Die Crónica im spanischen Fremdsprachenunterricht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

53 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die didaktischen Vor- und Nachteile der Crónica

3. Die Didaktisierungsmöglichkeiten einerCrónica

4. Die beispielhafte Didaktisierung einerCrónica
4.1. Das Fotorrelato
4.2. Die Crónica

5. Das Fazit

6. Resumen

7. Literaturverzeichnis

8. Anhang

1. Einleitung

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, mit den Schülern1 die im Lehrplan - welcher für die gymnasiale Oberstufe nach wie vor zu verwenden ist - aufgeführten Themen zu behandeln. Verpflichtend für die Sekundarstufe II ist beispielsweise folgender Inhalt: „Otro país - otra cultura“ („Das andere Land - die andere Kultur), in der sich sich intensiv mit den gesellschaftlichen und kulturellen Aspekten der spanischen - sowie der lateinamerikanischen Kultur beschäftigt wird. Auch sprachtechnisch wird an bereits erlernten Vokabeln angeknüpft, vor allem die Grammatikarbeit ist an Texten auszuführen und nicht anhand von isolierten Übungen2.

Eine Möglichkeit, sowohl die inhaltlichen Anforderungen als auch die Notwendigkeit der sprachlichen Verbesserung zu verknüpfen, stellt die Crónica3 dar.

Die Crónica berichtet über ein bestimmtes Thema, jedoch unterscheidet sie sich grundlegend von einer Nachricht: In Zeitungen veröffentlichte Artikel verlieren sehr schnell ihre Aktualität, sie werden gelesen, beiseite gelegt und vergessen. Niemand käme auf den Gedanken, eine Zeitung aus dem letzten Jahr zu lesen. Die Crónicas können durchaus das gleiche Thema wie die Nachrichten behandeln, sie bleiben jedoch selbst nach vielen Jahren noch aktuell und werden weiterhin gelesen, selbst wenn das beschriebene Geschehnis längst vergangen ist. Es existiert eine Crónica namens „Bob Dylan en el Auditorium Theater“, welches ein Konzert des Musikers im Jahr 2005 beschreibt. Eine Nachricht jedoch, die den Abend formal beschreibt, fände keine Interessenten mehr.

Darin liegt der große Unterschied: Eine Crónica ist eben kein formaler Bericht, sondern es steckt ein sehr großer literarischer Wert dahinter.

Dies liegt an verschiedenen Gründen: Die Crónica ist meist ein subjektives Beschreiben einer bestimmten Gegebenheit, häufig findet sich ein Erzähl-Ich vor.

Erst durch das subjektiv-erlebend Beschreibende erhält sie eine Lebendigkeit und Persönlichkeit, die keine Nachricht erreichen kann.

Der zweite wichtige Grund ist die Auswahl des Themas: Es muss so gewählt sein, dass jeder Leser etwas damit anfangen kann. Um bei dem obigen Beispiel zu bleiben, Bob Dylan ist weltweit eine Legende. Eine Crónica über eine Band regionaler Größe würde wohl kaum Interesse finden. Diese Textart befasst sich aber nicht nur mit bekannten Persönlichkeiten; häufig werden gesellschaftliche, politische oder soziale Spannungen oder Konflikte behandelt: Die Crónica „El pueblo que sobrevivió a una masacre amenizada con gaitas“ erzählt beispielsweise von dem schwelenden Konflikt derzwei sich bekämpfenden Gruppen in Kolumbien, den FARC und den Paramilitärs. Ein weiteres Beispiel wäre „El pueblo de los gemelos“, in welcher von einem Dorf in Brasilien berichtet wird, in dem ungewöhnlich viele Zwillinge geboren werden, nachdem sich dort gerüchteweise Josef Mengele aufgehalten hatte, welcher sich in der NS-Zeit in Deutschland mit medizinischen Experimenten u. A. bezüglich Zwillingsforschung beschäftigte.

