Inwieweit lässt sich die AfD, seit der Teilnahme an der Bundestagswahl 2013, als euroskeptische Partei typologisieren?


Hausarbeit, 2017

17 Seiten, Note: 2,3


eBook
Kostenlos herunterladen! (PDF)

Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Europäische Integration und Euroskeptizismus
2.1 Definition des Begriffes der Europäischen Integration
2.2. Definition und Konzeptualisierung des Euroskeptizismus nach Taggert und Szczerbiak
2.3 Zwischenfazit

3. Alternative für Deutschland (AfD)
3.1 Gründung und Positionierung der Alternative für Deutschland zur Europäischen Union
3.2 Einordnung der AfD in das Konzept des Euroskeptizismus nach Taggart/ Szczerbiak

4. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Thema, womit sich diese Arbeit auseinandersetzen wird, ist der Euroskeptizismus innerhalb der deutschen Parteienlandschaft. Euroskeptizismus und Deutschland, diese beiden Begriffe passten in Deutschland lange Zeit nicht wirklich zusammen.

Zwischen 8% und 13% der deutschen Bevölkerung hielten in den Jahren 1988-1994 eine EU-Mitgliedschaft für „schlecht“[1]. Mit diesem Wert liegt Deutschland in etwa im europaweiten Durschnitt.[2] Ein großer Unterschied liegt jedoch darin, dass im Vergleich zu anderen Staaten Europas, in dieser Zeit keine europaskeptischen Parteien hervorgetan haben, die den Einzug in das Parlament verzeichnen konnten.

Im Gegenteil sprachen sich die politischen Eliten über die parteilichen Grenzen hinweg für das europäische Projekt aus und wollten die wirtschaftlichen sowie politischen Beziehungen weiter intensivieren. Aufgrund dessen wurde Deutschland als „Musterknabe“ der europäischen Integration angesehen.[3]

Mit der Gründung 2013 und der Etablierung der Partei AfD könnte sich das jedoch ändern. Mit der AfD kann zum ersten Mal eine Partei, welche sich europakritisch äußert, Wahlerfolge erzielen. Auch wenn die Partei im Jahr ihrer Gründung mit 4,7% den Einzug in den Bundestag noch knapp verpasst hat, so ist sie 2014 mit 7,1% in das Europaparlament und 2017 mit 12,6%[4] als drittstärkste Partei in den Deutschen Bundestag eingezogen.

Ebenso ist die AfD mittlerweile in 14 von 16 Landesparlamenten vertreten.[5] Aufgrund dieser Entwicklungen soll untersucht werden, inwieweit die Partei AfD als euroskeptisch zu identifizieren ist. Die primären Informationen über die Haltung der AfD werde aus den politischen Leitlinien aus dem Jahre 2014, den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2013 und zur Europawahl 2014 entnommen werden.

Da es sich bei der AfD um eine noch sehr junge Partei handelt, welche sich in ihrer politischen Programmatik von anderen Parteien deutlich unterscheidet, erhoffe ich, mit dieser Arbeit den Forschungsstand über die AfD und ihrer Positionierung zur europäischen Integration etwas zu erweitern.

Beginnen werde ich meine Arbeit mit der Begriffserklärung der europäischen Union und einer Konzeptualisierung des Euroskeptizismus nach Taggart und Szczerbiak. Anschließend werde ich unter der Berücksichtigung auf die Wahlprogramme sowie auf das dargelegte Konzept erläutern, und auf Basis dessen zu einem Ergebnissen kommen, inwieweit sich die Partei AfD als euroskeptisch typologisieren lässt

2. Europäische Integration und Euroskeptizismus

2.1 Definition des Begriffes der Europäischen Integration

Europäische Integration wird definiert als

„d ie immer engere Zusammenarbeit europäischer Staaten, die Entwicklung der Gemeinschaft von der Montanunion (1952) bis zur EU von heute und den prinzipiell nicht abgeschlossenen Prozess der europäischen Einigung.

Die europäische Integration ist durch eine Reihe von Erweiterungen (Aufnahme neuer Mitglieder)und Vertiefungen (Intensivierung der Zusammenarbeit) gekennzeichnet.

Sie beruht auf supranationaler und intergouvernementaler Zusammenarbeit.“ [6]

Supranational bedeutet dabei, dass einzelstaatliche Zuständigkeiten, an Organe der EU abgegeben werden. Intergouvernemental bezeichnet die fortschreitende Zusammenarbeit nationaler Regierungen untereinander.

