Politische Strategien zur Bearbeitung des Konflikts im spanischen Baskenland - Betrachtung alternativer Lösungsstrategien


Bachelorarbeit, 2004

47 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERzeichnis

Einleitung

I. Nationalismus und Ethnie
1.1. Nationalismus
1.2. Ethnie und Ethnizität
1.3. Ethnischer Nationalismus

II. Das Minderheitenvolk im Baskenland
2.1. Geschichte
2.2. ETA: Ideologie, Strategie, Finanzierung
2.3. Etablierung von weiteren Parteien
2.4. ETA und Volk

III. Politische Lösungsstrategien
3.1. Minderheitenstatute
3.2. Konkordanzdemokratie
3.3. Territoriale Lösungen
3.3.1. Autonomiesystem in Spanien
3.3.2. Föderalismus

IV. Fazit

V. Bibliographie

VI. Abkürzungsverzeichnis

Einleitung

Die Autonome Gemeinschaft Baskenland in Spanien zeigt sich seit der Diktatur des Generals Francisco Franco (1939 – 1975) als „Problemkind“ der spanischen Gesellschaft. Das spanische baskische Volk forderte seit Beginn des 20. Jahrhunderts mehr Autonomie, die es mit der Verfassung von 1978 erhielt. Trotz allem war und ist die terroristische Gruppe Euskadi Ta Askasuna (ETA), die seit über einem halben Jahrhundert aktiv gegen Politiker und Gesellschaft agiert, präsent und erschwert den Friedensprozess zwischen dem Baskenland und der spanischen Regierung. Im Gegenzug focht die Autonome Gemeinschaft Kataloniens, die durchaus große Kompetenzen seitens der Regierung genehmigt bekam, bis heute keine großen Widerstandskämpfe, um noch mehr Autonomieansprüche, sowohl auf der politischen als auch auf der militanten Seite zu erlangen.

Spanien ist seit 1978 eine parlamentarisch-demokratische Monarchie mit 17 Autonomen Gemeinschaften, die allesamt über unterschiedliche Kompetenzniveaus verfügen. Das Baskenland verfügt über das höchste Kompetenzniveau, trotzdem bleiben die Konflikte resistent. Ist der gewählte Lösungsweg der richtige gewesen, oder gibt es eine Alternative zum Autonomiesystem?

Die Autonomierechte des Baskenlandes wurden im Rahmen der Verfassung von 1978 festgelegt. Seitdem erfüllt ETA als Widerstandsgruppe keinen Zweck mehr. Allerdings gibt es alternative Strategien zur Bearbeitung ethnischer Konflikte. Durch die Berücksichtigung der Bedingungen dieser Strategien und die politische und demographische Lage des Baskenlandes erscheint der Föderalismus als die einzige mögliche Alternative.

Diese Arbeit hat zum Ziele, diese genannten Thesen und folgende Fragestellungen zu beleuchten und zu analysieren.

Im ersten Kapitel werde ich grundlegende Theorien über Nationalismus und Ethnizität erläutern. Folgende Fragestellungen sollen hier beachtet werden: Was bedeutet Nationalismus? Was bedeutet Ethnizität? Wie entsteht dieses ethnische Zusammengehörigkeitsgefühl?

Im zweiten Kapitel werde ich das Minderheitenvolk Baskenland vorstellen, seine Entstehung und Entwicklung besonders vor, während und nach der Diktatur Francos. Dabei beziehe ich mich nur auf das spanische Baskenland und werde den französischen Teil ausschließen. Folgende Fragestellungen sollen beleuchtet werden: Wie entstand das baskische Identitätsgefühl, das „Wir-Gefühl“? Welche Rolle spielt ETA für das baskische und das spanische Volk? Welche Meinungen hat das baskische Volk gegenüber ETA? Möchte das baskische Volk eine staatliche Unabhängigkeit, oder sind das nur Stimmen seitens der ETA?

