Ein Vergleich verschiedener Steuerungsalgorithmen auf fahrerlosen Transportsystemen in einem flexiblen Fertigungskonzept


Masterarbeit, 2017

110 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung

Abstract

Danksagung

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Hintergrund und Motivation
1.2 Zielstellung
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Ausgangssituation und Problemstellung
2.1 Industrie 4.0, Technologien und Veränderung industrieller Praxis
2.2 Problemstellung

3 Stand der Technik
3.1 Reihenfolgeplanung
3.2 Materialflussmodellierung mit Gantt-Diagrammen
3.3 Simulation produktionsnaher Problemstellungen
3.4 Produktionsszenarien aus Forschung und Praxis
3.5 Zusammenfassung und Handlungsbedarf

4 Vorgehensweise der Ergebnisfindung

5 Beschreibung des Szenarios
5.1 Übersicht des betrachteten Szenarios
5.2 Vergleich mit vorgestellten Szenarien
5.3 Vergleich mit Industrie 4.0-Kriterien

6 Implementierung der Lösung
6.1 Agenten des Programms
6.2 Grundlegender Ablauf des Programms
6.3 Ablauf innerhalb von Maschinenagenten
6.4 Implementierung der Prioritätsregeln
6.5 Überprüfung der Validität des Simulationsmodells

7 Experimente und Ergebnisse
7.1 Planung der Experimente
7.2 Gesamtübersicht der Resultate
7.3 Übersicht der Resultate differenziert nach Produkten
7.4 Zusammenfassung der Ergebnisse

8 Kritische Würdigung und künftige Forschungsansätze

9 Zusammenfassung der gesamten Arbeit

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Technologien, die I40 zugerechnet werden können nach Huber (2016, S. 33-87)

Abbildung 2: Ausschnitt von Übersicht der Verfahren der Reihenfolgeplanung nach Heger (2014)

Abbildung 3: Zwei Beispiele für Gantt-Balkendiagramme (eigene Darstellung)

Abbildung 4: Ablauf einer Simulationsstudie (ASIM - Arbeitsgemeinschaft Simulation, S. 3)

Abbildung 5: Schritte einer Simulationsstudie nach Law (Law 2015, S. 67-70)

Abbildung 6: Möglichkeiten, ein System zu analysieren (Law 2015, S. 4)

Abbildung 7: Anwendungsbeispiel Plant Simulation (www.plm.automation.siemens.com)

Abbildung 8: Ausführende Simulation in AnyLogic (eigene Darstellung)

Abbildung 9: Ablauf Mini-Fab

Abbildung 10: RCLL - Beispielprodukte

Abbildung 11: Audi TechDay SmartFactory - Beispielstation (www.audi- mediacenter.com 2016)

Abbildung 12: Skizze des Szenarios

Abbildung 13: Maschinen, Positionen, Ablage- und Aufnahmeflächen und Fahrzeiten im Szenario

Abbildung 14: Beispiel 1 - Ausgangslage

Abbildung 15: Beispiel 1 - Aufnahme des Produkts von Aufnahmefläche

Abbildung 16: Beispiel 1 - Ablegen des Produktes auf die Ablagefläche

Abbildung 17: Beispiel 1 - Produkt bereit für Bearbeitung

Abbildung 18: Beispiel 2 - Wechsel der Fläche vom Produkt

Abbildung 19: Implementierung - Source

Abbildung 20: Implementierung - SelectOutput5 (Operationsschritt)

Abbildung 21: Implementierung - SelectOutput

Abbildung 22: Implementierung - SelectOutput5 (Maschinenauswahl)

Abbildung 23: Implementierung - Queue (Prioritätszuweisung)

Abbildung 24: Implementierung - Hold

Abbildung 25: Implementierung - SelectOutput (Abfrage gleiche Position)

Abbildung 26: Implementierung - SelectOutput5 (Transport zum nächsten Puffer) . 61

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 27: Implementierung - SelectOutput (Transport zum Verpacken oder Ende)

Abbildung 28: Implementierung - Sink

Abbildung 29: Implementierung - SelectOutput (Abfrage Positionsänderung).

Abbildung 30: Implementierung - Seize

Abbildung 31: Implementierung - Delay (Leerfahrt)

Abbildung 32: Implementierung - Attach (Produktaufnahme)

Abbildung 33: Implementierung - MoveTo (Transport zur Position)

Abbildung 34: Implementierung - Delay (Abladen des Produktes)

Abbildung 35: Implementierung - Release (Freigabe Roboter)

Abbildung 36: Implementierung - Queue (Eingangs- und Ausgangsqueue bei der Bearbeitung)

Abbildung 37: Implementierung - Delay (Flächenwechsel)

Abbildung 38: Implementierung - Service (Zwei Maschinen)

Abbildung 39: Implementierung - SelectOutput5 (MaschineA oder MaschineB) .

Abbildung 40: Implementierung - Service (Verpacken)

Abbildung 41: Übersicht aller durchzuführenden Experimente

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Bewertung üblicher PR nach Pohlmann und Baumanns (2007)

Tabelle 2: Produktionsszenario nach Nie et.al

Tabelle 3: Fertigungszeiten Mini-Fab

Tabelle 4: Beispiel eines flexiblen OSP nach Kamatchi & Saravanan

Tabelle 5: Umsetzungsstruktur der Simulationsstudie

Tabelle 6: OS aller Produkte zuzüglich der spezifischen Bearbeitungszeit

Tabelle 7: Bearbeitungsfaktor aller Maschinen nach Kompetenzen

Tabelle 8: Fahrtzeiten zwischen den Positionen in Minuten

Tabelle 9: Produkterstellung bei den Testläufen

Tabelle 10: Informationen des Trace beim Testlauf

Tabelle 11: DLZ der FCFS-, KRB- und 2PTWINQNPTRegel bei 95 % RA und RR .