Auf Grundlage dieses Verständnisses der europäischen Integration hat sich der Euroskeptizismus ausgeprägt, welchen ich im Folgenden erklären und das Konzept von Taggart und Szczerbiak vorstellen werde.

2.2. Definition und Konzeptualisierung des Euroskeptizismus nach Taggert und Szczerbiak

Den Ursprung fand der Begriff des Euroskeptizismus bereits im Jahre 1985. In einem Artikel in The Times wurde der Begriff „eurosceptism“ erstmals für die abweichende Meinung der eurokritischen Politik der Conservative Party unter Margaret Thatcher zur politischen und ökonomischen Integration der europäischen Staaten genutzt.[7]

Ausgeweitet hat sich der Euroskeptizismus mit der Verhandlung und des Abschlusses des Maastrichter Vertrages. Dieser Entwicklung liegen vier Gründe zugrunde. Erstens führten die Debatten im Zuge der Verhandlungen zu einer Zurückweisung des Grundgedankens der Europäischen Union, wodurch einige Staaten das Projekt der europäischen Integration ablehnten.

Da der Vertrag von Maastricht auf die Policy-Ebene der Länder fokussiert war, konnte der Euroskeptizismus von Parteien auf politischer Ebene genutzt werden.

Drittens war das Thema der EU-Integration in den meisten Staaten eher von minderer Wichtigkeit, sodass die Gegenstimmen zum Maastrichter Vertrag in „weichem“ Euroskeptizismus verkörpert werden. Der letzte Indikator zeigt sich in der öffentlichen Meinung zur EU, welche sich seit 1991 verschlechtert hatte. Demnach fiel die Zustimmung zur EU von 72% (1991) bis auf 54% (1994).

Grundsätzlich lässt sich daher ein Zusammenhang von steigender Integration und steigendem Euroskeptizismus andeuten.[8] Höhepunkte des Euroskeptizismus zu dieser Zeit waren unteranderem die Ablehnung des Vertrages durch Dänemark, die reservierte Zustimmung durch Frankreich und das zurückhaltende Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichtes.

Auch wenn bis heutzutage noch keine allgemeingültige Konzeptualisierung des Euroskeptizismus existiert, so waren es vor allem Paul Taggart und Aleks Szczerbiak, die mit ihren Arbeiten den Euroskeptizismus erstmal definierten und auf die sich bis heute noch berufen wird.[9]

Die Definition lautet: „the idea of contingent or qualified opposition, as well as incorporating outright and unqualified opposition to the process of European integration.“ [10]

Gemeint ist damit, dass Parteien entweder als qualifizierte Opposition auftreten, die aufgrund einzelner Entwicklungen der Europäischen Integration einen Anlass haben, diese skeptisch zu betrachten, jedoch die Integration als solche befürworten oder auf der anderen Seite die nationalstaatliche Übertragung von Zuständigkeiten und damit die Europäische Integration als ganze abzulehnen. In darauffolgenden Forschungen wurde diese Definition in „hard eurosceptism“ und „soft eurosceptism“ unterteilt.

“Hard eurosceptism” wird dabei definiert als „principled opposition to the EU and European integration and therefore can be seen in parties who […] being opposed to the whole project of European integration as it is currently conveived.”[11] Bezogen ist diese Definition demnach auf Parteien, die sich gegen eine EU-Mitgliedschaft des eigenen Landes aussprechen.

Unter „soft eurosceptism“ wird verstanden, dass eine Partei „is not a principled objection to European integration or EU membership but where concerns on one (or a number) of policy areas lead to the expression of qualified opposition to the EU, or where there is a sense that ‘national interest’ is currently at odds with the EU trajectory.“[12]

Zur Überprüfung, ob eine Partei dem „harten”, „weichen“, oder keinen Euroskeptizismus schlagen die beiden Autoren relativ übersichtliche Methoden vor. Demnach ist eine Partei dem „harten“ Euroskeptizismus zuzuordnen, wenn sie eine „single issue anti-EU party“ darstellt, also Parteien, die in erster Linie einen bestimmten Standpunkt (hier gegen EU-Mitgliedschaft) vertreten, von welchem sich weitere Forderungen ableiten.