Im letzten Kapitel werde ich politische Lösungsstrategien für ethnische Konflikte vorstellen. Dabei werde ich mich auf vier Alternativen beschränken: Minderheitenstatute, Konkordanzdemokratie, Autonomiesystem und Föderalismus. Das Autonomiesystem besteht in Spanien seit 1978, die anderen Strategien möchte ich als alternative Lösungsmöglichkeiten vorstellen. Das Kapitel schließe ich mit der Erläuterung meiner Thesen.

I. NATIONALISMUS UND ETHNIE

In diesem Kapitel werden die wichtigsten Theorien über die Entstehung und Entwicklung von Nationalismus und Ethnie vorgestellt. Im ersten Abschnitt wird der Begriff des Nationalismus und im zweiten Abschnitt der Begriff der Ethnie erläutert.

1.1. Nationalismus

Nach Harra Goulborne ist Nationalismus „ein breites soziales Phänomen, an welchem eine Vielzahl von oft widersprüchlichen Bewegungen und ungereimten Lehren beteiligt sind, die fast alle das implizite oder explizite Endziel der Errichtung eines territorialen Staates enthalten“.[1] Ethnizität und Patriotismus üben einen Einfluss auf den Gedanken des Nationalismus und folglich auch auf den Nationalstaat aus. Nationalismus ist also eine Bewegung für den Nationalstaat. Bei der Errichtung eines territorialen Staates, auch Nationalstaat, werden Normen und Werte, die den Nationalstaat betreffen, nach innen bestärkt und nach außen abgegrenzt.[2] Norm entsteht als „die Fusion von Bewusstsein, Kultur und Politik“[3].

Der Sozialanthropologe Ernest Gellner differenziert den Begriff des Nationalismus folgendermaßen:

„Nationalismus ist eine Theorie der politischen Legitimität, der zufolge sich die ethnischen Grenzen nicht mit den politischen überschneiden dürfen; insbesondere dürfen innerhalb eines Staates keine ethnischen Grenzen die Machthaber von den Beherrschten trennen“.[4]

Diese Definition von Gellner entfernt sich kaum von der Theorie von Goulborne; während bei Goulbourne Ethnizität und Patriotismus wichtig für den Gedanken des Nationalismus sind, ist Nationalismus auch bei Gellner „ein Ausdruck einer objektiven Notwendigkeit kultureller Homogenität in der modernen Gesellschaft“.[5]

Weiterhin bezeichnet Gellner Nationalismus als „das Bestreben..., Kultur und Staatswesen deckungsgleich zu machen, einer Kultur ihr eigenes politisches Dach zu verschaffen, und zwar ein einziges Dach“.[6] In seiner Theorie (von Gellner) steht der Begriff der Kultur im Vordergrund. Laut Gellner gehören zwei Menschen zur gleichen Nation, wenn sie dieselbe Kultur teilen. Andererseits gehören zwei Menschen der gleichen Nation an, wenn sie einander als Angehörige der gleichen Nation anerkennen.[7] Er behauptet, dass die Industrialisierung und Modernisierung der Gesellschaft ihre soziale Struktur verändern würden. Die Industrie würde eine Vielzahl an nicht spezialisierten Fachkräften suchen, die mobil und flexibel einsetzbar sind. Diese Spezialfachkräfte benötigen eine Allgemeinbildung, eine gemeinsame Kultur, eine gemeinsame Sprache, die als Integrationsmedium und bindendes Glied der Gesellschaft dienen. Welche Kultur sich durchsetzt, hängt von der Macht ab. Daraus resultieren andere Gruppen, die aus diesen Machtfaktoren ausgeschlossen werden, zum Beispiel aus unterschiedlicher Kultur oder aus versperrtem Zugang zu bestimmten Bildungsinstituten. Gruppen solcher Art können sowohl Immigranten als auch diejenigen sein, die seit Jahrhunderten in den Staat eingesiedelt sind. Aus diesen Gruppen können sich nationalistische oder separatistische Bewegungen entwickeln. Sie bilden Gruppen oder Subkulturen, um ihre eigenen ökonomischen und politischen Interessen durchzusetzen.[8] Das Baskenland als nationale Gruppe mit einer eigenen Kultur wäre demnach eine Gruppe, die sich von der Mehrheit der Nation ausgeschlossen fühlt und so nationalistische Bewegungen bildet, um ihre Interessen zu verteidigen.

