Ist die Erbschaftssteuer ein geeignetes Instrument der Vermögensdistribution?


Hausarbeit, 2013

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Definition der Erbschafts- und Schenkungssteuer

3 Formen und Begründung der Erbschaftssteuer

4 Erbschaftssteuer in Deutschland

5 Wirkungen der Erbschaftssteuer
5.1 Überwälzungsmöglichkeiten
5.2 Wirkungen auf natürliche Personen
5.3 Wirkungen auf Unternehmen

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

Zu einer der wichtigsten Staatsaufgaben gehört die Verwirklichung der Gerechtigkeit. Da Gerechtigkeit in großem Maße mit Verteilung zu tun hat, stellt sich die Frage, welche wirtschaftspolitische Maßnahmen und Instrumente die intendierte Wirkung auf die Verteilung erzielen.

Diese Hausarbeit befasst sich mit dem Thema Erbschafts- bzw. Schenkungssteuern und untersucht die Bedeutung dieses finanzpolitischen Instrumentes für gerechte Vermögensverteilung. Da es wiederkehrend zu Diskussionen über die Abschaffung der Erbschaftsteuer kommt, ist eine ständige Aktualität dieser Ausarbeitung gegeben.

Zu beantworten ist die Frage, ob die Egalisierungsbestrebungen mit Hilfe dieser Regulierung volkswirtschaftlich und steuerpolitisch zweckmäßig und ökonomisch sinnvoll sind. Es werden theoretische Grundlage der Erbschaftsteuer kritisch untersucht und die Auswirkungen dieser Steuer auf Privatpersonen und Unternehmen aufzeigen. Die Ausführung klärt, ob die angestrebte Vermögensumverteilung innerhalb der Bevölkerung anhand der Erhebung der Erbschaftsteuer erreicht werden kann.

Zuerst wird der Begriff „Erbschaftsteuer“ definiert und erläutert. Danach werden die verschiedenen Formen und Begründungen der Erbschaftsteuer genannt und erklärt. Es folgt ein Kapitel, das sich mit dem deutschen Erbschaftsteuersystem vor und nach der Erbschaftsteuerreform von 2009 befasst und deren Bedeutung diskutiert. Das Kernstück dieser Hausarbeit handelt von Wirkungen der Erbschaftsteuer. Zum Schluss werden noch einmal die wesentlichen Inhalte der Hausarbeitim Fazit zusammengefasst und die Steuerwirkungen auf wirtschaftliche und soziale Ebenen kritisch beurteilt.

2 Definition der Erbschafts- und Schenkungssteuer

Die Erbschaftsteuer wird erhoben auf alles, was einer natürlichen bzw. juristischen Person kraft Erbrechts oder aufgrund eines Vermächtnisses des Erblassers an Vermögen zufließt. Um Steuerausweichreaktionen zu vermeiden, wird die Erbschaftssteuer durch die Schenkungssteuer ergänzt, die Vermögensübergang in Form von Schenkungen und unentgeltlichen Zweckzuwendungen unter Lebenden betrifft und nach ähnlichen gesetzlichen Regeln wie die Erbschaftsteuer ausgestaltet wird. Dementsprechend ist die Schenkungsteuer eine Folgesteuer der Erbschaftsteuer.[1]

Im deutschen Steuersystem belastet die Erbschaftsteuer zusammen mit der Grund- und Grunderwerbssteuer das Vermögen bzw. die akkumulierte Ersparnis und unterscheidet sich dadurch von Einkommenssteuer, die das zufließende Einkommen belastet und in Beziehung zu einer Wertschöpfung steht.Die Spezifik der Erbschaftssteuer besteht darin, dass sie anlässlich des Vermögensübergangs vom Erblasser auf Erben erhoben wird.