Tabelle 12: Summe, Durchschnitt und Anzahl OS der Produkte

Tabelle 13: Platzierung der Summe, FCFS- und KRB-Regel

Tabelle 14: Platzierung Durchschnitt und 2PTWINQNPT-Regel

Tabelle 15: Vorkommen der Standardabweichung in einer Kategorie

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Kurzfassung

Besonders unter dem Schlagwort Industrie 4.0 verändern sich kontinuierlich die Rahmenbedingungen für produzierende Unternehmen. Gefordert wird eine im- mer höhere Flexibilität bei gleichzeitig unveränderter oder sogar verbesserter Ef- fizienz. Es ist daher schon heute absehbar, dass in Zukunft selbststeuernde Pro- duktionssysteme immer mehr an Bedeutung gewinnen werden. In der vorliegen- den Arbeit werden verschiedene Steuerungsalgorithmen in einem flexi-blen Pro- duktionssystem mit unterschiedlichen vordefinierten Produkttypen verglichen. Das Durchführen der Experimente erfolgt mit Hilfe eines vorher in AnyLogic er- stellten Simulationsmodells. Bei der Betrachtung sowohl der gesamten durch- schnittlichen als auch nach Produkttypen differenzierten Durchlaufzeit werden dabei die jeweiligen Unterschiede der Steuerungsalgorithmen deutlich.

Abstract

The general framework for productional companies changes in times of Industry 4.0 continuously. A higher flexibility with a steady or even improved efficiency is demanded. It is predictable nowadays that self-controlling production systems will be more and more important. In this thesis, different controlling algorithms in a flexible production system with predefined product types will be compared. The experimenting is executed with the help of a self-prepared simulation model in AnyLogic. After the contemplation of the mean cycle time and the cycle time sorted by product types the difference between every controlling algorithm will be noticeable.

Danksagung

Die vorliegende Masterarbeit ist im letzten Semester meines Masterstudiums an der Leuphana Universität Lüneburg im Studiengang Management & Engineering entstanden. Während der gesamten Anfertigungszeit habe ich dabei eine Menge Unterstützung von vielen verschiedenen Personen bekommen, bei denen ich mich an dieser Stelle bedanken möchte.

Als Erstes gilt mein Dank meinem Betreuer Herrn Prof. Dr. Jens Heger, welcher im dritten Semester mein Interesse für die Simulation logistischer und produkti- onstechnischer Prozesse geweckt hat. Mit viel fachlichem Input, aber auch Ge- duld und Mühen hat er einen großen Teil zur Vollendung dieser Arbeit beigetra- gen.

Mein ganz besonderer Dank gilt dem Wissenschaftlichen Mitarbeiter und mittlerweile Doktoranden Thomas Voß. Durch seine fachliche und methodische Expertise, aber auch durch seine ansteckende Begeisterung für das Fachgebiet hat er ein gutes Gelingen dieser Masterarbeit ermöglicht.

Bedanken möchte ich mich beim ehemaligen Praktikanten des Instituts Yannis Baum, welcher mir bei der Überprüfung meines programmierten Simulationsmodells tatkräftig zur Seite stand und geholfen hat, den ein oder anderen Implementierungs- oder Logikfehler zu erkennen.

Meiner Familie danke ich für das Ermöglichen einer akademischen Ausbildung und die ständige Motivation während der Anfertigungsphase dieser Ausarbei- tung.

Nicht zuletzt möchte ich mich bei meiner Freundin bedanken, die mich in der gesamten Zeit unterstützte und es mir ermöglicht hat, mich während der Schreibphase voll und ganz auf die Masterarbeit zu konzentrieren. Auch bedanke ich mich für das Verständnis, dass während der Schreibphase wenig Freizeit üb- rigblieb.

1 Einleitung

1.1 Hintergrund und Motivation

"Wenn nicht alle Vorzeichen täuschen, sind wir in einer Umwandlung begriffen. “

Dieser Satz stammt nicht, wie am Anfang zu vermuten ist, aus einem Nachschla- gewerk für Industrie 4.0 oder einem Buch eines Zukunftsforschers, sonders aus der Autobiographie von Henry Ford, dem Gründer der Ford Motor Company und einem der Pioniere im Bereich der modernen Automobilproduktion (Ford 1923, S. 312). An Bedeutung hat dieser Satz für heutige Unternehmen trotzdem nicht verloren. Sogenannte Megatrends wie die Globalisierung oder Individualisierung der Gesellschaft besitzen unmittelbare Wirkung auf die Produktion und verändern somit kontinuierlich die Rahmenbedingungen von Unternehmen (Westkämper und Löffler 2016, S. 50-51).

Konkrete Beispiele für veränderte Rahmenbedingungen sind die Intensivierung und räumliche Ausdehnung des Wettbewerbs, welche durch die Globalisierung hervorgerufen werden. Dadurch stehen Firmen nicht nur innerhalb ihres Landes, sondern weltweit in Konkurrenz mit anderen Unternehmen, wodurch der Kosten- druck steigt und vielfach das Ausnutzen von Skaleneffekten und Verbundvortei- len unter anderem in der Produktion notwendig wird (Holtbrügge und Welge 2010, S. 30).

Ein weiteres Beispiel sind immer individuellere Kundenbedürfnisse (Schuh und Schmidt 2014, S. 20). Wenn jeder Käufer ein auf ihn zugeschnittenes Produkt will, steigt die Variantenanzahl der Produkte und damit auch die Komplexität in der Produktion. Ein Beispiel für diese Entwicklung ist die Automobilindustrie. An- fang der 90er hatten Audi, BMW oder Mercedes jeweils noch sieben bis acht Modelle. Anfang 2015 hat sich die Zahl verdreifacht (Hirschberg 2015, S. 28).

Die Motivation dieser Ausarbeitung fußt auf dem Umgang mit diesen veränderten Rahmenbedingungen. Es wurden im Laufe der Zeit viele unterschiedliche Vorge- hensweisen und Methoden entwickelt, mit den oben beschriebenen Herausforderungen umzugehen. Eine Möglichkeit besteht in der Auswahl von passenden Steuerungsalgorithmen innerhalb der Produktion. Durch gezielte Vergleiche verschiedener Algorithmen, welche unterschiedliche Systematiken beinhalten und Schwerpunkte setzen, kann der Output optimiert und die Produktion bestmöglich an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Das Aufzeigen dieses Sachverhaltes und der Vergleich verschiedener Steuerungsalgorithmen beschreiben die Motivation der vorliegenden Ausarbeitung.

