Wie nachhaltig ist die Freizeitgestaltung der älteren Generation in der Schweiz?


Akademische Arbeit, 2017

25 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Begriffe
2.1 Nachhaltige Entwicklung
2.2 Dritter Lebensabschnitt
2.3 Generationengerechtigkeit
2.4 Freizeit
2.5 Soziale Milieus
2.6 Einkommen und Vermogen der alteren Generation

3 Freizeitgestaltung der alteren Generation und die Nachhaltigkeit
3.1 Anspruche der alteren Generation bei der Freizeitgestaltung
3.2 Mobilitatsverhalten
3.3 Bespiele von Aktivitaten der alteren Generation
3.3.1 Freiwilligenarbeit
3.3.2 Bildung
3.3.3 Reisen
3.3.4 Sport und Bewegung
3.3.5 Kulturverhalten in der Freizeit
3.3.6 Neue Technologien
3.4 Nachhaltige Entwicklung bei Freizeitgestaltung
3.4.1 Freizeit und Umweltauswirkungen
3.4.2 Freizeitverkehr
3.4.3 Erlebnisparks und Freizeitparks
3.4.4 Events und Grossveranstaltungen
3.4.5 Okologische Fussabdruck
3.5 Einflussfaktoren des Ressourcenverbrauchs, die Rahmenbedingungen und der Lebensstil

4 Freizeitgestaltung der alteren Generation und die Spannungsfelder

5 Ansatzpunkte zur Milderung der Spannungsfelder

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

8 Internetquellen

1 Einleitung

Der «Dritte Lebensabschnitt», in der vorliegenden Arbeit verstanden als Zeitabschnitt, der mit dem regularen Pensionsalter beginnt, wird heute von vielen alteren Menschen in der Schweiz als ein aktiver Lebensabschnitt verstanden und gelebt. Moglich ist dies auf- grund eines mehrheitlich besseren Gesundheitszustandes sowie einer uberwiegend wohlhabenden alteren Generation. Das gesellschaftliche und individuelle Potenzial des Alters zeigt auf, dass altere Menschen mit ihrem Wissen, ihrem Erfahrungsschatz und ihren Handlungsstrategien im Alltag die jungeren Generationen, die Gesellschaft an sich und die Arbeitswelt positiv beeinflussen. In diesem Lebensabschnitt sind oft Ziele und Wunsche vorhanden, welche die alten Menschen verwirklichen mochten. Selbstbestim- mung und Kreativitat pragen das heutige Altersbild. Die neugewonnene Flexibilitat der alteren Generation aussert sich auch in ihrer aktiveren Freizeitgestaltung. Die Freizeit- gestaltung der alteren Generation wirft die Frage der Nachhaltigkeit dieser auf.

Das Ziel der vorliegenden Zertifikatsarbeit ist es, die Frage zu beantworten, wie nach- haltig die Freizeitgestaltung der alteren Generation ist. Zentral fur die Beantwortung sind die folgenden Teilfragen:

- Wie vertragt sich die Freizeit der alteren Generation mit der Forderung nach einer nachhaltigen Entwicklung?
- Welche Spannungsfelder sind im Gestaltungsfeld «Dienstleistungswirtschaft» unter besonderer Berucksichtigung der Freizeitgestaltung der alteren Generation evident?
- Welche wichtigen Informationen zum Ressourcenverbrauch «alterer Menschen» sind bedeutsam?

Es wird eine deskriptive, reflektierende Vorgehensweise gewahlt unter Bezugnahme auf einschlagige Fachliteratur. Die Zertifikatsarbeit ist als eine Analyse und kritische Refle­xion der Zusammenhange zwischen den Grundlagen einer Nachhaltigen Entwicklung und dem Thema des Berufsfeldes «Altersarbeit» zu sehen.