Zuerst ist es notwendig, den Begriff Vermögen zu definieren. Im weiteren Sinne ist der Begriff Vermögen eine Bestandsgröße und umfasst alle Wirtschaftsgüter, die dem Eigentümer Erträge oder bestimmten Nutzen verschaffen können und dadurch seinen Wohlstand beziehungsweise seine Lebensqualität steigern. Im engeren Sinne unterscheidet man zwischen Sachvermögen und Geldvermögen. Zum Sachvermögen gehörendas Grundvermögen, das Betriebsvermögen und das Gebrauchsvermögen. Zum Geldvermögen zählen liquide Mittel, Geldanlagen bei Kreditinstituten und Versicherungen sowie Wertpapiere, sonstige Beteiligungen und um die Verbindlichkeiten bereinigte Forderungen.[2]

Vermögen entsteht, wenn Teile des Einkommens nicht konsumiert, sondern gespart werden. Da die Erbschaftsteuer an diese Werte anknüpft, könnte man behaupten, dass es zu einer Doppelbesteuerung kommt, denn die Ersparnisse des Erblassers stammen aus bereits versteuertem Einkommen. Allerdings passiert das auch bei der Erhebung anderer Abgaben, z. B. Umsatzsteuern. Außerdem erfasst die Erbschaftsteuer den Reinvermögenszugang, den die Einkommensteuer nicht einbezieht.[3]

3 Formen und Begründung der Erbschaftssteuer

Bei der Erhebung der Erbschaftssteuer unterscheidet man zwischen Nachlasssteuer und Erbanfallsteuer. Im Fall der Nachlasssteuer dient der gesamte vom Verstorbenen hinterlassene Betrag unabhängig von der Anzahl der Erben und der Verwandtschaftsverhältnis als Bemessungsgrundlage der Besteuerung. Werden dagegen die einzelnen von den Erben erhaltenen Beträge besteuert,handelt es sich um Erbanfallsteuer.[4]

Bei der Rechtfertigung der Erhebung der Nachlasssteuer kann die Kontroll- und Nachholfunktion der Erbschaftsteuer herangezogen werden. Mit Hilfe der Nachlasssteuer sollen die Ersparnisse,die dank der Vermögenswertezuwächsen, Steuervergünstigungen undÜberwälzungen sowie Steuerhinterziehungen, steuerlich korrigiert werden. Außerdem übernimmt die Erbschaftssteuer in diesem Fall die Rolle der Vermögenssteuer,so dass das Vermögen beim Übergang vom Erblasser auf Erben wenigstens einmal pro Generation besteuert wird, was in Ländern ohne regelmäßige Vermögensbesteuerung besonders wichtig wäre.[5]

Da es bei der Erhebung der Erbanfallsteuer von den Beträgen ausgegangen wird, die dem einzelnen Erben zufallen, können der Verwandtschaftsgrad und die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Erben bei der Steuerbemessung berücksichtigt werden, was der Vorstellung der vertikalen Gerechtigkeit entspricht. Dabei handelt es sich um die Nettowerte, das heißt, dass die vom Erblasserhinterlassenen Schulden und die Bestattungskosten vom Wert des Bruttovermögens schon abgezogen wurden. Daher kann die Erbanfallsteuer mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip, begründet werden. Laut diesem Fundamentalprinzip der Besteuerung soll jeder die Steuerbelastung entsprechend seiner individuellen ökonomischen Leistungsfähigkeit tragen. Außerdem stellen Erbschaften einen Vermögenszuwachs des Erben dar und erhöhen dementsprechend im Sinne der Reinvermögenszugangstheorie seine ökonomische und steuerliche Leistungsfähigkeit und sollen deswegen versteuert werden.[6] Die bezüglich des Verwandtschaftsgrades gestaffelten Freibeträge und von der Höhe des erworbenen Betrags abhängige progressive Tarife sorgen für indirekte Förderung der Familie und können deswegen zusätzlich mit dem Grundgesetz zum Schutz von Ehe und Familie begründet werden.[7]