Die Crónica ist also auch nicht an das objektiv Wahrnehmbare, Reale gebunden, sondern kann durchaus, wie es für literarische Texte üblich ist, fiktionale Aspekte mit einbinden, während eine Nachricht dagegen ein rein informativer, nicht-fiktionaler Text ist und damit auch keinen literarischen Wert aufweist.

Da die Crónica jedoch auch an wahre Begebenheiten anknüpft, besitzt diese einen paraliterarischen Wert.

2. Die didaktischen Vor- und Nachteile der Crónica

Da die Crónica generell eine Art Erzählung von Geschehnissen, die in der Vergangenheit stattgefunden haben, ist, eignet sich diese sehr gut zur Vermittlung von geschichtlichen Hintergründen. Diese werden nicht in Form von Jahreszahlen oder kurzen Beschreibungen übermittelt, sondern in einen lebhaften, spannenden Text integriert. Es wird quasi eine Geschichte ersponnen, die als zentralen Kern das Geschehnis aufweist. Ein Beispiel dafür ist die Crónica „La bofetada del Señor Richter“, die über das stärkste Erdbeben in der Geschichte Mexikos berichtet, welches am 19. September 1985 stattfand und mehr als 10000 Menschen in den Tod riss.

Da viele der in den Crónicas beschriebenen Ereignissen bereits vor vielen Jahren stattfanden, bestimmen auch die Zeiten der Vergangenheit die Erzählstruktur. So können im Fremdsprachenunterricht bereits erlernte Zeiten in diesen komplexen Texten erneut behandelt und vertieft werden. Ein großer Vorteil ist, dass die Zeiten so eben nicht separiert eingeübt und wiederholt werden, sondern im Zusammenhang gesehen werden, was das Interesse und die Motivation hoch hält. Zu den Zeiten der Vergangenheit kommen noch die Signalwörter hinzu, die anzeigen, welche Form der Vergangenheit verwendet werden muss. Auch diese werden integriert im Text wahrgenommen und durch das häufige Vorkommen in den doch recht langen Berichten automatisch eingeübt.

Jedoch werden durch die Crónicas nicht nur geschichtliche Ereignisse beleuchtet, sondern es werden auch Lokalitäten, die eine sehr große Rolle gespielt haben oder immer noch spielen, durch diese näher beschrieben.

Die Crónica baut ein Geflecht verschiedener Charaktere auf, die interagieren. Dabei kann es auch Vorkommen, dass ein Ich-Erzähler seine Version des Ereignisses beschreibt, jedoch auch die anderen Personen zu Wort kommen lässt. So findet man in den Crónicas häufig sowohl direkte als auch indirekte Rede:

,,- Pero hay que escribirla como hacen los periodistas gringos, contando las cosas con pelos y señales - dijo él con tono enérgico. [...]

Yo insistí en el tema. Le dije que quería escribir un libro como Honrarás a tu padre, de Gay Tálese, un bello reportaje sobre una familia de la mafia italiana en los Estados Unidos4 ”.

Die Crónica bietet also auch gute Möglichkeiten, komplexe grammatikalische Strukturen, wie beispielsweise die indirekte Rede, zu erfassen und mit diesen zu arbeiten.

Da es sich bei den meisten Crónicas um ziemlich komplexe, längere Texte handelt, werden meist einige den Schülern unbekannte Wörter Vorkommen. Diese müssen dann entweder vom Lehrer erklärt oder von den Schülern nachgeschlagen werden. Das neu erlernte Vokabular ist sowohl teilweise allgemein, es sind also Wörter, die in vielen Situationen angewendet werden können, als auch speziell, also das jeweilige Thema betreffend, von dem die Crónica berichtet. Das spezielle Vokabular sorgt dafür, dass die Schüler über das Thema reden und diskutieren können.

Somit vergrößern sich die Kenntnisse der Fremdsprache.