Der Arbeit zugrunde liegen die folgenden, im Kapitel 2 definierten Begriffe:

- Nachhaltige Entwicklung
- Dritter Lebensabschnitt
- Generationengerechtigkeit
- Freizeit
- Anspruche der alteren Generation bei der Freizeitgestaltung
- Soziale Milieus
- Einkommen und Vermogen der alteren Generation

Anschliessend werden in Kapitel 3 die «Freizeitgestaltung der alteren Generation und die Nachhaltigkeit» dargelegt. Als konkretes Anwendungsbeispiel werden im Kapitel 4 die Freizeitgestaltung der alteren Generation und sich daraus ergebenden Spannungs- felder untersucht. Es ist zu erwarten, dass die Freizeitgestaltung im «Dritten Lebensab- schnitt» dem eingangs definierten Nachhaltigkeitsbegriff nur teilweise gerecht wird und eine Angleichung zur Nachhaltigkeit der Freizeitgestaltung jungerer Generationen statt- gefunden hat. Die altere Generation ist zwar mit weniger Luxus gross geworden als jun­geren Generationen, doch hat sie sich an den hoheren Lebensstandard gewohnt und ist ihrerseits anspruchsvoll geworden. In Kapitel 5 werden Ansatzpunkte zur Milderung der Spannungsfelder aufgezeigt. Die Arbeit schliesst in Kapitel 6 mit einem Fazit.

2 Begriffe

Nachstehend wird auf die Begriffe Nachhaltige Entwicklung, «drittes Lebensalter», Ge- nerationsgerechtigkeit, Freizeit, Anspruche der alteren Generation bei der Freizeitgestal- tung in der Schweiz, soziale Milieus und das Einkommen und Vermogen der alteren Generation eingegangen.

2.1 Nachhaltige Entwicklung

Die Definition nach der World Commission on Environment and Development bezeichnet eine Entwicklung als nachhaltig, wenn sie die Bedurfnisse der heutigen Generation be- friedigt, und zwar so, dass nicht riskiert wird, dass zukunftige Generationen die eigenen Bedurfnisse nicht mehr befriedigen konnen.[1] Das Drei-Saulen-Modell der Nachhaltigen Entwicklung (Okonomie, Okologie und Soziales) geht davon aus, dass die Nachhaltige Entwicklung nur durch das gleichzeitige, aber auch gleichberechtigte Umsetzen von um- weltbezogenen, sozialen und wirtschaftlichen Zielen erreicht werden kann. Diese As- pekte bedingen sich dabei gegenseitig. Damit konnen die okologischen, okonomischen und sozialen Leistungsfahigkeiten einer Gesellschaft sichergestellt und auch verbessert werden.[2] Die Nachhaltige Entwicklung ist eine Anforderung, die letztlich von samtlichen Politikfeldern aufzunehmen ist. Sie ist somit nicht als eine punktuelle sektorpolitische Aufgabe zu verstehen.[3]

2.2 Dritter Lebensabschnitt

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) arbeitet mit der folgenden Definition der Le- bensalter: 61-75: altere Menschen, 76-90 Jahre: alte Menschen oder Hochbetagte, 91 Jahre und alter: sehr alte Menschen oder Hochstbetagte. In reichen Lander mit einer hohen Lebenserwartung hat sich die folgende Einteilung durchgesetzt: Drittes Lebens- alter ab 60 Jahren und das vierte Lebensalter ab 80 Jahren.[4] Davon zu unterscheiden ist das individuelle Altersempfinden. Faktoren, die dazu fuhren, dass sich eine Person als alt bezeichnet, sind, neben der Lebenslage, das individuelle Bezugssystem, die per- sonlichen Verhaltungsmuster, der Aktivitatsgrad sowie das entsprechende Selbstbild.[5]

In dieser Arbeit wird der Begriff «Dritte Lebensabschnitt» verstanden als Zeitabschnitt, der mit dem regularen Pensionsalter beginnt. Das Renteneintrittsalter in der Schweiz liegt bei Mannern im Alter von 65 und bei Frauen 64 Jahren.[6] Damit unterscheidet der Begriff sich marginal von der oben angefuhrten Definition, welcher das dritte Lebensalter bereits bei 61 Jahren ansetzt. Bei jungen Erwachsenen sind heute feststellbare Pro- zesse der Individualisierung und Dynamisierung von Lebensvorstellungen vorhanden. Diese beruhren auch das dritte Lebensalter. Beobachtbar sind etwa zunehmende Schei- dungsraten, Zweitbeziehungen im Alter, aber auch eine erhohte Mobilitat. Oft entstehen neue Modelle eines aktiven und kreativen Alterns, einhergehend mit einer Neugestaltung der nachberuflichen Aktivitaten. Die bessere Bildung der neuen Generation hat in der Folge auch das Selbstbewusstsein, das Gesundheitsverhalten und die Sozialbeziehun- gen beeinflusst.[7]