Ein weiteres Argument zur Begründung der Erbanfallsteuer wäre die Herstellung der Startchancengleichheit. Diese Begründung ist legitim, wenn man davon ausgeht, dass die ungleichmäßige Verteilung des Vermögens zur sozialen und ökonomischen Ungerechtigkeit führt. Hier könnte die Besteuerung als Instrument der Herstellung gleicher Startbedingungen dienen.[8]

Schließlich kann die redistributionspolitische Funktion der Erbanfallsteuer zur deren Begründung genannt werden. Mit Hilfe der progressiven Tarife wird eine bestimmte Umverteilung des privaten Vermögens erreicht. Allerdings muss dabei bedacht werden, dass es um die Vereinnahmung der Steuern durch den Staat und nicht an die gerechte Verteilung an Bedürftige handelt. Das dürfte die Verteilungsfunktion dieser wirtschaftspolitischenMaßnahme dämpfen.[9]

4 Erbschaftssteuer in Deutschland

Wie in den meisten Europäischen Ländern ist die deutsche Erbschaftssteuer eine Erbanfallsteuer und gehört genauso wie Vermögens und Grunderwerbssteuern zu Ländersteuern. Die Steuerschuld entsteht am Tag der wirtschaftlichen Bereicherung. Bei Erbschaften ist das der Tod des Erblassers, bei Schenkungen der Tag der Schenkung.

Bis 2009 wurde bei der Erhebung der Erbschaftssteuer das Vermögen mit den Einheitswerten von 1964 bewertet, was bei solchen Gruppen von Vermögensgegenständen wie zum Beispiel Betriebsvermögen oder Grundvermögen zur starken Unterbewertung und willkürlichen Ergebnissen führte und durch Urteile des Bundesverfassungsgerichts vom 7.11.2006 für Erbschafts- und Schenkungssteuern für verfassungswidrig aufgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz derGleichbehandlung (Art. 3 GG) erklärt wurde (BVerfGE 117,1). Die weitere Anwendung des bisherigen Erbschaftsteuerrechts wurde bis zur Neuregelung, die spätestens bis zum 31.12.2008 erfolgen sollte, zugelassen. Zum 1.1.2009 ist das reformierte Erbschaftsteuer- und Bewertungsgesetz in Kraft getreten. Laut der Neuregelung sollen Vermögensgegenstände, Immobilien und Unternehmen mit den Verkehrswerten bewertet werden, das heißt, dass bei der Bewertung durch Orientierung an Vergleichsobjekten geschätzte Werte herangezogen werden.

Abgesehen von den Änderungen bei der Bewertung von Vermögensgegenständen gibt es ebenfalls Änderungen bei der Bestimmung von Freibeträgen und Steuersätzen. Die Höhe der persönlichen Freibeträge, die sich nach dem Verwandtschaftsgrad und der jeweiligen Steuerklasse richtet, wurde erhöht. Steuerfrei bleiben ebenfalls persönliche Gegenstände des Erblassers, sein Hausrat genauso wie Wohneigentum, falls das auf Ehegatten, Kinder oder Enkel übertragen wird und von ihnen selbst genutzt. Für Kinder und Enkel gilt eine Begrenzung von 200 qm.[10]

Ansonsten richten sich die persönlichen Freibeträge nach entsprechenden Steuerklassen, die in folgender Tabelle dargestellt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Deutsches Erbrechtsinstitut E.V.

Die persönlichen gestaffelten Freibeträge bewirken eine indirekte Progression und sind für Erben in der Steuerklasse I relativ hoch. Die Regelungen beziehen sich auf sowohl auf Erbschaften als auch Erwerb unter Lebenden. Zur Verhinderung von Umgehungen werden Steuern auf Erbschaften und Schenkungen mit identischen Tarifen erhoben. Einen Unterschied gibt esnur im Fall, wenn Eltern oder Großeltern ihren Begünstigten einen Betrag per Schenkung übertragen wollen, da gilt statt 100.000 € die 20.000 € Grenze.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Deutsches Erbrechtsinstitut E.V.