Die Inhalte der Crónicas spielen in verschiedenen Ländern der spanischsprachigen Welt, also Spanien und Lateinamerika. Dementsprechend besitzen auch die Autoren verschiedene Nationalitäten. Da in jedem Land die Sprache Spanisch eine gewisse Varianz aufweist, schlägt sich dies auch in der schriftlichen Sprache wider. Die Schüler können durch die Crónica die landesspezifische Sprache kennenlernen oder besser gesagt, sie können erfahren, dass es viele verschiedene Variationen der Sprache gibt. So wird zum Beispiel als erstes auffallen, dass in den lateinamerikanischen Texten keine 2. Person Plural vorkommt, sondern diese Form kontinuierlich mit “ustedes” umschrieben wird.

Zudem lernen die Schüler, dass es im Spanischen, ebenso wie in der Muttersprache, verschiedene Sprachformen gibt: Der Dialekt, welcher im Spanischen die „lengua colloquial" ist und das Hochspanisch mit seinen sprachlich korrekten Ausdrücken und einer dialektfreien Aussprache. Beide können verwendet werden, jedoch ist in manchen Situationen eine Sprachform vorzuziehen.

Ein besonderes Augenmerk ist auf das Thema der Crónica zu werfen: Wie bereits in der Einleitung angedeutet, befasst sich diese häufig mit kulturellen oder sozialen Themen bzw. Spannungen. Vor allem in der lateinamerikanischen Welt herrschen viele Konflikte, die man in Europa nur in Form einer kleinen Randspalte in der Zeitung mitbekommt, jedoch eigentlich viel umfassender sind. Um eine Kultur oder ein Land kennenlernen zu wollen, und das ist im Kernkurrikulum für die Schule vorgeschrieben5, muss man sich tiefgründig mit den geschichtlichen und aktuellen Konflikten und Spannungen befassen. Ein gutes Beispiel dazu ist das Land Kolumbien, von dem allgemein bekannt ist, ein sehr spannungsgeladenes Verhältnis innerhalb der Gesellschaft zu haben. Die Crónica ,,Un fin de semana con Pablo Escobar" beschreibt, wie es dazu kam, dass Pablo Escobar sich ein Drogenimperium aufbauen konnte und welche Auswirkungen das auf die Gesellschaft hatte. Der Bericht „Relato de un secuestrado“ beschreibt die Geschichte eines Kolumbianers, der von der FARC entführt und sehr lange Zeit gefangen gehalten wurde. Allein schon diese beiden Crónicas führen zu einem tieferen Verständnis der kolumbianischen Kultur.

Ein anderes Thema, das auch in der Schule oft behandelt wird und sich durch zahlreiche Crónicas zieht, ist das Konfliktthema „Migración de México a los EE.UU.“. Die Textart greift aber auch Gebiete auf, die als sehr heikel gelten und gesellschaftlich nicht angesprochen werden. Ein Beispiel ist die Crónica „Swingers, el detrás de escena", die den Boom der Swinger-Clubs in Lateinamerika aufgreift. Ein solches Thema ist in einem Schulbuch undenkbar, kann jedoch dazu führen, dass die Tabuisierung solcher Themen aufgehoben wird.

Zusammengefasst gesagt ermöglicht die Crónica, den Schülern sowohl die spanisch- und lateinamerikanische Welt näherzubringen als auch die sprachtechnischen Fortschritte möglich zu machen.

Jedoch ist die Crónica nicht universell ersetzbar: Sehr viele Werke haben eine Länge von 10-30 Seiten, für deren Bewältigung eine lange Zeit eingeplant werden muss. Des Weiteren haben diese meist ein sehr hohes Sprachniveau, welches sich in einer komplexen Satzstruktur, aller nur denkbaren Grammatikformen und vieler den Schülern unbekannten Wörtern zeigt. Auch sind einige Crónicas aufgrund ihrer zum Teil sehr brutalen Schilderung der Ereignisse nicht für jüngere Schüler geeignet. Wegen der oben genannten Gründe bietet es sich vor allem für die Oberstufe an, die Crónica als Mittel zur Sprachaneignung und Kulturvermittlung zu verwenden, also wenn sich die Schüler bereits in einem höheren Lernjahr der Sprache Spanisch befinden.