Entscheidend fur die Aktivitatsformen der alteren Generation in ihren spateren Lebens- jahren ist weniger das Alter als ihre Generationszugehorigkeit und die damit verbundenen Freizeitinteressen sowie das soziale Milieu.[8] - Betrachtet man die aktuelle Generationenlandschaft, lassen sich folgende Gruppen ausmachen: Dominierend sind die Babyboomer (geboren ab 1946 bis 1964)[9]. Viele von ihnen haben Schlusselpositio- nen in der Wirtschaft und in den Verwaltungen von Kanton und Bund inne. Sie pragen die Diskussionen. Die auf die Babyboomer folgenden Jahrgange bis ca. 1980 werden als «Generation X» bezeichnet. Merkmale sind ein hohes Bildungsniveau, ausgepragtes Konsumverhalten und ein starker Individualismus. Die Jahrgange von ca. 1980 bis 1999 wird als die «Generation Y» (auch Millennials genannt) zugeordnet. Sie sind gut ausge- bildet und stellen die tradierten Konventionen in Frage. Selbstverwirklichung ist ein wich- tiger Wert. Ihnen folgt die «Generation Z» (ab 1998 bis heute), die von der Digitalisierung und insbesondere von sozialen Medien gepragt ist. Kennzeichnend fur die «Generation Z» ist ihre Abgeklartheit. Fur die «Generation Z» ist eine selbstverstandliche und fest etablierte Maxime, dass die einzige Konstante der Wechsel sein wird. Sie haben bedeu- tende technologische Veranderungen und die Krise des Finanzsektors erlebt. Da die jeweils aktuelle Jugendkultur von grosser Bedeutung fur die Gesellschaft und die voran- gehenden Generationen ist, kann davon ausgegangen werden, dass die altere Genera­tion die Verhaltensweisen der «Generation Z» adaptiert.[10]

Marketingfachleute nehmen eine leicht andere Abgrenzung vor: Sie orientieren sich an der Kaufkraft und sprechen von einer «Boom-Generation». Zur «Boom-Generation» ge- horen Personen im Alter ab 50 bis 80 Jahre. Sie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg und dem «Pillenknick» Mitte der Sechzigerjahre geboren. Zu ihnen zahlen auch die «Baby-Boomer». Daraus ist dann die «Boom-Generation» abgeleitet worden. Ab 2020 werden sie den grossten Anteil der Wohnbevolkerung ausmachen. Sie kennen keinen Spartrieb, anders als die Personen, die wahrend des Zweiten Weltkrieges geboren wur­den. Die «Boom-Generation» ist konsumfreudig und medienerfahren. Die «Boom-Gene- ration» wird oft auch als Erbgeneration bezeichnet. Die Kinder der «Boom-Generation» werden aufgrund der steigenden Lebenserwartung ihrer Eltern spater erben. Die Erb- schaft wird geringer ausfallen. Die «Boom-Generation» ist eine «Wohlfuhl-Generation». Die Angehorigen dieser Generation sehen junger aus als ihr kalendarisches Alter. Sie haben viele Freiraume und ein hohes Mass an individueller Mobilitat.[11]

2.3 Generationengerechtigkeit

Mit dem Begriff der Generationengerechtigkeit werden die ungleichen Lebensbedingun- gen der jungeren und alteren Generation angesprochen. Die demografische Entwicklung ist die Hauptursache fur eine Ungleichbehandlung der Generationen. Die Generationengerechtigkeit ist fur die Nachhaltigkeitsstrategien wichtig. Sie hat das Ziel, die soziale wie auch das okologische und wirtschaftliche Gleichgewicht fur die zukunftigen Generationen zu bewahren.[12]