Ein negativer Aspekt des Nationalismus liegt an der Missbrauchsmöglichkeit. Nationalismus kann Kulturen oder „ethnische Gruppen“ erfinden und bereitstehende Kulturen vernichten. Diese Form des Nationalismus ist „ein Instrument zur Kristallisierung neuer Einheiten, die für die nun vorherrschenden Verhältnisse geeignet sind, wenn dabei auch zugegebenermaßen als Rohstoff das kulturelle, historische und andere Erbe der vornationalistischen Welt benutzt wird“.[9] Seine Vermutung mag gerechtfertigt sein, da die Geschichte gezeigt hat, dass ein Missbrauchsversuch möglich ist (Antisemitismus, Holocaust im Zweiten Weltkrieg, Genozid in Rwanda), doch die heutige Realität weist andere Zahlen auf. Es gibt heute sehr wenige Länder mit einer ethnisch homogenen Bevölkerung.[10] Selbst Deutschland weist heute eine heterogene Kultur auf. Dieser Zustand trifft sowohl auf der europäischen als auch auf der weltlichen Ebene zu.

Karl W. Deutsch erläutert den Zusammenhang zwischen Nationalismus und Nation: „Eine Nation ist [...] ein Volk, das Kontrolle über einige Institutionen gesellschaftlichen Zwanges gewonnen hat, was eventuell zu einem fertigen Nationalstaat führen kann, [...] ein Volk im Besitz eines Staates“.[11] Die Mitglieder des Staatsvolkes müssen sich mit dem Staat identifizieren und ihn unterstützen. Gemeinschaftsgefühle, das Wir-Gefühl und Vertrauen in ihr eigenes Volk spielen hier eine wichtige Rolle. Der Gedanke des Nationalismus ist auch wichtig im Bezug auf die Bildung von Nationalstaaten. Deutsch nannte verschiedene Entwicklungsschritte zur Bildung einer Nation,[12] dazu gehören insbesondere die Bildung von Städten, das Entstehen von großräumigen Kommunikations- und Verkehrsnetzen, Akkummulation von Kapital, das Erwachen eines ethnischen Bewusstseins und die Verbreitung nationaler Symbole sowie eine Verschmelzung von ethnischem Bewusstsein und die Ausübung von politischer Macht. Weiterhin zählt er Hauptfunktionen von Nationalstaaten auf.[13] Als erste Aufgabe sollte Ordnung in den Staat gebracht werden. Der Nationalstaat sollte allgemein unter der Bevölkerung akzeptiert sein, um seine Stabilität zu sichern. Zusätzlich übernimmt der Nationalstaat eine allgemeine Verantwortungsrolle, um Übertragung von internationalen Krisen, massiven Preisfluktuationen und bewaffneten politischen Auseinandersetzungen zu verhindern.

Der Nationalstaat versucht demnach sowohl die gemeinsamen als auch die individuellen Interessen durchzusetzen. Es liegt an ihm, welche von den beiden mehr Gewicht bekommt oder nicht.

Als Überleitung zur Diskussion über Ethnie, über Entstehung und Entwicklung ethnischen Zusammengehörigkeitsgefühls, möchte ich auf eine Überlegung von Friedrich Heckmann hinweisen:

„Ethnische Gruppen sind nicht gewissermaßen an sich gesellschaftlich relevant, sondern gewinnen mit der Entstehung der Nationen ihre spezifische Bedeutung, zugespitzt formuliert: Nationbildung als umfassender Vereinheitlichungsprozess und Nationalstaat schaffen eigentlich erst ethnische Gruppen und Minderheiten in ihrer gegenwärtigen Bedeutung“.[14]

Hier ist ein anderer Gedankengang vorhanden: Während bei Goulborne Ethnie und Patriotismus wichtig für die Errichtung eines Nationalstaates sind, geht Heckmann von den Konsequenzen eines Nationalstaates aus: der Nationalstaat schafft hier auch ethnische Minderheiten. Es entstehen während der Bildung von Nationen ethnische Minderheiten, genauso wie sich auch ethnische Mehrheiten entwickeln. Diese sind der Gefahr der Ausrottung ausgesetzt. Es liegt nicht nur an der Minderheit sich selbst zu schützen, es liegt auch am Nationalstaat, also der Mehrheitsnation, inwiefern sie diese ethnische Minderheiten schützen möchte oder nicht.