3. Die Didaktisierungsmöglichkeiten einer Crónica

Wie bereits zuvor beschrieben, bietet die Crónica viele Möglichkeiten, sich intensiv mit kulturellen Themen und der Sprache zu befassen. Damit jedoch diese tiefe Auseinandersetzung möglich ist, muss der Text gelesen und verstanden worden sein. Die Schüler sollen direkt beim Lesen den Zusammenhang erkennen und nicht blindlings in ein völlig neues Thema stoßen, daher ist es sinnvoll, eine Voraufgabe zu stellen, die gleichzeitig als Einleitung fungieren kann. Diese Voraufgabe kann auch in Form einer Hausaufgabe gestaltet werden.

Mit dem jetzt vorhandenen Vorwissen kann das Lesen des eigentlichen Textes beginnen. Für das Verständnis ist es essentiell, eine geeignete Lesestrategie auszuwählen. Bei sehr langen Crónicas könnte man überlegen, den Text in mehrere Abschnitte zu untergliedern und diese nach verschiedenen Strategien im Verlauf mehrerer Stunden zu lesen. Beispiele dazu werden im nächsten Kapitel dargelegt. Es muss sichergestellt werden, dass alle Schüler die Crónica gelesen und verstanden und sich ggf. fehlendes Vokabular angeeignet haben.

Anschließend kann man beginnen, mit der Crónica zu arbeiten.

Es existieren, wie oben geschrieben, zwei Ebenen: die sprachliche und die thematische.

Auf Grundlage der sprachlichen Ebene ist es sinnvoll, abgestimmt auf das jeweilige Lernjahr, neue, im Text vorkommende Grammatik aufzunehmen und aufzuarbeiten. Auch eine Wiederholung besonders schwieriger Formen oder Ausdrücke ist empfehlenswert. Als Überleitung zur thematischen Ebene bietet sich an, die im Text lesbaren sprachlichen Besonderheiten zu kennzeichnen bzw. herausarbeiten zu lassen. So hat man eine kleine Überleitung, da nun erkennbar ist, in welchem Land sich der Bericht abspielt.

Als nächstes ist der Inhalt der Crónica zu behandeln: Auf welchen Konflikt, welche Gegebenheit, welchen Zustand oder welches Geschehnis zielt der Bericht ab? Weshalb ist dieses Thema so interessant? Dazu muss erst von der Crónica ausgegangen und die dort aufkommenden Punkte herausgearbeitet werden. Sobald dies geschehen ist, hat man als Lehrer ein unglaublich breites Feld eröffnet, in dem man sehr viel erarbeiten kann. Dieses Feld geht auf die thematische Grundlage der Crónica zurück, daher ist es wichtig, sich einen Bericht herauszusuchen, der dieses exakt erfasst.

4. Die beispielhafte Didaktisierung einer Crónica

Die an dieser Stelle vorgestellte Crónica namens ,,Un fin de semana con Pablo Escobar“, geschrieben vom kolumbianischen Schriftsteller Juan José Hoyos, handelt von einem Erzähl-Ich, das den berühmt-berüchtigten Drogenbaron Pablo Escobar auf seiner Hacienda in Kolumbien besucht, um einen Artikel über ihn schreiben zu können. Untermauert wird die Crónica durch diverse Einschübe über die politischen Aktivitäten Escobars und den Verlauf seiner „Karriere“.

Die Crónica greift ein auch heute noch hochbrisantes Thema auf, das sich als sehr viel komplexer erweist als der erste Eindruck vermittelt. Um es an dieser Stelle nur kurz anzureißen, der Fall Pablo Escobar ist ein ideales Beispiel, um gewisse „Gegebenheiten“ weiter Teile der lateinamerikanischen Gesellschaft verstehen zu können: Wie kann es sein, dass ein einzelner Geschäftsmann sich einen Staat im Staat aufbaut, dessen Regeln mehr gelten als die der Regierung? Und das, obwohl er nur durch die Herstellung und den Schmuggel von Kokain sein Imperium aufbauen konnte! Und wie kann es sein, dass dieser Drogenbaron als eine Art moderner Robin Hood bezeichnet wird, also die Unterstützung weiter Teile der Gesellschaft hat?

Um diese komplexen Verknüpfungen verstehen zu können und aufgrund der doch sehr anspruchsvollen Sprache ist die Verwendung dieser Crónica am besten in der Oberstufe realisierbar, in der die Schüler, je nach Beginn des Spracherwerbs, nach dem europäischen Referenzrahmen bereits das Sprachniveau B1+/B2 besitzen. Jedoch ist eine Verkürzung des Textes inklusive Vereinfachung schwieriger Vokabeln möglich. Zudem muss nicht das komplette Potential des Themas ausgeschöpft werden, bzw. die zu komplexen Sachgegenstände können reduziert werden, sodass eine Verwendung der Crónica auch für Schüler mit einem Sprachniveau A2+/B1 möglich wäre.

4.1. Das Fotorrelato

Die didaktische Aufarbeitung der Crónica soll mit einer anderen Unterrichtseinheit verschmelzen bzw. darauf aufbauen: die Idee des Fotorrelatos6.

Das Fotorrelato ist eine Bilderreihe, die Fotos, welche sehr viel ausdrücken und damit einen hohen Wert haben, mit einem kleinen Text versehen werden. Alle Fotos bzw. Texte stehen in Zusammenhang, sodass sich eine zusammenhängende Geschichte ergibt. Das Thema der abgebildeten Geschichte kann stark variieren, jedoch bietet es sich an, ein soziokulturelles Thema auszuwählen. Dies könnte zum Beispiel der Weg des Kaffees sein, also von der Ausbeutung der Arbeiter in den Kaffee-anbauenden Ländern, über den Trocknungsprozess und die lange Schifffahrt, bis hin in den Supermarkt, in dem der Kaffee zu Spottpreisen verkauft wird und schließlich auf den Frühstückstischen landet.

Ein weiteres, sehr interessantes Thema, zu dem bereits ein Fotorrelato existiert, ist der lange Weg der Einwanderer aus Mexiko in die USA. Der Autor Fabio Cuttica nennt sein Werk „México-EE UU: la senda tenebrosa“. Er beschreibt in elf Bildern, das erste seine eigene Biographie betreffend, verschiedene Stationen, an denen die Auswanderer vorbeikommen und unterstreicht diese mit kurzen Texten, die sowohl die jeweiligen Probleme und Aufgaben als auch die generellen Hindernisse und Schwierigkeiten darlegen. Dieses Fotorrelato ist im Anhang zu finden.

Aufbauend auf diesem Werk wurde im Verlauf des Kurses „Didáctica del texto en el aula del ELE" eine didaktische Einheit entwickelt, in der zuerst das oben genannte Fotorrelato analysiert wird und im weiteren Verlauf nach dem Prinzip des Lernaufgabenzirkels übermittelt wird, wie die Schüler selbst ein solches verwirklichen können.

Die im Folgenden beschriebene Einheit wird aus platztechnischen Gründen im Anhang aufgeführt.

Wie dort zu erkennen, beginnt das Arbeitsblatt mit einer allgemein gehaltenen Aufgabe, in der die Schüler Informationen zur Grenze zwischen Mexiko und den USA ergänzen sollen. Dies soll in Form einer Hausaufgabe geschehen, sodass sich die Schüler als „Voraufgabe“ bereits mit dem Thema Mexiko bzw. Einwanderung beschäftigen. Dies dient als Einführung in das Thema, in der sowohl Vorwissen aktiviert werden als auch Neues erworben werden kann.