2.4 Freizeit

Der Begriff «Freizeit» beschreibt «die Zeit ausserhalb der Arbeitszeit, uber deren Nut- zung der Einzelne selbst frei entscheiden kann».[13] Mit anderen Worten handelt es sich um den Zeitraum oder den Zeitabschnitt, den jeder Mensch mit einer bestimmten Quali- tat und selbstbestimmten Inhalten fullen kann.[14] Somit kann gesagt werden, dass jeder Mensch im personlichen Entscheidungsfeld seine Freizeit fullt, z. B. kann er diese aktiv mittels Hobbys oder passiv mittels Erholung verbringen. Einerseits hat Freizeit als Zeit fur Erholung, Geselligkeit und Spass eine wichtige soziale Funktion.[15] Andererseits stellt sich die Frage der Umweltauswirkungen der Freizeitgestaltung.

2.5 Soziale Milieus

Soziale Milieus bezeichnen Gruppen von Menschen, welche sich in einer ahnlichen so- zialen Lage befinden und einen ahnlichen Lebensstil pflegen. Ahnlichkeiten in Bezug auf Lebensauffassung, Verhaltensweise und Wertprioritaten sind vorhanden.

Bei der Organisation des Alltags steht die Einordnung des Lebensstils beim Freizeitver- halten als eine mogliche Dimension im Vordergrund, wobei man folgende Unterschei- dung treffen kann:[16]

- Loslegende: «Die Loslegenden brechen auf zu personlichen, motivierten Projek- ten».
- Befreite: «Die Befreiten finden endlich ihre Ruhe».
- Engagierte: «Die Engagierten setzen ihre Fahigkeiten fur die Gemeinschaft ein».
- Eingebunden: «Die Eingebunden machen weiter, weil es sich so ergibt».
- Unkonventionelle: «Die Unkonventionellen schreiten auf neuen Wegen».

2.6 Einkommen und Vermogen der alteren Generation

Der Ubergang in das regulare Pensionsalter ist auch mit einer Veranderung der Einkom- mens- und Vermogenssituation verbunden. Das Erwerbseinkommen nimmt ab oder fallt weg. Es wird durch die Leistungen der Altersvorsorge ersetzt. Oft hat die altere Genera­tion Anspruch auf Erganzungsleistungen (EL), wenn die Altersrenten oder das ubrige Einkommen die minimalen Lebensunterhaltskosten nicht decken. Je langer man wah- rend der Erwerbstatigkeit in die dritte Saule der Altersvorsorge einbezahlt hat, desto bes- ser ist auch die Einkommenssituation im Alter.[17]

Ein Teil der schweizerischen Bevolkerung im Rentenalter hat liquide Ersparnisse. 79.5 % der uber 65-Jahrigen hat ein liquides Vermogen von mehr als 10'000 Franken. Bei einer Grenze von uber 50'000 Franken sinkt der Anteil bei den uber 65-Jahrigen auf 56.3 %. 38.6 % der Personen im Pensionsalter leben in einem Haushalt mit einem liquiden Vermogen von uber 100'000 Franken. 20.5 % der Personen im Rentenalter leben in einem Haushalt, der uber hochstens 10'000 Franken an liquidem Vermogen verfugt und keine grosseren, kurzfristig verfugbaren finanziellen Reserven aufweist.[18] Die Publika- tion «Armut im Alter» zeigt auf, dass die Bevolkerung zufriedener mit ihrer finanziellen Situation ist. Sie kommen mit ihrer finanziellen Situation gut uber die Runden. Ein Funftel der Personen bestreitet ihre Ausgaben aus ihren Einkunften. Mehr als ein Drittel hat sogar noch Geld gespart. Die Personen, die ab 65 Jahren ihr Vermogen verzehren, sind mit 16.6 % deutlich hoher als in den ubrigen Altersgruppen.[19] Ein Grossteil der Personen ist im Rentenalter gut abgesichert. Die finanziellen Mittel sind ungleich verteilt bei Per­sonen wie bei den alteren alleinlebenden Personen, Personen mit auslandischem Pass oder geringer Schulbildung. Ihr Haupteinkommen ist die Rente der 1. Saule.[20]

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass die Wirtschaftskraft bei der alteren Generation ungleich verteilt ist. Es gibt Personen mit einem hohen frei verfugbaren