Desweiteren argumentiert eine Partei, die zum „harten“ Euroskeptizismus zuzuordnen ist, auf Grundlage von ideologischen Positionen, sodass beispielsweise die EU zu kapitalistisch oder sozialistisch ist (aus Sicht von Kommunisten bzw. Konservativen).[13] Dies meint, dass die Europäische Integration, in ihrer aktuellen Gestaltungsform (als EU) prinzipiell abgelehnt wird, was sich in erster Linie in der Ablehnung von nationalstaatlichen Kompetenzübertragungen auf übergeordnete Institutionen manifestiert.

Eine Partei ist nach Taggart und Szczerbiak dann dem „weichen“ Euroskeptizismus zuzuordnen, wenn die EU Entscheidungen trifft und treffen will, die auf bestimmte politische Gebiete bezogen sind und diese Entscheidungen gegen das sprechen, dass die jeweiligen Parteien bevorzugen.[14] Hierbei wird sich also inhaltlich mit geplanten Entwicklungen der EU skeptisch auseinander gesetzt, weiterreichende Kompetenzerweiterungen werden abgelehnt.

Auch wenn dieses Konzept und insbesondere die Definition des „weichen“ Euroskeptizismus durchaus kritisiert worden ist (unteranderem als „broad catch-all category“)[15], betonen Taggart und Szczerbiak, dass „the more complex and fine-grainded the typology is, the more difficult it is to operationalize and categorize the parties.” [16]

Dies ist der darüberhinaus der Grund, warum ich die Definition von Taggart und Szczerbiak für geeignet erachte, zu untersuchen, inwieweit die AfD euroskeptizistisch auftritt und ich dabei nicht auf Konzepte wie beispielsweise von Kopecký und Mudde eingehen werde.

2.3 Zwischenfazit

Anhand der Definition der europäischen Integration sowie der Konzeptualisierung und der Definition des Euroskeptizismus wird deutlich, dass ein sinnvoller Bezug zur Europäischen Integration vorhanden ist, da es sich bei dem Euroskeptizismus um ein Konzept handelt, welches die intergouvernementalen und besonders die supranationalen Züge der Europäischen Integration kritisiert. Die von Taggart und Szczerbiak vorgenommene Unterscheidung in „weicher“ und „harter“ Euroskeptizismus ergeben sich als sinnvoll, um die Einstellung einer Partei in Bezug auf die Europäische Integration zu bestimmen.

Trotz Kritiken (u.a. Kopecký/Mudde) folge ich der Meinung Taggarts und Szczerbiaks, welche an einer solch generellen Unterscheidung festhalten, da das Konzept ansonsten zu komplex und präzise Datenerhebung zu schwer zu realisieren ist. Einer der Hauptgründe ist, dass die Parteien auf der Policy-Ebene nur selten ihre Schlüsselthemen in Bezug auf Europäische Integration so elaborieren, dass sie sich für eine detaillierte Einordnung eignen.[17]

3. Alternative für Deutschland (AfD)

3.1 Gründung und Positionierung der Alternative für Deutschland zur Europäischen Union

Gegründet hat sich die Partei Alternative für Deutschland am 14. April 2013. Bereits bei diesem Treffen wurden die Satzung und ein (vorläufiges) Parteiprogramm beschlossen. In den darauffolgenden Wochen wurde eine Parteistruktur aufgebaut, welche Landesverbände beinhalteten, sodass die Partei im selben Jahr noch an den Bundestagswahlen teilnehmen konnte und den Einzug mit 4,7% der Stimmen nur knapp verpasste.[18]

[...]


[1] Vgl. http://ec.europa.eu/commfrontoffice/publicopinion/archives/eb/eb41/eb41_de.pdf (Euroba rometer 41 - Figur 2.4a) zugegriffen am 13.09.2017.

[2] Vgl. http://ec.europa.eu/commfrontoffice/publicopinion/archives/eb/eb41/eb41_de.pdf. (Euroba rometer 41 - Figur 2.1), zugegriffen am 13.09.2017.

[3] Vgl. Lees, Charles: The Limits of Party- Based Eurosceptisism in Germany, in: Taggart, Paul, Szczer biak, Aleks: Opposing Europe, The Comparative Party Politicy of Eurosceptism Volume 1, Uni versity Press Inc.: New York 2008, S. 16.

[4] Vgl. https://www.bundeswahlleiter.de/bundestagswahlen/2017/ergebnisse.html, zuletzt zugegrif fen am 26.09.2017.

[5] Vgl.BpB:https://www.bpb.de/politik/grundfragen/parteienindeutschland/kleinparteien/211108/afd, zuletzt zugegriffen am 13.09.2017.

[6] BpB: https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/pocket-europa/16687/europaeische-integration, zuletzt zugegriffen am 14.09.2017.