Der nächste Aufgabenblock nennt sich „Compensión“, also Textverständnis.

Zunächst sollen die Texte neben den Bildern gelesen werden. Diese wurden im Vergleich zum Original gekürzt und schwierige Vokabeln übersetzt an der Seite angeschrieben. In einem Kreuzworträtsel wird das Textverständnis überprüft; zudem wird durch diese Art der Überprüfung gewährleistet, dass die Wörter richtig geschrieben werden. Anschließend wird in Kleingruppen ein Foto ausgewählt, das die Schüler am meisten interessiert. Sie sollen beschreiben, wieso sie dieses präferieren und welche Eindrücke sie davon haben. Dadurch nähern diese sich emotional mit ihren eigenen Gedanken dem Thema Einwanderung an.

Die Schüler haben nun bereits ein Fotorrelato gesehen, analysiert und verstanden. Nun geht es darum, das bereits Vorgestellte zu verlassen und hinter die Funktionsweise eines Fotorrelatos zu blicken. Dies dient der Vorbereitung zur Entwicklung eines eigenen Fotorrelatos. Dazu beginnt der Block „trabajos preparatorios“ mit einer Aufgabe, in der die Schüler in Partnerarbeit herausarbeiten sollen, weshalb das Thema „Einwanderung - Mexiko“ sich gut für ein Fotorrelato eignet. Des Weiteren soll über verschiedene Themen diskutiert werden, die sich ihrer Meinung nach ebenfalls für ein solches Projekt eignen. Dadurch lernen die Schüler, wenig geeignete Themen von den geeigneten zu unterscheiden. Außerdem erfahren sie, was ein „gutes“ Thema ausmacht. Anschließend sollen die Schüler notieren, nach welchen Schritten man Vorgehen könnte, um geeignete Bilder für ein fotorrelato zu finden. Dadurch lernen sie Fotos herauszusuchen, welche einen großen Aussagewert haben. Sie lernen, dass gute Fotos eine Geschichte erzählen bzw. dass man über sie auf die Geschichte dahinter blickt. In der anschließenden Aufgabe gilt es den literarischen Wert der Texte zu erkennen. Daher besteht nun die Aufgabe, zu begründen, weshalb die neben den Bildern zu findenden Beschriftungen mehr sind als eine bloße Nachricht über Einwanderung bzw. welche Auffälligkeiten sie erkennen. Dadurch erlernen sie die Fähigkeit, den Text eines Fotorrelatos zu strukturieren und sie begreifen, dass der Text mehr Informationen als das Bild enthält, was eben ja seinen literarischen Wert ausmacht.

Die Schüler haben nun ein beispielhafte Fotorrelato gesehen und analysiert, haben gelernt, wie man ein geeignetes Thema auswählt, wissen, welche Art von Bildern zu verwenden ist und verstehen, was beim Schreiben der dazugehörigen Texte notwendig ist. Die abschließende Aufgabe ist nun das Erstellen eines eigenen Fotorrelatos, in welchem sie das zuvor theoretisch Erlernte praktisch anwenden können, was zu neuen Kompetenzen führt. Sie erhalten dadurch ein Endprodukt, welches alle zuvor behandelten Aufgaben reflektiert.

Zur Übersichtlichkeit wird an dieser Stelle der Lernaufgabenzirkel zur aufgabenorientierten Unterrichtsplanung eingefügt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Lernaufgabenzirkel; ergänzt mit den spezifischen Übungen

Wie auf der Graphik zu erkennen ist, muss das vorgestellte Fotorrelato zunächst durch verschiedene Übungen verstanden werden. Daraufhin werden die „vorbereitenden Übungen“ bearbeitet, in denen es darum geht, einen Blick dahinter zu werfen und zu verstehen, wie dieses aufgebaut ist. Als Endprodukt wird ein eigenes Fotorrelato erstellt. So schließt sich der Kreis des Lernaufgabenzirkels.

Und dies ist die Stelle, an der die Crónica ansetzt.

4.2. Die Crónica

Wie bereits in dem Kapitel „Die Didaktisierungsmöglichkeiten einer Crónica“ beschrieben, ist es zunächst essentiell, den Text verstanden zu haben. Daher ist auch hier die erste Aufgabe, die Crónica zu lesen. Da sie 14 Seiten umfasst, wäre es zu viel verlangt, diese am Stück ohne Unterbrechung lesen zu lassen. Jedoch ist es nicht möglich, ein Expertenpuzzle oder Ähnliches durchzuführen, da es in dem Text diverse Zeitsprünge gibt. Bei einer Aufteilung würde der Zusammenhang für die einzelnen Stammgruppen verloren gehen. Daher ist es notwendig, dass jeder Schüler den kompletten Text liest. Jedoch ist es aufgrund der Länge sinnvoll, diesen dennoch zu splitten und „Verständnispausen“ zu machen.

Wie in der angehängten Crónica zu sehen, ist der Text in sechs Abschnitte gegliedert:

Abschnitt 1 (S. 51 - 53)

Abschnitt 2 (S. 53 - 55)

Abschnitt 3 (S. 55 - 58)

Abschnitt 4(S. 58-61)

Abschnitt 5 (S. 61 - 63)

Abschnitt 6 (S. 63 - 64)

Zwischen den verschiedenen Textabschnitten müssen die Schüler immer kleine Aufgaben erledigen, die als Verständniskontrollen dienen. In der Umsetzung im Klassenraum sollen die Schüler zwar alleine für sich selbst lesen, es folgen jedoch eindeutige Signale des Lehrers, wann die nächste Aufgabe zu erledigen ist bzw. der neue Abschnitt zu lesen ist.

An dieser Stelle folgen die Aufgaben:

Abschnitt 1:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abschnitt 2:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abschnitt 3:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abschnitt 4:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abschnitt 5:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abschnitt 6:

In diesem Teil der Crónica geht es um einen für das Verständnis sehr bedeutsamen Sachverhalt, nämlich der Erzähler erklärt, weshalb sein Interview nie veröffentlicht wurde und wie er überhaupt dazu kam, es in Form einer Crónica Jahre später zu schreiben. Daher wird das Verständnis in diesem Abschnitt in Form eines

Anschaulichkeit. Da sich dieses „Geständnis“ des Erzählers auf die gesamte Crónica bezieht, bietet es sich an dieser Stelle an, nochmals rückführend in einer Diskussionsrunde den kompletten Inhalt zu wiederholen bzw. sicherzugehen, dass die Zusammenhänge verstanden wurden.

Die Aufgaben 1,3 und 4 sind in Partnerarbeit zu lösen, 2 und 5 hingegen in Einzelarbeit. Die Verbesserung erfolgt jeweils gemeinsam. Um die traditionelle Unterrichtsform etwas aufzubrechen, könnte man je einen Schüler als Moderator an die Tafel bitten, der die Besprechung leitet.