Einkommen und Vermogen. Es gibt aber auch altere Menschen, die nach dem Abzug der Lebenshaltungskosten ein geringes oder kein frei verfugbares Einkommen haben.[21]

3 Freizeitgestaltung der alteren Generation und die Nachhaltigkeit

Bei der alteren Generation verandert sich die jahrelange Erwerbstatigkeit mit gepragten Zeitstrukturen. Die offentliche Zeit reduziert sich erheblich. Die personliche Zeit nimmt zu.[22] - Der Mensch wird zu diesem Zeitpunkt dazu gezwungen, seinen Alltag ohne Vor- gaben der Erwerbsarbeit anzugehen und zu gestalten. Das Pensionsalter dient oft als Projektionsflache fur ein besseres Leben. Dies kann als «spate Freiheit» angesehen werden.[23]

Das Freizeitverhalten der alteren Generation ist nicht homogen. Bei der alteren Genera­tion ist eine Vielfalt von Lebensstilen vorhanden. Einstellungen, Verhaltensweisen und Vorlieben andern sich nicht einfach, weil man alter wird. Gewohnte Einstellungen und Verhaltensweisen werden in den Ruhestand mit ubernommen.[24] In den letzten Jahren befinden sich die Freizeit-, Unterhaltungs- und Erlebniszentren im Aufschwung. Dazu gehoren u. a. Freizeit- und Erlebnisparks, Multiplexkinos, Fun-Bader, Indoor-Skihallen u. a.[25]

In der Schweiz wie auch in Deutschland ist die gestiegene Lebenserwartung nach der nachberuflichen Lebensphase heute um bis zu 25 Jahre langer als in fruheren Zeiten. Das Auseinanderfallen von «sozialem» und «biologischem Alter» hat eine zunehmende Differenzierung des Alters zur Folge. Man spricht von «Jungsenioren, Senioren und Hochaltrigen».[26] In der Freizeit gewinnt burgerschaftliches Engagement an Bedeutung wie der Besuch politischer Veranstaltungen, ehrenamtliche Tatigkeiten in der Gemeinde oder Stadt oder das Volunteering usw.[27] Die altere Generation ist kaufkraftig, genussfa- hig, gesundheitsorientiert und kulturinteressiert.[28]

3.1 Anspruche der alteren Generation bei der Freizeitgestaltung

Mit dem Strukturwandel andern sich auch die Anspruche der alteren Generation an ihre Freizeitgestaltung. Heute sagt man, dass die Selbstzuordnung «alt» im Durchschnitt erst nach dem 75. Lebensjahr erfolgt. Die steigende Lebenserwartung, die durchschnittliche Verbesserung der finanziellen und gesundheitlichen Situation andern die Anspruche der alteren Generation an die Freizeitgestaltung. Diese kann den Ruhestand aktiver gestal- ten. Hinzu kommen veranderte Lebenserfahrungen. Beispielsweise ist die altere Gene­ration reisefreudiger, spricht oft mehrere Fremdsprachen und besitzt haufiger einen Fuh- rerschein als noch die vorangegangene Senioren-Generation.[29] All dies nimmt Einfluss auf die Freizeitwunsche und die Freizeitgestaltung.

Die Freizeit- und das Kulturverhalten in der Schweiz sind vielfaltig. Die Freizeit hat Vor- rang vor der Kultur. Zur Freizeitaktivitaten gehoren auch das Ausgehen mit Freunden, sportliche Betatigungen, Spaziergange etc. Sie werden von einer Mehrheit mindestens einmal monatlich ausgeubt. Es braucht keine grosse Vorbereitung wie Wissen oder Geld, damit die Freizeit auf diese Weise gestaltet werden kann. Die junge Generation geht haufiger in Konzerte (Techno, Rock und Pop), besucht Festivals oder das Kino wie auch Bibliotheken. Die altere Generation geht ins Theater und besucht Konzerte mit klassischer Musik, Volks- oder Blasmusik.[30]

