Der Ohrring; unter besonderer Berücksichtigung des Männerohrrings


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Frauenohrring
2.1. Der Ohrring bei Adel und im städtischen Milieu
2.2. Der Ohrring auf dem Land und in der Tracht

3. Der Männerohrring
3.1. Der bürgerliche Ohrring
3.2. Der ländliche Ohrring
3.3. Der Männerohrring in Sondergruppen
3.4. Die neuere Entwicklung des Männerohrrings bis in die Gegenwart

4. Zusammenfassung

1. Einleitung

Der Ohrring gehört zu den meist gut sichtbaren Schmuckstücken, die in vielen Kulturen schon seit langer Zeit eine wichtige Rolle spielen. Es soll ein historischer und formaler Überblick über die Entwicklung sowohl des Frauen- als auch des Männerohrrings gegeben werden. Ebenso soll die Bedeutung des Ohrrings, sein Zeichencharakter, näher untersucht werden. Als Grundlage dienen verschiedene Untersuchungen der letzten Jahre. Die erste umfassendere Beschäftigung mit dem Thema Männerohrring stammt von Leopold Schmidt aus dem Jahr 1946. Die ausführlichste volkskundliche Bearbeitung dieses Themas wurde 1989 im Rahmen der Ausstellung „Auf´s Ohr geschaut“ (Museum für Deutsche Volkskunde –SMPK- Berlin) durchgeführt. Eine eher formal und historisch ausgerichtete ausführliche Untersuchung stammt aus dem Jahr 1990 und wurde von Experten des Auktionshauses Sotheby´s veröffentlicht. Die aktuellste Veröffentlichung aus dem Jahr 1995 stammt von Konrad Vanja, der auch am Ausstellungskatalog 1989 maßgeblich beteiligt war. Seither hat sich aber in Bezug auf die Toleranz der Gesellschaft viel geändert. Dieses hat unter anderem mit der seit den Neunziger Jahren des 20.Jhds. sich in Europa ausbreitenden Piercing-Mode zu tun, die den einfachen Ohrring heute eher harmlos erscheinen lässt. Es wäre also interessant, eine aktuelle Untersuchung durchzuführen. Ferner fehlt auch eine systematische Befragung; die z.B. von Vanja 1995 und Nikitsch 1985 durchgeführten Befragungen wurden eher im Bekanntenkreis bzw. auf der Straße unter ungünstigen Bedingungen und mit geringer Teilnehmerzahl durchgeführt.

In volkskundlichen Wörterbüchern findet man keinen eigenen Eintrag zum Thema „Ohrring“.

Er wird dem Stichwort „Schmuck“ subsummiert. Peter W. Schienerl definiert „Schmuck“ 2000 im Wörterbuch der Ethnologie:

„Der Begriff umfasst somit alle Ergebnisse jener Bestrebungen, die das Erscheinungsbild eines Individuums in –seiner Meinung nach- vorteilhafter Weise verändern.“[1]

Dass diese Definition in Bezug auf den Ohrring mangelhaft ist, wird gezeigt.

2. Der Frauenohrring

2.1. Der Ohrring bei Adel und im städtischen Milieu

Die Geschichte des Frauenohrrings ist eng mit der Frisuren- und Kleidermode verflochten. In Zeiten, in denen z.B. die Ohren durch Haare verdeckt waren, konnte der Ohrring naturgemäß keine wichtige Rolle spielen.

Die ältesten bekannten Ohrringe stammen aus Mesopotamien aus dem Jahr 3000 v.Chr.[2]. In der westlichen Welt kommen Frauenohrringe erst seit der Renaissance vor, im deutschen Raum seit Ende des 16.Jahrhunderts. Zuvor war die Mode entweder ohrenbedeckend oder man trug steife Halskrausen (bis kurz vor 1600), die das Tragen von Ohrringen nicht zuließen. Anstelle von Ohrringen wurde dann ähnlicher Schmuck getragen, der jedoch nicht an den Ohren, sondern zum Beispiel an den Haaren befestigt wurde.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Haartracht 1465; Gemälde Piero della Francesca

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Abb. 2: Mode Ende 16. Jahrhundert

Die Frauenohrringmode beginnt in Italien im 16. Jahrhundert, gebräuchlich sind vor allem Perlenanhänger. Eine der ersten dokumentierten Ohrringträgerinnen ist Eleonore von Österreich, deren Vermählungsschmuck aus dem Jahr 1529 in der „Chronique du Bourgeois de Paris“ beschrieben wird: „Von ihren Ohren hingen zwei Steine, welche so groß waren wie Nüsse.“[3]

Abb.3: Eleonore von Österreich; Gemälde von Joos van Cleve 1530

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Der Ohrring entwickelte sich schnell zu einem wichtigen Schmuckstück der adeligen Damen. Dass seine Bedeutung dabei im Einzelfall die repräsentative und dekorative Komponente übersteigen konnte, zeigt die folgende Anekdote: König Ludwig XIV. verschenkte ein paar auffällige Ohrringe an seine Mätresse Mme de Soubise, die sie als Signal tragen sollte, wenn ihr Gatte nicht in Paris war.[4]

Der typische Ohrring ab 1600 war die Girandole, die aus 2 Elementen bestand, nämlich einer stilisierten Bänderschleife mit drei birnförmigen Tropfanhängern. Diese Ohrringe konnten sehr schwer sein, so dass die Frauen häufig unter dem Problem ausgeleierter oder ausgerissener Ohrlöcher zu leiden hatten. Im 18. Jahrhundert wurden auch dreiteilige „Pendeloques“ beliebt.

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Die französische Revolution ist auch für die Ohrringmode ein wichtiger Einschnitt. Renate Scholz redet 1960 in ihrem Werk „Schmuck aus fünf Jahrtausenden“ von der „Demokratisierung des Luxus“. Der Ohrring ist ab diesem Zeitpunkt auch im – reichen - Bürgertum vertreten und wird schon bald von unteren Ständen wie Dienstbotinnen oder Kellnerinnen nachgeahmt und verbreitet sich so in der ganzen - zunächst städtischen - Gesellschaft. Um 1800 kommt zu den bisher bekannten Ohrringen die „Kreole“, ein einfacher großer Goldring, hinzu. Man vermutet, dass dieses auf den Einfluss von Napoleons Gattin, Josephine de Beauharnais, zurück zu führen sei, welche aus Martinique stammte, einer von Kreolen bewohnten Insel.

Nach der Revolution kommt es zunächst zu einer Vereinfachung der Schmuckmaterialien, aber schon 1804 schafft Napoleons Kaiserkrönung einen neuen Anlass für die Fertigung kostbarsten Schmucks. Der Ohrschmuck gewinnt seit dieser Zeit zunehmend an Bedeutung, unter anderem auch dadurch, dass die Frisurenmode zurückgekämmte Haare bevorzugt. Als etwa zwischen 1830-50 die Frisuren und Kleider immer ausladender werden, werden auch die Ohrringe immer aufwändiger und auffälliger, um sich diesem Stil anzupassen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.6: Mode 1832

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In der Mitte des 19. Jahrhunderts ändert sich die Frisurenmode wieder, die Ohren sind meist bedeckt, was zu einem Rückgang der Ohrringmode führt. Auf der Weltausstellung in London 1851 sind Ohrringe nicht eigens vertreten und Gottfried Semper schreibt 1856 über den Ohrring, dass er „[…]erst ganz neuerdings wohl mit Unrecht durch die Mode in Mißkredit geraten ist.“[5]. Selbst Königin Victoria, die auf den meisten Porträts – auch im Alter- mit Ohrringen dargestellt wird, zeigt sich in dieser Zeit ohne Ohrringe.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.8: Victoria 1887

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Abb.7: Königin Victoria 1842

Ab etwa 1870 hat der Ohrring seine Bedeutung wieder erlangt; die Mode lässt nun alle Formen von Ohrringen zu: antikisierende Stile, asiatische Einflüsse, Phantasieschmuck sowie Formenvielfalt, z.B. Tiere und Gegenstände kommen vor.

[...]


[1] Schienerl, Peter W.. In: Streck, Bernhard (Hg.): Wörterbuch der Ethnologie, Wuppertal 2000, 219-221.

[2] Mascetti, Daniela, Triossi, Amanda: Der Ohrring. Von der Frühzeit bis zur Gegenwart, Frankfurt am Main u.a. 1991.

[3] Mascetti, Triossi, vgl.Anm.2.

[4] Mascetti, Triossi, vgl.Anm.2.

[5] Semper, Gottfried: Über die formelle Gesetzmäßigkeit des Schmuckes und dessen Bedeutung als Kunstsymbol 1856, Berlin 1987.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der Ohrring; unter besonderer Berücksichtigung des Männerohrrings
Hochschule
Universität Passau  (Institut für europäische Ethnologie)
Veranstaltung
HS Kleiderforschung
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
15
Katalognummer
V41334
ISBN (eBook)
9783638396189
Dateigröße
837 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Dichter Text - einzeiliger Zeilenabstand
Schlagworte
Ohrring, Berücksichtigung, Männerohrrings, Kleiderforschung
Arbeit zitieren
Barbara Ostermaier (Autor:in), 2005, Der Ohrring; unter besonderer Berücksichtigung des Männerohrrings, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41334

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