendig, da sich die wachsende Gruppe von Fabrikarbeitern in erheblicher Existenzunsicherheit befand. Im Rahmen des Erlasses der Allgemeinen Gewerbeordnung in Preußen am 17.1.1845 und deren Erweiterung am 9.2.1849 wurden staatliche und gewerbliche Unterstützungskassen eingerichtet, welchen die Arbeiter freiwillig beitreten konnten.[5] Außerdem erhielt die Regierung die Möglichkeit einen Kassenbeitrittszwang anzuordnen.

Dieser Beitrittszwang wurde dann schließlich unter Bismarck am 15.6.1883 im Rahmen der Neugliederung der Sozialversicherung eingeführt, welche ebenfalls eine Dreiteilung in Unfallversicherung, Krankenversicherung und Alters- und Invalidenversicherung vorsah. Die Beiträge wurden zu 2/3 von dem Versicherten und zu 1/3 von dem Arbeitgeber getragen und garantierten freie ärztliche Behandlung, freie Arznei und die Zahlung eines Krankengeldes.[6]

Durch den 1. Weltkrieg und die Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre mussten einige Leistungen gekürzt werden. So wurden die heute immer noch diskutierten Maßnahmen der „Krankenschein- und Rezeptblattgebühr in Höhe von 50 Pfennig, die Selbstbeteiligung an Arzneimitteln, Karenzzeiten bis zur Zahlung von Krankengeld sowie eine Höchstgrenze für das Krankengeld“[7] eingeführt. Im Nationalsozialismus wurden die Krankenkassen dann völlig umstrukturiert, indem die Selbstverwaltung durch die Versicherten aufgelöst und zentrale Landesversicherungsanstalten gegründet wurden.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde im Jahr 1955 mit dem Gesetz über das Kassenarztrecht die Grundlage für unser heutiges Gesundheitssystem gelegt. In der Zeit des Wirtschaftswunders wurden die Leistungen der Krankenversicherung stark ausgeweitet, sodass in den Jahren 1977 bis 1983 eine Reihe von Kostendämpfungsgesetzen verabschiedet wurden. Da die Kostendämpfungsgesetze nur eine geringe Entspannung der Finanzlage brachten, trat am 1.1.1989 das Gesundheitsreformgesetz und am 1.1.1993 das Gesundheitsstrukturgesetz in Kraft. Beide versuchten unter anderem durch das Schaffen von Sparanreizen, Modernisieren von Strukturen, Einführen leistungsorientierter Vergütung usw. Beitragsstabilität zu gewährleisten.[8] Da jedoch auch diese Gesetze nur marginalen Erfolg hatten, wurden seitdem diverse Stabilisierungsmaßnahmen ergriffen, welche jedoch keine langfristigen Lösungen für die eigentlichen Probleme darstellen. Welches die eigentlichen Probleme der Krankenversicherung in Deutschland sind, werden wir im nun folgenden Teil aufzeigen und näher erläutern.

2.2. Die Probleme der Krankenversicherung in Deutschland und mögliche Lösungen

Die Finanzierungsproblematik der Krankenversicherung hat viele Gründe, die jedoch größtenteils mit dem demographischen Wandel zusammenhängen. Die seit dem Jahr 1880 von 4,5 Kinder je Frau auf gegenwärtig 1,4 Kinder abgesunkene Geburtenrate[9] zeigt unter Berücksichtigung einer für den reinen Erhalt notwendigen Geburtenrate von 2,1 Kindern, dass die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland in den kommenden Jahren ceteris paribus deutlich schrumpfen wird. Diesem Schrumpfungsprozess wirkt jedoch die bei Männern auf aktuell 74,6 und bei Frauen auf aktuell 80,5 Jahren gestiegene Lebenserwartung[10] entgegen, welche sich in den kommenden Jahren durch den medizinischen Fortschritt, durch die sinkende Zahl von Umfallopfern und das steigende Gesundheitsbewusstsein weiter positiv entwickeln wird. Die Lebenserwartung einer 60-jährigen Frau wird daher im Jahr 2050 auf weitere 28,2 Jahre (Männer 23,7 Jahre) steigen.[11]

Da sich die sinkende Geburtenrate wesentlich stärker als die steigende Lebenserwartung auf die Bevölkerungszahl auswirkt, wird diese unter Berücksichtigung einer jährlichen Nettozuwanderung von 100.000 Menschen von 82,4 Mio. im Jahr 2001 auf 77,6 Mio. im Jahr 2030 und 68,5 Mio. im Jahr 2050 sinken.[12] Die erwerbsfähige Bevölkerung (20- bis 64-Jährige) wird im gleichen Zeitraum um 14,8 Mio. Personen sinken, wohingegen die Anzahl von über 65-Jährigen um 7,4 Mio. Personen zunimmt. Dieses bedeutet, dass durch den mangelnden Nachwuchs der Altersquotient (Anteil der über 65-Jährigen an den 20- bis 64-Jährigen) von 27,6% im Jahr 2001 auf 59,2% im Jahr 2050 ansteigen wird.[13] Verdeutlicht wird diese Entwicklung beim Vergleich der Alterspyramiden der Jahre 2001 und 2050.[14]

[...]


[1] Vgl. Beske, Fritz: Das Gesundheitswesen zukunftsfähig machen - Kieler Alternative -, Kiel 2003, S.13.

[2] Vgl. Siems, Dorothea: „Kassen sollen Unternehmen sein“, in: Die Welt vom 22.11.2004.

[3] Vgl. Gillies, Peter: Schmidt will einen Gesundheits-TÜV gründen, in: Die Welt vom 27.01.2004.

[4] Vgl. Herles, Dietfried: Die gesetzliche Krankenversicherung, 6/2000, S. 10, www.gesundheitspolitik.net/01_gesundheitssystem/ krankenversicherung/gkv/KBVfobi02-GKV0006.pdf.

[5] Vgl. ebd., S. 12.

[6] Vgl. ebd., S. 14.

[7] ebd. S. 17.

[8] Vgl. ebd., S. 20.

[9] Vgl. Bericht der Kommission „Soziale Sicherheit“ zur Reform der sozialen Sicherungssysteme, Berlin, 29.9.2003, S. 8, http://www.cdu.de/tagesthema/30_09_03_soziale_sicherheit.pdf.

[10] Vgl. Bericht der Kommission Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme, Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherheit (Hrsg.), Berlin, August 2003, S. 53 f, http://www.soziale-sicherungssysteme.de/download/PDFs/Bericht.pdf.

[11] Vgl. Bericht der Kommission „Soziale Sicherheit“, S. 9.

[12] Vgl. Bevölkerung Deutschlands bis 2050, Statistisches Bundesamt, Juni 2003, S. 38, http://www.destatis.de/presse/deutsch/pk/2003/Bevoelkerung_2050.pdf.

[13] Vgl. Anhang Tabelle 2.1.

[14] Vgl. Anhang Abbildungen 2.1. und 2.2.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Reformbedürftigkeit der Krankenversicherung in Deutschland
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
15
Katalognummer
V41713
ISBN (eBook)
9783638399227
ISBN (Buch)
9783638749992
Dateigröße
472 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Reformbedürftigkeit, Krankenversicherung, Deutschland
Arbeit zitieren
Stephan Jagalla (Autor:in), 2005, Die Reformbedürftigkeit der Krankenversicherung in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41713

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