Die alteren Menschen befinden sich in einer gunstigeren Lebenssituation als die fruhe- ren Generationen. Sie haben einen hohen Lebensstandard, ein hohes Bildungsniveau und eine gute Gesundheit. Die altere Generation hat Moglichkeiten, beim Ubergang ins Pensionsalter weitere Bildungsangebote wahrzunehmen, ein zivilgesellschaftliches En­gagement anzugehen oder Reisen in die Welt zu unternehmen.[31] Heute hat das Alter nicht mehr die gleiche Bedeutung wie vor uber 30 Jahren. In den letzten Jahrzehnten ist die Lebenserwartung gestiegen.[32]

Die Alteren, die bereits ein aktives Leben gefuhrt haben, wollen dieses auch im Alter fortsetzen. Der Wertewandel bei der Bevolkerung durfte bei der «altere Generation» wei- terwachsen. Somit ist auch ein steigender Stellenwert von Selbstverwirklichung und Konsum vorhanden. Tourismusunternehmen haben die neue Kundengruppe erschlos- sen, und Wachstumsraten sind zu verzeichnen.[33] Bei der Pensionierung hat die altere Generation mehr Freiheit. Nach der Pensionierung bleibt das geschlechtsspezifische Arbeitsverhalten bei Mann und Frau erhalten. Mann und Frau wollen personliche Verrichtungen selbst erledigen. Die anderen Zeiten werden fur die Frauen fur die Haustatigkeiten genutzt, und die Manner investieren mehr fur Freizeitaktivitaten. Bei fortschreitendem Alter nehmen die sozialen Kontakte ab und auch die Mobilitat.[34]

Fur die Freizeitgestaltung kann der Lebensstil alterer Menschen von zwei Seiten aus betrachtet werden: Der Status als Kombination von Bildung, Einkommen und Beruf und andererseits der Lebensstil, gepragt durch die Umwelt der alteren Menschen. Die Pen­sionierung bedeutet, dass der Mensch gezwungen wird, seinen Alltag neu zu organisie- ren. Die alteren Menschen konnen sich am ehemaligen Arbeitsumfeld orientieren und sind bereit, weiterhin arbeitstatig zu sein. Sie konnen sich an der Gemeinschaft orientie­ren und im Rahmen von informellen und formellen Engagements tatig sein, so etwa in Vereinen und in der Nachbarschaft. Es gibt altere Menschen, die sich nach der Pensio­nierung primar am individuellen, familiaren Umfeld ausrichten.

Bei der alteren Generation ist der Bereich der Freizeit, die zu Hause verbracht wird, von Medienkonsum dominiert. An erster Stelle werden das Fernsehen und das Zeitunglesen aufgefuhrt. Die Musse wie auch das Nichtstun haben einen hohen Stellenwert. Bevor- zugte Arbeiten daheim sind die Gartenpflege und das Handwerk.[35]

«Loslegende» (vgl. Kapitel 2.5) erleben die Pensionierung als Phase eines neuen Auf- bruchs. Sie haben grossere Auslandsreisen vor. Viele buchen Tagesausfluge zu Kultur- statten, machen Wanderungen und Besuche. Auch haben sie Kontakt mit den Enkelkin- dern.

[...]


[1] Vgl. United Nations, Report of the World Commission on Environment and Developments: Our Common Future (1987), S. 43

[2] Vgl. Bundesamt fur Statistik/Bundesamt fur Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL), Bundesamt fur Raumentwicklung (ARE), Nachhaltige Entwicklung in der Schweiz, S. 9-10

[3] Vgl. Schweizerischer Bundesrat, Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012-2015, S. 13

[4] Vgl. Paul Baltes, Das hohe Alter. Mehr Burde oder Wurde, http://www.fu-berlin.de/presse/publikatio- nen/fundiert/archiv/2004_01/04_01_baltes/index.html (zuletzt besucht am 17.09.2017)

[5] Vgl. Cirkel/Hilbert/Schalk, Produkte und Dienstleistungen fur mehr Lebensqualitat im Alter (2004), S. 37

[6] https://www.ch.ch/de/rentenalter (zuletzt besucht am 12.08.2017)

[7] Vgl. Hopflinger, Wandel des dritten Lebensalters. «Junge Alte» im Aufbruch, S. 5 f

[8] Vgl. Hopflinger, Wandel des dritten Lebensalters. «Junge Alte» im Aufbruch, S. 11