1.2 Zielstellung

Aufbauend auf der Motivation ist das Ziel dieser Arbeit der systematische Vergleich unterschiedlicher Methoden aus der Reihenfolgeplanung an einem flexiblen Szenario.

Das erste Teilziel stellt dabei das Aufstellen solch eines Szenarios dar. Dies soll aus unterschiedlichen, schon vorhandenen Szenarien abgeleitet werden, sodass verschiedene Aspekte in einem Szenario zusammengefasst werden können.

Das zweite Teilziel ist die Modellierung sowohl des Szenarios als auch der Steuerungsalgorithmen mit Hilfe eines hierfür geeigneten Simulationsprogramms, um im Anschluss in Form einer Simulationsstudie eine Analyse des Modells und der Algorithmen durchzuführen. Hierbei werden die Resultate anhand von vorher fest definierten Zielkriterien verglichen.

Am Schluss der Arbeit soll die Möglichkeit bestehen, eine Aussage treffen zu können, welcher der implementierten Algorithmen für ein jeweiliges Zielkriterium innerhalb des definierten Problems am besten geeignet ist.

1.3 Aufbau der Arbeit

Die Arbeit gliedert sich in insgesamt neun Kapitel.

Im Kapitel 2 wird als Erstes das Thema Industrie 4.0 umrissen. Das dient dazu, die Problemstellung dieser Ausarbeitung, welche im Anschluss dargelegt wird, besser zu verstehen.

Kapitel 3 geht auf den aktuellen Stand der Technik ein. Im ersten Teil dieses Kapitels wird dabei die Reihenfolgeplanung erläutert. Der Schwerpunkt liegt da- bei auf den verschiedenen Verfahren, welche zur Reihenfolgeplanung gezählt werden können. Der zweite Teil enthält eine umfassende Beschreibung der Si- mulation. Diese wird als Methode dargestellt, die es erlaubt, Experimente anhand eines Modells durchzuführen. In diesem Teil sind auch beispielhaft zwei Pro- gramme kurz aufgezeigt, mit denen produktionsnahe Problemstellungen simuliert werden können. Am Ende des Kapitels wird eine Auswahl an Produktionsszena- rien sowohl aus der Forschung als auch aus der Praxis aufgezeigt.

Das Kapitel 4 zeigt und beschreibt die weitere Vorgehensweise dieser Ausarbeitung. Dabei wird darauf eingegangen, welche Schritte durchgeführt werden, um zur Lösung zu gelangen. Die Lösungsfindung orientiert sich dabei an den Schritten einer Simulationsstudie nach LAW (2015).

In Kapitel 5 wird das betrachtete Szenario dieser Ausarbeitung beschrieben. Das Szenario orientiert sich an schon vorhandenen Produktionsszenarien aus For- schung und Praxis, die im dritten Kapitel aufgezeigt werden. Am Ende findet ein Vergleich zwischen den vorhandenen Szenarien und dem Szenario dieser Aus- arbeitung statt.

In Kapitel 6 wird aufgezeigt, wie das Szenario in das verwendete Simulationspro- gramm implementiert ist. Im Anschluss daran finden Tests zur Überprüfung der Validität sowohl des gesamten Simulationsmodells als auch der implementierten Verfahren statt.

In Kapitel 7 werden die Ergebnisse der Simulationsläufe aufgezeigt und erläutert. Im Anschluss findet eine Zusammenfassung der gesamten Ergebnisse statt.

Das Kapitel 8 enthält eine kritische Würdigung dieser Ausarbeitung, um in Kapitel 9 ein Fazit zu ziehen.

2 Ausgangssituation und Problemstellung

Das grundlegende Ziel dieses Kapitels ist das Aufzeigen der Problemstellung am Ende. Dabei wird zuerst die Industrie 4.0 (I40) als Ausgangssituation beschrie- ben, wobei auf die Technologien und im Besonderen auf die Veränderungen für Unternehmen, besonders im Bereich der Produktion, eingegangen wird.

2.1 Industrie 4.0, Technologien und Veränderung industrieller Praxis

Der industrielle Sektor steht vor so großen und massiven Umbrüchen, dass Experten in diesem Zusammenhang von der vierten industriellen Revolution, kurz I40 sprechen (Soder 2017, S. 14-15). Der Begriff soll damit die Dimension der Veränderung und Weiterentwicklung verdeutlichen und ist eine Anspielung auf die vorherigen industriellen Entwicklungen, welche bei der Einführung mechanischer Produktionsanlagen mit Wasser- und Dampfkraft begannen (1. Industrielle Revolution), mit der Einführung arbeitsteiliger Massenproduktion mit Strom fortfuhren (2. Industrielle Revolution) und sich zuletzt bis zum Einsatz von verschiedenster Technologien im Elektronik- und IT-Bereich entwickelten (3. Industrielle Revolution) (Kagermann et al. 2013, S. 17-18).

Die 4. Industrielle Revolution wird im Ergebnisbericht Umsetzungsstrategie In- dustrie 4.0 (BITKOM e.V. et al. 2015, S. 8) als eine „ neue Stufe der Organisation und Steuerung der gesamten Wertschöpfungsketteüber den Lebenszyklus von Produkten “ definiert. Dieser Zyklus orientiert sich dabei am immer höheren Indi- vidualisierungsgrad der Kundenwünsche, erstreckt sich von der Idee bis zum Re- cycling des Produktes und der verbundenen Dienstleistungen (BITKOM e.V. et al. 2015, S. 8) und ermöglicht mit Hilfe von intelligenten und digital vernetzten Systemen eine weitestgehend selbstorganisierte Produktion (Plattform Industrie 4.0 2017b). Ziel ist es, durch Kommunikation und Kooperation der Objekte in der Produktion (Maschinen, Produkte u. Ä.) und einer engeren Verzahnung von Prozessen (zwischen Unternehmen) die Produktion insgesamt effizienter und flexibler zu gestalten (Plattform Industrie 4.0 2017b).