Der Text der Crónica ist jetzt verstanden worden, nun kommt es darauf an, wie stark man das Potenzial nutzen möchte, d.h. wie tief man in die Materie eintauchen möchte. An dieser Stelle muss man sich entscheiden, ob man die Meta-Ebene der Crónica analysieren möchte oder lieber auf die offenen Enden der Inhalte eingeht, die diese verknüpft. Die Meta-Ebene ist in diesem Fall sehr interessant, da die Erzählstruktur des Öfteren von einem heterodiegetischen zu einem homodiegetischen Erzähler wechselt. Zudem ist die Crónica nicht in chronologischer Reihenfolge geschrieben: Die Seiten 51 - 54 sind eine Prolepse, sie müssten nach zeitlichem Ablauf geordnet später in die Geschichte eingefügt werden. Das Interessanteste jedoch ist, dass der Erzähler die Crónica durchgehend in der Vergangenheit erzählt. Erst auf der allerletzten Seite löst er auf, dass seine komplette Geschichte, also das Interview und der Besuch auf Escobars Hazienda, niemals veröffentlicht wurde. Er selbst schrieb die Crónica erst 20 Jahre nach seinem Treffen mit dem Drogenbaron aus seinem Gedächtnis. Der Erzähler blickt also die ganze Zeit von außen auf die Geschichte, ja sogar auf sich selbst herab. Ein weiterer Punkt, der sehr nahe liegt, ist, dass der Autor Juan José Hoyos „seine“ Geschichte erzählt, also seinen Besuch in Escobars Imperium. Dieser Spur ließe sich sehr leicht nachgehen; tatsächlich existiert ein Foto des Autors mit Escobar an einem Ort und einer Szene, die exakt im Verlauf der Crónica beschrieben wird.

Da das Ziel dieser Einheit jedoch ein Fotorrelato ist, sollen die Möglichkeiten der Meta-Analyse an dieser Stelle nur kurz angedeutet bleiben.

Durch die Crónica spannen sich sechs verschiedene Themen auf:

1. DasLandKolumbien
2. Die Politik Kolumbiens zur Zeit Escobars
3. Die Geschichte Pablo Escobars und das Medellin-Kartell

[...]


1 Um den Lesefluss dieser Ausarbeitung zu beeinträchtigen, wird auf eine Unterscheidung der männlichen und weiblichen Schreibweise, wie z.B. Schülerinnen und Schüler, verzichtet. Die männliche Form wird neutral und ohne Wertung verwendet.

2 vgl. Hessisches Kultusministerium, 2014, S. 3

3 Um Missverständnissen entgegenzuwirken wird in dieser Hausarbeit durchgehend von einer Crónica gesprochen. Man könnte „crónica“ am ehesten mit „Bericht“ übersetzen, was jedoch auch nicht komplett zutrifft.

4 Antología de crónica latinoamericana actual, 2012, S. 60

5 Ein kurzer Überblick zeigt, welchen Stellenwert das Kennenlernen verschiedener Nationen und Kulturen hat: Die verbindlichen Themen nach Jahrgangsstufen (nach dem Hessischen Kernkurrikulum Spanisch, 2014, S. 2)

11: Otro país - otra cultura (Das andere Land, die andere Kultur)

12.1: España - evolución histórica y actual frente a la globalización (Spanien: historische und aktuelle Entwicklung angesichts der Globalisierung)

12.2: España y América (Spanien und Amerika)

13.1: La existencia humana en ambos mundos (Grenzerfahrungen menschlicher Existenz in spanischsprachigen Ländern) 13.2: Responsabilidad y compromiso social (Verantwortung und gesellschaftliche Verpflichtung)

6 Auch an dieser Stelle wird, um Verwirrung zu vermeiden, von einem eingedeutschten Fotorrelato gesprochen. Die am besten treffende, deutsche Übersetzung wäre „Bilderreihe“.

Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
Die Crónica im spanischen Fremdsprachenunterricht
Hochschule
Philipps-Universität Marburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
53
Katalognummer
V413230
ISBN (eBook)
9783668644359
Dateigröße
1868 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Crónica, Spanischdidaktik, Spanisch, Didaktik, Oberstufe, Periodismo narrativo, didaktische Einheit, Literatur, Literaturwissenschaft, Spanischunterricht, Fremdsprache, Fremdsprachendidaktik, Schule
Arbeit zitieren
David Stein (Autor:in), 2014, Die Crónica im spanischen Fremdsprachenunterricht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/413230

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