1.2. Ethnie und Ethnizität

So wie die Nationalismustheorien stehen auch die Theorien der Ethnizität besonders im Bezug auf das Baskenland im Vordergrund. In dieser Diskussion stehen nicht die globalen strukturellen Veränderungen, die zum Nationalismus führen können, im Vordergrund, sondern die ethnische Gruppe, die sich politisch organisiert.[15] Gibt es ethnische Gruppen? Und wenn ja, was bedeutet ethnisch? Wer gehört in eine ethnische Gruppe, und warum sind sie politisch aktiv? Welche Gründe verbergen sich hier?

Ethnizität bezeichnet einen Oberbegriff für ein Volk oder Gruppe, die durch den Glauben an eine gemeinsame Herkunft, Gemeinsamkeiten von Geschichte und Kultur ein bestimmtes Identitätsbewußtsein entwickeln haben.[16] Unter diesem Oberbegriff sind die Begriff „ethnische Gruppe“ und „ethnische Minderheit“ zu unterscheiden. Diese Differenzierung wird im Kapitel 1.3 weiter erläutert.

Nach Friedrich Heckmann sind ethnische Gruppen im Gegensatz zur Nation und zum Volk eine Teilbevölkerung: „Ethnische Gruppen sind Teilbevölkerungen von staatlich verfassten Gesamtgesellschaften; diese Teilbevölkerungen sind ethnische Kollektive, die Angehörige eines Volkes oder, wesentlich häufiger, Teile von Völkern sind.“[17] Somit sind sie keine Gruppen im soziologischem Sinne, sondern soziale Kategorien. Heckmann erläutert weiterhin, dass diese Teilbevölkerung eine Vorstellung gemeinsamer Herkunft sowie ein Zusammengehörigkeitsgefühl (das sogennante Wir-Gefühl) hat und durch Gemeinsamkeiten von Kultur und Geschichte gekennzeichnet ist.[18]

Eine weitere Definition stammt von Bernhard Perchnig: „Unter dem Begriff Ethnie verstehe ich eine Gruppe, die sich selbst in rollentranszendierenden, klassen-, schicht- und geschlechtsunspezifischen sowie tendenziell das gesamte Alltagsleben umfassenden Charakteristika anders als ihre Umwelt wahrnimmt und auch von ihrer Umwelt als anders wahrgenommen wird.“[19]. Perchnig differenziert den Begriff weiter und behauptet, dass es verschiedene Unterscheidungsmerkmale von Ethnizität gibt; die Sprache, spezifische kulturelle Formen, andere Wertvorstellungen. Die wichtigsten Kennzeichen seien demnach erstens die Selbst- und Fremdwahrnehmung als Gruppe, zweitens der auf den gesamten Lebenszusammenhang ausdehnende Charakter der Unterschiede und drittens das klassen-, schicht- und geschlechtsunspezifische Auftreten dieser Unterschiede.[20]

Peter Waldmanns Definition über Ethnizität klingt zwar einfach ausgedrückt, umfasst aber die Definition von Perchnig in einem Satz: „Ethnien sind Volksgruppen mit einer eigenen Sprache, Geschichte, Kultur, mit eigenen Institutionen, einem bestimmten Siedlungsraum, möglicherweise auch einer eigenen Religion, die sich ihrer Einheit und Zusammengehörigkeit bewusst sind“.[21]

Nach diesen Definitionen wären die Basken eine ethnische Gruppe, da sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen: Sie sind eine Teilbevölkerung Spaniens. Sie besitzen den Gedanken einer gemeinsamen Herkunft und einer gemeinsamen Geschichte, die sie vom restlichen Spanien differenziert (dieser Aspekt wird im Kapitel II näher erläutert). Sie entwickeln im Laufe der Zeit ein Zusammen-gehörigkeitsgefühl, das sie von der restlichen spanischen Bevölkerung ausschließt. Dies zeigen eindeutig die Umfragen nach der Identität der Basken.[22] Über 50 % der baskischen Bevölkerung fühlen sich auch als Basken. Sie sprechen außerdem eine andere Sprache, das Baskische, das Euskera. Sie haben andere Feste und Rituale und nehmen sich als Gruppe wahr, nicht nur durch Selbst- sondern auch durch Fremdwahrnehmung.

Eine etwas weniger politische aber soziologische Betrachtung von Ethnizität brachte A.L. Epstein im Jahre 1978 mit seinem Buch Ethnos and Identity.[23] Er brachte ein klares Verständnis des Begriffs der Ethnizität. Epstein stellte fest, dass ethnische Gruppen trotz gesellschaftlichen Wandels bestehen bleiben und der Gedanke der Ethnizität zur Basis für Gruppenmobilisierung werden konnte. Er untersuchte die Minderheiten Tolai bei Neuguinea und stellte fest, dass diese trotz gesellschaftlicher Veränderung als Gruppe überleben konnten und versuchten, an ihrer kollektiven Identität festzuhalten. Er fragte sich, warum es ein großes Interesse gäbe, solche Gruppen aufrechtzuerhalten, wenn sie ständig gesellschaftlichem Wandel und somit der Gefahr einer möglichen Auflösung ausgesetzt sind. Um seine Fragestellung und seine daraus resultierende Vermutung zu begründen, analysiert er die Theorie der Ethnizität anhand der Identitätsbildung. Er beruft sich hierbei auf den psychologischen Ansatz von Erik Erikson (1968)[24]. Die Identitätsbildung bei Erikson geschieht in einem geordneten und strukturierten Prozess. Es spielen hierbei zwei wichtige Faktoren, die innere, die als psychischer Faktor bezeichnet werden kann, und die äußere, die sozialen Bedingungen, eine Rolle. „Identitätsbildung beinhaltete also immer ein Zusammenspiel interner und externer Faktoren in einem gegebenen sozialen Kontext.“[25]

Epstein überträgt dieses Modell von Erikson auf ethnische Gruppen. Allerdings untersucht er diese Theorie nicht nur unter dem politischen, sondern auch unter dem emotionalen Aspekt. Mitglieder einer sozialen Gruppe entwickeln ihre Identität durch die innere und äußere Wahrnehmung. Dies bedeutet, dass die Identität von Individuen und Gruppen durch andere geformt werden kann. Epstein greift also hier auf die soziologische Bedeutung von Gruppen. Ethnische Gruppen entstehen also genauso wie kleine und große Gruppen, nämlich durch Identitätsbildung: „Identität bezeichnet also das SELBST.“[26] Identitätsbildung ist aber kein rein rationaler Prozess, sondern wird zudem von vielen Emotionen, bewusst und unbewusst, beeinflusst und gebildet: „Ethnische Identität ist häufig, so Epstein, zu einer endgültigen, alle Status-, Rollen- und anderen Identitäten umfassenden Identität geworden und deswegen stark emotional besetzt.“[27]

Erfahrungen in der Kindheit und Jugend sind ein wesentlicher Bestandteil der Identitätsbildung bei Epstein. Ein weiterer ist die Geschichte. Eine eigene Geschichte kann die Wahrnehmung als eigene Gruppe verstärken, die Identität wird durch die Geschichte weitergeleitet. Es stärkt den Gedanken als Gruppe, eine gemeinsame Vergangenheit oder eine gemeinsame Zukunft zu haben. Ein gemeinsames historisches Schicksal kann auch als Auslöser einer ethnischen Identität verstanden werden. Die Kultur ist eine weitere Instanz zur Vermittlung ethnischer Identität. Sprache, Religion, Etablierung einer eigenen Mentalität können den Gedanken des Wir-Gefühls verstärken und die Abgrenzung von und nach außen verschärfen.

Ein wesentlicher Faktor besteht aber auch in der Verwandtschaft und Freundschaft. Epstein nennt dies den Prozess der Einkapselung[28] und meint die Verstärkung der eigenen Identität durch die persönliche Bindung an Familie, Freunde, Bekannte. So agieren Mitglieder dieser Gruppe lieber im eigenen Kreis, da er Vertrauen und Sicherheit bieten kann.

1.3. Ethnischer Nationalismus

In den oben erläuterten Theorien habe ich festgestellt, dass es wichtig ist, eine Unterscheidung zwischen Ethnie und Nationalismus zu machen. Beide beeinflussen sich zwar, aber es sind zwei voneinander zu unterscheidende Konzepte. Allerdings schreibt Schneckener sogar über ethno-nationale Gruppen.

Eine ethno-nationale Gruppe bezeichnet eine Gruppe, die sich von anderen kulturellen bzw. ethnischen Gruppen, z.B. Mitglieder des religiösen Fundamentalismus oder Immigranten, unterscheidet. Zu einer ethno-nationalen Gruppe gehören auch Volksgruppen, Sprachgruppen, regionale Gruppen und eine indigene Bevölkerung. Diese Gruppen sind Teilbevölkerungen eines Staates, die sich durch einen eigenen Namen, durch eine bestimmte Kultur oder historische Erinnerung von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden. Sie verfügen auch über ein eigenständiges Bewusstsein als Gruppe, und ihre Mitglieder sind durch eine Gruppenkultur geprägt.[29]

[...]


[1] Jäggi, Christian J.: Nationalismus und ethnische Minderheiten, 1993, S. 19.

[2] Jäggi, 1993, S. 19.

[3] Heckmann, Friedrich: Ethnische Minderheiten, Volk und Nation, 1992, S. 52.

[4] Jäggi, 1993, S. 19.

[5] Jäggi, 1993, S. 20.

[6] Jäggi, 1993, S. 20.

[7] Jäggi, 1993, S. 20.

[8] Römhildt, Kerstin: Nationalismus und ethnische Identität im spanischen Baskenland, 1994, S. 51-52.

[9] Jäggi, 1993, S. 33.

[10] Jäggi, 1993, S. 34.

[11] Jäggi, 1993, S. 20.

[12] Jäggi, 1993, S. 27.

[13] Jäggi, 1993, S. 37-38.

[14] Jäggi, 1993, S. 39.

[15] Römhildt, 1994, S. 58.

[16] Heckmann, 1992, S. 56.

[17] Heckmann, 1992, S. 55.

[18] Heckmann, 1992, S. 55.

[19] Jäggi, 1993, S. 22.

[20] Jäggi, 1993, S. 22.

[21] Jäggi, 1993, S. 23.

[22] Vergleich Frage Nr. 13 aus der Umfrage: http://www.cis.es/File/ViewFile.aspx?FileId=2312. Letzte Recherche am 18.10.2004.

[23] Römhildt, 1994, S. 73.

[24] Römhildt, 1994, S. 73.

[25] Römhildt, 1994, S. 74.

[26] Römhildt, 1994, S. 75.

[27] Römhildt, 1994, S. 75.

[28] Römhildt, 1994, S. 77.

[29] Schneckener, Ulrich: Auswege aus dem Bürgerkrieg, 2002, S. 39ff.

Ende der Leseprobe aus 47 Seiten

Details

Titel
Politische Strategien zur Bearbeitung des Konflikts im spanischen Baskenland - Betrachtung alternativer Lösungsstrategien
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
47
Katalognummer
V41261
ISBN (eBook)
9783638395564
Dateigröße
775 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Politische, Strategien, Bearbeitung, Konflikts, Baskenland, Betrachtung, Lösungsstrategien
Arbeit zitieren
Fátima Romano Quintana (Autor:in), 2004, Politische Strategien zur Bearbeitung des Konflikts im spanischen Baskenland - Betrachtung alternativer Lösungsstrategien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41261

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