Dabei existieren keine speziellen „I40-Technologien“. Das bedeutet, dass sich hinter dem Begriff I40 eine Vielzahl von sowohl etablierten als auch neuen Tech- nologien versammelt (Bildstein und Seidelmann 2014, S. 581). HUBER (2016, S. 33-87) nennt einige dieser Technologien, welche in der Abbildung 1 zusammengefasst sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Technologien, die I40 zugerechnet werden können nach H UBER (2016, S. 33-87)

Eine weitere Auflistung enthält die Studie von AGIPLAN GMBH, dem FRAUNHOFER INSTITUT und ZENIT (agiplan GmbH und Fraunhofer IML 2015, S. 18). Die dort aufgelisteten Technologien sind im Anhang A1 aufgezeigt.

Dabei wird deutlich, dass die Bandbreite der Technologien und Anwendungsfelder von I40 groß ist. Diese haben einen Einfluss auf die gesamten Bereiche eines Unternehmens (Burger et al. 2017, S. 58) bzw. sogar auf die gesamte Industrie (Sendler 2016, S. 19). Das gilt insbesondere auch für die Produktion.

Eine von MHP veröffentlichte Studie im Jahr 2014 betont dabei im Kontext I40 die Wichtigkeit der Flexibilität in der zukünftigen Fertigung. Der zukünftige Stellenwert von Fähigkeiten, welche Flexibilität in der Produktion begünstigen (z. B. kurzfristige Reaktion auf Kundenanforderungen oder Umstellung der Produktion) wurden in der Befragung höher bewertet als der aktuelle Stellenwert (Kelkar et al. 2014, S. 42-43). Einige der genannten Gründe hierfür sind die weiter oben beschriebenen Herausforderungen wie individualisierte Produkte oder der globale Wettbewerb (Kelkar et al. 2014, S. 4-5).

Eine Studie von Horvath & Partners stellt sechs sogenannte Hypothesen auf, welche die Veränderung der Produktion durch I40 betreffen (Sauter et al. 2015, S. 8-9). Die Hypothesen beschreiben Richtungen, in welche sich die Produktion entwickelt. Diese sind:

- Selbstregelnde Fertigungssteuerung
- Agile Feinplanung und Disposition
- Dezentrale Arbeitsvorbereitung
- Modulare Arbeits- und Maschinenorganisation
- Wandernde Werkzeuge und Formteile
- Exponentieller Nutzen durch Diffusion

Selbstregelnde Fertigungssteuerung bedeutet, dass zunehmend eine selbstre- gelnde, ereignisgesteuerte und agile Fertigung Einzug findet. Agile Feinplanung und Disposition steht für das Ersetzen einer zentralen, deterministischen Produk- tionsplanung durch eine regelbasierte und dezentrale Feinplanung. Die dezent- rale Arbeitsvorbereitung beschreibt, dass wichtige Informationen für die Arbeits- vorbereitung durch das Werkstück selber und die Maschine gespeichert und ope- rativ bearbeitet werden. Der Punkt Modulare Arbeits- und Maschinenorganisation umschreibt die zunehmende Einführung von modularen und multifunktionalen Bearbeitungsinseln und das Zurückfahren von sequenziellen Fertigungslinien. Wandernde Werkzeuge und Formteile bedeutet, dass diese flexibler und häufiger disponiert und auf verschiedene Bearbeitungsinseln eingesetzt werden. Der letzte Punkt Exponentieller Nutzen durch Diffusion beschreibt die Tatsache, dass durch eine höhere Streuung unterschiedlicher intelligenter Systeme der Nutzen exponentiell steigt.

2.2 Problemstellung

Werden die oben erwähnten Aspekte zusammenfassend betrachtet, lässt sich die Aussage treffen, dass I40 notwendige Technologien bereitstellt, um eine flexible, effiziente und vor allem selbstregelnde Produktion zu ermöglichen. Basis für solch selbststeuernde Systeme sind dabei Steuerungsalgorithmen, welche automatische Entscheidungen ohne menschlichen Einfluss bezüglich der Reihenfolge der zu bearbeitenden Produkte treffen.

Es existieren dabei unterschiedliche Steuerungsalgorithmen, die sich alle hin- sichtlich des Optimierungskriteriums, der Heuristik, der Logik, der Komplexität, der Zentralität usw. unterscheiden. Je nach Gegebenheiten können sich die Re- sultate eines jeden Algorithmus stark unterscheiden. Das bedeutet auch, dass Algorithmen, welche für unflexible und einfache Systeme akzeptable Ergebnisse erzielen, bei höchstflexiblen und komplizierten Systemen ungeeignet sind. Für solch flexible Systeme müssen geeignete Steuerungsalgorithmen ausgewählt werden.

Der Vergleich und die Bewertung solcher Steuerungsalgorithmen in einem vorher selbst definierten flexiblen System mit Hilfe einer Simulationsstudie stellt die Problemstellung dieser Ausarbeitung dar.

3 Stand der Technik

Im nachfolgenden Kapitel wird ein Überblick über Methoden und Kenntnisstand aufgezeigt, welche für die Bearbeitung und Lösung der oben aufgezeigten Problemstellung von Bedeutung sind.

Es wird hierbei zuerst auf die Reihenfolgeplanung (RFP) eingegangen. Diese wird am Anfang beschrieben. Danach folgen eine Übersicht und Erläuterungen von Möglichkeiten, die zur Lösung von RFP-Problemen entwickelt wurden. Der Schwerpunkt in diesem Kapitel liegt dabei auf den Prioritätsregeln (PR).

Danach wird das Gantt- Balkendiagramm als Visualisierungsmethode beschrie- ben.

Die Zielstellung dieser Ausarbeitung beinhaltet die Simulation eines produktionstechnischen Problems. Das Kapitel 3.3 gibt deshalb einen gesamtheitlichen Überblick über die Methode der Simulation, wobei hier auch zwei Beispiele von Programmen aufgezeigt werden, welche es ermöglichen, Problemstellungen in diesem Kontext zu simulieren.

Als Abschluss des Kapitels werden verschiedene Szenarien und Problemstellun- gen aus der Forschung und Praxis vorgestellt. Diese Szenarien dienen im weite- ren Verlauf der Arbeit als Anhaltspunkt für das Szenario dieser Ausarbeitung.

3.1 Reihenfolgeplanung

In diesem Kapitel wird die RFP erläutert. Dabei wird zuerst eine allgemeine Be- schreibung dargelegt. Im Anschluss erfolgt eine Übersicht über verschiedene Methoden, welche zum Lösen von RFP-Problemen eingesetzt werden können.

3.1.1 Allgemeine Beschreibung

Die RFP wird in der Literatur oft als Maschinenbelegungsplanung1 oder auch Ablaufplanung2 bezeichnet. Es geht dabei um die zeitliche und räumliche Zuweisung von Ressourcen und Fertigungsoperationen, sodass ein optimales Produktionsprogramm realisiert werden kann (Fandel et al. 2011, S. 721).

Für STEVEN (2007, S. 237) ist die Aufgabe der Ablaufplanung, im Rahmen der verfügbaren Kapazitäten die Reihenfolgen von verschiedenen Fertigungsaufträ- gen auf einzelnen Maschinen und damit auch die genauen Bearbeitungstermine festzulegen. Die Absicht hierbei ist die Optimierung eines bestimmten Ziels.

Beide genannten Definitionen betonen das Ziel einer Optimierung. Diese braucht ein Zielkriterium. Dabei existiert eine Vielzahl von Kennzahlen, die zur Bewertung von Reihenfolgen eingesetzt werden. Häufig verwendete sind hierbei die Fertig- stellungszeit, Durchlaufzeit (DLZ), Verspätung und die Gesamtbearbeitungszeit (Thonemann 2005, S. 375). Zusätzlich kann hier noch das Ziel der Minimierung der Leerzeiten von Maschinen genannt werden, welche eine möglichst hohe Aus- lastung mit sich bringt (Steven 2007, S. 239). Die genannten Kriterien sind dabei Zeitziele, die im Gegensatz zu Kostenzielen (z. B. Rüstkosten, Verzugskosten, Zinskosten) häufig benutzt werden, weil 1. sie sich besser steuern lassen und 2. die Kosten, welche durch die RFP beeinflusst werden, gemessen an den Ge- samtkosten der Produktion recht gering sind (Steven 2007, S. 239).

3.1.2 Verfahren der Reihenfolgeplanung

Der RFP können nun verschiedene Verfahren zugeordnet werden, welche als Ziel die oben erwähnte Optimierung besitzen. Dabei existieren unterschiedliche Möglichkeiten der Kategorisierung dieser Verfahren.

JAIN und MEERAN (1998) unterteilen Verfahren in Optimisation procedures (optimierende Verfahren) und Approximation methods (heuristische Verfahren)3. Dabei erreichen die erstgenannten Verfahren optimale Lösungen, während heuristische Verfahren keine Garantie auf eine optimale Lösung geben. Der Vorteil der heuristischen Methoden liegt in der niedrigen Rechenzeit, weshalb sie in der Praxis öfter eingesetzt werden (Heger 2014, S. 33-34).

Verfahren können zusätzlich nach dem Grad ihrer Zentralität kategorisiert wer- den. Dabei existieren zentrale wie dezentrale Verfahren. Bei der zentralen Pla- nung wird im Vorfeld eine Entscheidung über unterschiedliche Systemparameter und -variablen getroffen. Bei der dezentralen Planung werden einzelne Entschei- dungsfunktionen auf einzelne logistische Objekte übertragen. Diese bieten bei hochkomplexen und dynamischen logistischen Systemen Stabilität und Robust- heit im Vergleich zu zentralen Verfahren, wobei auch hier (möglicherweise) keine optimale Entscheidungsfindung gegeben ist. Diese ist oft nicht möglich, weil ent- weder eine viel zu hohe Rechenzeit benötigt wird oder benötigte Informationen zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung nicht vorhanden sind (Scholz-Reiter et al. 2008, S. 123-128).

HEGER (2014, S. 35-48) fasst die wichtigsten Verfahren und Konzepte zusammen. Eine Auswahl wird in der Abbildung 2 aufgezeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Ausschnitt von Ü bersicht der Verfahren der Reihenfolgeplanung nach H EGER (2014)

Branch-and-Bound

Beim Branch-and-Bound-Verfahren werden alle möglichen Lösungen anhand ei- nes Entscheidungsbaums untersucht, sodass es nicht notwendig ist, jede ein- zelne Lösung zu überprüfen, weil Lösungen aufgrund ihrer enthaltenen Teillösun- gen nicht die optimale Gesamtlösung ergeben können (Heger 2014, S. 36).

Gemisch-ganzzahlige Optimierung

Hier werden sowohl die Zielfunktion als auch alle Restriktionen eines Optimierungsmodells als Linearkombinationen der Entscheidungsvariablen dargestellt. Dabei muss die Zielfunktion unter Berücksichtigung von linearen Restriktionen, welche durch Gleichungen und Ungleichungen ausgedrückt werden, optimiert werden (Heger 2014, S. 37).

Shifting-Bottleneck Verfahren

Beim Shifting-Bottleneck Verfahren wird ein ganzheitliches Problem in viele Ein- Maschine-Probleme unterteilt. Dabei wird zuerst der Bottleneck herausgefiltert, also die Maschine, welche den gesamten Prozess aufhält. Für diese Maschine wird eine optimale Reihenfolge definiert und für weitere Prozessschritte festge- setzt. Nun wird der ganze Prozess wiederholt, bis eine Gesamtlösung berechnet ist (Kuhpfahl 2016, S. 26).

Lokale Suchverfahren

Solche Verfahren stellen Verbesserungsverfahren dar, welche davon ausgehen, dass zu Beginn ein vollständiger Ablaufplan existiert. Dabei versuchen sie, bezüglich des Zielkriteriums in der Nachbarschaft einen besseren Plan zu finden (Heger 2014, S. 39). Beispiele für solche lokale Suchverfahren sind das TabuSearch Verfahren oder der Simulated Annealing Algorithmus (Kuhpfahl 2016, S. 27), welche hier nicht weiter erläutert werden.

3.1.3 Prioritätsregeln

PR zählen zu den heuristischen Verfahren (Kramer 1994, S. 124). Mit deren Hilfe wird bei mehreren möglichen vor einer Maschine wartenden Aufträgen der Arbeitsgang ausgewählt, welcher als nächstes auf eben dieser Maschine bearbeitet werden soll (Zelewski et al. 2008, S. 445). Weil PR eine Reihenfolge für Aufträge vor einer Maschine berechnen, können sie zu den dezentralen Verfahren gezählt werden (Heger 2014, S. 42).

Dabei können PR in statische bzw. dynamische und in lokale bzw. globale PR unterschieden werden. Bei einer statischen PR verändert sich während des Pro- zesses die Dringlichkeitsziffer eines Auftrags nicht, während bei einer dynami- schen eine Neuberechnung bei jedem Freiwerden der Maschine vorgenommen wird. Ist eine PR lokal, dann benötigt sie ausschließlich die Informationen des vor der Maschine liegenden Auftrages, während globale Regeln einen Informations- stand über das Gesamtsystem besitzen (Fandel et al. 2011, S. 759).

Im Folgenden werden einige PR vorgestellt und erläutert.

3.1.3.1 Übliche Prioritätsregeln

Grundsätzlich existiert eine große Anzahl von PR, welche in der Literatur erwähnt und in der Praxis eingesetzt werden. Laut STEVEN (2007, S. 243) sind die am häufigsten eingesetzten PR folgende:

- Kürzeste Operationszeit-Regel (KOZ-Regel)

- Kürzeste Restbearbeitungs-Regel (KRB-Regel)

- Schlupfzeit-Regel (SZ-Regel)

- First-Come-First-Serve-Regel (FCFS-Regel)

KOZ-Regel

Hier wird als nächstes der Auftrag in der Warteschlange bearbeitet, dessen Bearbeitungszeit auf der Maschine am kürzesten ist.

KRB-Regel

Bei dieser Regel wird dem Auftrag die höchste Prioritätskennziffer zugewiesen, bei dem die noch ausstehende Restbearbeitungszeit zum aktuellen Zeitpunkt am geringsten ist.

SZ-Regel

Bei der SZ-Regel wird der Auftrag bevorzugt, dessen Differenz zwischen dem geplanten Liefertermin und den noch ausstehenden Bearbeitungszeiten am kleinsten ist.

FCFS-Regel

Dies ist eine relativ einfache Regel, weil hier keine Prioritäten in dem Sinne verteilt werden. Hier werden die Aufträge einfach nach ihrer Reihenfolge bei der Maschinenankunft abgearbeitet.

Zu den häufig vorkommenden PR kann noch die Frühester-Fertigstellungstermin- Regel (FFT-Regel) gezählt werden. Hierbei bekommt der Auftrag die höchste Pri- orität, der am ehesten fertig bearbeitet werden muss (Thonemann 2005, S. 378).

Neben den oben erwähnten PR gibt es noch viele weitere, die auch nach Um- ständen miteinander kombiniert werden können (Zelewski et al. 2008, S. 446).

Alle diese PR besitzen Stärken und Schwächen hinsichtlich unterschiedlicher Optimierungsziele. Die Tabelle 1 zeigt eine solche Bewertung nach POHLMANN und BAUMANNS (2007) für alle oben erwähnten Regeln außer für die FCFS-Regel auf. Der Erfüllungsgrad wird durch ausgefüllte Tortendiagramme beschrieben. Je ausgefüllter das Diagramm ist, umso höher ist der Erfüllungsgrad des jeweiligen Optimierungsziels.

Tabelle 1: Bewertungüblicher PR nach P OHLMANN und B AUMANNS (2007)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die KOZ-Regel bietet hierbei eine sehr gute Kapazitätsauslastung bei gleichzeitig minimaler DLZ, während bei dieser Regel große Terminabweichungen möglich sind. Um diese zu vermeiden, bietet sich die SZ-Regel an, wobei hier die DLZ höher ausfällt und die Kapazitätsauslastung nicht so hoch wie bei der KOZ-Regel ist. Die anderen zwei aufgelisteten Regeln besitzen fast identische Bewertungen, außer bei dem Optimierungsziel der Terminabweichung. Hier bietet die FFT-Re- gel bessere Werte.

3.1.3.2 2PT + WINQ + NPT-Regel nach HOLTHAUS und RAJENDRAN

Die bisher vorgestellten PR verzichten auf die Möglichkeit, Informationen von späteren Zeitpunkten als dem aktuellen zu benutzen. HOLTHAUS und RAJENDRAN (2000, S. 173) zeigen eine PR auf, welche Informationen über zukünftige Opera- tionen in ihre Heuristik einfließen lässt. Diese setzt sich folgendermaßen zusam- men:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In Worten bedeutet es, dass die Regel zweimal die aktuelle Prozessbearbeitungszeit, die Wartezeit in dem Puffer des nächsten Operationsschrittes (OS) und die Prozessbearbeitungszeit des nächsten OS addiert. Die höchste Priorität bekommt der Auftrag, welcher die kleinste Summe dieser Elemente aufweist (Holthaus und Rajendran 2000, S. 173).

Diese Regel erinnert an die KOZ-Regel, weil auch hier nach der kürzesten Zeit bevorzugt wird. Sie konnte nach den Untersuchungen von HOLTHAUS und RAJENDRAN in Bezug auf die Reduzierung der durchschnittlichen DLZ vergleichsweise gute Ergebnisse erzielen, wobei die Regel im Vergleich zu anderen durchgängig eine relativ hohe maximale DLZ und maximale Verspätung aufgezeigt hat (siehe hierzu HOLTHAUS und RAJENDRAN 2000, S. 175-176).

3.1.4 Zusammenfassung des Kapitels

Das Kapitel beschreibt die RFP und gibt einen Überblick über verschiedene ent- haltene Verfahren sowie mögliche Kategorisierungen. Die RFP besitzt das Ziel, eine möglichst optimale Reihenfolge verschiedener Fertigungsaufträge festzule- gen. Die Planung orientiert sich dabei an Zielkriterien, welche in Zeit- und Kos- tenziele unterteilt werden können. Ein Zeitziel ist z. B. die Reduzierung der DLZ, während ein Kostenziel z. B. die Reduzierung der Rüstkosten darstellt.

Allgemein lassen sich Verfahren in optimierende und heuristische Verfahren ein- teilen. Während die optimierenden Verfahren optimale Lösungen kalkulieren, be- nötigen sie lange Rechenzeiten. Heuristische Verfahren wiederum benutzen ver- gleichsweise einfach Algorithmen, weshalb die Rechenzeit verkürzt werden kann. Dafür bringen sie keine gesamtoptimale Lösung, sondern nur optimale Teil- lösungen.

Eine weitere mögliche Kategorisierung ist in zentrale und dezentrale Verfahren. Dezentrale Verfahren können stabil für das System wirken, wobei auch hier ist der Nachteil existiert, dass nur teiloptimale Lösungen ausgegeben werden. Zent- rale Verfahren können aufgrund der Tatsache, dass sie auf eine größere Daten- menge des Systems zurückgreifen können, die Fähigkeiten besitzen, optimale Lösungen zu berechnen.

PR zählen zu den heuristischen Verfahren. Sie werden in statische bzw. dynami- sche und in lokale bzw. globale unterteilt. Je nachdem, welcher Parameter für die Heuristik herangezogen wird, besitzen PR unterschiedliche Vor- und Nachteile.

3.2 Materialflussmodellierung mit Gantt-Diagrammen

Werden Systeme analysiert oder kontrolliert, ist es von großer Bedeutung, diese in einer grafischen Form darzustellen zu können. Dies ist die Basis für die Ana- lyse und Verbesserung, aber auch für die anschließende Dokumentation. Dadurch wird es sowohl für die bearbeitende Person als auch für andere Perso- nengruppen leichter, Sachverhalte schnell zu erfassen und verstehen.

Das Gantt-Balkendiagramm ist ein weit verbreitetes Werkzeug bei der Anwen- dung von RFP-Problemen, um (Material-)Abläufe aufzuzeigen4. Bei dieser Me- thode sind einzelne Operationen grafisch im zeitlichen Verlauf eingetragen. Auf der horizontalen Achse (x-Achse) ist die Zeit eingetragen, auf der vertikalen (y- Achse) befindet sich eine Unterteilung nach Aufträgen (auftragsorientiert) oder Maschinen (maschinenorientiert) (Niehues 2016, S. 35). Die Abbildung 3 zeigt beispielhaft zwei Gantt-Diagramme für ein und denselben Sachverhalt. Das erste Diagramm ist eine auftragsorientierte Darstellung, das zweite eine maschinenori- entierte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Zwei Beispiele für Gantt-Balkendiagramme (eigene Darstellung)

3.3 Simulation produktionsnaher Problemstellungen

LAW schreibt über die Simulation: „ Simulation is one of the most widely used operations-research and management-science techniques, if not the most widely used. ” (Law 2015, S. 2).

Diese wird in diesem Kapitel dargestellt. Dabei wird die Methode der Simulation zu Beginn allgemein beschrieben und definiert. Danach werden Schritte aufgezeigt, die bei einer Simulationsstudie durchgeführt werden. Im Anschluss wird die Simulation hinsichtlich ihrer Ziele als auch ihrer Vor- und Nachteile diskutiert. Am Ende werden zwei Programme aufgezeigt, welche geeignet sind, Problemstellungen in der Produktion zu simulieren.

3.3.1 Beschreibung und Definition

Die Simulation, insbesondere die Materialfluss- und Ablaufsimulation, ist ein Werkzeug der Digitalen Fabrik, welche in der Produktionsplanung und Produktion eingesetzt wird (SCHENK ET AL. 2014, S. 657, nach SCHACK 2008).

Eine Möglichkeit, Simulation im Allgemeinen zu definieren, zeigt PAGE (1991, S. 7) auf. Nach ihm wird von einer Simulation gesprochen, wenn an Stelle des Ori- ginalsystems ein Modell für die Systemanalyse tritt und Experimente am Modell durchgeführt werden. Wenn dabei die (ausreichend) korrekte Abbildung zwi- schen Original und Modell gesichert ist, können Abläufe nachvollzogen werden, um Rückschlüsse auf das Verhalten des Originalsystems ziehen zu können.

LAW definiert die Simulation als computergestützte Methode, bei welcher ein Modell numerisch evaluiert wird und Daten gesammelt werden, um die realen Verhaltensweisen eben dieses Modells zu berechnen (Law 2015, S. 1).

Die Kernaussage beider Definitionen ist, dass bei einer Simulation ein reales System durch ein Modell abgebildet wird. Danach wird mit Hilfe dieses Modells experimentiert, um anschließend Erkenntnisse für das reale System zu gewinnen. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten der Simulation, die sich unter anderem in dem Anwendungsobjekt unterscheidet5.

Durch die Definitionen wird auch deutlich, dass die Begriffe System und Modell im Zusammenhang mit der Simulation eine wichtige Bedeutung haben. Die Ab- bildung 4 fasst die Beziehung der Begrifflichkeiten nochmal grafisch zusammen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Ablauf einer Simulationsstudie (ASIM - Arbeitsgemeinschaft Simu- lation, S. 3)

Einerseits zeigt die Grafik, dass die Folgerungen der Ergebnisinterpretation dafür genutzt werden können, um das reale System anzupassen. Andererseits besteht die Möglichkeit, das Modell durch Parametervariationen zu verändern, um weitere Experimente durchzuführen und zusätzliche Ergebnisse zu bekommen. Das macht die Simulationsstudie zu einem iterativen Prozess.