[7] Vgl. Harmsen, Robert, Spiering, Menno: Eurosceptism in Germany, in: Harmsen, Robert, Spiering, Menno Hg.): Eurosceptism. Party politics, national identity and European integration, Rodopi (European studies, 20): Amsterdam 2004, S.15.

[8] Vgl. Taggart, Paul: The Populist Politics of Euroscepticism. University of Sussex. S.5 Online verfügbar unter http://aei.pitt.edu/2740/01/002543_1.pdf, zuletzt zugegriffen am. 26.09.2017.

[9] Vgl. Oberkirch, Thomas, Schild, Joachim: Wachsender Euroskeptizismus - Anatomie eines Phäno mens (Arbeitspapiere zur europäischen Integration, Nr. 6), Universität Trier, Trier: 2010, S.9.

[10] Vgl. Taggart, Paul (1998): A Touchstone of Dissent. Euroscepticism in Contemporary Western Eu ropean Party Systems, in: European Journal of Political Research, 33 (3), S. 366.

[11] Vgl. Taggart, Paul, Szczerbiak, Aleks: Introduction: Opposing Europe? The Politics of Eurosceptism in Europe, in: Taggart, Paul (Hg.), Szczerbiak, Aleks: Opposing Europe, The Comporative Party Politics Volume 1, Oxford University Press Inc.: New York 2008, S.7.

[12] Vgl. Taggart, Paul, Szczerbiak, Aleks: Introduction: Opposing Europe? The Politics of Eurosceptism in Europe, in: Taggart, Paul (Hg.), Szczerbiak, Aleks: Opposing Europe, The Comporative Party Politics Volume 1, Oxford University Press Inc.: New York 2008, S.8.

[13] Vgl. Taggart, Paul, Szczerbiak, Aleks: Introduction: Opposing Europe? The Politics of Eurosceptism in Europe, in: Taggart, Paul (Hg.), Szczerbiak, Aleks: Opposing Europe, The Comporative Party Politics Volume 1, Oxford University Press Inc.: New York 2008, S.7.

[14] Vgl. Taggart, Paul, Szczerbiak, Aleks: Introduction: Researching Eurosceptism and European Party Systems A Comparative and Theoretical Research Agenda, in: Taggart, Paul (Hg.), Szczerbiak, Aleks: Opposing Europe, The Comporative Party Politics Volume 2, Oxford University Press Inc.: New York 2008, S.3.

[15] Vgl. Henderson, Karen: Eurosceptism and Party Systems in CEE, in: Taggart, Paul (Hg.), Szczer biak, Aleks: Opposing Europe, The Comporative Party Politics Volume 2, Oxford Universi ty Press Inc.: New York 2008, S. 115.

[16] Taggart, Paul, Szczerbiak, Aleks: Introduction: Researching Eurosceptism and European Party Systems A Comparative and Theoretical Research Agenda, in: Taggart, Paul (Hg.), Szczer biak, Aleks: Opposing Europe, The Comporative Party Politics Volume 2, Oxford Universi ty Press Inc.: New York 2008, S.5.

[17] Vgl. Taggart, Paul, Szczerbiak, Aleks: Introduction: Researching Eurosceptism and European Party Systems, in: Taggart, Paul (Hg.), Szczerbiak, Aleks: Opposing Europe, The Comporative Party Politics Volume 2, Oxford University Press Inc.: New York 2008, S.5.

[18] Vgl. BpB: https://www.bpb.de/politik/grundfragen/parteien-in- deutschland/kleinparteien/211108/afd, zuletzt zugegriffen am 25.09.2017.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Inwieweit lässt sich die AfD, seit der Teilnahme an der Bundestagswahl 2013, als euroskeptische Partei typologisieren?
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Veranstaltung
Seminar Europäische Integration
Note
2,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
17
Katalognummer
V413583
ISBN (eBook)
9783668652279
ISBN (Buch)
9783668652286
Dateigröße
538 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
AfD, Integration, Europa, EU, Skeptizismus, Taggart, Szczerbiak
Arbeit zitieren
Tobias Duff (Autor:in), 2017, Inwieweit lässt sich die AfD, seit der Teilnahme an der Bundestagswahl 2013, als euroskeptische Partei typologisieren?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/413583

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Inwieweit lässt sich die AfD, seit der Teilnahme an der Bundestagswahl 2013, als euroskeptische Partei typologisieren?
eBook
Kostenlos herunterladen! (PDF)



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden