Das Institut für Musikwissenschaft der Universität Innsbruck im Dritten Reich


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

33 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsübersicht

1. Vorwort

2. Die politisch – ideologische Situation der Studenten der Universität Innsbruck in der Zeit vor dem Anschluss
2.1. Erster Antisemitismus und Säuberungen an der Universität Innsbruck
2.2. Fallstudie: Die „Kraus Affäre“ , der „Fall Kastil“, der „Fall Bauer“ und der „Fall Halsmann“

3. Das universitäre Musikleben in der Zeit vor dem „Anschluss“
3.1. Das Institut für Musikwissenschaft in der Zeit vor 1938
3.1.1. Rudolph von Ficker
3.1.2. Die Ära Wilhelm Fischer, Hans von Zingerle

4. 1938: Der Anschluss an Hitlerdeutschland und die Universität Innsbruck
4.1. Rolle der Musik im Dritten Reich
4.1.1. Das Tiroler Musikleben im Dritten Reich
4.1.2. Die Neubesetzung der Lehrkanzlei

5. Wilhelm Ehmann
5.1. Wilhelm Ehmanns musikalischer Gedanke
5.1.1. Die „Musikalische Feiergestaltung“ und die NS – Ritualmusik
5.1.2. Die Entwicklung eines nationalsozialistischen, musikalischen Weltbildes

6. Forschung mit nationalsozialistischer Idee am Institut in Innsbruck
6.1. Die Rolle des Collegium Musicum

7. Der Widerstandskämpfer Walter Senn

8. Die Zeit „danach“

9. Literaturverzeichnis

1. Vorwort

Mit der folgenden Arbeit, möchte ich auf leichte, allgemein verständliche Art und Weise, aber doch auf (Musik)wissenschaftlicher Ebene, einen kurzen Einblick in das wohl dunkelste Kapitel des 20. Jh., vielleicht sogar der ganzen Menschheitsgeschichte, „an das man sich nicht gerne erinnert“, geben. Es soll die Situation der Musik und Musikwissenschaft im Dritten Reich mit besonderer Berücksichtigung auf das Institut für Musikwissenschaft der Universität Innsbruck aufgearbeitet werden.

Der Beginn der Arbeit liegt in der Zeit vor dem Anschluss Österreichs an Hitlerdeutschland, befasst sich also konkret mit der Zeit vor dem 12. 3. 1938. Hier möchte ich ganz besonders auf die prekäre, angespannte politische Situation eingehen und Fragen, Wie konnte es überhaupt soweit kommen?, Wer steckt dahinter?, Welche Ideologien gab es?, Wie sah das allgemeine universitäre Leben aus?, Wie sah es konkret am Institut aus?, klären. Der Schwerpunkt der ersten Artikel bezieht sich nicht so sehr auf die Musik und die Musikwissenschaft, sondern auf die politischen Geisteshaltungen dieser Zeit; denn nur so kann die musikalische und musikwissenschaftliche Situation im folgenden Dritten Reich verstanden werden. Im weiteren Verlauf soll dann mehr auf die Musik und auf das Institut für Musikwissenschaft in Innsbruck im Dritten Reich eingegangen werden. Die Schwerpunkte liegen hier bei den jeweiligen Vorständen, besonders aber bei Wilhelm Ehmann. Den Schluss der Arbeit bildet die Nachkriegszeit und die Widerstandkämpfer.

Bedanken möchte ich mich bei allen, die mir mit ihren Artikeln und Büchern, bei der doch, Aufgrund der mangelnden Quellen Lage, relativ schwierigen Aneignung des Feedbacks und bei den Recherchen, geholfen haben. Denn dieses Gebiet ist nach wie vor, im Gegensatz zu anderen musikhistorischen Gebieten, nur sehr wenig erforscht; Arbeiten von Prieberg, Klein, Heister, Drexel,... gehören zu Pionier – Forschungen über diese Zeit.