3.3.2 Schritte einer Simulationsstudie

Um dabei zu gewährleisten, dass die Simulationsstudie geordnet und methodisch korrekt verläuft, zeigt LAW Schritte auf, die üblich in einer Simulationsstudie durchgeführt werden. Diese sind in der Abbildung 5 auf der nächsten Seite auf- gezeigt und werden im Folgenden kurz erläutert (Law 2015, S. 67-70).

(1) Problemformulierung und Planung der Studie

Hier werden anfängliche Fragen mit allen Beteiligten der Studie geklärt, z. B. welche Software zum Einsatz kommt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Schritte einer Simulationsstudie nach LAW (Law 2015, S. 67-70)

(2) Sammeln von Daten und Definition des Modells

Bei diesem Schritt müssen Informationen über das Modell gesammelt und die „Logik“ verstanden werden.

(3) Annahmen valide?

Erst nach einer gründlichen Prüfung der Annahmen des Modells mit mehreren Beteiligten sollte das Modell konstruiert werden. Ist bei der Prüfung herausgekommen, dass einige Annahmen nicht richtig sind, sollte der zweite Schritt nochmal wiederholt werden.

(4) Konstruktion des Programms und Verifikation

Sind die Annahmen valide, kann nun das Programm fehlerfrei konstruiert werden.

(5) Testläufe Um zu testen, ob das ganze Modell valide ist, müssen Testläufe erfolgen.

(6) Modell valide?

Hier wird geschaut, ob das programmierte Modell korrekt ist. Dabei gibt es meh- rere Möglichkeiten. Zum Beispiel kann es mit schon vorhandenen Modellen ver- glichen oder von einer anderen Person als dem Programmierer geprüft werden.

(7) Design Experimente

Bei diesem Schritt erfolgt die Planung der eigentlichen Studie. Dabei werden Punkte wie Länge der einzelnen Simulationsläufe oder die Länge der „WarmUp“Phase geklärt.

(8) Produktionsläufe

Sind alle wichtigen Punkte bezüglich der Planung und Konstruktion des Experi- ments geklärt, können die eigentlichen Produktionsläufe durchgeführt werden.

(9) Analyse der Output-Daten

Bei der Analyse der Output-Daten sollen sowohl die absolute Performance gemessen als auch alternative Möglichkeiten verglichen werden.

(10) Dokumentation, Präsentation und Nutzen der Ergebnisse

Nachdem die Daten analysiert wurden, müssen sie zum einen dokumentiert werden, zum anderen können sie nun zur weiteren Entscheidungsfindung präsentiert und genutzt werden (Law 2015, S. 67-70).

3.3.3 Ziele sowie Vor- und Nachteile einer Simulation

Eley (2012, S. 4) beschreibt zwei Motivationen, weshalb eine Simulation durch- geführt werden kann. Zum einen kann eine Analyse des Systemverhaltens erfol- gen, bei der die Frage geklärt wird, weshalb sich ein reales System so verhält wie beobachtet. Es besteht aber auch die Möglichkeit, eine Simulation zu nutzen, um ein System (mit gegebenen Anforderungen) aufzubauen. Das heißt, sowohl beim Vorhandensein des realen Systems als auch bei der noch folgenden Entwicklung eben dieses Systems kann das Werkzeug der (Materialfluss-)Simula- tion sinnvoll sein.

Die Simulation stellt dabei eine Möglichkeit dar, Experimente mit Ziel einer Analyse des realen Systems durchzuführen (Law 2015, S. 4). Die nachfolgende Abbildung 6 verdeutlich diese Aussage, indem sie aufzeigt, welche Möglichkeiten des Studiums eines realen Systems existieren.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Möglichkeiten, ein System zu analysieren (Law 2015, S. 4)

In einigen Fällen ist es sogar nicht möglich, Experimente am realen System bzw. am physikalischen Modell zu tätigen; zumindest bringt das einige Nachteile mit sich. Entweder sind im spezifischen Problem die Kosten oder das Risiko zu hoch, es ist keine Zeit vorhanden, das System wird zerstört oder die Wiederholbarkeit ist nicht vorhanden. Zusätzlich können durch Abstraktion bei der Modellierung unwichtige Merkmale und Feinheiten des realen Systems weggelassen werden, was zu einer Reduzierung der Komplexität führt (Page et al. 1988, S. 1).

[...]


1 siehe z. B. DOMSCHKE ET. AL. (1997)

2 siehe z. B. JAEHN und PESCH (2014)

3 JAIN und MEERAN beziehen sich in dem speziellen Fall auf das Job-Shop-Problem. Im Kapitel 3.4 wird näher auf diesen Punkt eingegangen. An dieser Stelle wird angenommen, dass diese Unterteilung auch für andere Problemstellungen zutreffend ist.

4 Einige Beispiele aktueller wissenschaftlicher Arbeiten und Bücher, welche das Gantt-Diagramm nutzen, sind z. B. SUNDAR ET. AL. (2017), DENG ET. AL (2017), KUHPFAHL & BIERWIRTH (2016).

5 Zum Beispiel können Geschäftsprozesse mit dem EPC-Simulator oder Bigazi simuliert werden (Müller und Laue 2017, S. 25-44). Microsoft Excel kann benutzt werden, um z. B. Probleme finanzieller Art zu simulieren und zu lösen (Guerrero 2010, S. 257-302). Simulationen werden auch im klassischen technischen Bereich genutzt. Ein Beispiel dafür ist das Programm

Ende der Leseprobe aus 110 Seiten

Details

Titel
Ein Vergleich verschiedener Steuerungsalgorithmen auf fahrerlosen Transportsystemen in einem flexiblen Fertigungskonzept
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg  (Institut für Produkt- und Prozessinnovation)
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
110
Katalognummer
V412496
ISBN (eBook)
9783668648227
ISBN (Buch)
9783668648234
Dateigröße
1429 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Industrie 4., Simulation, Logistik, Intralogistik, Roboter, Prioritätsregel
Arbeit zitieren
Robert Egel (Autor:in), 2017, Ein Vergleich verschiedener Steuerungsalgorithmen auf fahrerlosen Transportsystemen in einem flexiblen Fertigungskonzept, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/412496

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