[9] Vgl. Triple-A-Team AG, Generation Z, Metastudie uber die kommende Generation, S. 4

[10] Vgl. ebd., S. 4-6

[11] Vgl. http://www.boomgeneration.ch/generation_50plus.htm (zuletzt besucht am 29.06.2017)

[12] Meyer, Historische Gerechtigkeit (2005), S. 40

[13] Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon 2013a, Freizeit; Gabler Wirtschaftslexikon 2013a, Freizeit, http://wirt- schaftslexikon.gabler.de/Stichwort-Ergebnisseite.jsp (zuletzt besucht am 12.08.2017)

[14] Vgl. Agricola, Freizeit, Grundlagen fur Planer und Manager (2001), S. 81

[15] Vgl. Oeko-Institut e.V., Freizeit zwischen Umwelt, Spass und Markten (2002), S. 9

[16] BaslerFond - Bundesamt fur Sozialversicherungen (BSV), Bundesamt fur Wohnungswesen (BWO) (2011), S. 30-40

[17] Vgl. Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenossisches Departement des Innern EDI, Armut im Alter (2014), S. 11-13

[18] Vgl. ebd., S. 23

[19] Vgl. ebd., S. 35

[20] Vgl. Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenossisches Departement des Innern EDI, Armut im Alter (2014), S. 35

[21] Vgl. Oeko-Institut e.V., Freizeitgesellschaft zwischen Umwelt, Spass und Markten (2002), S. 105

S e i t e 6 | 25

[22] Vgl. Meyer, Altern und Zeit - Der Einfluss des demographischen Wandels auf Zeitstrukturen (2008), S. 20

[23] Engstler/Klaus/Lejeune/Mahne/Spuling/Wetze/Wolff/Tesch-Romer, Deutscher Alterssurvey (2015), S. 16

[24] Vgl. ebd., S. 105

[25] Vgl. ebd., S. 10

[26] Broscher P./Naegele G./Rohleder Ch. - Bundeszentrale fur politische Bildung, Politik und Zeitgeschichte 2000 - Sozialpolitik

http://www.bpb.de/apuz/25467/freie-zeit-im-alter-als-gesellschaftliche-gestaltungsaufgabe (zuletzt besucht am 28.09.2107)

[27] Heinze/Denzel/Wilde/Patrick, SSOAR Freizeitverhalten alterer Menschen und potentielle Impulse fur die Seniorenwirtschaft (2014), S. 8-9

[28] Vgl. Opaschowski, Leben zwischen Muss und Musse. Die altere Generation: Gestern - Heute - Morgen (1998), S.19

[29] Vgl. Oeko-Institut e. V., Freizeitgesellschaft zwischen Umwelt, Spass und Markten (2002), S. 103

[30] Vgl. Schweizerische Eidgenossenschaft eidg. Departement des Innern EDI (2014), Das Kultur- und Frei- zeitverhalten in der Schweiz, Kap. Besuche von Kulturinstitutionen

[31] Vgl. Sackreuther, Mittendrin? Lebensplane und Potenziale alterer Menschen beim Ubergang in den Ru- hestand (2015)

[32] Vgl. Oeko-Institut e. V. Freizeitgesellschaft zwischen Umwelt, Spass und Markten (2002), S. 102

[33] Vgl. Heinze/ Denzel/ Wild/ Patrick, Freizeitverhalten alterer Menschen und potentielle Impulse fur die Seniorenwirtschaft, S. 24

[34] Vgl. Immerfall/Wasner, Freizeit (2011), S. 38

[35] Vgl. Oeko-Institut e.V., Freizeit zwischen Umwelt, Spass und Markten (2002), S. 106

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Wie nachhaltig ist die Freizeitgestaltung der älteren Generation in der Schweiz?
Hochschule
Universität Bern
Autor
Jahr
2017
Seiten
25
Katalognummer
V414749
ISBN (eBook)
9783668653580
ISBN (Buch)
9783668653597
Dateigröße
595 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
freizeitgestaltung, generation, schweiz, wirtschaft, umwelt, ältere Generation
Arbeit zitieren
Franz Ludin (Autor:in), 2017, Wie nachhaltig ist die Freizeitgestaltung der älteren Generation in der Schweiz?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/414749

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