Dieser Dank betrifft alle im Literaturverzeichnis angeführten Autoren, an erster Stelle jedoch Drexel Kurt „ Musik und NS – Ideologie dargestellt am Beispiel der Universität Innsbruck“ und die Leiter des Seminars, Angerer Manfred, Sakabe Yukiko und Seuss Sabine. Sie haben mit ihren Werken, Ideen, Forschungen und Gedanken den Grundstein für diese Seminararbeit gelegt.

2. Die politisch – ideologische Situation der Studenten der Universität Innsbruck in der Zeit vor dem Anschluss

Eines der grossen Probleme bei Seminararbeiten ist der Anfang. Man wird hier vor mehrere Fragestellungen gestellt: Mit welchem Datum fange ich an?, Wo fange ich an?, bzw. Wie fange ich an? Bei diesem Thema, ist meiner Meinung nach, die Zeit vor dem Nationalsozialismus ein geeigneter Einstieg.

Der folgende Artikel befasst sich also folglich mit der ideologischen Konstante, der Studenten an der Universität Innsbruck, der damaligen Zeit; ein geeignetes Datum ist der 21. 10. 1918. Es sollen Fragen wie, „Wie war die Gesinnnung?“, „Gab es nationalsozialistische Tendenzen?“ und „Wer war dabei?“ , geklärt werden.

Als am 21. 10. 1918 die Monarchie zerfiel und die Republik „Deutschösterreich“ ausgerufen wurde, gab es schon Tendenzen, sich der „Deutschen Republik“ anschliessen zu wollen. Also es gab, noch lange vor dem Jahr 1938 schon Anschlussgedanken, auf politischer Ebene und vor allem auch auf studentischer Ebene. Wie die politische Ideologie der Studenten damals war, geht aus folgendem Zitat recht gut hervor:

Wir sind besiegt, trotzdem die deutschen Heere und Regimenter standgehalten haben bis zum letzten Augenblick. Das deutsche Volk mußte dem Hasse der Welt erliegen. Demütigungen bis zum Äußersten müssen wir erdulden und auch das Letzte wollen unsere Feinde nicht erspart wissen: schon blicken sie mit Schadenfreude auf den wankenden Bau des Reiches und warten, daß er einstürze [...]. Studenten Deutschlands! Tretet einmütig, klar und fest für die Einheit von Volk und Vaterland, für den Willen zum Reiche ein, ehe es uns geraubt ist. Eine große einheitliche Kundgebung dieses Willens reiße unser müdes, führerloses Volk mit uns und zeige der ganzen Welt eine geschlossene Front des deutschen Geistes [...]. Wir Studenten Innsbrucks fordern die nationale Einigung auch für unser Volk, nachdem sie allen Völkern als gerecht zuerkannt wurde! Wir werden von dieser Forderung nie ablassen und alle offenen und geheimen Umtriebe, die sich dagegen geltend machen, mit der selben Ehrlichkeit und Standhaftigkeit bekämpfen, die wir im Felde zu üben gewohnt waren. Wir schwören dem deutschen Reiche, unserem schwergeprüften, geheiligten Vaterlande, Treue, die nie wankt und nie unwandelbar ist.“[1]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dieses Zitat spricht eigentlich für sich. Alle „Bestandteile“ der später NS – Ideologie sind darin enthalten, wie, Hass, Neid, nationale Gesinnung,... und das schon 20 Jahre vor dem Anschluss. Mit solch einer Einstellung war es ja nicht mehr schwer, den Anschluss und seine Auswirkungen auch in der Realität durch zu führen.

Quelle: http://www.celan-projekt.de/bilder/hakenkreuz-flagge.gif

Doch nicht nur im studentischen Lager gab es bereits Anschluss Forderungen, sondern auch auf der Seite der Professoren gab es helle Sympathisanten für eine „ Deutsche Republik “.

Zu ihnen zählten unter anderem der damalige Rektor Steyrer und der Historiker Steinacker;

er wird dann in der NS – Zeit eine wichtige Rolle spielen. Mit Aussagen wie, „ heute noch gemeinsames Volkserleben, gemeinsamer Kulturwert und Kulturwille alle die zusammen, die gleichen deutschen Stammes sind, und dieses durch mehr als ein Jahrtausend gewebte Band können selbst die widersinnigsten Siegerkrallen nicht zerreißen“[2], zog er das Interesse vieler auf sich und wurde mit tosendem Applaus von den Studenten bejubelt.