Wie man der Tabelle 2 entnehmen kann, wurden mit der Steuerreform die Freibeträge generell fast um 50 % erhöht, was teilweise die Ansetzung der Verkehrswerte bei Bewertung von Vermögensgegenständen neutralisiert. Für die Steuerklasse I gilt außerdem im Fall des Erwerbs wegen des Todes des Erblassers ein Versorgungsfreibetrag in Höhe von 256.000 €, der dann zu den steuerfreien 500.000 € dazugerechnet wird. Die Freibeträge dürfen einmal in 10 Jahren in Anspruch genommen werden, wobei alle Zuwendungen von derselben Person zusammengerechnet und wie eine Zuwendung behandelt werden.[11]

Neben der indirekten Progression gibt es auch eine direkte doppelte Progression in Form von progressiven Tarifen mit steigenden Steuersätzen, die nach Höhe des erworbenen Betrags und nach der Steuerklasse des Erwerbers bestimmt werden.

Die Tabelle 3 stellt die gestaffelten Steuersätze nach neuem Recht da (alte Werte in Klammern).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Deutsches Erbrechtsinstitut E.V.

Aus der Tabelle wird ersichtlich, dass im Zusammenhang mit gestiegenenFreibeträgen die Erben der Steuerklasse I, unddiejenigen, die ein kleineres Vermögen geerbt haben, mit der Reform 2009 generell entlastet werden, während entferne Verwandte sowie Erben größeren Vermögens höhere Steuerlasten tragen müssen.

Die Bewertung des Betriebsvermögens soll sich nach der Reform stärker an den Verkehrswerten orientieren. Anderseits wird das Einsetzen höherer Werte durch eine Reihe von Verschonungsregeln kompensiert. So werden im Falle der Fortführung des Unternehmens über 5 Jahre unter weiteren Bedingungen nur 15 % der Bemessungsgrundlage desBetriebsvermögens besteuert.Wird das Unternehmen über 7 Jahre behalten, beträgt der Verschonungsabschlag sogar 100 %.[12]

Wenn man sich Gedanken über das gesamte Erbschaftsteueraufkommen auf der Bundesebene macht, stellt sich heraus, dass die Erbschaftsteuer eine eher geringe Einnahmequelle darstellt. Im Jahr 2012 beliefen sich die Steuereinnahmen aus der Erbschaftssteuer auf 4,3 Mrd. Euro, was im Vergleich zu den Lohnsteuereinnahmen von 149,1 Mrd. Euro eher bescheiden erscheint.[13]

[...]


[1] Bohnet 1994: S. 204.

[2] Scherf 2009: S. 379.

[3] Scherf 2009: S. 392 f.

[4] Homburg 2010: S. 134.

[5] Nowotny / Zagler 2009: S. 435.

[6] Scherf 2009: S. 387 f.

[7] Reding / Müller 1999: S. 370.

[8] Nowotny / Zagler 2009: S. 435 f.

[9] Scherf 2009: S. 388.

[10] Scherf 2009: S. 386-390.

[11] Scherf 2009: S. 389.

[12] Deutsches Erbrechtsinstitut E.V. 2009: S. 10 ff

[13] Statista, Das Statistikportal 2013.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Ist die Erbschaftssteuer ein geeignetes Instrument der Vermögensdistribution?
Hochschule
Universität Hamburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2013
Seiten
16
Katalognummer
V412707
ISBN (eBook)
9783668641716
ISBN (Buch)
9783668641723
Dateigröße
593 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erbschaftssteuer, Schenkungssteuer, Egalisierung, Vermögensdistribution
Arbeit zitieren
Svetlana Charlotte Schneider (Autor:in), 2013, Ist die Erbschaftssteuer ein geeignetes Instrument der Vermögensdistribution?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/412707

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