Und auch „die Judenfrage, bzw. der Antisemitismus“ wurde vor allem in den

Innsbrucker Studentenverbänden und Burschenschaften nicht totgeschwiegen, ja, sie wurde sogar als Voraussetzung für den Anschluss angeben. Wie problematisch der Umgang mit dem Antisemitismus bereits in dieser Zeit war, zeigt die Wahlparole der Burschenschaft Germania: „ Durch Reinheit zur Einheit !“[3] (!!!).

Und der Judenhass blieb nicht nur ein Hirngespinst einiger weniger, nein, er wurde aktiv und mit aller Härte und Gewalt, ausgeübt; im universitären Bereich, als auch im ausseruniversitären Leben. Aber diese Ideologie ist gerade im universitären Bereich, und vor allem an der Philosophischen Fakultät, im nachhinein, nur schwer zu verstehen, denn man möchte meinen, dass genau hier,

Intellektualität und hohes geistiges Denken, niemals einen Judenhass und Antisemitismus erlauben würden; aber die Realität sah damals, wie zu sehen ist, anders aus.

2.1. Erster Antisemitismus und Säuberungen an der Universität Innsbruck

Antisemitisches Gedankengut war also nicht eine neue Errungenschaft der NS – Zeit, sondern die wurzeln gehen bis zum Zusammenbruch der Monarchie im Jahre 1918 zurück.

Als es vor allem in Tirol einen starken Zuzug von Juden gab, wehrten sich die Studentenverbände und Burschenschaften der Universität gegen jüdische Hörer. Doch nicht nur in Innsbruck, sondern auch in Wien und Graz wurden jüdische Studenten nicht gern gesehen, obwohl sie bis zu 60% (!) der studierenden Zahl ausmachten.

So wurde zum Beispiel von der Deutschen Studentenschaft Innsbruck, für inskribierende, folgender Erlass hervorgebracht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ich erkläre ehrenwörtlich, daß ich ordentlicher Hörer (...) deutscher Abstammung und Muttersprache (Ladiner) bin und mir kein nichtarischer Vorfahre bekannt ist.“[4] Es wurde also schon bei der Inskription deutlich zwischen deutschen und jüdischen Studenten unterschieden.

Quelle: http://www.mc.maricopa.edu/~kefir/judaism/images/juden.jpg

Eine weitere Sanktion gegen Juden wurde vom 1919, nach Wiener Vorbild, gegründeten „Tiroler Antisemitenbund“ erlassen: „ (...) Unsere Hochschule im Besonderen soll in erster Linie unseren Landeskindern dienen. Wir verlangen eine arische Hochschule mit arischen Lehrern und arischen Schülern. Für jüdische Hörer verlangen wir einen numerus clausus. Der (sic!) im Verhältnis zur jüdischen Bevölkerung im Lande zu stehen hat.“[5]

Auch die ausseruniversitäre Bevölkerung begann sich nun für die Judenfrage innerhalb der Universität Innsbruck zu interessieren; es gab also folglich einen Zusammenschluss der beiden Gruppen in Sachen antisemitischer Ideologie.

2.2 Fallstudie: Die „Kraus Affäre“ , der „Fall Kastil“, der „Fall Bauer“ und der „Fall Halsmann“

Im folgenden Artikel soll mittels diesen vier Fallstudien deutlich gemacht werden, wie stark der Judenhass und der antisemitische Gedanke an der Universität Innsbruck, auf Seiten der Studenten, als auch auf der Professoren Seite, vertreten war.

Als am 4. Februar 1920 der Wiener Dichter und Satiriker Karl Krauss in einer Vorlesung, aus seinem Werk „ Die letzten Tage der Menschheit “ vortrug, kam es auf Seiten der Hörer, zu tumultartigen Zuständen. Grund für diese Eskalation, war eine Satire über Wilhelm II. und seine Generäle, in welcher der deutsche Kaiser und sein Führungsstab der Lächerlichkeit preisgegeben wurden. Kraus wurde von den Studenten bedroht, „ mit Knüppeln vom Podium weggetrieben zu werden “ und wurde daran gehindert, „ seine Beschmutzung des deutschen Volkes fortzuführen“[6].

Nicht viel besser erging es dem Professor für Philosophie Kastil. Dieser applaudierte zu den Worten von Kraus und verteidigte diesen in seinen Vorlesungen, womit er natürlich die Missgunst sämtlicher Innsbrucker Studenten auf sich zog. Darauffolgend wurde eine Schrift an den Senat geschickt, in der das Verhalten von Kastil mit verachtenden und rassenantisemitischen Gedanken und Worten zum Ausdruck gebracht wurde. Jene Schrift wurde vom Senat anerkannt und nur wenig abgewandelt, woraus sehr gut die Position der Professorenschaft, in solchen Fragen hervorgeht. Viele symphatisierten mit deutsch – nationaler und antisemitischer Ideologie.

Am 10. Juni 1925 fand vor der Chirurgischen Klinik der Medizinischen Fakultät Innsbruck eine Versammlung der Studenten statt. Es wurde gegen die Zulassung des jüdischen Zahnarztes Dr. Wilhelm Bauer als Dozent an der Universität Innsbruck protestiert.

[...]


[1] „Academica“ 31 (15. Januar 1919), Nr.9 S.226. zit. nach: Gehler, Michael. „Die Studenten der Universität Innsbruck und die Anschlussbewegung 1918 – 1938“. In: „Tirol und der Anschluss“, hg. v. Thomas Albrich, Klaus Eisterer und Rolf Steiniger, S.75, Haymon Verlag Innsbruck 1988.

[2] „ Süddeutsche Akademische Stimmen. Hochschulbeilage der bayrischen Nationalzeitung“ 1 (28. Januar 1921), Nr. 2. zit. nach: Gehler, Michael. „Die Studenten der Universität Innsbruck und die Anschlussbewegung 1918 -1938“In: „Tirol und der Anschluss“, hg. v. Thomas Albrich, Klaus Eisterer und Rolf Steiniger, S.80, Haymon Verlag Innsbruck 1988.

[3] Gehler, Michael. „Die Studenten der Universität Innsbruck und die Anschlussbewegung 1918 – 1938“. In: „Tirol und der Anschluss“, hg. v. Thomas Albrich, Klaus Eisterer und Rolf Steiniger, S.75 - 113, Haymon Verlag Innsbruck 1988.

[4] Universität Innsbruck, Verfassung für die „Deutsche Studentenschaft Innsbruck“, S.1. BAK, R 129/129, Schriftwechsel mit den Einzelstudentenschaften. zit. nach: Gehler, Michael. „Studenten und Politik“. Hg. v. Rolf Steininger, S. 95, Haymon Verlag, Innsbruck 1990.

[5] Zl. 624 XII 76 ex 1921. Tiroler Landesarchiv, Präs. zit. nach: Gehler, Michael. „Studenten und Politik“. Hg. v. Rolf Steininger, S. 99, Haymon Verlag, Innsbruck 1990.

[6] Vgl. Gehler, Michael. „Studenten und Politik“. Hg. v. Rolf Steininger, S. 106, Haymon Verlag, Innsbruck 1990.

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Das Institut für Musikwissenschaft der Universität Innsbruck im Dritten Reich
Hochschule
Universität Wien  (Insitut für Musikwissenschaft)
Note
1
Autor
Jahr
2004
Seiten
33
Katalognummer
V41264
ISBN (eBook)
9783638395595
ISBN (Buch)
9783638691895
Dateigröße
1038 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Institut, Musikwissenschaft, Universität, Innsbruck, Dritten, Reich
Arbeit zitieren
Mag. Herbert Bahl (Autor:in), 2004, Das Institut für Musikwissenschaft der Universität Innsbruck im Dritten Reich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41264

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